Das Buch spiegelt die innere Zerrissenheit der handelnden Personen, die Zwiespältigkeit der Politik, die Situation der Bevölkerung zwischen Zerstörung und Neubeginn perfekt wider

Randnotiz eines Randbeteiligten zum Buch über den Auslandseinsatz der Bundeswehr in Afghanistan

Ein ungewöhnliches Buch: Der Umschlag ist in Reste einer gebrauchten Camouflage - Uniform eingebunden, im Innern sind Bilder und Texte in unkonventioneller Weise miteinander verwoben; es geht scheinbar kreuz und quer. In den Rahmen gewohnter Buchrezeption – von Bildband bis Belletristik – passt diese Publikation nun wirklich nicht. Trotzdem stellt sich beim Leser nicht Ablehnung oder negative Irritation ein, sondern vor allem Neugier. Und der Wunsch, in die verschiedenen Schichten des Buches nach und nach einzutauchen. Dieses Interesse ist sicher auch dem spekulativen Thema des Buches selbst geschuldet, das hier aber in höchst innovativer Weise – inhaltlich wie gestalterisch – aufbereitet wurde.

Ästhetisch inszenierte, teilweise sehr persönliche Schwarzweißfotos aus der heimischen Welt des portraitierten Soldaten, raue Aufnahmen aus dem Alltag des Auslandseinsatzes, scheinbar touristisch bis klischeehaft anmutende Fotos aus Afghanistan und schließlich Reportagebilder mit teilweise schockierenden Inhalten bilden die vordergründig wirksame und sehr heterogene Bildwelt. Der Rhythmus des Layouts und die eigenwillige aber konsistente – fast ebenso vielschichtige – Textwelt und ihre gekonnte Umsetzung in Typografie halten das Buch überraschenderweise formal strikt zusammen. Die verschiedenen Bild- und Text-Layer erschließen sich dabei aufgrund der herausragenden Gestaltungsleistung beinahe selbstverständlich und fügen sich zu durchgängigen Geschichten innerhalb der Gesamtgeschichte zusammen. Selbst das Drehen des Buches, das dem Leser abverlangt wird, wenn er bestimmte, miteinander in Zusammenhang stehende Inhalte erfassen möchte, passiert intuitiv und wird nicht als Gängelei empfunden.

Die Inszenierung der einzelnen Doppelseiten als Tableaus, im ersten Eindruck noch als collagehaft wahrgenommen, erweist sich bei näherer Betrachtung als meisterhafte gestalterische Leistung der Designerin; hierbei besonders der Umgang mit Freiflächen, der Aufbau von visueller Spannung durch die Anordnung und Entschiedenheit der Bilder, ihre teilweise radikalen Zusammen- und Gegenüberstellungen und das Verweben mit den grafisch sauber codierten, aber komplexen Textwelten. Dass die Bilder zu großen Teilen aus Beständen des Portraitierten stammen, genau so wie viele der Texte, lässt erahnen, welch umfangreiche und konsequente inhaltliche und redaktionelle Arbeit hinter dem vorliegenden Ergebnis und der eigentlichen gestalterischen Arbeit standen.

Diese differenzierte und tief gehende Auseinandersetzung mit den Inhalten und den vorgegebenen oder selbst erstellten Materialien präsentiert sich im fertigen Buch nicht als oberflächliches Sampling, sondern als kühn und präzise entworfene Layout - Architektur, welche die Rezeption von Thema, Bild und Text perfekt und sublim unterstützt. Das Buch spiegelt dabei die innere Zerrissenheit der handelnden Personen, die Zwiespältigkeit der Politik, die Situation der Bevölkerung zwischen Zerstörung und Neubeginn usw. in Layout und Grafik perfekt wider, ohne selbst Chaos zu werden oder zu erzeugen. Im Gegenteil, es offeriert seinen Lesern eine komplexe Ordnung des nicht mehr zu Ordnenden und Einzuordnenden – zumindest in der Ebene des visuell Wahrnehmbaren.

 

Das Kommunikationsergebnis ist: Eindringlichkeit.

Das Buchprojekt von Simone Uetz-Fugel wurde von einer international besetzten Fachkommission als Diplomarbeit im Fachbereich Gestaltung/Informationsdesign mit der Note sehr gut bewertet.


Georg Engels
Betreuender Dozent an der Schule für Gestaltung Ravensburg

 

 

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