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Jahresbericht des Wehrbeauftragten 2009 liegt vor -Reinhold Robbe kritisiert scharf

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Reinhold Robbe Jahres-Bericht Wehrbeauftragter 2009
Reinhold Robbe


Deutscher Bundestag Drucksache 17/900
17. Wahlperiode 16. 03. 2010
Zugeleitet mit Schreiben des Wehrbeauftragten vom 16. März 2010 gemäß § 2 Absatz 1 des Gesetzes über den Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages.


Unterrichtung durch den Wehrbeauftragten
Jahresbericht 2009 (51. Bericht)

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/900

 

Vorwort

Wenn ich in meiner besonderen Verantwortung auf das zurückliegende Jahr blicke,
dann ist das Jahr 2009 für die Bundeswehr nüchtern betrachtet zunächst einmal von
der nachfolgenden Opfer-Bilanz geprägt:
Fünf gefallene Bundeswehr-Soldaten.
36 verwundete Soldatinnen und Soldaten.
418 offiziell registrierte Soldatinnen und Soldaten mit posttraumatischen Belastungsstörungen.
Ohne mein Resümee des Berichtsjahres auf diese Opferbilanz reduzieren zu wollen,
mache ich keinen Hehl daraus, dass ich im Rückblick gerade auch an die für mich
schlimmsten Tage denke. Und das sind jene Tage, an denen ich jeweils vor dem Sarg
eines gefallenen Soldaten stand, um diesem die letzte Ehre zu erweisen. Es sind die
Szenen der Trauerfeiern, in denen die Eltern, Ehefrauen, Lebensgefährtinnen,
Freunde und Kameraden Abschied nehmen müssen von einem geliebten Menschen.
Und es sind auch die Stunden, in denen ich mir einsam und verlassen vorkomme,
weil ich weiß, dass meine Beileidsbekundungen, alle tröstlich gemeinten Worte gegenüber
den Angehörigen nichts ändern können an der Tatsache, dass der gefallene
Sohn, Ehemann, Freund und Kamerad niemals zurückkehren wird. Es bleiben dann
stets mehr Fragen als Antworten. Es bleiben auch Zweifel. Wie könnte es auch anders
sein.
Und in diesen Stunden der Trauer über den Verlust eines jungen Menschen, wird mir
immer wieder die gern verdrängte Brutalität des „nicht-internationalen bewaffneten
Konfliktes“ in Afghanistan vor Augen geführt. Aber aus dieser Trauer über unsere
gefallenen Soldaten ist bei mir auch eine Sensibilität und Ungeduld entstanden mit
Blick auf sämtliche Fragen, die mit dem Schutz unserer Soldatinnen und Soldaten im
Einsatz zu tun haben, ihrer medizinischen und sozialen Versorgung sowie der Betreuung.
Deshalb reagiere ich inzwischen zugegebenermaßen ungehalten, wenn mir
Soldaten beispielsweise berichten, dass es bis zum heutigen Tage nicht gelungen ist,
die infanteristischen Truppenteile, die im vergangenen Jahr die Hauptlast der schweren
Gefechte im Raum Kunduz zu tragen hatten, mit der ausreichenden Zahl von geschützten
Fahrzeugen auszustatten. Und dazu gehören auch die Fahrzeuge für die
Ausbildung in den Heimatstandorten. Obwohl ich in allen meinen Berichten immer
wieder unmissverständlich auf diesen Mangel hingewiesen hatte, wird von der militärischen
Führung hingenommen, dass als Kraftfahrer eingesetzte Soldaten erst im
Einsatzland mit den gepanzerten Spezialfahrzeugen vertraut gemacht werden. Das
Beherrschen der nicht einfach zu lenkenden Fahrzeuge ist aber oftmals entscheidend
für das Überleben im Einsatz. Gerade deshalb fehlt mir jedes Verständnis für dieses
gravierende Defizit in der Ausstattung und in der Ausbildung. Aber es gibt noch weitere
weithin bekannte Mängel hinsichtlich der notwendigen Ausbildung, Materialausstattung
und Vorbereitung, die ich aus naheliegenden Sicherheitsgründen nicht
öffentlich im Detail thematisiere. Auch hier stellt sich mir die Frage, weshalb es
nicht möglich war, im Laufe der Jahre die Mängel abzustellen.
Der von bestimmter Seite immer wieder gehörte Einwand, es stehe hierfür kein oder
zu wenig Geld zur Verfügung, ist für mich nicht hinnehmbar. Wohlwissend, dass es
zwar keinen hundertprozentigen, aber durchaus einen optimalen Schutz für die Soldaten
im Einsatz gibt, haben zumindest die Verantwortlichen im Deutschen Bundestag
nach meiner Kenntnis zu keiner Zeit nachgewiesene und realisierbare militärische
Notwendigkeiten abgelehnt. Deshalb muss ich auch an dieser Stelle meine
begründeten Zweifel an bestimmten Führungs- und Entscheidungsstrukturen der
Bundeswehr unterstreichen. Bereits bei der Vorstellung meines vorletzten Tätigkeitsberichtes
hatte ich gefragt, ob gewisse Mängel und Defizite der Bundeswehr mit den
Ansprüchen einer modernen Einsatzarmee zu vereinbaren seien. Die Antwort liegt
auf der Hand: ein deutliches Nein! Die Realität in den Streitkräften ist gekennzeichnet
durch unübersichtliche Führungsverantwortung, zu viel Bürokratie, Reibungsverluste
durch Trennung von Truppe und Truppenverwaltung sowie veraltete Personal-
und Materialplanung, um nur die wichtigsten Stichworte zu nennen.


Drucksache 17/900 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Vor dem Hintergrund der nicht einfacher und ungefährlicher werdenden Auslandseinsätze
richte ich an alle militärisch und politisch Verantwortlichen deshalb den
dringenden Appell, bei der bevorstehenden Überprüfung der Bundeswehrstruktur die
Voraussetzungen für diese aus meiner Sicht unverzichtbare Modernisierung unserer
Streitkräfte zu schaffen.
Die aus den oben beschriebenen persönlichen Erfahrungen resultierende Ungeduld
veranlasst mich auch, eine weitere von vielen Soldaten mir gegenüber geäußerte
Klage anzusprechen, nämlich den fehlenden Rückhalt für die Soldaten durch die
deutsche Gesellschaft. Auch im vergangenen Jahr wurde dieses Problem bei jedem
meiner Truppenbesuche in den Heimatstandorten und in den Einsatzgebieten von
den Soldatinnen und Soldaten angesprochen. Für unsere Bundeswehrangehörigen ist
ganz einfach nicht nachvollziehbar, weshalb ihre Mitbürgerinnen und Mitbürger ihnen
so wenig Beachtung und – wie die Soldaten es selber formulieren – „moralische
Unterstützung“ schenken, obwohl sie ihre Gesundheit und ihr Leben für deutsche Interessen
und im Auftrag des Deutschen Bundestages einsetzen. Was unsere Soldaten
erwarten, ist mehr Empathie, mehr menschliche Zuwendung. Christen sprechen in
diesem Zusammenhang auch von Nächstenliebe. Und diese menschliche Zuwendung
darf nicht – wie es leicht geschehen mag – mit der politischen Akzeptanz der
Auslandseinsätze der Bundeswehr gleichgesetzt oder verwechselt werden. Wenn die
Soldaten sich mehr ehrliches menschliches Interesse statt – wie Bundespräsident
Prof. Dr. Horst Köhler es ausdrückte – „freundliches Desinteresse“ wünschen, dann
fordern sie für sich das ein, was in den meisten Ländern als Selbstverständlichkeit
betrachtet wird. Auch in vielen anderen verbündeten Staaten, die sich gemeinsam
mit Deutschland in den Einsatzgebieten engagieren, sind die jeweiligen Mandate
politisch umstritten. Die Qualität des in der Gesellschaft ausgetragenen Diskurses
unterscheidet sich dort kaum von der in unserem Land. Und trotzdem gibt es einen
wesentlichen Unterschied. Im Gegensatz zu unserem Land nehmen die Zivilgesellschaften
in anderen Ländern durchweg regen Anteil am Schicksal der Soldaten. In
diesen Ländern identifiziert man sich auch nicht zwingend mit den Einsätzen, sehr
wohl aber mit den Menschen, die in diese Einsätze geschickt werden.
Daraus jetzt vorschnelle negative Schlussfolgerungen mit Blick auf die deutsche
Situation ziehen zu wollen, wäre meines Erachtens aber unangebracht. Unabhängig
von der besonderen und nicht vergleichbaren Geschichte unseres Landes hat es immer
wieder starke Belege für die Tragfähigkeit der Solidargemeinschaft gegeben.
Beispielhaft kann ich selbst auf die große positive öffentliche Resonanz aus der Bevölkerung
bei meiner Darstellung der zum Teil katastrophalen Beschaffenheit bundesdeutscher
Kasernen verweisen. Nicht zuletzt aufgrund des gesellschaftlichen
Drucks wurde seinerzeit ein Sonderprogramm für die Kasernensanierung aufgelegt.
Als weiteres Beispiel nenne ich die Reaktionen auf den Fernsehfilm „Willkommen
zu Hause“, der das Schicksal eines unter posttraumatischen Belastungsstörungen leidenden
Afghanistan-Heimkehrers erzählt. Dieser Film löste geradezu eine Welle von
Betroffenheits- und Solidaritätsbekundungen aus vielen Teilen der Gesellschaft aus.
Was jedoch für mich ebenso eindrucksvoll die Bereitschaft zum Mitgefühl für unsere
Soldaten unterstreicht, sind die lokalen Initiativen an den Bundeswehrstandorten.
Überall dort, wo die Möglichkeit besteht, Einblick in das „Innenleben“ der Bundeswehr
in den Kasernen zu bekommen, gibt es in der Regel nicht nur bei den offiziellen
Vertretern der Kommunen, sondern auch in der Bevölkerung des Bundeswehrstandortes
ein reges Interesse. Das wird mir besonders deutlich, wenn öffentliche
Gelöbnisse, Jubiläumsveranstaltungen oder Verabschiedungsappelle für Einsatz-Soldaten
statt finden. Deshalb ist es aus meiner Sicht auch möglich, die für die Soldaten
unbefriedigende Situation mit Blick auf die fehlende gesellschaftliche Unterstützung
zu verbessern. Es kann aber nur gelingen, wenn dieses Thema nicht nur Sache der
politischen Organe und Verantwortungsträger, sondern aller großen gesellschaftlichen
Institutionen und Organisationen wird. Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände,
die Protagonisten aus Kultur und Wissenschaft sowie die Kirchen in Deutschland
können mit ihren vielfältigen Möglichkeiten ganz wesentlich ihren Beitrag zur Verbesserung
der gesellschaftlichen Unterstützung unserer Soldatinnen und Soldaten
leisten. Sonntagsreden helfen nicht weiter. Die Unterstützung muss vielmehr organisiert
werden. Ich selbst werde dabei gerne helfen, wo immer ich es vermag.


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/900
Das zurückliegende Jahr gehört für die deutschen Streitkräfte zu den ereignisreichsten
in ihrer 55jährigen Geschichte. Zunächst der Aufwuchs des bisher größten
Auslandseinsatzes der Bundeswehr in Afghanistan mit einer Personalstärke von
4 500 Soldatinnen und Soldaten. Eine sich verschärfende Sicherheitslage, die gekennzeichnet
war von stundenlangen schweren Gefechten mit den bereits geschilderten
Opfern in den eigenen Reihen, aber ebenso geprägt war von getöteten gegnerischen
Kräften auf der Seite der Taliban und deren Verbündeten. Im Zuge dieser sich
verschärfenden Lage im Raum Kunduz, dann das bekannte Bombardement zweier
Tanklastzüge mit einer unbekannten Zahl von zivilen Opfern. Und in Folge dieser
militärischen Operation dann zunächst die Entlassung des Generalinspekteurs
Wolfgang Schneiderhan, des Staatssekretärs Dr. Peter Wichert und schließlich der
Rücktritt des Bundesministers Dr. Franz Josef Jung, sowie die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses
durch den Deutschen Bundestag. Nicht unerwähnt bleiben
darf in dieser Aufzählung der bedeutsamen Ereignisse im Jahre 2009 die von der
neuen Koalition beschlossene Reduzierung der Wehrpflichtdauer von bisher neun
auf künftig sechs Monate.
All dies ist selbstverständlich nicht spurlos an den Soldaten vorbeigezogen. Wie
könnte es auch anders sein? Die geschilderten Ereignisse stellen für die Soldaten
eine große „Herausforderung“ dar, wie es in der bundeswehreigenen Terminologie
gern formuliert wird. Nach meiner Beobachtung hatten die politischen und sonstigen
Folgen der „Kunduz-Operation“ erhebliche Auswirkungen auf alle Ebenen der Bundeswehr.
Unabhängig von der noch ausstehenden rechtlichen Würdigung des Bombardements
und von den möglichen Erkenntnissen und Ergebnissen des Bundestagsuntersuchungsausschusses
konnte ich in den Reihen der Streitkräfte keine einzige
Stimme vernehmen, die sich nicht solidarisch zeigte mit Oberst Georg Klein, dem
verantwortlichen Kommandeur für den Angriff auf die Tanklaster. Die Reaktionen
reichen von menschlicher Sympathie über Verständnis für eine schwierige, wenn
auch folgenreiche Entscheidung bis hin zu Respekt und Anerkennung für einen damals
notwendig erscheinenden Schritt, um eine Gefahr für die unterstellten deutschen
Soldaten abzuwenden.
Selber mache ich keinen Hehl aus meiner persönlichen menschlichen Haltung gegenüber
Oberst Klein. Ich lernte ihn im Sommer des vergangenen Jahres anlässlich
meines Truppenbesuches bei den deutschen ISAF-Kräften in Afghanistan kennen.
Nachdem ich gemeinsam mit meinen Mitarbeitern im deutschen Feldlager Kunduz
gelandet war und unmittelbar danach zum Gespräch im Büro von Oberst Klein Platz
genommen hatte, erreichte uns die Nachricht über ein schweres Gefecht, bei dem
deutsche Soldaten von Aufständischen massiv beschossen wurden. In den folgenden
60 Minuten trafen fortlaufend weitere Meldungen ein über einen schwer verwundeten
Soldaten, der schließlich gerettet werden konnte. Während dieser Stunde äußerster
Angespanntheit, in der sich die eingehenden Meldungen aus dem laufenden Gefecht
überschlugen, hatte ich Gelegenheit, einen Kommandeur zu erleben, der trotz
der entstandenen Hektik und der eskalierenden Situation ruhig, professionell und besonnen
seine Anweisungen gab. Was mir als Zeuge dieser Szene aus der realen Einsatzwirklichkeit
jedoch am meisten Respekt abverlangte, war die Tatsache, dass für
Oberst Klein das Wohlergehen seiner ihm anbefohlenen Soldaten die allererste Priorität
hatte.
Dieser Truppenbesuch war für mich auch in einem weiteren Punkt von elementarer
Bedeutung. Ich traf während des Aufenthaltes in Kunduz mit den Angehörigen jener
Schnellen Eingreiftruppe (Quick Reaction Force) zusammen, die wenige Stunden
zuvor in die oben beschriebenen Gefechte verwickelt waren. In dieser Gesprächsrunde
schaute ich in die Gesichter der überwiegend noch sehr jungen Soldaten, die
gezeichnet waren von den schrecklichen Erlebnissen im Gefecht. Sie schilderten mir
anschaulich, wie ihre Patrouille in einen Hinterhalt geraten war und dann mit Panzerfäusten
und anderen schweren Waffen vom Gegner stundenlang attackiert wurde. Es
gab verwundete Kameraden, für die jedoch keine Lebensgefahr mehr bestand. Die
Soldaten schilderten mir aber auch, wie etliche der gegnerischen Kräfte getroffen
und vermutlich auch getötet wurden. Spätestens nach diesen Schilderungen wurde
mir richtig bewusst, was es für die Soldaten bedeutet, wenn man diese Gefechte, die
sich im Grunde durch nichts von anderen Kriegsszenarien unterschieden, in der Hei-

 

Drucksache 17/900 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
mat verharmlosend als „Unterstützungseinsatz für die afghanische Regierung“ bezeichnet.
Zwei weitere Begegnungen im Rahmen meiner Tätigkeit sind für mich ebenfalls
kennzeichnend für grundlegende Veränderungen in der Bundeswehr. Im vergangenen
Jahr lud ich erstmalig Angehörige von gefallenen oder auf andere Weise ums Leben
gekommenen Soldatinnen und Soldaten ein. Die Hinterbliebenen schilderten mir
in zum Teil sehr anrührender Weise ihre individuelle Trauerarbeit nach dem Verlust
des geliebten Menschen. Aber ebenso offen berichteten sie über erlittene Enttäuschungen
aufgrund mangelnden Einfühlungsvermögens. Was alle Angehörigen jedoch
verband, war der Wunsch nach einem „Netzwerk von Betroffenen“, um sich
gegenseitig zu stützen und zu stärken. Gerade deshalb bin ich erfreut über das Zustandkommen
einer Selbsthilfe-Initiative von Hinterbliebenen.
Bei einer anderen Begegnung traf ich mit im Einsatz verwundeten Soldaten und deren
Partnerinnen in Berlin zusammen. Für mich war wichtig zu erfahren, wie es den
Soldaten seit ihrer Verwundung ergangen war. Und so schilderten mir die Soldaten
sehr eindrucksvoll ihre jeweilige medizinische Behandlung bis hin zu den vielen Aspekten
der sozialen Versorgung und Betreuung. Auch berichtete mir ein Soldat aus
dieser Runde, er sei körperlich und seelisch schwer verwundet aus dem Afghanistan-
Einsatz zurück gekehrt. Als „schlimme Erfahrung“ bezeichnete dieser Kamerad den
Umstand, dass er es in den zurückliegenden Wochen wegen der Behandlung seiner
posttraumatischen Belastungsstörung mit insgesamt acht (!) verschiedenen Psychiatern
und Psychologen zu tun hatte. Jedes Mal habe er seine Krankengeschichte neu
berichten müssen. Ein Beispiel dafür, wie sich der Personalmangel und das Fehlen
von angemessenen Strukturen für einen betroffenen Soldaten auswirken können. Die
Ehefrauen und Lebensgefährtinnen der verwundeten Soldaten berichteten mir aus ihrer
Sicht die schwierigsten Erfahrungen seit dem Unglück: Von der ersten Schrecksekunde
über die Nachricht von der schweren Verwundung bis zum Problem, den
Kindern die schlimme Nachricht möglichst schonend zu vermitteln. Ebenso offen
schilderten mir einige Frauen, wie sich ihre Männer seit der Verwundung negativ
verändert hätten. Verhaltensauffälligkeiten, wie aggressive oder depressive Reaktionen
seien keine Seltenheit. Eindrucksvoller als in dieser Gesprächsrunde hatte ich
bisher nicht geschildert bekommen, wie sich die körperliche oder seelische Verwundung
eines Soldaten auf die Familie des Betroffenen auswirkt.
Sorge bereiten mir die zunehmenden Probleme im zentralen Sanitätsdienst der Bundeswehr.
Die Kündigung von 130 Sanitätsärzten, die Schließung oder Zusammenlegung
von Krankenhausabteilungen, die zunehmende Belastung von Ärzten und Sanitätern
durch die Einsätze und immer stärker um sich greifenden Arzt-Vakanzen in
den Heimatstandorten sind Indizien dafür, dass die Sanitätsführung diese Problemfelder
viel zu spät aufgegriffen hat, obwohl die wichtigsten Defizite nicht zuletzt in
den Tätigkeitsberichten des Wehrbeauftragten regelmäßig konkret angesprochen
wurden. Zwischenzeitlich liegen zwar die ersten Vorschläge für unbedingt notwendige
Verbesserungen vor; allerdings greifen diese auch nach Meinung von Experten
nicht weit genug, oder es fehlt an Vorschlägen hinsichtlich der Finanzierung.
Obwohl der Deutsche Bundestag bereits vor langer Zeit in einem fraktionsübergreifenden
und einstimmig gefassten Beschluss die Schwerpunkte für die Versorgung
von PTBS-erkrankten Soldaten formulierte, hat die Sanitätsführung trotzdem nur
sehr zögerlich reagiert. Ich bleibe bei meiner vielfach geäußerten Auffassung, dass
ein eigenständiges PTBS-Institut für Prophylaxe, Therapie und Forschung die
Grundlage für ein umfassendes Konzept bilden muss.
Die Vereinbarkeit von Familie und Dienst hat für die Soldatinnen und Soldaten zwischenzeitlich
eine ebenso hohe Priorität wie eine angemessene Bezahlung oder die
sozialen Rahmenbedingungen für den Soldatenberuf. Dieser hohe Stellenwert ist
eine Folge der Transformation der Streitkräfte. Die sich aus der Transformation ergebenden
Belastungen wirken sich nicht nur auf die Soldaten, sondern auch auf deren
Familien negativ aus. Die Einsatzhäufigkeit, die teilweise verschärfte Sicherheitslage
in manchen Einsatzgebieten, die Abwesenheitszeiten durch Lehrgänge und
Übungen sowie das Pendeln über weite Entfernungen zwischen Wohnort und Kaserne
sind Ursache für den Unmut vieler Soldatinnen und Soldaten. Auch wenn die


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/900
politische und militärische Führung inzwischen wegen des zunehmenden Drucks aus
der Truppe nicht mehr umhin kommt, die unzulängliche Familienfreundlichkeit der
Bundeswehr einzugestehen, hat sich während der zurückliegenden Jahre leider nicht
sehr viel konkret bewegt. Was fehlt, sind insbesondere Kinderbetreuungsplätze.
Erste Ansätze für einige wenige Modellprojekte sind im Entstehen, diese reichen
aber bei weitem nicht aus. Ebenso wie bei der Schaffung von Pendlerwohnungen für
nicht kasernenpflichtige Soldaten wird eine akzeptable Problemlösung bei Kindertagesstätten
ohne eine stärkere finanzielle Beteiligung des Dienstherrn nicht darstellbar
sein.
Mehr Fragen als Antworten ergeben sich zunächst einmal aus der Entscheidung der
amtierenden Bundesregierung, die Wehrpflicht von bisher neun auf künftig sechs
Monate zu verkürzen. Aus den Reihen der Streitkräfte höre ich überwiegend Skepsis
und Verunsicherung bis hin zu der nicht selten gehörten Auffassung, wenn kein inhaltlich
sinnvolles Konzept für die verkürzte Wehrpflicht vorgelegt werde, solle die
derzeitige Koalition die Wehrpflicht doch lieber gleich abschaffen. Im Vordergrund
steht hierbei die Sorge, die verkürzte Wehrpflicht sei nicht geeignet, einen sinnvollen
Wehrdienst zu gewährleisten. Nur eine Minderheit in der Bundeswehr vertritt eine
zustimmende Meinung zum neuen Wehrdienst „W6“.
Als bekennender Anhänger der Wehrpflicht bin ich zugegebenermaßen nicht ganz
frei in der Bewertung dieser Frage. Trotzdem will ich aus meiner Perspektive auf einige
Aspekte hinweisen. Die Debatte um die Zukunft unserer Wehrpflicht wird dadurch
nicht einfacher, dass die Wehrpflicht bei fast allen Verbündeten zwischenzeitlich
abgeschafft wurde. Zusätzlich erschwert wird eine transparente und damit
nachvollziehbare Bewertung dadurch, dass nach meinen Erkenntnissen die negativen
Auswirkungen der Umwandlung von einer Wehrpflichtarmee zu einer Berufsarmee
in den besagten Staaten höchstens hinter vorgehaltener Hand zugegeben werden.
Auch die aus der Umwandlung entstehenden Mehrkosten für Rekrutierung und
Attraktivitätssteigerung sind nicht eindeutig verifizierbar. Daher wird man sich in
der weiteren Diskussion in Deutschland vermutlich ausschließlich auf die eigenen
historischen, sicherheitspolitischen und gesellschaftlichen Erfahrungen verlassen
müssen. Nach meiner Einschätzung steht die ganz überwiegende Mehrheit der Führungspersönlichkeiten
in unseren Streitkräften, vom Chef der Ausbildungskompanie
bis zum Generalinspekteur, ohne Wenn und Aber zur Wehrpflicht. Diese Generation
ist selber geprägt von den positiven Erfahrungen in einer Wehrpflichtarmee und vertritt
deshalb naturgemäß auch offensiv die Beibehaltung. Und zwar auch dann, wenn
die derzeitige Qualität aufgrund der beschlossenen Verkürzung der Wehrdienstdauer
nicht im vollen Umfang beibehalten werden kann.
Bei allen Argumenten, die jetzt in der notwendigen Veränderung der Wehrdienstdauer
abzuwägen sind, sollte nicht vergessen werden, welche Kritikpunkte nicht zuletzt
von meinen Vorgängern und mir seit der Umwandlung von der reinen Verteidigungs-
zur Einsatzarmee aufgeworfen wurden. Bei der Neugestaltung unseres
Wehrdienstes muss im Interesse der Planungssicherheit für die Streitkräfte und der
künftigen Einberufungsjahrgänge der neue Grundwehrdienst „W6“ mit einer belastbaren
Struktur und mit einer ausreichenden Finanzausstattung versehen werden. Bemerkenswert
finde ich in diesem Zusammenhang die vom Bundeswehrverband erarbeiteten
zehn grundsätzlichen Fragen zu der Ausgestaltung des Grundwehrdienstes
„W6“ an die militärische Führung und die politischen Verantwortungsträger.
Wenn sich ausländische Politiker, Diplomaten und Vertreter von Institutionen an
mich wenden, um mehr zu erfahren über das Amt des Wehrbeauftragten, stelle ich
immer wieder fest, wie groß das Interesse an unseren deutschen Erfahrungen mit der
parlamentarischen Kontrolle der Streitkräfte ist. Aus so manchem anfänglichen Gedankenaustausch
hat sich ein intensiver bilateraler Kontakt ergeben, der in einigen
Fällen dazu führte, dass unsere Institution mehr oder weniger vollständig adaptiert
wurde. Beispielhaft seien Südkorea, Argentinien und Bosnien-Herzegowina genannt.
Aus diesen internationalen Erfahrungen habe ich das Vorhaben entwickelt, die vergleichbaren
Ombudsleute und Wehrbeauftragten zusammenzuholen mit dem Ziel,
die sehr unterschiedlichen rechtlichen und sonstigen Rahmenbedingungen für die
Kontrollorgane zu harmonisieren. Dieses Treffen fand im vergangenen Jahr in Berlin
statt. Insgesamt 18 Staaten folgten meiner Einladung, die in Kooperation mit der


Drucksache 17/900 – 8 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Stiftung „Geneva Centre for the Democratic Control of Armed Forces“ ausgesprochen
wurde. Diese große Resonanz und das außerordentlich positive Echo auf meine
Initiative sind ein Beleg dafür, dass die Bereitschaft für eine enge und pragmatische
Kooperation aller Ombudsinstitutionen sehr groß ist und vorangetrieben werden
sollte. Gefreut habe ich mich in diesem Zusammenhang über die Anregung zur
Schaffung eines Europäischen Wehrbeauftragten. Gerade vor dem Hintergrund, dass
in vielen Staaten der Welt Soldaten nach wie vor für politische Zwecke missbraucht
werden und die Menschenrechtssituation der Soldaten in zahlreichen Teilen der Welt
als katastrophal bezeichnet werden muss, bekommt die internationale Zusammenarbeit
der Ombudsinstitutionen eine herausragende Bedeutung.
Die rund fünfeinhalb Tausend Eingaben pro Jahr sind nicht zuletzt auch Ausdruck
vieler Probleme, die unsere Soldatinnen und Soldaten belasten. So werden die Tätigkeitsberichte
des Wehrbeauftragten oftmals als reine Mängelberichte wahrgenommen.
Das wird jedoch weder der „Stimmung in der Truppe“ noch der Leistungsfähigkeit
unserer Streitkräfte gerecht. Deshalb ist es mir ein aufrichtiges, wichtiges
Anliegen, unseren Soldatinnen und Soldaten auch in meiner Verantwortung ganz
herzlich dafür Dank zu sagen, dass sie trotz oftmals schwierigster Rahmenbedingungen
in den Heimatstandorten und in den Auslandseinsätzen ihre Aufgaben – insgesamt
betrachtet – exzellent meistern. Unsere Soldatinnen und Soldaten leisten einen
unglaublich guten Job!
Das wertvollste Gut in unserer Bundeswehr sind die Menschen. Großartige Frauen
und Männer, gestandene Persönlichkeiten, hochprofessionelle und tüchtige Soldaten,
die keinen Vergleich mit anderen Armeen in der Welt zu scheuen brauchen. Und
diese Frauen und Männer haben es ganz einfach verdient, dass wir sie nicht allein
lassen mit ihren Fragen und Sorgen, sondern ihnen das gegeben wird, was sie für ihren
schweren und von vielfältigen Belastungen gekennzeichneten Dienst benötigen!
Mein besonderer Dank gilt auch diesmal dem Deutschen Bundestag mit seinem Präsidenten,
Prof. Dr. Norbert Lammert, sowie dem Präsidium und vor allem den Mitgliedern
des Verteidigungsausschusses mit Dr. h. c. Susanne Kastner als Ausschussvorsitzende
und auch den zuständigen Berichterstattern im Haushaltsausschuss für
das ausgezeichnete und in jeder Hinsicht vertrauensvolle Zusammenwirken. In diesen
Dank schließe ich ausdrücklich die ehemalige Vorsitzende des Verteidigungsausschusses,
Frau Ulrike Merten, ein.
Weiterhin sage ich dem ehemaligen Bundesminister der Verteidigung, Dr. Franz
Josef Jung, aber auch seinem Nachfolger, Dr. Karl-Theodor Freiherr von und zu
Guttenberg, der politischen und militärischen Führung des Ministeriums und der
Streitkräfte meinen herzlichen Dank für die Unterstützung meiner Arbeit. Dem ausgeschiedenen
Generalinspekteur, General Wolfgang Schneiderhan, danke ich für das
langjährige außerordentlich konstruktive und von gegenseitigem Vertrauen geprägte
Zusammenwirken.
Ausdrücklich danken will ich schließlich meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
für die Bewältigung eines hohen Arbeitspensums, für ihr großartiges Engagement
und ihre Kompetenz, ohne die ich meiner Aufgabe nicht gerecht werden könnte.
Reinhold Robbe


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 9 – Drucksache 17/900
I n h a l t s v e r z e i c h n i s
Seite
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
1 Das Berichtsjahr im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
2 Auslandseinsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
2.1 Einsatzvorbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
2.2 Ausrüstung und Ausstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
2.3 Führungsverhalten im Einsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
2.4 Einsatzhäufigkeit und Einsatzdauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
2.5 Betreuung im Einsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
2.5.1 Sport im Einsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
2.5.2 Verpflegung im Einsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
2.5.3 Weihnachtsgruß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
2.7 Unterbringung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
2.8 Auslandsverwendungszuschlag (AVZ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
3 Auslandsdienststellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
4 Führung und Ausbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
4.1 Führungsverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
4.2 Situation in der Allgemeinen Grundausbildung . . . . . . . . . . . . . . . . 25
4.3 Umgang mit Alkohol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
4.4 Rechtskenntnisse und Bearbeitungsdauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
4.5 Situation in der Rechtspflege der Bundeswehr . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
4.6 Ausbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
4.7 Flugstunden bei Heeresfliegern und in der Luftwaffe . . . . . . . . . . . 29
4.8 Soldatenbeteiligungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
4.9 Benachteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
4.10 Rechtsextremismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit . . . 32
5 Personal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
5.1 Personalumfang und Bewerberaufkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
5.2 Attraktivität der Bundeswehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
5.3 Demographischer Wandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
5.4 Eingaben zum Personalwesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
5.4.1 Beförderungssituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
5.4.1.1 Mannschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
5.4.1.2 Unteroffiziere ohne Portepee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
5.4.1.3 Unteroffiziere mit Portepee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
5.4.1.4 Offiziere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
5.4.2 Mängel bei der Bearbeitung von Personalangelegenheiten . . . . . . . 37

5.4.3 Beurteilungswesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
5.4.4 Dienstzeugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
5.5 Zivilberufliche Aus- und Weiterbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
6 Selbsttötungen und Unglücksfälle mit Todesfolge . . . . . . . . . . . . 40
7 Frauen in den Streitkräften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
7.1 Integration von Frauen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
7.2 Schwangerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
7.3 Militärische Gleichstellungsbeauftragte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
8 Vereinbarkeit von Familie und Dienst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
8.1 Kinderbetreuung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
8.2 Elternzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
9 Sexuelle Straftaten, Diskriminierung und Belästigung . . . . . . . . 45
10 Wehrpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
10.1 Vorzeitige Entlassung aus dem Wehrdienst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
10.2 Kriegsdienstverweigerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
10.3 Sinnvolle Dienstgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
11 Reservisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
11.1 Einsatzplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
11.2 Finanzielle Leistungen für selbstständig tätige Reservisten . . . . . . . 50
11.3 Beförderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
12 Zentraler Sanitätsdienst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
12.1 Personalsituation der Sanitätsärzte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
12.2 Personallage bei den Feldwebeln des Sanitätsdienstes . . . . . . . . . . . 52
12.3 Klinische Versorgung in den Bundeswehrkrankenhäusern . . . . . . . 52
12.4 Truppenärztliche Versorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
12.5 Verbesserung der Attraktivität des Sanitätsdienstes . . . . . . . . . . . . . 54
12.6 Vorbereitung der Angehörigen des Sanitätsdienstes auf Auslands-!
einsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
12.7 Grundversorgung der Soldaten im Inland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
12.8 Posttraumatische Belastungsstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
12.9 Erschwernisse im Rahmen der Bearbeitung von Wehrdienstbeschädigungsverfahren
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
12.10 Radarstrahlenproblematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
12.11 Dauer der Beihilfebearbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
13 Infrastruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
13.1 Verfahren bei Baumaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
13.2 Infrastrukturmängel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
13.3 Pendlerunterkünfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
14 Zulagenwesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
14.1 Erhöhung der Stellenzulage für Piloten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
14.2 Einführung einer Zulage für Sanitätsoffiziere . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
14.3 Erhöhung der Minentaucherzulage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
15 Umzugskostenzusage und Versetzungspraxis . . . . . . . . . . . . . . . 61
16 Versicherungsschutz von Soldatinnen und Soldaten, die an
Auslandseinsätzen teilnehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62
17 Institutionelle und eigenverantwortliche Fürsorge!
in der Bundeswehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62
18 Medien der Bundeswehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
19 Militärseelsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64
20 Internationale Zusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
20.1 Besuch des US-Militärkrankenhauses in Landstuhl . . . . . . . . . . . . . 65
20.2 Arbeitstreffen mit dem Ombudsmann der niederländischen !
Streitkräfte in Den Haag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
20.3 Internationale Konferenz der für die Streitkräfte zuständigen !
Ombudsinstitutionen in Berlin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66
20.4 Deutsch-österreichischer Soldatenworkshop in Berlin – !
„Salzburger Forum II“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66
20.5 Besuch in Frankreich, Saumur und Paris . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
21 Anlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
22 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96


Drucksache 17/900 – 12 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
1 Das Berichtsjahr im Überblick
International war das Jahr 2009 von den Bemühungen zur
Restrukturierung des weltweiten Finanz- und Wirtschaftssystems
sowie der Weltklimakonferenz von Kopenhagen
geprägt. Darüber hinaus zeichneten sich mit
dem Amtsantritt Barack Obamas als 44. Präsident der
Vereinigten Staaten von Amerika wichtige sicherheitspolitische
Weichenstellungen ab. Im August kündigte er den
Abzug aller amerikanischen Soldaten aus dem Irak bis
zum Ende des Jahres 2011 an. Die Zahl der in Afghanistan
eingesetzten amerikanischen Soldaten dagegen soll,
wie Präsident Obama Anfang Dezember erklärte, in der
ersten Jahreshälfte 2010 um weitere 30 000 aufgestockt
werden. Ab Juli 2011 soll nach den Plänen des Präsidenten
mit dem Abzug der amerikanischen Soldaten aus
Afghanistan begonnen werden. Dauer und Umfang des
Abzugs sollen sich dabei nach der Sicherheitslage richten.
Der afghanische Präsident Karzai hat hierzu seinen
Willen bekundet, die vollständige Sicherheitsverantwortung
für sein Land bis 2014 zu übernehmen.
Die Stärkung der US-Kräfte hat auch Auswirkungen auf
den deutschen Verantwortungsbereich im Norden Afghanistans.
Seit Anfang 2010 wird die Zahl der amerikanischen
Soldaten in der Nordregion auf bis zu 5 000 aufgestockt.
Die verstärkten Kräfte sollen im Rahmen der
ISAF-Mission durch das zuständige deutsche Regionalkommando
geführt werden.
Im Anschluss an diese Ankündigungen wurde auch die
Personalobergrenze des Deutschen ISAF-Kontingents um
insgesamt 850 auf 5 350 Soldaten erhöht. Davon sollen
500 Soldaten die Zahl des im Ausbildungsbereich eingesetzten
Personals erhöhen. 350 Soldaten sind als flexible
Reserve vorgesehen, um auf besondere Situationen wie
etwa die Parlamentswahlen angemessen reagieren zu
können. Zugleich wurde das Mandat bis zum 28. Februar
2011 verlängert. Die Bundesregierung beschloss zudem,
die Mittel für den zivilen Aufbau Afghanistans auf
430 Millionen Euro jährlich zu erhöhen und damit nahezu
zu verdoppeln.
Auf europäischer Ebene zeichneten sich im Berichtsjahr
ebenfalls weitreichende Veränderungen ab. Am 1. Dezember
2009 trat der so genannte Lissabon-Vertrag in
Kraft. Er stärkt die Rechte des Europäischen Parlaments
sowie der nationalen Parlamente im Rahmen des Europäischen
Gesetzgebungsverfahrens und macht im Europäischen
Ministerrat Mehrheitsentscheidungen möglich. Mit
Herman van Rompuy übernahm erstmals ein für zweieinhalb
Jahre gewählter Ratspräsident den Vorsitz im Europäischen
Rat der Staats- und Regierungschefs. Darüber
hinaus wurde Catherine Ashton zur „Hohen Vertreterin
für die Außen- und Sicherheitspolitik“ der Europäischen
Union bestellt. Welche Impulse sich daraus für die Europäische
Sicherheits- und Verteidigungspolitik ergeben,
bleibt abzuwarten.
In Deutschland stand das Jahr 2009 im Zeichen der anhaltenden
Wirtschaftskrise und zahlreicher Wahlen, darunter
die Europawahl vom 7. Juni, Landtagswahlen in den Bundesländern
Hessen, Sachsen, Thüringen, Schleswig-Holstein,
Brandenburg und dem Saarland sowie die Bundestagswahl
vom 27. September 2009.
Für die Bundeswehr zeichneten sich insbesondere durch
den Ausgang der Bundestagswahl Veränderungen ab. Im
Koalitionsvertrag kündigte die neue Bundesregierung an,
die Dauer der Wehrpflicht bis zum 1. Januar 2011 auf
sechs Monate zu verkürzen. Darüber hinaus soll eine vom
Bundesminister der Verteidigung einzusetzende Kommission
bis Ende 2010 einen Vorschlag über Eckpunkte einer
neuen Organisationsstruktur der Bundeswehr einschließlich
einer Straffung der Führungs- und Verwaltungsstrukturen
erarbeiten. Meines Erachtens wäre es wünschenswert,
damit eine Verbesserung der Personalsituation in
den Einheiten und Verbänden zu verbinden.
Mit dem vorliegenden Jahresbericht werden wie üblich
die Mängel und Defizite aufgezeigt, die im Laufe des Jahres
an mich herangetragen wurden beziehungsweise mir
bekannt geworden sind. Das schließt unter anderem die
Auslandseinsätze ein, die einmal mehr in meinem besonderen
Fokus standen.
Mit der Bombardierung von zwei Tanklastzügen am
4. September 2009 in der Nähe von Kunduz erreichte die
Diskussion um die deutsche Beteiligung an internationalen
Einsätzen zur Stabilisierung und Friedenssicherung
einen neuen Höhepunkt. Wie in einem Brennglas verdichtete
dieser von einem deutschen Offizier befohlene und
mit amerikanischer Unterstützung durchgeführte Luftschlag
die Frage nach dem Sinn und Zweck des Einsatzes
deutscher Soldaten in Afghanistan sowie dem Umfang
und den Grenzen ihres Auftrags. Im Zuge der Aufklärung
des Vorfalles trat der frühere Verteidigungsminister,
Dr. Franz Josef Jung, zurück. Darüber hinaus wurden der
Generalinspekteur der Bundeswehr und ein Staatssekretär
im Bundesministerium der Verteidigung in den Ruhestand
versetzt.
Standen anfangs vor allem die zivilen Opfer der Bombardierung
im Zentrum der Diskussion, weitete sich diese
sehr schnell auch auf die Frage nach dem Ziel des Luftschlages
aus. Sollte mit den Tanklastzügen eine potenzielle
Gefahrenquelle ausgeschaltet werden oder ging es
auch um die gezielte Tötung von Anführern der Taliban-
Milizen? Diesen und anderen Fragen geht der Verteidigungsausschuss
als Untersuchungsausschuss des Deutschen
Bundestages nach. Dem Ergebnis seiner Prüfung
und Bewertung hat der Wehrbeauftragte nicht vorzugreifen.
Gleiches gilt für die mögliche Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens,
die derzeit von der Bundesanwaltschaft
geprüft wird. Für ein solches Ermittlungsverfahren ist unter
anderem die rechtliche Einordnung des Einsatzes von
entscheidender Bedeutung. Der Bundesminister der Verteidigung
hat insoweit von „kriegsähnlichen Zuständen“
in Afghanistan gesprochen. Kommt man zu der Annahme,
es handelt sich in Afghanistan um einen so genannten
„nicht-internationalen bewaffneten Konflikt“,
hätte das zur Folge, dass das Verhalten der deutschen Soldaten
nicht am nationalen Strafrecht, sondern am Kriegsvölkerrecht
zu messen wäre. Die Bundesanwaltschaft


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 13 – Drucksache 17/900
wird unter anderem über diese Rechtsfrage zu entscheiden
haben.
Ohne diesen Entscheidungen vorgreifen zu wollen ist eines
festzuhalten: Im Ergebnis geht es in den genannten
Verfahren um nicht weniger als die Frage, was im Rahmen
des Afghanistaneinsatzes rechtlich zulässig und ob
das rechtlich Zulässige auch politisch gewollt ist. Die
Soldaten haben einen Anspruch darauf, dass beide Fragen
beantwortet werden. Für sie und ihren Auftrag sind die
Antworten auf diese beiden Fragen existenziell. Ohne
diese Antworten wäre es unverantwortlich, sie weiterhin
in den Einsatz zu schicken.
Auch wenn die Auslandseinsätze derzeit im Zentrum der
Aufmerksamkeit und Diskussion stehen, darf nicht übersehen
werden, dass sich der Auftrag der Bundeswehr
nicht in den derzeitigen Beteiligungen an internationalen
Einsätzen erschöpft. Nach Artikel 87a des Grundgesetzes
stellt der Bund Streitkräfte zur Verteidigung auf. Diese
Streitkräfte sind unter anderem im Rahmen der NATO
und der Europäischen Union in Bündnissysteme eingebunden,
in denen sie Aufgaben und Verpflichtungen
übernommen haben, die über die derzeitigen Einsatzbeteiligungen
hinausgehen. Wenn die Bundeswehr ihrem
Auftrag im Rahmen dieser Verpflichtungen auch in Zukunft
nachkommen soll, braucht sie dafür geeignete
Strukturen, einen entsprechenden Personalkörper und
eine gesicherte Finanzierung. Meines Erachtens bedarf es
erheblicher Anstrengungen, wenn das gesichert bleiben
soll.
Einen Schwerpunkt bildet die materielle Ausstattung.
Klagen über Defizite im Hinblick auf die persönliche
Ausrüstung und fehlendes Gerät sind ein Standardthema
in nahezu allen Gesprächen, die ich führe. Woran es im
Einzelnen fehlt und welche Auswirkungen das auf die
Einsätze hat, ist auch in diesem Jahresbericht ausführlich
dargestellt.
Auf die Entwicklung im Personalbereich bin ich bereits in
meinen vorangegangenen Berichten eingegangen. Die aktuellen
Zahlen zum Personalumfang und zum Bewerberaufkommen
sind unter der Überschrift „Personal“ zusammengestellt.
Die sich darin abzeichnende Tendenz gibt
Anlass zur Sorge. Hinter den nüchternen Zahlen steht die
Qualität des Nachwuchses. Unter der Überschrift „Führung
und Ausbildung“ behandelt dies der Bericht erneut
ausführlich.
Die Attraktivität des Dienstes in den Streitkräften speist
sich aus vielen Quellen. Eine davon ist die Laufbahnperspektive.
Ohne die erforderliche Zahl an Planstellen
ist die Aussicht auf Beförderung und damit die Laufbahnperspektive
beeinträchtigt. Wie sich die diesbezügliche
Situation in den einzelnen Laufbahngruppen derzeit darstellt,
ist unter dem Stichwort „Beförderungssituation“
ausgeführt.
Beförderungen setzen entsprechende Beurteilungen voraus.
Im Jahr 2006 wurde bekanntlich ein neues Beurteilungssystem
eingeführt, dass mehr Transparenz und Beurteilungsgerechtigkeit
schaffen sollte. Im Nachhinein
kann das neue Beurteilungssystem nur als Fehlschlag bezeichnet
werden. Nicht nur, dass es, wie das Bundesverwaltungsgericht
festgestellt hat, an einer ausreichenden
Rechtsgrundlage für die neuen Beurteilungsrichtlinien
fehlt, das Gericht äußerte auch erhebliche Bedenken gegen
die Regelungen an sich. Einzelheiten dazu finden
sich im Kapitel „Beurteilungswesen“. Angesichts der
Zahl der Beurteilungen, die bereits auf der Grundlage des
neuen – vom Gericht verworfenen – Beurteilungssystems
erstellt wurden, habe ich Verständnis dafür, dass das Bundesministerium
der Verteidigung jetzt versucht, einen
vertretbaren „modus vivendi“ zu finden. Wenn es aber um
die Langzeitwirkung von Beurteilungen geht, die – trotz
rechtswidriger Grundlage – bestandskräftig geworden
sind, kann man meines Erachtens mit dem formalen Hinweis
auf die Rechtskraft nicht einfach zur Tagungsordnung
übergehen.
Auf die Ausbildung des Führungsnachwuchses bei den
Offizieren und Unteroffizieren bin ich bereits mehrfach
eingegangen. Die nachhaltigen Klagen sowohl von Ausbildern
als auch von den auszubildenden Soldatinnen und
Soldaten über den fehlenden Praxisbezug der Ausbildung
hielten im Berichtsjahr unverändert an.
Auffallend viele Klagen wurden aus Ausbildungskompanien
an mich herangetragen. Der Bericht geht darauf in
einem eigenständigen Kapitel ein. Diese Klagen treffen
jetzt mit den Planungen zur Verkürzung der Dauer der
Wehrpflicht zusammen. Erledigt sind sie dadurch nicht,
im Gegenteil. Man kann nur hoffen, dass es im Zuge der
Neuplanung gelingt, Auftrag und Ausstattung der Ausbildungskompanien,
und zwar materiell wie personell, auf
eine neue, bessere Grundlage zu stellen. Die Rahmenbedingungen
dafür sind schwierig. Gerade deshalb würde
ich es begrüßen, wenn das Parlament der Neugestaltung
der Wehrpflicht besondere Aufmerksamkeit schenken
würde. Der Eindruck, den die Wehrpflichtigen von der
Bundeswehr gewinnen, hat entscheidenden Anteil an dem
Bild, dass sich die Gesellschaft von der Bundeswehr
macht und auch darauf, wie viele und welche Wehrpflichtigen
sich dazu entschließen, länger in der Bundeswehr zu
dienen.
Die Vereinbarkeit von Familie und Dienst ist eines der
meist genannten Stichworte, wenn es um Maßnahmen zur
Steigerung der Attraktivität des Dienstes in den Streitkräften
geht. Der Jahresbericht geht auf den aktuellen
Sachstand dazu ein. Schon seit mehreren Jahren ist das
Bundesministerium der Verteidigung um Verbesserungen
in diesem Bereich bemüht. Indes klagten Betroffene erneut
darüber, dass diese Bemühungen dem Bedarf nicht
annähernd gerecht würden. Auch hier soll nach dem Koalitionsvertrag
nachgebessert werden. Ich bin allerdings
sicher, dass das ohne den Einsatz zusätzlicher Haushaltsmittel
in diesem Bereich nicht gelingen wird.
Besondere Sorge bereitet mir nach wie vor der Sanitätsdienst
der Bundeswehr. Der Aderlass von mehr als
120 Ärzten, die der Bundeswehr allein im Zeitraum von
Januar 2008 bis April 2009 den Rücken gekehrt haben,
hat tiefe Spuren hinterlassen. Ohne den Rückgriff auf das
zivile Gesundheitssystem wäre die sanitätsdienstliche
Versorgung der Soldatinnen und Soldaten nicht mehr zu


Drucksache 17/900 – 14 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
gewährleisten. Der Bericht geht darauf unter anderem am
Beispiel der klinischen Versorgung in den Bundeswehrkrankenhäusern
ein. Ein besonderes Kapitel ist erneut der
Behandlung posttraumatischer Belastungsstörungen gewidmet.
Die Kapazitäten zur Erforschung und Behandlung
der betroffenen Soldatinnen und Soldaten sind nach
wie vor unzureichend. Hier wird der Dienstherr seiner
Fürsorgepflicht aus meiner Sicht seit längerem nicht gerecht.
Ungeachtet der Mängel und Defizite darf nicht übersehen
werden, was die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr
für uns alle leisten. Dafür gebührt ihnen unser Dank.
Im Jahr 2009 feierte die Bundesrepublik Deutschland ihr
60jähriges Bestehen und gedachte des Mauerfalls vor
20 Jahren, der zur Wiedervereinigung in Frieden und
Freiheit führte. Die Streitkräfte haben erheblichen Anteil
daran, dass wir diese Jubiläen begehen konnten.
Der Dienst in diesen Streitkräften ist fordernd und mit hohen
persönlichen Risiken und Gefahren verbunden. Um
so mehr schulden wir den Frauen und Männern, die sich
diesem Dienst für die Gesellschaft stellen, auch öffentlich
Respekt und Anerkennung.
2 Auslandseinsätze
Auch in diesem Berichtszeitraum waren die Soldatinnen
und Soldaten der Bundeswehr wieder stark in den Auslandseinsätzen
engagiert. Dafür möchte ich Ihnen an dieser
Stelle ausdrücklich Dank sagen. Die Angehörigen unserer
Bundeswehr leisten eine hervorragende Arbeit in
den Einsatzgebieten. Dass in Anerkennung der Gefahr für
Leib und Leben der Soldaten nun auch öffentlich vermehrt
von „Gefallenen“ und „Verwundeten“ gesprochen
wird, ist ein Schritt in die richtige Richtung, sich der Einsatzrealität
zu stellen. Diese Veränderung haben die Soldaten
sehr wohl registriert.
2009 wurden in Afghanistan zum zweiten Mal Präsidentschaftswahlen
durchgeführt. Zur Absicherung dieser
Wahlen haben auch unsere Soldatinnen und Soldaten
ganz wesentlich beigetragen.
Auf besonderes Unverständnis trafen bei den Soldaten
Berichte, in denen versucht wurde, die zunehmenden
Überfälle auf deutsche Patrouillen als kurze Schusswechsel
zu bagatellisieren. Tatsächlich handelte es sich um
Gefechte, die überwiegend mehrere Stunden dauerten.
Das lässt im Ansatz erahnen, welchen Belastungen die
Soldaten tatsächlich ausgesetzt sind. Leider gab es auch
in 2009 wieder Verwundete und Tote zu beklagen. So fiel
ein Soldat am 29. April 2009, als eine deutsche Patrouille
in einen Hinterhalt geriet. Drei weitere Kameraden verloren
ihr Leben, als im Rahmen eines Gefechts am 23. Juni
2009 ein Transportpanzer Fuchs verunglückte. Betroffen
war in beiden Fällen eine Patrouille des PRT Kunduz. Am
5. Oktober 2009 verstarb ein Soldat an den Spätfolgen eines
Anschlages, der sich bereits am 6. August 2008 in der
Nähe des PRT Kunduz ereignet und bei dem der Kamerad
schwere Brandverletzungen erlitten hatte.
Gerade vor dem Hintergrund dieser tragischen Ereignisse
werde ich nicht nachlassen, mehr Verständnis und Anteilnahme
für unsere Bundeswehrsoldaten zu fordern. Die
Soldatinnen und Soldaten sind Staatsbürger in Uniform.
Sie haben ihren Auftrag vom Deutschen Bundestag erhalten,
der gewählten Vertretung des deutschen Volkes. Es
reicht absolut nicht aus, von den Soldaten zu verlangen,
sich als Staatsbürger zu begreifen und ihren Auftrag
– auch unter Einsatz des eigenen Lebens – auszuführen.
Das Mindeste, was die Soldaten verlangen können, ist,
dass ihr Einsatz am Hindukusch entsprechend gewürdigt
wird. Sie sind nicht Angehörige irgendeiner abstrakten
Armee, sie sind Menschen aus der Mitte unserer Gesellschaft.
Seit Beginn des Einsatzes im Kosovo im Jahre 1999 haben
mehr als 100 000 Bundeswehrangehörige ihren
Dienst in den KFOR (Kosovo Force)-Kontingenten geleistet.
Die Bundeswehr beteiligt sich derzeit mit rund 2 200 Soldatinnen
und Soldaten an der KFOR-Mission. Sie ist
damit der größte Truppensteller. Zusätzlich steht in
Deutschland ein Bataillon – die Operational Reserve
Force (ORF) – bereit. Es kann im Bedarfsfall zur Unterstützung
der KFOR zügig in die Region verlegt werden.
Auch im Jahr 2009 haben die Soldatinnen und Soldaten
dort ihren wichtigen Dienst mit Bravour absolviert und zu
stabilen Verhältnissen im Kosovo beigetragen. Das ist
noch immer notwendig, um im Land weitere internationale
Unterstützungsmaßnahmen umsetzen zu können. So
erreichte die EU-Mission im Kosovo EULEX (European
Rule of Law Mission) 2009 mit rund 1 750 internationalen
Mitarbeitern ihre volle Einsatzfähigkeit. 100 deutsche
Polizisten und über 20 zivile Experten aus Deutschland
sind daran beteiligt. Diese unterstützen das seit 2008 unabhängige
Kosovo beim Aufbau einer multiethnischen
Polizei und Justiz sowie eines entsprechenden Verwaltungsapparats.
Die maritimen Einsatzverbände unserer Bundeswehr im
Rahmen der United Nations Interim Force in Lebanon
(UNIFIL) im Mittelmeer und der Operation Enduring
Freedom (OEF) am Horn von Afrika waren ebenfalls Ziel
meiner Auslandstruppenbesuche. Seit Oktober 2006 beteiligt
sich Deutschland an der Operation UNIFIL, um die
Seewege vor dem Libanon zu kontrollieren und Waffenschmuggel
zu unterbinden. Das Mandat des Bundestages
deckt den Einsatz von bis zu 1 200 Soldaten im Rahmen
dieser Task Force ab. An der Überwachung der Seegebiete
am Horn von Afrika im Rahmen von OEF beteiligt
sich die Bundeswehr nunmehr seit Februar 2002. Für die
US-geführte Antiterroroperation mandatierte der Bundestag
am 3. Dezember 2009 den Einsatz von bis zu
700 deutschen Soldaten. Beide Einsätze verliefen im Berichtszeitraum
planmäßig und ohne nennenswerte Zwischenfälle
oder Besonderheiten.
Neben den Einsatzgebieten habe ich im Berichtsjahr auch
Einheiten aufgesucht, die dauerhaft im Ausland stationiert
sind, um dort ihren Auftrag zu erfüllen. So führte
mich meine Aufgabe als Wehrbeauftragter in die USA,
wo ich mir einen Eindruck von den Gegebenheiten beim
Deutschen Luftwaffenkommando USA und Kanada verDeutscher
Bundestag – 17. Wahlperiode – 15 – Drucksache 17/900
schaffte, und nach Sardinien zum Taktischen Ausbildungszentrum
der Luftwaffe in Italien. Der letztgenannte
Besuch war nicht angekündigt. Damit hat erstmals ein unangemeldeter
Truppenbesuch im Ausland stattgefunden.
Die Situation der Soldaten, die in den USA und auf Sardinien
ausgebildet werden, ist natürlich eine andere als die
derjenigen Bundeswehrangehörigen, die ihren Dienst in
Afghanistan, auf dem Balkan oder in den maritimen Kontingenten
leisten. Gleichwohl sind die Soldatinnen und
Soldaten auch in jenen Auslandsverwendungen in einer
besonderen Situation, die ganz eigene Probleme zeigt.
Letztlich geht es mit Blick auf alle im Ausland eingesetzten
Soldaten darum, ihnen die Möglichkeit zu geben, sich
mit ihren Anliegen auch persönlich an den Wehrbeauftragten
wenden zu können. Sie sollen wissen, dass sie
auch außerhalb Deutschlands nicht auf sich allein gestellt
sind.
Bei meinen Truppenbesuchen im Ausland wurden Themen
angesprochen, die – nach meiner Wahrnehmung – in
der ganzen Truppe kritisch diskutiert werden. So rief
– unabhängig von der persönlichen Betroffenheit – die
Gewährung einer Zulage für Ärzte und Piloten nachhaltigen
Unmut und Unverständnis hervor. Dabei war nicht
etwa Neid der auslösende Faktor, sondern die fehlende
Anerkennung all der anderen Soldaten, die nicht weniger
Leistung bringen und Einsatz zeigen als ihre begünstigten
Kameraden. Mit anderen Worten, es geht um die Anerkennung
des persönlichen Engagements jedes Einzelnen
und um eine ehrliche Auseinandersetzung in der Truppe
mit vorhandenen Problemen. Die Soldaten wissen um die
Personallage in den Reihen der Piloten und Ärzte. Daher
sprechen sie auch offen an, dass die Zulage in ihren Augen
nicht dazu geschaffen worden sei, Leistung zu belohnen
oder besondere Belastungen und Erschwernisse auszugleichen,
sondern eine weitere Abwanderung in den
zivilen Gesundheitsbereich und die Privatwirtschaft aus
diesen Berufsgruppen zu verhindern. Sie bezeichnen die
Zulage daher auch als „Kündigungsverhinderungsprämie“
oder als „Gespenst des Marburg-Virus“. Hier ist
mehr Mut zur Ehrlichkeit im Umgang mit den Soldaten
gefragt.
Deutsches Einsatzkontingent KFOR – Kosovo
(Truppenbesuch vom 7. bis 8. Januar 2009 in Prizren und
Pristina)
Im Januar hatte ich die Gelegenheit, den Präsidenten des
Deutschen Bundestages, Herrn Prof. Dr. Norbert
Lammert, bei einem Besuch im Kosovo zu begleiten und
dabei auch mit den Soldatinnen und Soldaten des deutschen
KFOR-Kontingents zusammenzutreffen. Im Gespräch
mit Angehörigen des Kontingents konnten wir uns
einen unmittelbaren Eindruck von den Einsatzbedingungen
vor Ort verschaffen. Die Unterkunftssituation wurde
zum Teil als kritisch beschrieben. Die Feldhäuser und
Unterkunftscontainer haben die vorgesehene Dauer ihrer
Nutzung deutlich überschritten. In einem Fall musste eine
Unterkunft wegen massiven Schimmelbefalls geschlossen
werden. Die beschriebenen Zustände sind, zumal
wenn eine Gesundheitsgefährdung der Soldaten zu befürchten
ist, nicht haltbar. Hier muss nachgebessert und
neuwertiger Ersatz gestellt werden. Klage wurde von den
Gesprächsteilnehmern einmal mehr über die schlechten
Kommunikationsverbindungen nach Deutschland geführt.
Die ausschließlich für Sanitätsoffiziere und Luftfahrzeugführer
gewährte Zulage („Kündigungsverhinderungsprämie“)
rief auch im KFOR-Kontigent Unmut und
Unverständnis hervor.
Als beleidigend und demotivierend wurde das Führungsverhalten
eines Kontingentführers kritisiert. Im Rahmen
einer offiziellen Veranstaltung im Beisein von Soldaten
anderer Nationen hatte er den Eindruck erweckt, die deutschen
Soldaten hätten ihren Einsatz ohne jeglichen Nutzen
absolviert. Im Kapitel „Führungsverhalten im Einsatz“
ist dazu Näheres ausgeführt. Treten Konflikte auf,
müssen sie sachlich angesprochen und gelöst werden. Die
Gesamtleistung des Kontingents öffentlich in Abrede zu
stellen verärgert nicht nur die deutschen Soldaten, sondern
beschädigt auch deren Ansehen. Hier fehlte offenbar
das nötige Fingerspitzengefühl im Führungsverhalten,
das man von einem Bundeswehroffizier – insbesondere in
internationaler Verwendung – erwarten darf.
Vom Bundestagspräsidenten, Prof. Dr. Norbert Lammert,
hingegen gab es uneingeschränkte Anerkennung für die
deutschen Soldatinnen und Soldaten. Er zeigte sich beeindruckt
von dem bislang Erreichten. Allerdings fand der
Bundestagspräsident auch kritische Worte was die Unterstützung
der Soldaten durch die deutsche Bevölkerung
betraf. Zwar stehe das Parlament mehrheitlich hinter den
Auslandseinsätzen der Bundeswehr, in der Gesellschaft
aber sei dies umgekehrt.
Deutsches Einsatzkontingent ISAF – Afghanistan,
Usbekistan
(Truppenbesuch vom 5. bis 13. Juni 2009 in Mazar-e-
Sharif, Feyzabad, Kunduz, Kabul und Termez)
Bei meinen letzten Besuchen in den Einsatzorten in
Afghanistan wurden mir wiederholt Mängel aufgezeigt,
die die Soldaten im Einsatz nun schon über Jahre hinweg
beklagen und die ich in jedem Bericht aufs Neue thematisieren
muss, weil sie die Einsatzfähigkeit und zum
Teil die Sicherheit unserer Soldaten in erheblichem Maße
beeinflussen. Dies betrifft vor allem die Materiallage.
Verschiedentlich wurde ich darauf aufmerksam gemacht,
dass die Versorgung mit Ersatzteilen nur schleppend
läuft. Gleiches gilt, wenn defektes Material und Gerät in
Gänze ersetzt werden muss. Ersatzbeschaffungen ziehen
sich oft über Monate hin. Kritisch wird es, wenn beispielsweise
die Einsatzbereitschaft medizinischen Geräts
oder geschützter Fahrzeuge tangiert ist. So durften nach
Aussage der Soldaten zum Beispiel zwei Fahrzeuge vom
Typ FENNEK nicht mehr bewegt werden, weil die vorderen
Staukästen beschädigt waren und nicht ersetzt werden
konnten. Weiterhin wurde mir gegenüber des Öfteren das
Fehlen von Nachtsichtgeräten (LUCIE) für infanteristische
Einheiten angesprochen. Vor dem Hintergrund der
verschärften Sicherheitslage können die Soldaten hier ein
zügiges Handeln seitens des Dienstherrn erwarten.
Schließlich erwartet man von der Truppe, dass sie ihren


Drucksache 17/900 – 16 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Auftrag erfüllt. Dazu benötigt sie die entsprechende Ausrüstung.
Auch sind noch immer nicht genügend geschützte
Fahrzeuge zum Beispiel vom Typ WOLF SSA
im Einsatzland vorhanden. Hier wird die Bundeswehr ihrem
Anspruch, eine moderne Armee zu sein, nicht gerecht.
Sie reagiert weder zügig noch flexibel.
Ich kann auch zu keinem anderen Schluss kommen, wenn
ich mir ansehe, welche Mängel die Ausbildung für den
Einsatz noch immer aufweist. Wie schon im vergangenen
Berichtszeitraum beklagten die Soldaten, dass noch immer
nicht genügend geschützte Fahrzeuge vom Typ
DINGO und DURO in Deutschland zur Vorausbildung
der Militärkraftfahrer zur Verfügung stehen. Gleiches gilt
für die Ausbildung an Führungs- beziehungsweise Kommunikationsmitteln
wie den TETRAPOL-Geräten, die
die Soldaten letztendlich bedienen müssen, wenn sie im
Einsatzgebiet sind. Nicht anders – so schilderten es mir
die Soldaten – verhält es sich bei der Sanitätsausbildung.
Auch hier bekommt der Soldat das Material zum Teil erst
im Einsatzland in die Hand. Hier muss dringend nachgebessert
werden. Die Soldaten müssen im Ernstfall wissen,
was zu tun ist und wie. Sie sollen schnell und richtig
reagieren können. Eine gründliche Vorausbildung kann
für die Bundeswehrsoldaten im Einsatz überlebenswichtig
sein.
Weiterhin wurde seitens der Soldaten gewünscht, die Einsatzvorausbildung
realitätsnäher zu gestalten. Geriete
man im Einsatzland in einen Hinterhalt, sei die tatsächliche
Anzahl der Angreifer weitaus höher als in den zuvor
geübten Szenarien. In diesem Zusammenhang wurde als
weiterer notwendiger Punkt die umfassende Einbindung
der Sanitätstruppe in die Einsatzvorausbildung angesprochen.
Das Zusammenwirken von Infanterie und Sanität
im Gefecht müsse auch gemeinsam geübt werden. Das
finde derzeit so nicht statt, sei aber genau die Situation, in
die man im Einsatz komme, wenn man tatsächlich in ein
Gefecht verwickelt werde. Die Sanitätssoldaten sprachen
sich zudem dafür aus, in ihrem Falle auch mehr Wert auf
die Schießausbildung zu legen. Auch sie müssen selbstverständlich
Sicherheit im Umgang mit ihrer Handwaffe
erlangen, um für ihren Eigenschutz sorgen zu können,
wenn es notwendig wird. Ansonsten besteht die Gefahr,
dass sie zu einer zusätzlichen Belastung für ihre im Gefecht
stehenden Kameraden werden.
Seit vielen Jahren wurden nicht nur im Einsatzgebiet
ISAF die qualitativ und quantitativ unzureichenden Kommunikationsverbindungen
in die Heimat beanstandet. Obwohl
dieses für die Soldaten grundsätzliche Problem immer
wieder auch in den Jahresberichten zur Sprache
gebracht wurde, war das Bundesministerium der Verteidigung
bisher nicht in der Lage, für eine spürbare Verbesserung
Sorge zu tragen. Mit Schreiben vom 25. September
2009 wurde mir mitgeteilt, dass aufgrund der berechtigten
Beanstandungen und der gestiegenen Erwartungshaltung
ein neues Ausschreibungsverfahren eingeleitet worden
sei, das am Jahresende allerdings noch nicht
abgeschlossen war. Ich habe kein Verständnis dafür, dass
trotz der seit langem bekannten Defizite das Problem
noch immer keiner befriedigenden Lösung zugeführt werden
konnte.
Deutsches Einsatzkontingent OEF
(Truppenbesuch vom 31. März bis 4. April 2009, Fregatte
MECKLENBURG-VORPOMMERN, Maskat, Oman)
Die Angehörigen der Deutsche Marine des OEF-Kontingents
sind einer hohen zeitlichen Einsatzbelastung ausgesetzt.
Mir gegenüber sprachen die Soldaten der Fregatte
MECKLENBURG-VORPOMMERN von 200 Einsatzoder
Abwesenheitstagen und mehr. Die Sorgen der seegehenden
Einheiten sind dabei ähnlich gelagert wie in
anderen Einsatzkontingenten und betreffen die Kommunikation
ebenso wie Belange der Sicherheit. So sei Sicherheitsausstattung
für den Schutz des Bedieners einer
Waffenstation nicht rechtzeitig geliefert worden. Die Soldaten
haben sich hier anderweitig behelfen müssen.
Was die Information und Kommunikation angeht, so
wünschen sich die Marinesoldaten einen umfangreicheren
Zugriff auf Presseinformationen sowie auch bessere
Kommunikationsmöglichkeiten nach Deutschland. Nachdem
der Vertragspartner der Bundeswehr, die Firma KB
Impuls, die auch in anderen Einsatzgebieten Telefon- und
Internetverbindungen für die Bundeswehrangehörigen
bereitstellt, für den Betrieb der Telefoncontainer in
Djibuti verantwortlich zeichnet, hat sich die Qualität des
Angebots nach Aussage der Soldaten merklich verschlechtert.
„Seitdem funktioniert dort gar nichts mehr.“
erklärte ein Offizier, was andere Kameraden sogleich bestätigten.
Ausreichend Internetplätze seien ebenfalls nicht
vorhanden. Die Kommunikation in die Heimat ist unter
dem Aspekt der Vereinbarkeit von Familie und Dienst
von großer Bedeutung und war immer wieder ein zentrales
Thema in den Gesprächsrunden. Für die Marinesoldaten
ebenso wichtig ist die Ausgestaltung der „Liberty
Port-Regelung“. Hier stieß auf Unverständnis, dass Unverheiratete
ihre Partnerin oder ihren Partner auf eigene
Kosten einfliegen lassen müssten, während für Ehepartner
die Kosten erstattet würden. Eine Änderung dieser
Regelungen ist jedoch bisher nicht beabsichtigt.
Deutsches Einsatzkontingent UNIFIL
(Truppenbesuch vom 27. bis 29. April 2009, Tender
WERRA, Schnellboot DACHS, Limassol, Zypern)
Wie bei meinem Truppenbesuch bei den Marinekräften
der OEF berichteten mir auch die Soldaten des Einsatzkontingents
UNIFIL von einer hohen Einsatzbelastung.
So haben einzelne Besatzungsmitglieder des Tenders
WERRA 300 Abwesenheits- beziehungsweise Einsatztage
innerhalb eines Jahres zu verzeichnen. Die Ursache
hierfür liege, so war zu hören, in der mangelnden Einsatzfähigkeit
der vorgehaltenen Personalergänzung. Die
Mannschaft gehe zudem nach der Rückkehr aus dem Einsatz
zwar in eine einmonatige Urlaubsphase, direkt im
Anschluss stehe aber schon wieder die Teilnahme an einem
Manöver an, kritisierten die Soldaten. Das Thema
der unterschiedlichen Behandlung der Reisebeihilfe beDeutscher
Bundestag – 17. Wahlperiode – 17 – Drucksache 17/900
züglich eheähnlicher Lebensgemeinschaften und verheirateter
Paare wurde auch hier zur Sprache gebracht.
Im Zusammenhang mit dem Zulagenwesen beklagten die
Minentaucher akute Nachwuchsprobleme. Zwar werde
auch für die Minentaucher eine Zulage gewährt, doch sei
sie wesentlich geringer als die Zulage für Kampfschwimmer
oder Angehörige des Kommando Spezialkräfte.
Potentieller Nachwuchs bemühe sich daher auch aus
finanziellen Gründen eher um eine Verwendung bei diesen
Verbänden. Weiterhin sprachen sich die Kontingentangehörigen
für bessere Sportmöglichkeiten im Camp
Limassol aus.
Einige Punkte wurden in beiden maritimen Kontingenten
thematisiert. Die mir geschilderte Praxis des „gesteuerten
Ausbaus“ stimmt mich dabei mehr als nachdenklich. Dieser
Begriff bezeichnet das gezielte Ausbauen von Ersatzteilen
aus anderen Schiffen, um die Kosten, die bei der
Anschaffung neuer Ersatzteile anfallen würden, einzusparen.
Die Soldaten nennen diese Praxis „Kannibalismus“.
Das Verfahren dient dem Ziel, wenigstens den Einsatz der
noch fahrtüchtigen Einheiten zu gewährleisten. Auch hier
zeigt sich wieder, dass die Bundeswehr als Einsatzarmee
offenbar nicht mit den nötigen finanziellen Ressourcen
ausgestattet ist.
Auf Unverständnis stieß weiterhin das Verfahren zur Personalauswahl.
Die Soldaten beklagten, dass sie als Unteroffiziere
ohne Portepee kaum die Möglichkeit hätten, in
die Laufbahn der Unteroffiziere mit Portepee zu wechseln.
Es sei einfacher – so wurde mir erklärt – erst einmal
als Obermaat aus der Truppe auszuscheiden, um sich
dann für die Wiedereinstellung in die Laufbahn der
Bootsmänner zu bewerben. Statt auf eigenen Nachwuchs
mit praktischer Truppenerfahrung zu setzen, stelle der
Dienstherr lieber externes Personal ein, das zwar über die
notwendigen beruflichen Qualifikationen verfüge, aber
keinerlei Erfahrung in der Truppe – insbesondere im Bereich
Menschenführung – habe. Für Unteroffiziere ohne
Portepee wirke sich diese Praxis demotivierend aus. Das
gleiche Thema ist zuvor auch von anderen nichtmaritimen
Einheiten angesprochen worden. Auf Kritik stieß zudem,
dass für die Einsätze UNIFIL und OEF Auslandsverwendungszuschlag
(AVZ) in unterschiedlicher Höhe
gewährt wird.
2.1 Einsatzvorbereitung
Angesichts der zugespitzten Bedrohungslage in den Einsatzgebieten,
insbesondere in Afghanistan, kommt der
Einsatzvorbereitung entscheidende Bedeutung zu. Immer
häufiger werden Soldatinnen und Soldaten im Einsatz in
Kampfhandlungen verwickelt. In solchen Situationen ist
für sie die sichere Handhabung der Waffen und des Geräts
überlebenswichtig. Um so schwerer wiegen die diesbezüglichen
Mängel in der Ausbildung, über die mir erneut
berichtet wurde.
Nach wie vor fehlt es für die Einsatzvorausbildung an einer
ausreichenden Zahl von Fahrzeugen des Typs
DINGO. Das Üben einsatztypischer Szenarien nach dem
Grundsatz „Übe, wie Du kämpfst!“ war infolgedessen nur
eingeschränkt möglich. Häufig musste improvisiert werden.
So wurden beispielsweise Patrouillen mit Lastkraftwagen
vom Typ UNIMOG simuliert, ein Fahrzeug, das in
Afghanistan gar nicht zum Einsatz kommt.
Wo Fahrzeuge vom Typ DINGO zur Verfügung standen,
klagten Soldaten darüber, dass die Kraftfahrerausbildung
aufgrund der begrenzten Zahl an Ausbildungsstunden
kaum über ein Kennenlernen des Fahrzeugs hinauskomme
und das Fahren mit Nachtsichtgerät oftmals gar
nicht ausgebildet werde. Um Defizite in der Vorausbildung
im Inland auszugleichen, wurde die Konvoi- und
Geländeausbildung teilweise in das Einsatzland verlegt.
Dabei kam es aufgrund fehlender Fahrpraxis zu Unfällen.
Zwei Soldaten, die als Militärkraftfahrer für den Einsatz
in Afghanistan vorgesehen waren, teilten mir in ihren
Eingaben mit, dass sie unter Hinweis auf die unzureichende
Ausbildung ihre freiwillige Bewerbung für einen
Einsatz zurückgezogen hätten.
Klage wurde auch über eine unzureichende Ausbildung
an Schusswaffen, namentlich der Maschinenpistole MP 7
und dem Maschinengewehr MG 4, geführt. Oftmals, so
die Soldaten, beschränke sich die Ausbildung auf eine
Einweisung in die Handhabung der Waffe und ein kurzes
Schießen, wenn eine solche Ausbildung in Deutschland
überhaupt stattfinde. Darauf wiesen insbesondere Sanitätssoldaten
hin. So berichtete beispielsweise ein in
Kunduz eingesetzter Arzt, zuletzt während seiner Grundausbildung
im Jahr 1998 mit einer Handfeuerwaffe geschossen
zu haben.
Sanitätssoldaten, insbesondere solche, die auf einem beweglichen
Arzttrupp (BAT) eingesetzt werden sollten, beklagten
sich auch darüber, nicht gemeinsam mit Infanteriekräften
geübt zu haben.
Derartige Ausbildungsdefizite sind aus meiner Sicht nicht
hinnehmbar. Das reibungslose Zusammenwirken der Soldaten
kann in bestimmten Situationen über Leben und
Tod entscheiden. Insbesondere in einem Gefecht muss jeder
Patrouillenteilnehmer wissen, wo sein Platz ist und
welche Aufgabe er zu erfüllen hat.
2.2 Ausrüstung und Ausstattung
Die Erfüllung des Auftrags setzt eine sachgerechte und
angemessene Ausstattung mit den erforderlichen Waffen
und Geräten voraus. Das war nicht immer und überall gewährleistet.
In Afghanistan wurde in allen Einsatzorten der unzureichende
Bestand an geschützten Fahrzeugen gerügt. Die
ohnehin angespannte Situation verschärfte sich, sobald
Fahrzeuge nach Unfällen oder Anschlägen ausfielen, weil
für diese Fahrzeuge kein Ersatz verfügbar war.
Angehörige der Fernmeldetruppe rügten den unzureichenden
Minenschutz eines bestimmten Fahrzeugtyps,
der häufig als bewegliche Befehlsstelle genutzt wird. Wegen
des unzureichenden Schutzes dürfen diese Fahrzeuge
außerhalb des Feldlagers nur mit starkem Begleitschutz
fahren. Darüber hinaus werden sie nur mit Fahrer und


Drucksache 17/900 – 18 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Beifahrer besetzt. Der Rest der Besatzung wird auf andere
Fahrzeuge mit höherer Schutzklasse verteilt.
Angehörige der Feldjägertruppe berichteten, dass ein Ermittlertrupp
in Feyzabad mangels Verfügbarkeit besser
geschützter Fahrzeuge die Fahrt zu einem Verdachtsort,
an dem eine Sprengladung vermutet wurde, nur mit einem
leicht geschützten Fahrzeug vom Typ WOLF MSS
ohne Störsender durchführen musste. In Kunduz führten
die Brandschutzkräfte unter Hinweis auf die hohe Bedrohungslage
Klage darüber, dass sie täglich die Strecke vom
PRT zum zwei Kilometer entfernten Flughafen in ungeschützten
Fahrzeugen zurücklegen mussten. Nach Überprüfung
durch die zuständige Fachaufsicht wurden diese
Fahrten untersagt.
Neben der zu geringen Anzahl von Fahrzeugen wurde
vielfach auch über die mangelnde Eignung eines bestimmten
Fahrzeugtyps für den Gefechtseinsatz sowie die
unzureichende Bewaffnung geklagt.
Angesichts der häufigen Gefechtssituationen in Afghanistan
müssen die Fahrzeuge und Waffen der Bedrohungslage
angepasst werden. Die erforderlichen technischen
Verbesserungen sind offensichtlich erkannt. Laut Aussage
des Bundesministeriums der Verteidigung ist mit der Installation
entsprechender Waffenstationen allerdings nicht
vor dem III. Quartal 2010 zu rechnen.
Gegenstand von Kritik war im Berichtsjahr auch die unzureichende
Versorgung mit Ersatzteilen und Ersatzgeräten.
So fehlte es beispielsweise an einem Tauschvorrat für
die Nachtsichtbrille LUCIE. Grundsätzlich ist jeder außerhalb
des Feldlagers operierende Soldat mit einer solchen
Brille ausgestattet. Im Falle eines Defekts oder Verlustes
standen aber keine Ersatzbrillen zur Verfügung.
Reparaturzeiten von bis zu drei Wochen führten zu einem
vorübergehenden Mangel an Nachtsichtbrillen. Mit der
Verlegung eines Instandsetzungskommandos nach Kunduz
konnten die Instandsetzungszeiten zwar verkürzt
werden, ein Tauschvorrat ist aber nach wie vor nicht vorhanden.
Das Sanitätsrettungszentrum in Feyzabad meldete Ende
März einen Bedarf von drei neuen Röntgenschürzen, weil
die vorhandenen starke Beschädigungen im Bereich der
Außenhaut aufwiesen. Es dauerte zwei Monate, bis die
neuen Röntgenschürzen in Feyzabad eintrafen.
Zum Schutz der Augen bei Anschlägen tragen die Soldaten
in den Fahrzeugen Schutzbrillen. Allerdings waren
für diese Brillen zunächst keine Sehhilfeeinsätze für Brillenträger
verfügbar. Nachdem bereits im Januar 2009 ein
geeignetes Brillenmodell auf dem Markt identifiziert und
die Einsatznotwendigkeit Anfang März 2009 festgestellt
worden war, erfolgte die Freigabe der Haushaltsmittel
erst am 24. Juli 2009. Einen Zeitraum von über vier Monaten
von der Feststellung der Einsatznotwendigkeit bis
zur Freigabe der Haushaltsmittel trotz anerkannter Dringlichkeit
halte ich für entschieden zu lang.
Bereits seit Jahren beklagen die Sicherungsschützen und
Kommandanten des Transportpanzers FUCHS, nicht mit
Sprechsätzen ausgestattet zu sein, die unter dem
Gefechtshelm getragen werden können. Insoweit ist erfreulich,
dass zwischenzeitlich die Beschaffung von
300 Helmsprechsätzen für den Transportpanzer FUCHS
eingeleitet wurde. Allerdings ist nicht verständlich, warum
erst jetzt Abhilfe geschaffen werden konnte.
Ausstattungsdefizite gab es nicht nur in Afghanistan. Für
den Einsatz im Rahmen der Operation Enduring Freedom
(OEF) am Horn von Afrika sollte die Fregatte
MECKLENBURG-VORPOMMERN zum Schutz der
MG-Schützen mit beschusssicheren Platten am vorderen
und hinteren MG eingerüstet werden. Aufgrund von Lieferschwierigkeiten
der Industrie wurde der Einbau des
Schutzsystems auf den Zeitraum nach Rückkehr der Fregatte
aus dem Einsatz verschoben. Die Soldatinnen und
Soldaten auf der MECKLENBURG-VORPOMMERN
konnten von dem verbesserten Schutz nicht mehr profitieren.
2.3 Führungsverhalten im Einsatz
Vor dem Hintergrund konkreter Bedrohungen wird die
Verantwortung von Vorgesetzten für die Gesundheit und
das Leben ihrer Untergebenen im Einsatz besonders deutlich.
Soldaten müssen darauf vertrauen können, dass ihre
Vorgesetzten sie nicht unnötig Gefahren aussetzen. Nur
dann werden sie ihnen auch in kritischen Situationen folgen.
Leider genügten im Berichtsjahr selbst höhere Vorgesetzte
nicht immer diesen Ansprüchen.
So erklärte ein Kommandeur im Dienstgrad Oberst im
Rahmen einer Besprechung zur Planung eines Landmarsches
von Kabul nach Baiman, er werde im ersten Fahrzeug
sitzen, um eine bessere „Aussicht“ zu haben und
weil bei Überfällen in der Regel nicht das erste, sondern
das zweite oder dritte Fahrzeug angesprengt werde. Als
während des Marsches eines der Fahrzeuge ausfiel, entschied
der Stabsoffizier entgegen der bestehenden Befehlslage,
die Besatzung des ausgefallenen Kraftfahrzeugs
mit einem angemieteten zivilen, nicht geschützten
Minibus von einem unbekannten einheimischen Fahrer
bei unbekannter Routenführung in einer mehrstündigen
Fahrt getrennt vom Konvoi nach Kabul fahren zu lassen,
obwohl in Bagram bei rechtzeitiger Auftragserteilung
eine Task Force mit geschützten Fahrzeugen zeitgerecht
bereitgestanden hätte. Wegen dieser und weiterer Dienstpflichtverletzungen
wurde der Oberst vorzeitig aus dem
Einsatz abgelöst und gegen ihn ein gerichtliches Disziplinarverfahren
eingeleitet.
Ein Hauptmann reagierte im Inland auf die Meldung, dass
zwei seiner Soldaten aus psychischen Gründen aus Kunduz
nach Deutschland zurückgeführt werden müssten mit
den Worten: „Was glauben die denn, wo wir hier sind?
Bei einer Kaffeefahrt oder auf dem Ponyhof? Infanteristen
sind in letzter Konsequenz dazu da, zu töten oder getötet
zu werden.“ Solche Äußerungen untergraben das
Vertrauen der Soldaten in ihre Vorgesetzten nachhaltig.
Im Kosovo fehlte es einem Kontingentführer am nötigen
Einfühlungsvermögen im Umgang mit seinen Soldaten.
Während der Silvesterfeier des Kontingents wollte er sich
gegen 22:00 Uhr mit einer Neujahrsansprache an seine


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 19 – Drucksache 17/900
Soldaten wenden. Als er aufgrund der ausgelassenen
Stimmung und des undisziplinierten Verhaltens Einzelner
dafür nicht die nötige Aufmerksamkeit fand, teilte er
stattdessen über ein Mikrofon mit, dass er die Feldjäger
angewiesen habe, jeden alkoholauffälligen Soldaten mit
zur Militärpolizei-Station zu nehmen. Darüber hinaus
drohte er allen Anwesenden für den Fall eines Verstoßes
gegen die Alkoholbestimmungen mit empfindlichen Disziplinarmaßnahmen
und dem Absehen von der Verleihung
der Einsatzmedaille. Die anwesenden Soldaten fühlten sich
dadurch unter Generalverdacht gestellt. Sie empfanden das
Verhalten des Kontingentführers als Herabwürdigung ihrer
Leistungen, weil er nur Drohungen aussprach und keine
Worte des Dankes für die Leistungen der Soldaten im Einsatz
fand. Der Befehlshaber des Einsatzführungskommandos
der Bundeswehr stellte zutreffend fest, dass die Absicht
des Kontingentführers, ein „aus dem Ruder Laufen
der Veranstaltung durch alkoholisierte Soldaten“ zu verhindern,
in der Art der Durchführung kontraproduktiv
und ein Führungsfehler gewesen sei.
2.4 Einsatzhäufigkeit und Einsatzdauer
Bereits in meinen letzten Jahresberichten hatte ich auf
hohe Einsatzbelastungen von Soldatinnen und Soldaten in
Spezialverwendungen hingewiesen. Diese Belastungen
hielten auch im Berichtsjahr an. Besonders betroffen waren
Soldaten des Geoinformationsdienstes und solche aus
dem Bereich der zivil-militärischen Zusammenarbeit
(CIMIC). So absolvieren viele Soldaten des CIMIC-Zentrums
jährlich mehrmonatige Einsätze. Eingaben über
eine hohe Einsatzbelastung erreichten mich im Berichtsjahr
einmal mehr auch aus der Marine. Insbesondere die
Schnellbootfahrer beklagten lange Abwesenheitszeiten
durch Auslandseinsätze, Hafenwachen und Übungen.
Verschärfend wirkte sich dabei die angespannte Personalsituation
bei den Unteroffizieren an Bord aus.
Probleme gab es auch bei der Gestellung von Fachpersonal.
So konnte in Kunduz der Dienstposten des Truppenarztes
über mehrere Monate – mit einer geringen Unterbrechung
– mangels geeigneten Personals nicht besetzt
werden, obwohl die Besetzung nach Einschätzung des
Einsatzführungskommandos der Bundeswehr unter operativen
Gesichtspunkten zwingend geboten war. Die Tätigkeit
musste in Zweitfunktion durch andere Ärzte wahrgenommen
werden.
2.5 Betreuung im Einsatz
Bei meinen Truppenbesuchen in den Einsatzgebieten ist
mir von den Soldatinnen und Soldaten immer wieder der
besondere Stellenwert der Truppenbetreuung vorgetragen
worden. Die Trennung von der Familie über Monate hinweg
und die Herauslösung der Soldatinnen und Soldaten
aus ihrem heimatlichen Milieu stellen ganz besondere
Herausforderungen für die Soldaten, aber auch für deren
Angehörige dar. Unabhängig von optimalen Kommunikationsmöglichkeiten
mit dem sozialen Umfeld in der Heimat
ist die Betreuung im Einsatz auch eine Form des
Ausgleichs für die mannigfaltigen Entbehrungen. Ziel einer
gelungenen Soldatenbetreuung könnte und sollte sein,
unseren Soldatinnen und Soldaten zu körperlicher und
geistiger Fitness zu verhelfen, aber auch zu einem möglichst
hohen Maß an seelischer Ausgeglichenheit.
Aus meiner Sicht wird jedoch dem Thema „Betreuung im
Einsatz“ nicht auf allen Führungsebenen und in allen Verantwortungsbereichen
die angemessene Aufmerksamkeit
geschenkt.
So ist auch das Verständnis für den Sport im Einsatz als
absolut notwendige Pflichtaufgabe des Dienstherrn erst in
den letzten Jahren gewachsen. Im Gegensatz zu verschiedenen
verbündeten Streitkräften ist erst in jüngster Zeit
die Bedeutung der sportlichen Betätigung für die zum
Teil schwer belasteten Bundeswehrsoldaten in den Einsatzgebieten
allgemein anerkannt worden. Die Versorgung
mit Kommunikationseinrichtungen wie Telefon und
Internet sowie die Feldpost sind ebenfalls wesentliche
Betreuungsmodule, deren Qualität direkte Auswirkungen
auf die „Stimmung in der Truppe“ hat.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die kulturelle Betreuung
in den Einsatzgebieten, insbesondere in Afghanistan. Gerade
angesichts der zunehmenden Belastungen aufgrund
häufiger Gefechte sind die in der ISAF-Mission eingesetzten
Soldaten dankbar für ein gutes kulturelles Angebot.
Nach meinen Gesprächen mit der Truppe besteht dabei
keineswegs nur der Wunsch nach „Berieselung“, was
ja ein DVD-Spieler ebenso gut leisten könnte, sondern
nach echter Zerstreuung und anregender Unterhaltung.
Auch dieser Betreuungsbereich ist nach meinen Erkenntnissen
innerhalb der Streitkräfte stark von Zufälligkeiten
geprägt und im Einzelnen abhängig vom guten Willen
und Engagement der mit der kulturellen Betreuung befassten
Dienststellen. So finden beispielsweise in unregelmäßigen
Abständen Auftritte von kleinen Musikbands
und einzelnen Künstlern statt. Diese fokussieren sich in
erster Linie auf den Geschmack der jüngeren Kontingentangehörigen,
allerdings gab es erstmalig auch Theaterbeiträge
von einzelnen Künstlern oder Gruppen. Ein
weiteres Novum stellt die Durchführung einer Betreuungsmaßnahme
beim UNIFIL-Kontingent dar, bei der
eine Theatergruppe aus Deutschland ins Einsatzgebiet
verlegt wurde. Jedoch fehlt es an einem mit Finanzmitteln
unterlegten Konzept, das eine kontinuierliche und verlässliche
kulturelle Betreuung in den verschiedenen Einsatzregionen
der Bundeswehr sicherstellt. Weiterhin muss
an dieser Stelle erwähnt werden, dass die Betreuung
durch sogenannte „Soldatenbands“ unter dem Motto
„Soldaten spielen für Soldaten“ aus versorgungsrechtlichen
Gründen derzeit durch das Verteidigungsministerium
nicht gebilligt wird.
So wurde mir vorgetragen, dass sieben Soldaten und zwei
Zivilisten, die in ihrer Freizeit als Musikgruppe eine musikalische
Betreuungstour durch alle deutschen Stützpunkte
in Afghanistan unternehmen wollten, ein Auftritt
untersagt wurde. Die vom Deutschen Einsatzkontingent
ISAF beantragte und vom Einsatzführungskommando der
Bundeswehr gebilligte Betreuungsmaßnahme wurde vom
Bundesministerium der Verteidigung unter Hinweis auf
etwaige versorgungsrechtliche Nachteile der Bandmit-

 

Drucksache 17/900 – 20 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
glieder im Falle einer Gesundheitsschädigung abgelehnt.
Dies stieß sowohl im Kontingent als auch bei den Künstlern
auf Unverständnis.
Nicht unerwähnt bleiben dürfen an dieser Stelle die bemerkenswerten
Anstrengungen der Evangelischen und
Katholischen Arbeitsgemeinschaft für Soldatenbetreuung.
Aber auch die Initiativen einzelner Soldaten auf der
einen und engagierter Künstler oder Künstlergruppen auf
der anderen Seite verdienen Respekt und Anerkennung.
Schließlich will ich die ausgezeichnete Arbeit der für die
Einsatzbetreuung zuständigen Stelle beim Einsatzführungskommando
hervorheben.
Eine gute Betreuung ist ein entscheidender Faktor für die
Motivation der Soldaten im Einsatz. In einem Umfeld mit
wenig Rückzugsmöglichkeiten bietet sie den Soldaten
Zerstreuung und Ablenkung vom Einsatzalltag. Einen besonderen
Höhepunkt stellen dabei Künstlerauftritte im
Rahmen der Truppenbetreuung dar. Solche Auftritte werden
von den Soldaten nicht nur als angenehme Abwechslung
empfunden, sondern auch als Anerkennung ihres
fordernden Dienstes im Einsatz. Insoweit sollte es im Interesse
des Dienstherrn liegen, Künstlergruppen, die vor
den Soldaten auftreten möchten, die Reise in die Einsatzgebiete
zu ermöglichen.
2.5.1 Sport im Einsatz
Die Einsatzbedingungen, denen unsere Soldatinnen und
Soldaten im Auslandseinsatz ausgesetzt sind, stellen
höchste Ansprüche an die körperliche Leistungsfähigkeit.
Um diesen Ansprüchen gerecht werden zu können, bedarf
es entsprechender Rahmenbedingungen zur Ausübung
des Dienstsports. Dessen Durchführung im Auslandseinsatz
ist bisher im Gegensatz zum Dienstbetrieb in
Deutschland nicht ausreichend geregelt. Die ZDv 3/10
„Sport in der Bundeswehr“ berücksichtigt die Anforderungen
und Besonderheiten der Auslandseinsätze nicht.
Ob ein Soldat Sport treibt oder nicht, bleibt ihm dort im
Rahmen der Freiwilligkeit weitgehend selbst überlassen.
Sport muss aber auch im Auslandseinsatz durch eine entsprechende
Befehlsgebung geregelt und damit verpflichtend
sein, zumal der Basis-Fitness-Test als beurteilungsrelevantes
Kriterium Verwendung findet und körperliche
Ertüchtigung ein anerkanntes Mittel zur Stressbewältigung
und Regeneration ist. Hinzu kommt, dass Sportgeräte
in ausreichender Zahl und in einer hohen Qualität
vorgehalten werden müssen. Dies ist leider in den Einsatzgebieten
noch nicht überall der Fall. Auch eine ausreichende
Infrastruktur muss bereitgestellt werden.
Um die sportfachliche Betreuung im Einsatz zu gewährleisten,
wurde der temporäre Dienstposten des Sportoffiziers
eingerichtet. Allerdings – so berichteten mir die Soldatinnen
und Soldaten – wird er derzeit genutzt, um einen
zivilen Sportlehrer ins Einsatzgebiet zu verlegen, der die
Wartungsarbeiten an den Sportgeräten durchführen soll.
Das ist notwendig, weil durch die starke Nutzung der
Sportgeräte im Einsatzland auch ein erhöhter Verschleiß
an diesen Geräten auftritt. Ob es allerdings die zweckmäßigste
Lösung ist, auf einen Sportlehrer zurückzugreifen,
der die handwerklichen Arbeiten eines Mechanikers fachgerecht
erledigen soll, bezweifle ich. Zum einen können
die zivilen Sportlehrer der Bundeswehr lediglich im Rahmen
der Freiwilligkeit ins Einsatzgebiet verlegt werden,
so dass nicht gewährleistet werden kann, dass durchgängig
fachkundiges Personal vor Ort ist. Zum anderen ist es
aus meiner Sicht sinnvoller, die Wartungsarbeiten durch
qualifiziertes Personal – zum Beispiel durch Fachkräfte
des jeweiligen Herstellers – durchführen zu lassen. Der
Einsatz von Firmenpersonal in den Auslandskontingenten
ist jedoch nicht vertraglich geregelt.
Damit auch die durchgehende fachliche Begleitung des
Dienstsports sichergestellt wird, sollte sich die Bundeswehr
nicht nur der bei ihr angestellten zivilen Sportlehrer
bedienen, sondern verstärkt auf eigene Ressourcen wie
die in der Truppe vorhandenen Offiziere mit Sportstudium,
Fachsportleiter und Übungsleiter zurückgreifen.
Die Soldatinnen und Soldaten der maritimen Einsatzkontingente
können bedauerlicherweise auf keinerlei eigene
Sportinfrastruktur zurückgreifen und sind auf die Nutzung
ziviler Strukturen oder der befreundeter Nationen
angewiesen. Seegehende Einheiten sind nach meinem Erkenntnisstand
nur sehr unzureichend mit Sportgeräten
ausgestattet. Nur dem Improvisationstalent der betroffenen
Soldaten ist es zu verdanken, dass im eingeschränkten
Rahmen Sport an Bord der Schiffe der Marine möglich
ist. Hier geht es vor allem darum, bei der Planung der
neuen Fregatten und Korvetten entsprechenden Raum für
die sportliche Ertüchtigung verbindlich vorzusehen.
2.5.2 Verpflegung im Einsatz
Mit Unverständnis nahmen die Soldaten in Kunduz zur
Kenntnis, dass es ihnen unter Hinweis auf den in
Deutschland erstellten verbindlichen Verpflegungsplan
verwehrt wurde, in der von der Einsatzwehrverwaltung
betriebenen Truppenküche im Einzelfall Grillfleisch anstelle
der Abendverpflegung zu empfangen. Stattdessen
musste Grillware für teures Geld bei der Einsatzwehrverwaltungsstelle
käuflich erworben werden. In Mazar-e-
Sharif dagegen, wo die Truppenküche von einem privaten
Anbieter betrieben wird, war die Ausgabe von Grillfleisch
anstelle der Abendverpflegung ohne weiteres
möglich. Von den Soldaten wurde die Regelung in Kunduz
als typisches Beispiel für bürokratische Entscheidungen
empfunden, die an den Bedürfnissen der Betroffenen
vorbeigehen.
Erfolglos blieb in Kunduz zunächst auch die Bitte, die
Operationskräfte mit isotonischen Getränken zu versorgen.
Bei Temperaturen von bis zu 40°C ist die Bereitstellung
elektrolythaltiger Getränke zur Aufrechterhaltung
der Einsatzfähigkeit aus meiner Sicht nicht nur sinnvoll,
sondern dringend notwendig. Für mich ist daher nicht
verständlich, warum das Bundesministerium der Verteidigung
erst Ende Juni 2009 gestattete, das Deutsche Einsatzkontingent
ISAF mit isotonischen Getränken zu versorgen.


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 21 – Drucksache 17/900
2.5.3 Weihnachtsgruß
Das Weihnachtsfest bietet dem Dienstherrn eine gute Gelegenheit,
sich bei den im Einsatz befindlichen Soldaten
mit einer kleinen Geste für ihren Dienst fern der Heimat
zu bedanken. Dabei geht es nicht um wertvolle Geschenke;
Auswahl und Zusammenstellung der Präsente
sollten aber auf den Anlass und den Empfängerkreis abgestimmt
sein. Das war Weihnachten 2008 nicht der Fall.
Soldaten aus Afghanistan zeigten sich in Eingaben an
mich entrüstet über ein Weihnachtspaket des Dienstherrn,
das ihnen im Einsatz überreicht worden war. Sie rügten
sowohl den Inhalt, offensichtlich Billigartikel aus Fernost,
als auch die Form der Übergabe. Die Geschenke wurden
den Soldaten in einem braunen Pappkarton ohne
weihnachtliche Verpackung überreicht. Auch die beigelegte
Grußkarte ließ einen persönlichen Bezug vermissen.
Der Unmut über die Geschenke war derart groß, dass die
Ehefrau eines in Afghanistan eingesetzten Soldaten im
Rahmen eines Empfangs der Bundeskanzlerin Fotos von
diesen Geschenken übergab, die ihr der Ehemann zuvor
aus dem Einsatzland zugesandt hatte.
Zum Weihnachtsfest 2009 sollte den Soldaten in den Einsatzgebieten
ein Schreiben des Generalinspekteurs mit einer
Gedenkmünze und seiner Unterschrift sowie eine CD
mit Weihnachtsmusik überreicht werden. Da das beauftragte
Unternehmen die Gedenkmünzen nicht rechtzeitig
fertig stellen konnte, wurde von dem Weihnachtspräsent
Abstand genommen. Stattdessen wurden die für die Soldaten
bereitstehenden Mittel den jeweiligen Dienststellenleitern
und Kommandeuren zur Ausgestaltung einer
persönlichen Danksagung zur Verfügung gestellt. Das
war nach Lage der Dinge eine naheliegende Lösung.
Gleichwohl brachten nicht wenige Soldaten ihre Enttäuschung
und ihr Unverständnis darüber zum Ausdruck.
Auch wenn die Bemühungen des Ministeriums einschließlich
der vom Bundesminister der Verteidigung
übermittelten Weihnachtsgrüße anzuerkennen sind, so
habe ich kein Verständnis dafür, dass nicht bereits bei der
zeitgerechten Vergabe des Auftrages darauf geachtet
wurde, ob der Vertragspartner die Anforderungen zur
Herstellung einer solchen Medaille auch erfüllen konnte.
2.7 Unterbringung
In den Vorjahren war der überwiegende Teil der in Mazare-
Sharif eingesetzten Soldaten auf Stuben mit Dreierbelegung
untergebracht. Auf das Erfordernis, bei einem Aufwuchs
der Kräfte zeitgerecht auch die erforderliche Unterbringungskapazität
zu schaffen, hatte ich bereits in
meinem letzten Jahresbericht hingewiesen.
Auch die Unterbringung der Soldaten des QRF-Verbandes
in Kunduz wurde beanstandet. Sie waren lediglich in
Zelten untergebracht und damit trotz ihres fordernden
Auftrages qualitativ erheblich schlechter gestellt als ihre
Kameraden in den Unterkünften.
Im Feldlager Airfield in Prizren monierten die Soldaten
undichte Dächer der Containerwohnmodule, durch die
Regenwasser in die Mittelgänge der Module eindrang. In
seiner Stellungnahme bestätigte das Einsatzführungskommando
der Bundeswehr den Mangel und räumte ein, dass
sowohl die Unterkunfts- als auch die Sanitärcontainer die
vorgesehene Nutzungsdauer überschritten hätten. Ein Antrag
der Truppe auf Depotinstandsetzung der Containermodule
wurde im August 2007 unter Hinweis auf die ungewisse
Zukunft abschlägig beschieden. Am 9. Februar
2008 teilte das Einsatzführungskommando der Bundeswehr
mit, dass das Feldlager Airfield voraussichtlich Einsatzliegenschaft
werde, ein entsprechendes Bedarfskonzept
vorbereitet und dem Bundesministerium der
Verteidigung am 30. Oktober 2008 zur Entscheidung vorgelegt
werde. Nach mehreren Anfragen wurde Anfang Januar
2010 mitgeteilt, dass demnächst eine Schließung
von Prizren-Airfield zu erwarten und damit eine Umsetzung
weiterer Infrastrukturmaßnahmen nicht mehr sinnvoll
sei. Es kann nicht angehen, dass Soldaten über mehrere
Jahre hinweg in Unterkünften untergebracht sind, bei
denen zwar dringender Handlungsbedarf erkannt wird,
die Umsetzung von Maßnahmen jedoch so lange hinausgezögert
wird, bis sich das Problem durch Zeitablauf erledigt.
Durch ein solches Vorgehen erleidet das Vertrauen in
einen fürsorglichen Dienstherrn erhebliche Einbußen.
2.8 Auslandsverwendungszuschlag (AVZ)
Wie bereits im Vorjahr beklagten insbesondere die Soldaten,
die regelmäßig Dienstreisen in die Einsatzgebiete unternehmen
müssen, dass der AVZ nur im Falle einer
Kommandierung ins Einsatzgebiet gezahlt wird. Bei einer
Auslandsdienstreise von weniger als 14 Tagen besteht
kein Anspruch auf AVZ.
Bezüglich der im Einsatz zum Teil schwerstverwundeten
und zur weiteren medizinischen Behandlung nach
Deutschland ausgeflogenen Kameraden zeigten sich die
Soldatinnen und Soldaten darüber bestürzt, dass der bereits
für den gesamten Monat im Voraus gezahlte AVZ
nach der geltenden Rechtslage vom Tage nach Verlassen
des Einsatzlandes an grundsätzlich zurückzufordern ist.
Zwar hat das Bundesministerium der Verteidigung in aktuellen
Fällen – auch nachdem ich mich eingeschaltet
hatte – von einer Rückforderung für den laufenden Monat
abgesehen. In einer weiteren Stellungnahme kündigte es
unter Bezugnahme auf die zuvor verfügte Regelung allerdings
an, dass „zur grundsätzlichen Vermeidung von für
die betroffenen Soldatinnen und Soldaten unerfreulichen
AVZ-Überzahlungen“ der AVZ ab 1. Mai 2010 künftig
nicht mehr im Voraus, sondern monatlich nachträglich
ausgezahlt werde. Lediglich zu Beginn der besonderen
Auslandsverwendung werde im Voraus ein einmaliger
Abschlag in Höhe von 15 Tagessätzen der für das Einsatzgebiet
jeweils festgesetzten AVZ-Stufe gezahlt. Ich
habe erhebliche Bedenken, ob man mit einer solchen Lösung
der besonderen Situation der nach Verwundung oder
gar Tod in die Heimat zurückgeführten Soldaten und deren
Angehörigen gerecht wird. Aus diesem Grund habe
ich den Bundesminister der Verteidigung auf die geplante
Änderung der Verwaltungspraxis aufmerksam gemacht
und ihn eindringlich gebeten, von der Änderung abzusehen.
Nicht nur, weil mit ihr der Unmut der Soldaten heraufbeschworen
wird, sondern auch, weil die Änderung


Drucksache 17/900 – 22 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
erkennbar darauf abzielt, einen Verzicht auf Rückzahlungen
aus Billigkeitsgründen von vornherein zu vermeiden.
Zur Schaffung von Rechtssicherheit sollte in der
Auslandsverwendungszuschlagsverordnung festgeschrieben
werden, dass im Einsatz verwundeten Soldaten der
AVZ zumindest für den Rest des Monats, in dem eine Repatriierung
stattgefunden hat, weiter zusteht.
3 Auslandsdienststellen
Deutsches Luftwaffenkommando USA und Kanada
(Truppenbesuch vom 23. bis 27. August 2009,
Washington, Reston, El Paso, Holloman)
Im August des Berichtsjahres führte mich ein Truppenbesuch
zu den Dienststellen des Deutschen Luftwaffenkommandos
in den USA und Kanada. Derzeit befinden sich
rund 1 600 Bundeswehrsoldaten in den Vereinigten Staaten.
Bei meinem Besuch trugen Soldatinnen und Soldaten
vor allem Themen vor, die unmittelbar mit der Versetzung
zum Dienstort im Ausland oder mit der Rückversetzung
nach Deutschland in Zusammenhang standen. Dabei ging
es um Dinge, die organisatorische Abläufe vor dem
Wohnortwechsel beeinflussen, wie zum Beispiel die
Übernahme der Umzugskosten. Kritisiert wurde auch der
1. Oktober als Stichtag für Versetzungen auf internationale
Dienstposten. Bei Rückversetzungen wird es für Familien
mit Kindern problematisch, weil das neue Schuljahr
in Deutschland bereits in den Monaten August und
September beginnt.
Die Luftwaffensoldaten thematisierten weiterhin die Situation
im Personalbereich. Sie beklagten, dass Wartungspersonal,
das in Deutschland gerade erst die Ausbildung
abgeschlossen habe, in die USA versetzt werde und
dort eigenverantwortlich die Wartung der Flugzeuge vornehmen
solle. Zurzeit sei es kaum möglich, den Kameraden
erfahrene Luftfahrzeugmechaniker zur Seite zu
stellen. Hier wäre es besser, wenn das neue Wartungspersonal
zuerst in Deutschland Erfahrung sammeln könnte,
bevor ihm solch verantwortungsvolle Aufgaben zur eigenständigen
Ausführung übertragen werden. Die Arbeit
der Flugzeugwarte hat wesentlichen Einfluss auf die
Flugsicherheit. Hier sollte neben einer gründlichen Ausbildung
auch das Sammeln von praktischer Erfahrung unter
Anleitung von erfahrenem Personal selbstverständlich
sein, bevor einem Kameraden ein erhebliches Maß an eigener
Verantwortung übertragen wird.
Ähnliches wurde mir auch über die Situation im Bereich
der Fluglehrerausbildung berichtet. Die hierfür vorgesehenen
Piloten hätten eine Flugerfahrung von maximal
500 Stunden vorzuweisen. Diese Anzahl an Flugstunden
sei viel zu gering. Die fehlende Flugerfahrung, so wurde
mir erklärt, resultiere unter anderem daraus, dass die Piloten
neben ihrem eigentlichen Auftrag für verschiedene
Nebenfunktionen ausgebildet werden müssten, so zum
Beispiel zum Drohnenbediener. Da bleibe für das Fliegen
nicht mehr viel Zeit übrig. Wer seine Erfahrungen als
Flugzeugführer an den Nachwuchs im Rahmen einer fundierten
Ausbildung weitergeben soll, muss natürlich
zuvor auch die Chance gehabt haben, als Pilot entsprechende
Erfahrungen zu sammeln. Piloten mit entsprechend
langjähriger und umfassender Flugerfahrung sollten
für die Ausbildung zum Fluglehrer gewonnen werden.
Dies könnte über eine entsprechende Aufwertung der
Fluglehrerdienstposten erreicht werden, die nach Auskunft
der Soldaten derzeit im Wesentlichen lediglich mit
der Besoldungsgruppe A 11 dotiert sind.
Die in den USA stationierten Soldatinnen und Soldaten
beschäftigen unter anderem Fragen im Zusammenhang
mit dem Umzug und dem Dienst am Auslandsstandort.
So bemängelten sie, dass die Kosten für eine Wohnungsbesichtigungsreise
vor Versetzung ins Ausland nur für
eine Person erstattet werden. Auf mein entsprechendes
Überprüfungsersuchen hin hat das Bundesministerium
der Verteidigung Verständnis für das Anliegen der Soldaten
gezeigt, weil gewöhnlicherweise beide Partner gemeinsam
eine Wohnung suchen oder besichtigen. Ich
begrüße daher, dass im Rahmen der anstehenden Novellierung
des Umzugskosten- und Trennungsgeldrechtes
dieses Problem mit dem Ziel einer Angleichung an die Inlandsregelung
gelöst werden soll. Danach sollen die Auslagen
für zwei Reisen einer Person oder einer Reise von
zwei Personen zum Suchen oder Besichtigen einer Wohnung
erstattet werden. Neben Fahrkosten bis zur Höhe
der billigsten Fahrkarte der allgemein niedrigsten Klasse
eines regelmäßig verkehrenden Beförderungsmittels sollen
weiter Tages- und Übernachtungsgelder für höchstens
zwei Reise- und zwei Aufenthaltstage gewährt werden.
Auf Unverständnis stieß bei den Soldaten auch die Regelung,
dass sie bei der Inanspruchnahme von Familienheimflügen
nach Deutschland innerhalb der vorgeschriebenen
Mindestzeit von 14 Tagen Deutschland nicht
verlassen dürfen.
Als unbefriedigend wurde im Zuge des Abbaus von Zivilpersonal
schließlich auch die Entscheidung empfunden,
nur noch am Standort Holloman einen katholischen Militärseelsorger
zu haben. In dem 80 Meilen entfernten Fort
Bliss soll lediglich ein katholischer Pfarrhelfer verbleiben
und die Militärseelsorge vor Ort unterstützen. Dies wird
von vielen Soldaten in Anbetracht des Umfangs des Betreuungsbedarfs
in beiden Standorten als nicht ausreichend
angesehen.
Taktisches Ausbildungszentrum der Luftwaffe, Italien
(Truppenbesuch vom 16. bis 18. September 2009,
Decimomannu)
Dieser Truppenbesuch stellt in der nunmehr fünfzigjährigen
Geschichte der Institution des Wehrbeauftragten ein
Novum dar. Es war der erste Truppenbesuch im Ausland,
der unangemeldet erfolgte. Bei anderen Auslandstruppenbesuchen
ist dies in dieser Form bisher aus organisatorischen
Gründen nicht möglich gewesen.
Bereits 1960 wurde das „Deutsche Luftwaffenübungsplatzkommando
Italien“ aufgestellt. Seit 1983 trägt es
seine bis heute gültige Bezeichnung. Die Geschwaderkommandos
der Luftwaffe absolvieren hier die taktische
Verbandsausbildung mit verschiedenen Waffensystemen
sowie mit Kommandos befreundeter Streitkräfte. Das


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 23 – Drucksache 17/900
Taktische Ausbildungskommando der Luftwaffe unterstützt
sie dabei.
Die Soldaten des Ausbildungskommandos sind im Wesentlichen
zufrieden mit dem Dienst und den Arbeitsbedingungen.
Bemängelt wurde, wie schon von den in den
USA eingesetzten Kameraden, die Regelung bezüglich
der Wohnungsbesichtigungsreisen. Beklagt wurde außerdem,
dass die Kapazitäten für die Sprachausbildung Italienisch
nicht ausreichen, obwohl sie für die Kommunikation
mit italienischen Kameraden und Einheimischen
zwingend erforderlich ist. Die Sportinfrastruktur wurde in
Teilen als dringend sanierungsbedürftig bewertet. Auch
gab es hier Beschwerden, die bereits von anderen Truppenteilen
wiederholt geäußert wurden. Insbesondere
stand das Beurteilungswesen in der Kritik.
4 Führung und Ausbildung
Maßgabe und Richtschnur für die Führung und Ausbildung
in der Bundeswehr sind die Grundsätze der Inneren
Führung. Ihre Vermittlung und Weiterentwicklung liegt
unter anderem in den Händen des Zentrums Innere Führung,
dessen wertvoller Beitrag dazu gar nicht hoch genug
bewertet werden kann. Die breite Angebotspalette
des Zentrums Innere Führung spiegelt dessen Leistungsfähigkeit
wieder. An dieser Stelle möchte ich die Gelegenheit
nutzen, mich beim Kommandeur des Zentrums,
Herrn Brigadegeneral Alois Bach, und den ihm unterstellten
Mitarbeitern und Soldaten ganz herzlich für die gute
Zusammenarbeit und Unterstützung zu bedanken; namentlich
danke ich Oberst Siegfried Morbe, der mit großem
Engagement und Erfolg einige meiner Projekte sehr
tatkräftig begleitet hat.
Nicht unerwähnt lassen möchte ich in diesem Zusammenhang
auch die ausgezeichnete Zusammenarbeit mit dem
Beirat Innere Führung unter der bewährten Leitung von
Prof. Dr. Reiner Pommerin.
Auch in diesem Berichtsjahr galt meine besondere Aufmerksamkeit
dem Führungsverhalten von Vorgesetzten
und Fragen der Ausbildung. Klagen über Defizite in diesen
Bereichen reißen nicht ab. Gleichgültigkeit, Überlastung,
Frustration, mangelnde Eignung zur Menschenführung,
Ausbildungsdefizite, unzureichende Erfahrung und
Kommunikationsdefizite von Ausbildern und Vorgesetzten
geben immer wieder Anlass zu Klagen. Vor diesem
Hintergrund stellte sich im Berichtsjahr erneut die Frage,
ob bei der Aus- und Weiterbildung des Offizier- und Unteroffiziernachwuchses
neben der fachlichen Ausbildung
auch den so wichtigen Fragen der Menschenführung, der
Rechtskenntnisse und des Rechtsbewusstseins genügend
Raum gegeben wird und die Inhalte sachgerecht vermittelt
werden.
Wichtig ist aus meiner Sicht, dass den Bewerberinnen
und Bewerbern für die Laufbahnen der Offiziere und Unteroffiziere
schon vor ihrer Erstverpflichtung deutlich gemacht
wird, was die Bundeswehr von ihnen als zukünftige
Vorgesetzte erwartet, und dass der Dienstherr die ihm
gegebenen Möglichkeiten ausschöpft, korrigierend einzugreifen,
wenn sich herausstellt, dass die Bewerberinnen
und Bewerber den Erwartungen nicht entsprechen, Lehrgangsvoraussetzungen
nicht erfüllen oder sich zum Vorgesetzten
als ungeeignet erweisen.
Dazu ein Beispiel:
Ein zum 1. Januar 2005 einberufener Grundwehrdienstleistender,
der seinen Wehrdienst freiwillig verlängert
hatte, wurde nach erfolgreicher Eignungsfeststellung im
Frühjahr 2008 als Feldwebelanwärter eingeplant. Nach
der Beförderung zum Stabsunteroffizier wurde er als
Hilfsausbilder in der Allgemeinen Grundausbildung eingesetzt.
Da er nach der Einschätzung seiner Vorgesetzten
„eklatante Mängel im Bereich der allgemein militärischen
Ausbildung und körperlichen Leistungsfähigkeit“ nicht
abstellen konnte und sich als „weit entfernt vom feldfähigen
Soldaten“ erwies, musste er die Grundausbildung gemeinsam
mit den Rekruten noch einmal wiederholen. Im
Verlauf dieser Ausbildung fühlte sich der Soldat durch
Kritik seiner Vorgesetzten in Anwesenheit von Rekruten
wiederholt gedemütigt. Er wandte sich deshalb an mich
und beanstandete zusätzlich, später zu einem Feldwebellehrgang
kommandiert worden zu sein, obwohl zwingende
Lehrgangsvoraussetzungen, in diesem Fall der
Nachweis des Sportabzeichens, nicht vorgelegen hätten.
Aus diesem Grunde sei er von dem Lehrgang wieder
abgelöst worden. In seiner Stellungnahme rügte der zuständige
Befehlshaber in Übereinstimmung mit dem Divisionskommandeur,
dass der Einsatz eines Feldwebelanwärters
im fünften Dienstjahr als Rekrut unzweckmäßig
und unangemessen gewesen sei. Weitere Konflikte seien
dadurch geradezu herausgefordert worden. Im Hinblick
auf die Entsendung zum Lehrgang wurden die zuständigen
Vorgesetzten eindringlich darüber belehrt, dass zwingende
Lehrgangsvoraussetzungen zu beachten seien. Der
Petent verzichtete schließlich auf das Verbleiben in der
Feldwebellaufbahn und wurde einvernehmlich nach § 55
Absatz 4 Soldatengesetz aus der Bundeswehr entlassen.
Bei allem Verständnis dafür, dass dem Petenten von seinen
unmittelbaren Vorgesetzten ein weiterer Werdegang
in der Bundeswehr ermöglicht werden sollte, stellt sich
gerade im vorliegenden Fall die Frage, ob der Einsatz als
Ausbilder in der Allgemeinen Grundausbildung im Interesse
des Petenten und der auszubildenden Rekruten nicht
bereits früher hätte beendet werden müssen und ob er sich
für seinen Verband überhaupt als Verstärkung hätte erweisen
können.
Die anhaltenden Probleme im Zusammenhang mit der
Gewinnung und Ausbildung des Führungsnachwuchses
waren auch Gegenstand einer viertägigen Informationstagung,
die ich im Juni des vergangenen Jahres mit Soldatinnen
und Soldaten aller Dienstgradgruppen in Berlin
durchführte. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse decken
sich mit einschlägigen Eingaben und sind in den nachfolgenden
Ausführungen näher dargelegt.
4.1 Führungsverhalten
Defizite im Führungsverhalten militärischer Vorgesetzter
und elementare Verstöße gegen die Grundsätze der Inneren
Führung waren erneut auf allen Führungsebenen zu


Drucksache 17/900 – 24 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
verzeichnen. Vorgesetzte wurden ihrer Vorbildfunktion
nicht gerecht und büßten dadurch Vertrauen sowohl bei
den ihnen unterstellten Soldaten als auch bei ihren Vorgesetzten
ein.
Dazu einige Beispiele:
Ein Batteriechef im Range eines Hauptmanns goss im
Rahmen einer Ausbildungsbesprechung im Gelände einem
Oberfeldwebel, der eine Frage nicht beantworten
konnte, einen Becher Tee vor die Füße und sagte: „Da haben
Sie ’ne Landesgrenze, jetzt rammen Sie noch ein
Messer rein und sagen: Hier ist der Feind und da sind wir,
und schon versteht es der dümmste Grenadier!“ Am
nächsten Tag bemängelte der Hauptmann bei einer Besprechung
die generelle Einstellung einiger Kameraden
zum Dienst, die damit „im Zivilleben als Hartz-IV-Empfänger
enden“ würden. Im Kreise der anwesenden Teileinheitsführer
herrschte Einigkeit, dass diese Äußerung
dem Oberfeldwebel galt.
Ein Wehrpflichtiger wurde trotz starker Schmerzen in der
Seite mit mehrfachem Erbrechen und seines Hinweises an
den Arzt, es könne sich um den Blinddarm handeln, zunächst
nur „krank auf Stube“ geschrieben. Der Soldat
hatte den ganzen Tag und die ganze Nacht Schmerzen.
Trotzdem schätzte ihn am nächsten Morgen sein Zugführer
als „voll einsatzfähig“ ein. Ein anderer Arzt diagnostizierte
jedoch kurz darauf den Verdacht einer akuten
Blinddarmentzündung und veranlasste den Transport in
das nächste Krankenhaus. Dort wurde eine lebensbedrohliche
Blinddarmentzündung festgestellt und sofort eine
Operation veranlasst. Während der Soldat nach der Operation
sechs Tage im Krankenhaus lag, war er anscheinend
von seinen Vorgesetzten „einfach vergessen“ worden.
Er erhielt weder Besuch aus seiner Kaserne, noch
sonst eine Betreuung. So verfügte der Soldat – bis seine
Eltern ihn besuchten – weder über Wechselwäsche noch
über Waschzeug. Auch nach Ansicht des von mir um
Überprüfung gebetenen Befehlshabers ist es völlig unverständlich
und in keiner Weise hinnehmbar, dass keiner
der Vorgesetzten auf die Idee kam, sich um den Kameraden
zu kümmern, obwohl sein Krankenhausaufenthalt im
Zug bekannt war. Selbst den Rücktransport in die Kaserne
musste er, trotz eines Anrufes in seiner Einheit mit
der Bitte um Abholung aus dem Krankenhaus, selbst organisieren.
Ein Hauptfeldwebel und Zugführer äußerte vor den Soldaten
seines Zuges nach einer für ihn unbefriedigenden
Ausbildung: „Wenn Ihr gefickt werden wollt, dann machen
wir das wie in der Allgemeinen Grundausbildung!“
Einen Obergefreiten fuhr er in Anwesenheit von Kameraden
an: „Wenn jemand sagt, Sie sind ein Arschloch, dann
sind Sie eins!“ Unter Alkoholeinfluss fragte er seinen
Kraftfahrer, ob er gerne Auto fahre. Als der Hauptgefreite
dies bejahte, fragte er ihn: „Warum lernst Du es dann
nicht?“ Auf die Entgegnung, er müsse ja nicht mit ihm
fahren, drohte der Zugführer: „Wir können ja mal sehen,
wie es sich mit zwei gebrochenen Händen weiterfährt!“
Der Hauptfeldwebel wurde von der Führung seines Zuges
entbunden. In dem eingeleiteten gerichtlichen Disziplinarverfahren
wurde der Soldat zu einem Beförderungsverbot
und einer Kürzung der Dienstbezüge verurteilt.
Zugleich hob das Truppendienstgericht die zuvor vom
Kompaniechef verhängte Disziplinarbuße auf. In einem
sachgleichen Strafverfahren wurde der Soldat wegen entwürdigender
Behandlung eines Untergebenen auch strafrechtlich
zur Verantwortung gezogen.
Vergleichbare Eingaben erreichen mich nahezu täglich.
Sie legen Zeugnis davon ab, dass Vorgesetzte aller
Dienstgrade bedenkenlos ihre soldatischen Pflichten und
die Vorgaben der ZDv 10/1 „Innere Führung“ missachten.
Vielen von ihnen fehlt es schon am Respekt vor den
Rechten und der Persönlichkeit Untergebener. Im Rahmen
meiner bereits erwähnten Informationstagung umschrieb
ein Bataillonskommandeur dies anschaulich damit, dass
den Ausbildern auf den verschiedenen Ebenen immer häufiger
ein „moralisches Koordinatensystem“ fehle.
Nichts anderes gilt für die immer wieder festzustellenden
ehrverletzenden und herabwürdigenden Formulierungen,
von denen es auch im Berichtsjahr eine Vielzahl von Beispielen
gab.
Ein als Kompaniechef eingesetzter und nach Aussagen
seiner Vorgesetzten unerfahrener und überforderter Oberleutnant
bestellte einen ihm unterstellten Hauptgefreiten
wegen eines Fehlverhaltens zu sich. Der Vorgesetzte traf
den Soldaten auf dem Weg zu einer anderen Besprechung
auf dem Flur und befahl ihm, vor einem Treppenaufgang
des Dienstgebäudes bis zu seiner Rückkehr von der Besprechung
zu warten. Der Oberleutnant schätzte deren
Dauer auf 30 bis 45 Minuten. Allerdings kehrte er erst
nach circa 90 Minuten zum wartenden Hauptgefreiten zurück.
Beide gingen vor das Gebäude, hierbei bezeichnete
der Offizier den Soldaten als „größten Verpisser der
Kompanie“. Im Weiteren führte er das beabsichtigte Gespräch
mit dem Soldaten in seinem Dienstzimmer. Der
Vorgesetzte unterbrach schließlich die Unterredung und
schickte den Soldaten vor die Tür. Er solle dort warten.
Als der Soldat das Dienstzimmer durch das Geschäftszimmer
verließ, sagte der Vorgesetzte sinngemäß zu den
im Geschäftszimmer tätigen Soldaten: „Achten Sie darauf,
dass keiner mit dem Hauptgefreiten Arschloch redet
und er sich nicht von der Stelle bewegt.“ Dem Oberleutnant
wurden auch weitere verbale Entgleisungen zur Last
gelegt. Gegen ihn wurde eine empfindliche Disziplinarbuße
verhängt.
Ein Oberfeldwebel bezeichnete einen Stabsunteroffizier
nach Alkoholgenuss als „fettes Schwein“, „Arschloch“,
„Assi“ und „Witz als Soldat“. In seiner Vernehmung
räumte der Oberfeldwebel ein, unter Alkoholeinfluss
schnell ausfällig zu werden. Ein Batteriefeldwebel äußerte,
als ein Oberfeldwebel ohne anzuklopfen sein
Dienstzimmer betrat: „Ich bin doch keine Nutte, bei der
jeder reinkommen kann.“ Ein Kompaniechef nannte seinen
Verband vor einem Soldaten seiner Kompanie ein
„Inzestbataillon“. Ein Oberstleutnant bezeichnete anwesende
Hauptleute als „blöd“ und einen Kameraden als
„den leistungsschwächsten Stabshauptmann der Bundeswehr“.
Zu Fachdienstoffizieren bemerkte er gegenüber einem
Kameraden: „Manchmal kotzt mich dieses Fachdienerpack
so an.“


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 25 – Drucksache 17/900
Besonders erschreckend ist die Herabwürdigung von
Mannschaftsdienstgraden durch Vorgesetzte. In entsprechenden
Eingaben wurde mir von inakzeptablen Ausdrücken
wie „niederes Fußvolk“, „Spasti“ oder gar „alles
Pflegefälle“ berichtet. In einem Fall bezeichnete ein Batteriefeldwebel
ihm unterstellte Mannschaften als
„Pflaume“, „hohle Frucht“ und „Idiot“, in einem anderen
Fall eröffnete ein Hauptfeldwebel den ihm unterstellten
Mannschaftssoldaten, er sehe sie als „Feindbilder“.
4.2 Situation in der Allgemeinen
Grundausbildung
Auch im vergangenen Jahr galt den Ausbildungskompanien
von meiner Seite besondere Aufmerksamkeit. In ihnen
erleben junge Männer und Frauen zum ersten Mal,
was es heißt, Soldat zu sein und sich in eine militärische
Gemeinschaft einzuordnen. Mein Dank gilt den Ausbildern
und Vorgesetzten, die sich trotz schwieriger Rahmenbedingungen
und hoher zeitlicher Belastung der
verantwortungsvollen Aufgabe der Anleitung und Ausbildung
junger Rekruten mit großem Engagement und Einsatz
stellen.
Auf die angespannte Situation in der Allgemeinen Grundausbildung
hatte ich bereits in meinem vorangegangenen
Jahresbericht hingewiesen. Sie hat sich im Berichtsjahr
nicht entspannt. Zu viele Rekruten, zu wenig Ausbilder
und Schwierigkeiten bei der Unterbringung und Ausbildung
kennzeichneten vielerorts nach wie vor das Bild.
Auch erreichten mich erneut Klagen über Herabwürdigungen,
überzogene Härte, unzulässige Dienstgestaltung
sowie Überforderungen bei Märschen und Sport.
Dazu ein Beispiel:
In einer Ausbildungskompanie begannen die Pflichtverletzungen
bereits mit der Aufstellung eines vorschriftswidrigen
Dienstplans. Schon am fünften Tag der Grundausbildung
wurde dort ein Eingewöhnungsmarsch
angesetzt, der sechs statt der erlaubten fünf Kilometer
umfasste. Darüber hinaus wurde er auf einen Sonntag gelegt,
obwohl gemäß der Ziffer 1605 der ZDv 40/1 „Standortdienstvorschrift“
jeder Dienst an Sonntagen auf das
unerlässliche Mindestmaß zu beschränken ist. Hinzu
kam, dass ein Marschgepäck von bis zu zehn Kilogramm
befohlen wurde, obwohl die entsprechende Ausbildungsvorschrift
bei einem Eingewöhnungsmarsch ausdrücklich
kein Gepäck vorsieht. Zuletzt wurde noch ohne nähere
Überprüfung eine neue Marschroute gewählt, durch die die
erlaubte Marschlänge von fünf Kilometern sogar verdoppelt
wurde. Das Ergebnis war, dass die zum Teil völlig untrainierten
Rekruten mit noch nicht eingelaufenen Stiefeln
einen 10-Kilometer-Marsch absolvierten, der frühestens im
zweiten Ausbildungsmonat vorgesehen ist. Weil im Gepäck
der Rekruten teilweise zur Mitnahme befohlene Kleidungsstücke
fehlten, wurde der Marsch mit einer vorschriftswidrigen
Verlängerung von circa 600 Metern „in
beschleunigtem Tempo“ beendet. Dieser abschließende
„Eilmarsch“ führte zum Ausfall von sieben Soldaten, von
denen drei im Krankenhaus behandelt werden mussten.
Defizite in der fachlichen Qualifikation und in der Menschenführung
sind bei Gruppenführern, Zugführern und
bisweilen auch auf Einheitsführerebene festzustellen.
Häufig sind es gerade die unerfahrenen Stellvertreter, die
auf sich gestellt und ohne hinreichende helfende Dienstaufsicht
den Ansprüchen nicht genügen. Nach wie vor
gilt: Gerade in den Ausbildungseinheiten bedarf es des
Einsatzes besonders qualifizierter und erfahrener Vorgesetzter.
Die Wirklichkeit sieht oft anders aus.
Ein Bataillonskommandeur vertrat die Auffassung, dass
seiner Ausbildungskompanie Personal zugewiesen worden
sei, das anderenorts nicht gebraucht wurde. Ein anderer
Bataillonskommandeur bemerkte, dass unerfahrene
Ausbilder erst lernen müssten, mit der ihnen übertragenen
Machtfülle vernünftig umzugehen. Die Rekruten selbst
bestätigten diese Einschätzung und rügten die fachliche
Inkompetenz einzelner Ausbilder und die Neigung insbesondere
junger Offizieranwärter, ihre Unfähigkeit und
Unerfahrenheit durch flotte Sprüche und überzogene
Härte, aber auch durch ungerechtes Verhalten und Beleidigungen
zu überspielen.
Diese häufig zu vernehmenden Vorwürfe und im Zuge
der Eingabenbearbeitung auch bestätigten Fehlverhaltensweisen
untermauern, dass die Personalsituation und
darüber hinaus auch die Rahmenbedingungen in den Ausbildungseinheiten
insgesamt dringend einer kritischen
Überprüfung bedürfen. Der bleibende Eindruck von ihrem
Wehrdienst entsteht bei den Wehrpflichtigen vor allem
aufgrund der Abläufe und der menschlichen sowie
fachlichen Qualifikation der Ausbilder in den Ausbildungseinheiten.
Hier entscheidet sich nach meiner Einschätzung
nicht selten, ob Soldaten länger bei der Bundeswehr
bleiben wollen und was sie als Multiplikatoren
über ihren Dienst in den Streitkräften berichten.
Neben qualifizierten Ausbildern, die ihren Ausbildungsauftrag
engagiert und verantwortungsbewusst durchführen,
bedarf es auch akzeptabler Rahmenbedingungen,
insbesondere im Hinblick auf die Unterbringung und Betreuung
der Rekruten. Das war häufig nicht der Fall. Bereits
2005 hatte der damalige Bundesminister der Verteidigung,
Dr. Franz Josef Jung, entschieden, ab dem Jahr
2006 jährlich sechseinhalbtausend Grundwehrdienstleistende
mehr einzuberufen. Dies stellt die Vorgesetzten vor
Ort noch immer im Hinblick auf deren Unterbringung
und Ausbildung vor erhebliche Probleme.
Dazu mehrere Beispiele:
Ein Kommandeur sprach von einer maximalen Kapazität
seiner beiden Ausbildungskompanien von je 160 Rekruten.
Zugewiesen wurden ihm jedoch jeweils 190. Schon
bei 160 Rekruten müsse – so führte er aus – die Hälfte in
Stuben mit sieben oder acht Mann untergebracht werden.
Dies erhöhe keineswegs die Attraktivität des Dienstes.
Ein anderer Bataillonskommandeur trug vor, dass er bis
zum letzten Tag vor dem Einberufungstermin keine genaue
Kenntnis gehabt habe, wie viele Rekruten seiner
Ausbildungskompanie tatsächlich zugewiesen würden.
Zudem würden die Rekruten seit zehn Jahren „vorüberge-

 

Drucksache 17/900 – 26 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
hend“ in sanierungsbedürftigen Gebäudeteilen untergebracht.
Ein Oberfeldwebel und stellvertretender Zugführer in einer
Ausbildungskompanie beanstandete, dass in seiner
Ausbildungskompanie seit Jahren pro Quartal 50 Rekruten
mehr als vorgesehen auszubilden gewesen seien, ohne
dass die Zahl der Ausbilder erhöht worden sei.
Immer wieder werden mir aus allen Bereichen der Bundeswehr
diese nahezu querschnittlich anzutreffenden Probleme
in Ausbildungseinheiten geschildert. Ausbilder
sind über Jahre hinweg Quartal für Quartal ohne Unterbrechungen
weit über die normalen Dienstzeiten hinaus
in der Ausbildung gefordert. Zeit zu einer systematischen
Vorbereitung der Ausbildung bleibt ihnen kaum. Viele
verfügen nicht einmal über Diensträume, in denen sie die
Ausbildung ungestört vorbereiten und sich innerhalb des
Zuges zu Besprechungen treffen können.
Aufgrund der in den ersten Wochen in den meisten Ausbildungskompanien
zu verzeichnenden Ausfälle aus gesundheitlichen
oder anderen Gründen erhöht sich der administrative
Aufwand für die Kompanieführung sowie
das Geschäftszimmerpersonal und die Kompaniefeldwebel
erheblich. Hier fühlen sich die oft in Erstverwendung
eingesetzten Einheitsführer, aber auch manche Zugführer
und erst recht junge oder nur vertretungsweise eingesetzte
unerfahrene Gruppenführer völlig überfordert. Rekrutenzuweisungen
müssen sich an den Rahmenbedingungen
vor Ort orientieren. Insgesamt erfordert die Situation in den
Grundausbildungseinheiten eine grundsätzliche Überprüfung
und schnelle Verbesserung. Von der Funktionsfähigkeit
und der Effektivität, vor allem aber auch der Motivation
und der Leistungsfähigkeit des Ausbildungspersonals
hängt die Qualität des Nachwuchses und die Bereitschaft
zur Weiterverpflichtung entscheidend ab. Das gilt insbesondere,
wenn der Wehrdienst künftig verkürzt wird.
4.3 Umgang mit Alkohol
Übermäßiger Genuss von Alkohol stellt eine Gefahr für
die Sicherheit, die Disziplin und die militärische Ordnung
dar.
Im Berichtsjahr wurde deutlich, dass von Soldaten aller
Dienstgradgruppen eine Vielzahl schwerwiegender
Dienstpflichtverletzungen nach übermäßigem Alkoholgenuss
begangen wurde.
Zwei Beispiele:
Ein Oberleutnant wurde mit einem Verweis gemaßregelt,
weil er entgegen den Bestimmungen der ZDv 14/3
„Wehrdisziplinarordnung“ während eines Truppenübungsplatzaufenthaltes
in Anwesenheit ihm unterstellter
Soldaten ein Dienstfahrzeug fuhr, obwohl er zuvor Alkohol
getrunken hatte.
Ein bekanntermaßen alkoholabhängiger Hauptfeldwebel
blieb infolge übermäßigen Alkoholkonsums wiederholt
dem Dienst unerlaubt fern. Ihm wurde für die Dauer von
zwölf Monaten die Verwendungsfähigkeit als Panzerfeldwebel
aberkannt. Sicherheitsrelevante Tätigkeiten und
die Teilnahme am scharfen Schießen wurden ihm ebenso
untersagt wie die Teilnahme an dienstlichen Tätigkeiten
in der Öffentlichkeit. Aufgrund seiner Erkrankung unterzog
sich der Soldat einer Entziehungstherapie. Da er
diese von sich aus abbrach, wird die Einleitung eines
Dienstunfähigkeitsverfahrens als unumgänglich angesehen.
In vielen Fällen führte erhöhter Alkoholkonsum zu Tätlichkeiten
unter Kameraden sowie gegenüber Dritten.
Auch dafür drei Beispiele:
Für ein Zugfest wurde mit einer Gaststätte ein Pauschalpreis
für Speisen und Getränke vereinbart. Im Verlaufe
der Veranstaltung beschimpfte ein Matrose in stark alkoholisiertem
Zustand seine Kameraden. Als die Veranstaltung
deshalb abgebrochen werden musste und der Zug
vor der Gaststätte antreten sollte, schlug der Soldat um
sich und wehrte sich heftig auch gegen Vorgesetzte, die
ihn zu beruhigen versuchten. Viereinhalb Stunden nach
dem Vorfall wurde bei dem Soldaten noch eine Blutalkoholkonzentration
von 2,08 Promille festgestellt. Der zuständige
Disziplinarvorgesetzte rügte die späte Reaktion
der Vorgesetzten und verbot für die Zukunft die Durchführung
derartiger Veranstaltungen.
Ein Hauptfeldwebel hatte als Belohnung für die guten
Leistungen ihm unterstellter Soldaten eine „Poolparty“ in
einem selbstorganisierten, aufblasbaren Bassin veranstaltet,
das mit warmen Wasser gefüllt war. Nach dem Ende
der Party duschte der erheblich alkoholisierte Soldat und
versuchte sodann, sich völlig unbekleidet auf einer Mannschaftsstube
eine kurze Sporthose anzuziehen. Dabei fiel
er aufgrund seiner starken Alkoholisierung rückwärts in
einen Spind und blieb dort mit der Hose in den Kniekehlen
liegen. Den erschrockenen und verwirrten Gesichtsausdruck
eines Obergefreiten, der in diesem Augenblick
die Stube betrat, deutete der Hauptfeldwebel als Grinsen.
Er stand auf, ging auf ihn los und schlug ihm ins Gesicht.
Der geschädigte Soldat sah von einer Meldung ab, da er
Nachteile für seinen laufenden Antrag auf Verlängerung
seiner Dienstzeit befürchtete. Gegen den Hauptfeldwebel
wurde ein gerichtliches Disziplinarverfahren eingeleitet.
Wegen eines Alkoholexzesses wurde einem Hauptfeldwebel
ein Alkoholverbot in der Kaserne erteilt. Entgegen
diesem Verbot ließ sich der Soldat wenige Monate später
von Kameraden überreden, seinen Ausstand zu feiern.
Als ein Stabsunteroffizier an dem anschließenden Besuch
einer Diskothek nicht teilnehmen wollte, schlug ihm der
Hauptfeldwebel plötzlich und unangekündigt mit der
Faust in die Genitalien. Dann schlug er ihm nochmals mit
der flachen Hand gegen den Kopf und griff dem am Boden
liegenden Stabsunteroffizier mit den Fingern in den
Mund. Hierbei versuchte er, den Kopf des Kameraden zu
drehen und ihn auf die Beine zu ziehen. Zuletzt packte er
ihn noch am Ohr. Der Geschädigte erlitt eine Gehirnerschütterung
und eine leicht blutende Wunde am Ohr. In
erster Instanz wurde der Hauptfeldwebel in den Dienstgrad
eines Hauptgefreiten herabgesetzt. Besonders erschreckend
ist, dass keiner der umstehenden Kameraden
und Untergebenen dem Stabsunteroffizier zu Hilfe kam.


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 27 – Drucksache 17/900
Leider werden teilweise auch Offiziere im Zusammenhang
mit Alkoholkonsum auffällig. So belästigte beispielsweise
ein Oberstleutnant nach erheblichem Alkoholkonsum
Passanten, randalierte in einem Hotel und
befuhr stark alkoholisiert mit seinem Privatwagen eine
Einbahnstraße in entgegen gesetzter Richtung. Die disziplinaren
und strafrechtlichen Ermittlungen gegen den
Stabsoffizier sind noch nicht abgeschlossen.
Natürlich dürfen die genannten Fälle nicht verallgemeinert
werden. Sie geben aber Anlass, einmal mehr auf das
Problem des Umgangs mit Alkohol eindringlich hinzuweisen.
Alle Soldaten, Vorgesetzte wie Untergebene,
bleiben aufgefordert, übermäßigem Alkoholkonsum zu
entsagen und Pflichtverletzungen in diesem Bereich klar
und entschieden entgegenzutreten. Wo Vorgesetzte gar
selbst auffällig werden, handeln sie nicht nur pflichtwidrig,
sondern verspielen auch das Vertrauen ihrer Untergebenen
und werden selbst zum Sicherheitsrisiko. Mit der
Stellung eines Vorgesetzten ist das nicht zu vereinbaren.
4.4 Rechtskenntnisse und Bearbeitungsdauer
Wie wiederholt dargestellt sind fundierte und umfassende
Kenntnisse des Wehrrechts, vor allem des Soldaten- und
Disziplinarrechts, für Vorgesetzte unerlässlich. Besonders
von Disziplinarvorgesetzten ist zu erwarten, dass sie
Sachverhalte rechtlich bewerten können. Bei Unsicherheiten
sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, den Rat
des Rechtsberaters einzuholen. Das wurde nicht immer
beachtet. So kam es in Einzelfällen zu eklatanten Pflichtverletzungen.
In einem Fall wurde ein Hauptgefreiter einem Oberfeldwebel
zur Unterstützung zugeteilt. Als dieser ihm nach
Erledigung des ursprünglichen Auftrags mitteilte, dass
sein Einsatz drei Stunden über die Rahmendienstzeit hinaus
erforderlich sei, wollte der Mannschaftsdienstgrad
deswegen mit seinem unmittelbaren Vorgesetzten sprechen.
Daran hinderte ihn jedoch der Oberfeldwebel, der
ihn mit einem Griff am Arm festhielt, ihn ins „Achtung“
stellte und belehrte, seine Befehle auszuführen. Andernfalls
drohte er ihm die vorläufige Festnahme an. Der
Oberfeldwebel verkannte in diesem Fall, dass er nicht
mehr befugt war, den Hauptgefreiten zu weiteren Erledigungen
einzuteilen. Darüber hinaus hätte nur der zuständige
Disziplinarvorgesetzte einen Dienst über die Rahmendienstzeit
hinaus befehlen können. Vor allem aber
hätte der Oberfeldwebel wissen müssen, dass Befehle
nicht mittels körperlichen Zwangs durchgesetzt werden
dürfen und dass in der konkreten Situation weder der Anlass
noch die Befugnis vorlagen, eine vorläufige Festnahme
anzudrohen. Zu Recht kritisierte der von mir um
Überprüfung gebetene Befehlshaber, dass der Oberfeldwebel
trotz der massiven Verletzungen von Dienstpflichten
nur belehrt und nicht mit einer einfachen Disziplinarmaßnahme
belegt wurde.
Mangelnde Rechtskenntnisse führen zu Fehlern in der
Anwendung des Disziplinarrechts und treten bei Vorgesetzten
aller Dienstgradgruppen auf. In einem Fall wurde
aufgrund der fälschlichen Annahme eines Formfehlers
eine einfache Disziplinarmaßnahme aufgehoben. In einem
anderen Fall wurde wegen eines Antrags auf Entlassung
gemäß § 55 Absatz 5 Soldatengesetz von der
Verhängung einer einfachen Disziplinarmaßnahme abgesehen,
obwohl die Entlassung kein Ausschlussgrund für
die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme ist. In beiden
Fällen konnte eine an sich für erforderlich erachtete, neue
Verhängung nicht erfolgen.
Weiteren Rechtsverstößen lagen unter anderem folgende
Sachverhalte zugrunde: „Disziplinarbücher“ wurden auf
Zugführerebene geführt, obwohl das in die originäre Zuständigkeit
des Disziplinarvorgesetzten fällt. Eine Durchsuchung
wurde ohne richterliche Zustimmung angeordnet.
Ermittlungsunterlagen wurden unzulässigerweise
vernichtet und stattdessen Erzieherische Maßnahmen ausgesprochen.
Beschwerden wurden nicht bearbeitet, weil
der zuständige Bearbeiter wegen mangelhafter Rechtskenntnisse
meinte, dieses sei wegen der sachgleichen
Eingabe entbehrlich. Das Bundesministerium der Verteidigung
selbst wies in der Stellungnahme zu einer Beschwerde
gegenüber dem Bundesverwaltungsgericht unzulässigerweise
auf eine einfache Disziplinarmaßnahme
hin, die mehr als zehn Jahre zuvor verhängt worden war.
Darüber hinaus wurde ein zehn Jahre zuvor eingeleitetes
strafrechtliches Ermittlungsverfahren erwähnt, das längst
wieder eingestellt worden war. Beide Vorgänge waren für
das Beschwerdeverfahren ohne Relevanz und hätten nicht
Gegenstand der Stellungnahme werden dürfen. Erklärend
verwies das Bundesministerium der Verteidigung auf die
personalführende Stelle, die es versäumt habe, die Personalakte
gemäß den Tilgungsbestimmungen zu führen.
Das entschuldigt jedoch nicht die eigenen Defizite bei der
Beachtung rechtlicher Vorgaben.
Bedenklich waren auch die rechtlichen Bewertungen eines
Divisionskommandeurs. In diesem Fall hatte sich das
Vorbringen eines Petenten, dass ein Vorgesetzter die Prüfung
einer Unteroffizierkasse vorschriftswidrig unterlassen
habe und Gelder teilweise satzungswidrig verwendet
worden seien, bestätigt. Gleichwohl erklärte der Divisionskommandeur
in seiner Stellungnahme, dass er „nicht
im Ansatz erkennen“ könne, dass „die in der Eingabe vorgetragenen
Sachverhalte die Grundrechte oder die Grundsätze
der Inneren Führung verletzt hätten“.
In einem anderen Fall habe ich ein Besonderes Vorkommnis
zu einem Schießunfall von Amts wegen aufgegriffen.
Auch bei diesem Vorgang hatte die Einleitungsbehörde
Zweifel, ob der betreffende Sachverhalt auf einen Verstoß
gegen die Grundsätze der Inneren Führung schließen
lasse. Das Bundesministerium der Verteidigung, dem der
Vorgang den Vorschriften entsprechend zur Entscheidung
vorgelegt worden war, stellte fest, dass Fragen der Dienstgestaltung
und Ausbildung durchaus Fragen der Inneren
Führung sind und damit die Zuständigkeit des Wehrbeauftragten
berühren.
Für nicht akzeptabel halte ich nach wie vor lange Bearbeitungszeiten
von Disziplinarvorgängen. In diesem
Zusammenhang darf ich auf ein Rundschreiben des Bundeswehrdisziplinaranwalts
an die ihm unterstellten Wehrdisziplinaranwälte
vom Januar 2009 verweisen, in dem er
unter anderem noch einmal ausdrücklich und ausführlich


Drucksache 17/900 – 28 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
auf den Grundsatz der Konzentration und Beschleunigung
von gerichtlichen Disziplinarverfahren hingewiesen
hat. Dass sich das Problem nicht auf Einzelfälle beschränkt,
zeigen zahlreiche überprüfte Eingaben.
In einem Fall wurden disziplinarrechtliche Schritte gegen
einen Soldaten eingeleitet, der sich Anfang 2007 pflichtwidrig
verhalten haben sollte. Das Disziplinarverfahren
wurde nach wenigen Monaten eingestellt. Ungeachtet
dessen erhielt ich die Ende 2007 erbetene Stellungnahme,
abgesehen von wenig aussagekräftigen Zwischenberichten,
erst im Mai 2009, mithin also nach mehr als eineinhalb
Jahren. Zusätzlich konnte ich den beigefügten Unterlagen
entnehmen, dass die erforderlichen, aber nicht sehr
schwierigen Sachverhaltsermittlungen erst knapp 14 Monate
nach dem Vorfall durchgeführt worden waren.
Ein anderer, ebenfalls einfach gelagerter Fall, bei dem ein
Vorgesetzter unerlaubt ein Dienstfahrzeug benutzt haben
soll, ist seit Juni 2007 in der Bearbeitung. Bereits Anfang
2008 sollten die disziplinaren Ermittlungen eingestellt werden.
Die Ermittlungen wurden dann kurzzeitig neu aufgenommen,
ohne wesentlich neue Erkenntnisse hervorzubringen.
Ende 2008 sollte das Schlussgehör vor der
endgültigen Verfahrenseinstellung durchgeführt werden.
Auch das verzögerte sich. Monatelang erfolgten keine
wesentlichen Verfahrenshandlungen in der Angelegenheit.
Anfang Oktober 2009 wurde schließlich festgestellt,
dass der Soldat zu einer anderen Dienststelle versetzt
worden war, womit ein neuer Disziplinarvorgesetzter für
die weitere Erledigung zuständig wurde. Dieser beabsichtigt,
das seit über zweieinhalb Jahren anhängige Verfahren
nun zu einem raschen Abschluss zu bringen. Bis
Februar 2010 waren mir jedoch keine weiteren Verfahrensschritte
bekannt gegeben worden.
4.5 Situation in der Rechtspflege der
Bundeswehr
Die zuvor geschilderten Defizite verdeutlichen, dass der
Rechtsaus- und -weiterbildung in den Streitkräften eine
besondere Bedeutung zukommt. Dies gilt für die Rechtsausbildung
an den Schulen der Bundeswehr und für die
einsatzvorbereitende Ausbildung durch Angehörige der
Rechtspflege der Bundeswehr. Es gilt aber auch für die
ständige Weiterbildung in den Verbänden und für die alltägliche
rechtliche Beratung der Disziplinarvorgesetzten
durch die Rechtsberaterinnen und Rechtsberater. Voraussetzung
ist, dass in allen Kommandobehörden und Schulen
eine am Auftrag orientierte Zahl von Dienstposten
ausgewiesen ist und dass diese Dienstposten auch besetzt
sind. Berufsanfänger bedürfen einer einheitlichen und
ausführlichen Einarbeitung in der ersten Verwendung, in
der sie unter Anleitung erfahrener Kolleginnen und Kollegen
Sicherheit in einer bis dahin für die meisten fremden
Materie gewinnen können.
Hier hat es im Berichtsjahr positive Entwicklungen gegeben.
Die Zentrale Ausbildungseinrichtung für die Rechtspflege
(ZAR) am Zentrum Innere Führung hat am 4. September
2009 offiziell ihre Arbeit aufgenommen. Hier
wird vorrangig das Personal der Rechtspflege für die
Rechtsberatung im Grundbetrieb und im Einsatz sowie
für die Rechtslehre in den Streitkräften und für die Aufgabe
als Wehrdisziplinaranwalt einheitlich und umfassend
ausgebildet. Ebenso erfreulich ist es, dass sowohl
bei den Sanitätskommandos als auch bei den Wehrbereichskommandos
jeweils ein zweiter Rechtsberaterdienstposten
eingerichtet wurde. Darüber hinaus begrüße
ich ausdrücklich, dass den durch Auslandseinsätze verursachten
Vakanzen dadurch begegnet wurde, dass zehn zusätzliche
Dienstposten zur übergreifenden Einsatzwahrnehmung
eingerichtet wurden.
Da alljährlich aufgrund von Abgängen 15 bis 18 Dienstposten
im Rechtspflegebereich nachzubesetzen sind, ist
es wichtig, vorausschauend und zeitgerecht dafür Sorge
zu tragen, dass in der Rechtspflege keine Vakanzen entstehen.
Nur so lässt sich sicherstellen, dass die vom Bundesministerium
der Verteidigung zu Recht angewiesene
zweimalige Rechtsfortbildung in den Verbänden ab dem
Jahr 2009 und die sachgerechte Erledigung der vielfältigen
Arbeit – nicht zuletzt die des Wehrdisziplinaranwaltes
– in vertretbarer Zeit erledigt werden kann. So war es
im Jahr 2008 lediglich in 367 von insgesamt 574 Verbänden
möglich, zumindest den einen für dieses Jahr vorgesehenen
Rechtsunterricht durchzuführen. Bei 207 Verbänden
musste der Rechtsunterricht ausfallen, wozu
39 Dienststellen im Ausland gehörten.
Was die Stehzeiten angeht, so bleibt es bei meiner 2008
erhobenen Forderung: Neu in der Rechtspflege eingestellte
Mitarbeiter sollten in Anbetracht der Stofffülle und
der zu sammelnden Erfahrungen in ihrer ersten Verwendung
eine Mindeststehzeit von zwei Jahren haben und
nicht zu Beginn als Rechtslehrerin oder Rechtslehrer eingesetzt
werden. Dies gilt umso mehr, wenn diese Mitarbeiter
nicht auf eigene Truppenerfahrungen als Soldat
zurückblicken können.
4.6 Ausbildung
Bereits im Jahresbericht 2008 hatte ich mich ausführlich
und kritisch mit der Qualität der Offizier- und Unteroffizierausbildung
auseinandergesetzt. Nach wie vor sind
hier erhebliche Defizite festzustellen.
Bataillonskommandeure beanstandeten, dass viele junge
Unteroffiziere und Offiziere sich nur so weit engagierten,
wie es unbedingt erforderlich sei. Eigeninitiative und ein
Blick über den Tellerrand hinaus sei bei vielen nicht mehr
zu erwarten. Andere Kommandeure bezweifelten, ob alle
Unteroffizier- und Feldwebelanwärter, die von den Zentren
für Nachwuchsgewinnung als fachlich qualifiziert
und charakterlich geeignet eingestuft würden, den tatsächlichen
Ansprüchen im Truppenalltag gewachsen
seien.
Nach wie vor klagen Ausbilder und Lehrgangsteilnehmer
in gleicher Weise über den fehlenden Praxisbezug sowohl
der Offizier- als auch der Unteroffizierausbildung. Erfahrene
Bataillonskommandeure rügten eine Verschulung
der Ausbildung mit zum Teil praxisfernen Ausbildungsgebieten,
die für die Erfüllung des eigentlichen militärischen
Auftrags nicht bedeutsam seien. Die Ausbildung
zum militärischen Führer werde zugunsten der „absiDeutscher
Bundestag – 17. Wahlperiode – 29 – Drucksache 17/900
chernden Ausbildungsgebiete“ vernachlässigt; auch
könnten wegen der Kürze der Lehrgänge und der gleichwohl
abzuhandelnden Stofffülle in den meisten Ausbildungsgebieten
Themen nur angerissen und keinesfalls
vertieft behandelt werden.
Wohin mangelnde Ausbildung und Erfahrung führen können,
zeigten allein die Unfälle mit Gefechtsfahrzeugen im
zweiten Halbjahr 2009. In den von der Bundeswehr bereits
abschließend überprüften Fällen wurden mangelnde
Fahrpraxis und Unerfahrenheit des Fahrers sowie unangemessenes
Reagieren als Ursache erkannt. In einem dieser
Fälle war auch die mangelnde Erfahrung des Kommandanten
mitursächlich.
In einem weiteren Fall wurde ausdrücklich festgestellt,
dass es sich „um einen jungen Kraftfahrer mit noch wenig
Erfahrung“ handele, der „im Vergleich zu anderen Militärkraftfahrern
der Kompanie nicht zu den stärksten“ gehöre.
Für den unmittelbar bevorstehenden Einsatz in
Afghanistan müsse er „seine Fähigkeiten deutlich steigern“.
Hier müsste sich eigentlich den Vorgesetzten die
Frage aufdrängen, ob der Einsatz eines solchen Kraftfahrers
in einem so schwierigen Gelände wie in Afghanistan
unter den bestehenden Umständen überhaupt verantwortet
werden kann.
Aus meiner Sicht ist im Rahmen der Ausbildung ein ausgewogenes
Verhältnis zwischen erlebtem Truppenalltag
und Lehrgangsausbildung unabdingbar. Selbstverständlich
sollte dabei sein, dass Verbände materiell und personell
voll einsatzbereit sind und von Vorgesetzten geführt
werden, die bei den Offizieren über Stehzeiten von mindestens
drei Jahren und bei den Unteroffizieren über hinreichende
Fachkenntnisse und Erfahrung verfügen.
Ich begrüße ausdrücklich, dass inzwischen eine Prüfung
der Strukturen der Streitkräfte in Angriff genommen
wurde. Es bleibt zu hoffen, dass dies zu einer deutlichen
personellen Verstärkung der Verbände zu Lasten der Anteile
in den Ämtern und Kommandobehörden führt.
4.7 Flugstunden bei Heeresfliegern und !
in der Luftwaffe
Alarmierend sind Klagen aus den fliegenden Einheiten
über „die immer größer werdende Diskrepanz zwischen
steigenden Anforderungen und Aufträgen einerseits und
den zur Verfügung stehenden Ressourcen andererseits“.
So trugen mir bei einem Truppenbesuch Heeresfliegeroffiziere
vor, dass beim Transporthubschrauber CH-53
die geringe Anzahl an Flugstunden zu deutlichen Ausbildungsdefiziten
insbesondere jüngerer Piloten führe. Infolgedessen
müssten die älteren, erfahrenen Hubschrauberführer
mehr Einsätze fliegen. Das Bundesministerium der
Verteidigung bestätigte dies, merkte aber an, dass das
nicht auf die im Haushalt vorgesehenen Flugstundenobergrenzen
zurückzuführen sei. Ursächlich dafür sei vielmehr
die schwierige Ersatzteilversorgung. Da Ersatzteile
vorrangig den Einsatzkontingenten zugewiesen würden,
seien im Inland weniger Hubschrauber einsatzbereit. Eine
Erhöhung der Nutzungsrate sei momentan nicht möglich.
Dadurch komme es zu deutlichen Einschränkungen im
Aus- und Weiterbildungsbetrieb CH-53.
Es ist nachvollziehbar, dass für den Auslandseinsatz nur
Hubschrauberbesatzungen mit langjähriger Flug- und
Einsatzerfahrung eingesetzt werden. Gleichzeitig fallen
diese Besatzungen aber für die Ausbildung im Inland aus.
Das geht zu Lasten der jungen Piloten, denen Ausbilder
und Flugstunden für ihre Schulung fehlen. Dadurch entsteht
ein Teufelskreis, der sich selbst immer mehr verstärkt.
Eine Besserung der Situation ist aus Sicht des Bundesministeriums
der Verteidigung erst mittelfristig zu
erwarten. Dies ist ein untragbarer Zustand, der dringend
der Abhilfe bedarf.
Ähnlich verhält es sich mit dem Hubschraubersystem
UH-1D. Da das Nachfolgemodell NH90 noch nicht in
dem vorgesehenen Umfang verfügbar ist, muss die Ausbildung
auf dem alten Fluggerät durchgeführt werden. In
einzelnen Einheiten stehen dafür aber nur noch 20 bis
25 Prozent der ursprünglich vorgesehenen Flugstunden
zur Verfügung. Da auch hier vorrangig den für einen Auslandseinsatz
vorgesehen Piloten Flugstunden zugeteilt
werden, hat sich die Verteilung der Stunden einseitig zugunsten
der Einsatzpiloten verschoben. In der Tendenz
wird geschätzt, dass in dem betroffenen Verband die
Dienstzeit nur noch zu 10 Prozent mit dem eigentlichen
fliegerischen Dienst zu tun hat. Der Regimentskommandeur
wies darauf hin, dass nur noch ein geringer Teil der
Hubschrauberführer des Regimentes fliegerisch gefordert
und gefördert werden könne.
Die Reduzierung und Umverteilung der verfügbaren
Flugstunden hat auch Auswirkungen auf die Flugsicherheit.
So ereignete sich im 1. Halbjahr 2009 in dem betroffenen
Regiment durchschnittlich alle 109 Flugstunden ein
Zwischenfall, dass heißt ein Vorkommnis, das die Flugsicherheit
beeinträchtigt hat oder hätte beeinträchtigen
können. 2006 lag der Schnitt noch bei immerhin
277 Flugstunden. Die Häufigkeit an Zwischenfällen hat
sich dort innerhalb von drei Jahren also mehr als verdoppelt.
Der Regimentskommandeur stellte fest, dass sich der
Verband am Ende der noch auszuschöpfenden Möglichkeiten
sehe.
Auch in der Luftwaffe wurde mir vorgetragen, dass mit
der Zahl der Flugstunden die Qualität der Flugausbildung
sinke. Langfristig werde sich dies nach Ansicht der
verantwortlichen Vorgesetzten auf die Flugsicherheit auswirken,
weil den Piloten die so wichtige Erfahrung fehle.
Ein Kommodore verwies darauf, dass er sich selbst mit
seinen Flugstunden knapp über dem Minimum dessen bewege,
was zum Erhalt seines Flugscheines vorgeschrieben
sei.
Wie gefährlich sich mangelnde Erfahrung auswirken
kann, zeigt ein Unfall mit einer Transall. Dabei wurde ein
Übungsflug als taktische Weiterbildung eines Kommandantenschülers
durchgeführt, bei dem dieser den Platz des
Kommandanten einnahm. Ihm zur Seite gestellt war ein
erfahrener Kommandant. Während des Fluges wurde ein
Abschnitt als Sichtflug durchgeführt, wobei es zu einem
plötzlichen Einflug in die Wolken kam. Da die Piloten


Drucksache 17/900 – 30 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
keine Sicht mehr hatten, brachen sie den Weiterflug ab,
um zum Flugplatz zurückzukehren. Bei dem eingeleiteten
Kurvenflug streifte die Maschine wegen zu geringer
Flughöhe einen Baum. Neben Schäden am Fahrwerk und
Flugzeugrumpf wurde ein Höhenleitwerk teilweise abgetrennt.
Ursächlich für das zu niedrige Fliegen war nach
den Feststellungen des Flugunfallberichts, dass bei der
Vorbereitung des Flugweges ein bewaldeter Hügel nicht
erkannt worden war. Auch wurde festgestellt, dass die
Besatzung bei dem Wolkeneinflug weder schnell genug
noch adäquat reagiert hatte.
4.8 Soldatenbeteiligungsgesetz
Die Soldaten sollen als Staatsbürger in Uniform in unterschiedlicher
Ausgestaltung ihrer Beteiligungsrechte zu einer
wirkungsvollen Dienstgestaltung und fürsorglichen
Berücksichtigung der Belange des Einzelnen beitragen.
Mit der Ausübung der im Soldatenbeteiligungsgesetz geregelten
Beteiligungsrechte erleben die Soldaten im Rahmen
der Inneren Führung die von ihnen zu verteidigende
gesellschaftliche Werteordnung auch im Truppenalltag.
Nahezu in jedem meiner Jahresberichte werden die nachfolgend
beschriebenen Mängel benannt. Für mich ist
nicht erkennbar, dass die in den jeweiligen Stellungnahmen
des Bundesministers der Verteidigung zur Behebung
der Defizite angekündigten Maßnahmen auch nur annähernd
Wirkung entfaltet hätten.
Die Beteiligungsrechte können nur dann umfassend
wahrgenommen werden, wenn die von den Soldaten gewählten
Vertrauenspersonen in angemessener Form in ihr
Amt eingewiesen und entsprechend ausgebildet werden.
Auch in diesem Berichtsjahr war auf den vier Tagungen
der „aktion kaserne“ für Vertrauenspersonen der Mannschaften
zum wiederholten Mal festzustellen, dass die
Vorschriften zur Einweisung und Ausbildung der Vertrauensperson
nur teilweise eingehalten worden waren. Nahezu
die Hälfte der rund 110 Tagungsteilnehmer wurde
nicht umfassend oder alsbald nach ihrer Wahl zur Vertrauensperson
in ihr Amt eingewiesen. Die Übergabe der
ZDv 10/2 „Beteiligung der Soldaten durch Vertrauenspersonen“
und der „Handakte für Vertrauenspersonen“ durch
den Disziplinarvorgesetzten erfolgte oft ohne Einweisung.
Bisweilen wurden diese Unterlagen unvollständig
oder nicht durch den Disziplinarvorgesetzten persönlich
an die neu gewählte Vertrauensperson ausgehändigt.
Viele Vertrauenspersonen der Mannschaften stellten erst
im Rahmen der Tagungen fest, dass sie aus Unkenntnis
vom Umfang ihrer Beteiligungsrechte diese im Truppenalltag
bisher nicht ausreichend eingefordert beziehungsweise
wahrgenommen hatten. Auch wurden erneut über
die Hälfte der Tagungsteilnehmer nach ihrer Wahl nicht
alsbald oder überhaupt nicht für ihre Aufgaben in der gesetzlich
vorgesehenen Seminarform ausgebildet. Es ist
daher ausdrücklich zu begrüßen, dass die „aktion kaserne“
als eine Initiative der katholischen Jugendverbände
im Bund der Deutschen Katholischen Jugend im
Rahmen der freien Bildungsarbeit unter anderem zum
Thema Soldatenbeteiligung jedes Jahr vier Tagungen für
Vertrauenspersonen der Mannschaften durchführt.
In diesem Zusammenhang begrüße ich es ebenfalls ausdrücklich,
dass sich das Zentrum Innere Führung durch
entsprechende Lehrgangsangebote und die Nutzung
moderner Medien verstärkt für die Beteiligungsrechte
einsetzt. So wurde neben den jährlich stattfindenden
Lehrgängen zum Thema „Soldatenbeteiligungsgesetz“
für Disziplinarvorgesetzte und Soldaten, die das Soldatenbeteilungsgesetz
anwenden müssen, erstmals im Berichtsjahr
ein Lehrgang für Sprecher der Versammlungen
der Vertrauenspersonen des Verbandes, des Kasernenbereichs
und des Standortes angeboten. Dieser Lehrgang
wird künftig jährlich viermal durchgeführt. Im Hinblick
auf geschätzte über 3 000 Vertrauenspersonen in den
Streitkräften, wobei ihre Stellvertreter hier nicht berücksichtigt
werden, ist davon auszugehen, dass Bedarf an
diesem Ausbildungsangebot besteht.
Seit 2007 wurde von Soldaten beklagt, dass in den besonderen
Auslandsverwendungen keine Versammlungen der
Vertrauenspersonen mehr gebildet werden. § 32 Absatz 1
des Soldatenbeteiligungsgesetzes (SBG) sieht vor, dass
die Vertrauenspersonen eines Verbandes oder einer vergleichbaren
militärischen Dienststelle die Versammlung
der Vertrauenspersonen (Versammlung der Vertrauenspersonen
des Verbandes) bilden. Nach § 32 Absatz 2
und 3 SBG sind Versammlungen der Vertrauenspersonen
des Kasernenbereiches und des Standortes zu bilden. § 32
Absatz 6 SBG sieht vor, dass die Versammlungen der
Vertrauenspersonen die gemeinsamen Interessen der Soldaten
gegenüber dem Führer des Verbandes, dem Kasernenkommandanten
oder dem Standortältesten vertreten.
Mit Erlass des Bundesministeriums der Verteidigung vom
Juni 1997 wurde auf Anfrage des Gesamtvertrauenspersonenausschusses
beim Bundesministerium der Verteidigung
(GVPA) festgestellt, dass für die Bildung der Versammlungen
der Vertrauenspersonen in besonderen
Auslandsverwendungen die allgemeinen Bestimmungen
der §§ 32 bis 34 SBG gelten. Mit Erlass vom Oktober
2007 teilte das Bundesministerium der Verteidigung mit,
dass der vorgenannte Erlass ungültig und „zu vernichten“
sei, weil die Wahl von Versammlungen der Vertrauenspersonen
in besonderen Auslandsverwendungen zurzeit
nicht explizit gesetzlich geregelt sei. Im Einzelfall könne
das Bundesministerium der Verteidigung auf formlosen
Antrag hin Ausnahmen hinsichtlich der Versammlung der
Vertrauenspersonen des Verbandes und der Feldlager festlegen.
Sei eine Ausnahme nicht festgelegt, beteiligen die
Kommandeure der Einsatzverbände oder die Feldlagerkommandanten
die Vertrauenspersonen des Verbandes
oder des Feldlagers im Rahmen der verantwortungsvollen
Zusammenarbeit.
Nach kontroverser Diskussion im Bundesministerium der
Verteidigung wurde auf Staatssekretärsebene entschieden,
dass in besonderen Auslandsverwendungen keine Vertrauenspersonenversammlungen
zu bilden sind. Aus meiner
Sicht lässt aber das geltende Recht diese Versammlungen
in allen Einsatzgebieten zu. Aus diesem Grunde
bat ich den Bundesminister der Verteidigung, sich dieser
Angelegenheit persönlich anzunehmen. Er kam zu dem
Schluss, dass bei weiter Auslegung des § 32 SBG Vertrauenspersonenversammlungen
auch in besonderen


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 31 – Drucksache 17/900
Auslandsverwendungen möglich seien, und stimmte der
Bildung solcher Versammlungen im Einsatz daher grundsätzlich
zu. Schließlich entschied der 1. Wehrdienstsenat
des Bundesverwaltungsgerichts in einem Wehrbeschwerdeverfahren
im Juli 2009, dass das Feldlager Camp Marmal
einen Kasernenbereich im Sinne des § 32 Absatz 2
SBG darstellt, in dem eine Versammlung der Vertrauenspersonen
des Kasernenbereiches zu bilden ist.
In einem weiteren Beschluss vom Juli 2009 erklärte der
1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts die
Wahl zum fünften GVPA für ungültig. Das Bundesverwaltungsgericht
stellte fest, dass in zwei Organisationsbereichen
fehlerhafte Wahlunterlagen an die Wähler versandt
worden waren. Weiterhin hatte es Verfahrensfehler
im Zusammenhang mit der Wahlbeteiligung der für die
Dauer besonderer Auslandsverwendungen gewählten
Vertrauenspersonen gegeben. Im Übrigen waren in einem
Organisationsbereich mehrere Namen von Wahlberechtigten
in einem Wählerverzeichnis anonymisiert worden.
Diese Verstöße waren nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts
geeignet, sich auf das Wahlergebnis
auszuwirken. Auf der Grundlage dieser Entscheidung ist
die Neuwahl des sechsten GVPA durchzuführen. Der
fünfte GVPA führt die Geschäfte bis zur ersten Sitzung
des neu gewählten sechsten GVPA weiter. Ich gehe davon
aus, dass bis dahin der alte GVPA die Geschäfte ohne
Einschränkungen ordnungsgemäß weiterführen kann.
4.9 Benachteiligung
Das Thema einer möglichen Benachteiligung aufgrund
der Tatsache, dass eine Soldatin oder ein Soldat sich an
den Wehrbeauftragten wendet, ist nach wie vor virulent.
Erneut beklagten sich Petenten darüber, aufgrund ihrer
Eingaben benachteiligt worden zu seien, etwa durch Ausgrenzung,
eine schlechte Beurteilung, eine abschlägige
Entscheidung hinsichtlich der angestrebten Übernahme
als Soldat auf Zeit oder auf andere Weise. In einigen Fällen
war das Misstrauen begründet.
Zwei Beispiele:
Ein Hauptmann und Kompaniechef trug mir gegenüber
verschiedene grundsätzliche organisatorische Mängel
vor, die den Soldaten seiner Einheit den Arbeitsalltag
erschwerten. Zuvor hatte er unter anderem den stellvertretenden
Bataillonskommandeur über seine Eingabe unterrichtet.
Ungeachtet dessen wertete der Bataillonskommandeur
sein Verhalten als deutlichen Vertrauensbruch
und sah keine Grundlage mehr für eine weitere gemeinsame
Zusammenarbeit. Den Petenten stellte er vor die
Wahl, entweder einen von drei vorgeschlagenen Dienstposten
in anderen Verbänden anzunehmen oder eine
Spannungsversetzung in Kauf zu nehmen. Zur Versetzung
des Petenten kam es nicht mehr, weil kurze Zeit später
der Kommandeur versetzt wurde. Der zuständige
Befehlshaber erkannte in Übereinstimmung mit der Bewertung
des Divisionskommandeurs in dem Verhalten
Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot
des § 7 Wehrbeauftragtengesetz und gab dies
an das Bundesministerium der Verteidigung zwecks
rechtlicher Bewertung und gegebenenfalls Ahndung weiter,
weil der Bataillonskommandeur inzwischen dorthin
versetzt worden war. Der Divisionskommandeur rügte in
seiner Stellungnahme, dass die in der Eingabe des Petenten
kritisierten Missstände durch die Bataillonsführung
nicht ernst genommen worden seien, zwischen den Befehlsebenen
keine vernünftige Arbeitsbeziehung hergestellt
worden sei und sich der Bataillonskommandeur
schon durch die Eingabe als solche persönlich angegriffen
gefühlt habe.
In einem anderen Fall nahm ein Bataillonskommandeur
die Eingabe eines Hauptfeldwebels seines Bataillons sogar
zum Anlass, diesen mit einer Erzieherischen Maßnahme
in Form einer aktenkundigen Belehrung über das
Einhalten der Wahrheitspflicht gemäß § 13 Soldatengesetz
zu belegen. Die Belehrung enthielt den Hinweis an
den Soldaten, dass „er sich bei ähnlichen Situationen zunächst
an seine Vorgesetzten vor Ort wenden solle“. Bemerkenswert
an diesem Fall ist, dass das Bundesministerium
der Verteidigung in seiner Stellungnahme auf dieses
erhebliche Fehlverhalten nicht einging. Erst den mir auf
ausdrückliche Mahnung zur Verfügung gestellten Ermittlungsunterlagen
und Stellungnahmen der beteiligten
Dienststellen war zu entnehmen, dass sowohl der Befehlshaber
des entsprechenden Führungskommandos als
auch der unterstellte Bereich die Unzulässigkeit der Belehrung
erkannt und deutlich kritisiert hatten. Zudem
musste ich feststellen, dass die befohlene Aufhebung der
schriftlichen Belehrung erst zwei Monate nach der Anweisung
des Befehlshabers erfolgte.
In Einzelfällen kann ich nachvollziehen, dass Vorgesetzte
enttäuscht sind, wenn sich Soldaten nicht unmittelbar an
sie wenden, sondern den Weg der Eingabe an mich wählen.
Für Kritik an dem Petenten ist in einem solchen Falle
gleichwohl kein Raum. Er kann frei entscheiden, welchen
Weg er wählt. Mit der Eingabe an den Wehrbeauftragten
nimmt er schließlich ein ihm gesetzlich verbrieftes Recht
wahr. Berechtigt ist allerdings die Frage, ob und wenn ja,
warum der Soldat nicht das nötige Vertrauen hatte, sich
mit seinem Anliegen an seinen Vorgesetzten zu wenden.
Dem nachzugehen ist sinnvoll und angezeigt.
Grundsätzlichen Bedenken eines Amtschefs begegnete
die Überprüfung einer Eingabe, bei der ich ihm den Namen
des Petenten nicht mitgeteilt hatte. Aufgrund des
ausdrücklichen Wunsches des Petenten hatte ich davon
abgesehen. Die Bedenken des Amtschefs kann ich nicht
teilen. Im § 9 des Wehrbeauftragtengesetzes ist dem
Wehrbeauftragten ausdrücklich die Möglichkeit eingeräumt,
von der Nennung des Namens des Petenten abzusehen,
insbesondere wenn der Petent dies wünscht.
Solche Fälle sind nicht mit anonymen Eingaben zu verwechseln,
in denen sich der Petent auch mir gegenüber
nicht zu erkennen gibt. Solche Eingaben werden nach § 8
Wehrbeauftragtengesetz nicht bearbeitet. Indes kann ich
nach § 1 Absatz 3 Wehrbeauftragtengesetz nach Ausübung
pflichtgemäßen Ermessens auch Sachverhalte aus
solchen Schreiben aufgreifen, wenn sich daraus Anhaltspunkte
für die Verletzung von Grundrechten von Soldaten
oder der Grundsätze der Inneren Führung ergeben. Wenn
das geschieht, weise ich allerdings regelmäßig darauf hin,


Drucksache 17/900 – 32 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
dass es sich zunächst nur um Anhaltspunkte handelt, denen
keine namentliche Eingabe zugrunde liegt.
4.10 Rechtsextremismus, Antisemitismus und
Fremdenfeindlichkeit
Rechtsextremismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit
verstoßen gegen unsere Werteordnung und können
in der Bundeswehr nicht geduldet werden. Soldaten,
die in diesen Bereichen auffällig werden, verletzen regelmäßig
ihre soldatischen Pflichten, was dienstrechtlich
und gegebenenfalls auch strafrechtlich zu verfolgen ist.
In diesem Berichtsjahr wurden in der Bundeswehr
122 „Besondere Vorkommnisse“ mit Verdacht auf rechtsextremistischen
oder fremdenfeindlichen Hintergrund gemeldet.
In meiner Amtszeit waren in den Jahren 2005 und
2006 jeweils 147 und in den beiden darauf folgenden Jahren
129 und 121 einschlägige „Besondere Vorkommnisse“
gemeldet worden.
In rund 25 Prozent der gemeldeten Fälle konnte nach den
durchgeführten Ermittlungen der Anfangsverdacht nicht
bestätigt beziehungsweise Soldaten nicht eindeutig als
Täter überführt werden. Bei den Tätern und Tatverdächtigen
handelte es sich zu rund 58 Prozent um Grundwehrdienstleistende
beziehungsweise freiwillig länger Wehrdienst
Leistende. Mit rund 39 Prozent waren Zeitsoldaten
sowie 2 Wehrübende und 2 Berufssoldaten vertreten.
Aufgeteilt nach Dienstgradgruppen waren von den Ermittlungen
rund 80 Prozent Mannschaftssoldaten, 18 Prozent
Unteroffiziere und 2 Prozent Offiziere betroffen.
Erneut wurden insbesondere das Hören von rechtsextremistischer
und ausländerfeindlicher Musik, das Zeigen
des „Hitlergrußes“, „Sieg-Heil-Rufe“, rechtsextremistische
und ausländerfeindliche Äußerungen sowie Schmierereien
mit einschlägigem Inhalt gemeldet. Gewaltdelikte
mit rechtsextremistischem oder fremdenfeindlichem Hintergrund
wurden nicht gemeldet.
Die Motive der Täter waren unterschiedlich. Rechtsextreme
oder ausländerfeindliche Gesinnung war oft
nicht nachzuweisen. Insbesondere bei den jungen Mannschaftssoldaten
war in vielen Fällen von einer fehlenden
charakterlichen Reife auszugehen. Häufig wurde ihnen
ihr Fehlverhalten erst im Rahmen der disziplinaren oder
strafrechtlichen Ermittlungen in aller Deutlichkeit bewusst.
Ungeachtet dessen bleibt ihr Verhalten inakzeptabel.
Zwei Beispiele:
Ein Gefreiter zeigte ohne vorherige Aufforderung auf der
Stube im Beisein von Stubenkameraden den „Hitlergruß“
und ließ sich dabei fotografieren. Seine Handlungsweise
erklärte er damit, dass es sich um einen „Dumme-Jungen-
Streich“ gehandelt habe. Gegen ihn wurde ein Disziplinararrest
verhängt. Der Gefreite, der ihn fotografiert
hatte, räumte in seiner Vernehmung ein, falsch gehandelt
zu haben. Er mache sich deswegen große Vorwürfe. Sein
Fehlverhalten wurde mit einer Disziplinarbuße geahndet.
Im Übrigen wurde die Staatsanwaltschaft eingeschaltet.
Ein Flieger zeigte während der Allgemeinen Grundausbildung
in der Truppenunterkunft vor Soldaten den „Hitlergruß“
und sagte am gleichen Tag zu einem anderen
Zeitpunkt im Gespräch mit anderen Rekruten: „Der Gefreite
A. ist ja ganz in Ordnung, aber wieso ist ein Kanake
beim Bund?“ Der Flieger erklärte, dass er den „Hitlergruß“
aus Spaß gezeigt habe. Für seine Äußerung entschuldigte
er sich, weil er „erst im Nachhinein begriffen
habe, worum es eigentlich geht“. Die Sache wurde an die
Staatsanwaltschaft abgegeben. Gegen ihn wurde ein Disziplinararrest
verhängt.
Besonders bedenklich ist es, wenn Unteroffiziere und Offiziere
einschlägig auffällig werden. Dies kann das Ansehen
der Bundeswehr beschädigen und zur Verunsicherung
bei Kameraden und Untergeben führen.
Drei Beispiele:
Ein Obermaat und Bootsmannanwärter verschickte während
seiner Dienstzeit über seinen privaten Laptop an drei
Kameraden eine Nachricht, die aus Sonderzeichen ein zusammengesetztes
Kopfbild von Adolf Hitler und folgenden
Text enthielt: „Du wurdest soeben GEHITLERT!
HITLERE andere Leute, um auch ein Führer zu werden.
Du darfst mich nicht ZURÜCKHITLERN, da ich jetzt
dein Führer bin.“ Der betroffene Soldat gab in seiner Vernehmung
an, dass er diese Nachricht von einem ehemaligen
Schulfreund erhalten und lediglich weiter verschickt
habe, ohne sich über den Inhalt Gedanken zu machen. Er
habe kein rechtsradikales Gedankengut verbreiten wollen.
Er sei sich über die Tragweite seiner Handlung nicht
bewusst gewesen. Er habe dies als harmlosen Spaß aufgefasst.
Die Sache wurde an die Staatsanwaltschaft abgegeben.
Gegen ihn wurde eine Disziplinarbuße verhängt, deren
Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.
Ein Oberfeldwebel sagte auf dem Biwakplatz eines
Übungsplatzes zu den rund 40 angetretenen Soldaten folgendes:
„Ihr seht aus wie Juden, die nach Auschwitz deportiert
werden.“ Zu einem späteren Zeitpunkt am selben
Abend äußerte er sich in der Truppenunterkunft sinngemäß
wie folgt: „Ihr seht wirklich aus wie Juden, die aus
dem KZ Auschwitz entlassen wurden.“ In seiner Vernehmung
räumte er ein, dass er den zweiten Satz getätigt
habe. An den ersten Satz könne er sich nicht erinnern. Er
schäme sich zutiefst für diese Äußerungen. Nachdem ihm
die Vertrauensperson der Mannschaften einige Tage später
gemeldet habe, dass sich Soldaten seines Zuges beschweren
wollten, sei ihm erst bewusst geworden, was er
da gesagt habe. Er habe sich dann umgehend vor seinen
Zug gestellt und sich für seine Aussagen entschuldigt.
Der betroffene Soldat wurde von seinen Aufgaben als
stellvertretender Zugführer entbunden und bis auf weiteres
im Innendienst ohne Führungsfunktion eingesetzt.
Gegen ihn wurde ein Disziplinararrest verhängt.
Ein an einer Bundeswehruniversität studierender Fahnenjunker
fiel dadurch auf, dass er auf seiner öffentlich
zugänglichen Profilseite der Internetseite „meinVZ/
StudiVZ“ eine Comicfigur aus der im MTV gezeigten
Fernsehsatiresendung „South Park“ eingestellt hatte, die
Adolf Hitler mit erhobenem Arm und Hakenkreuzbinde


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33 – Drucksache 17/900
darstellte. Gegen ihn wurde eine Disziplinarbuße verhängt.
Im Berichtsjahr verbot der damalige Bundesminister des
Innern, Dr. Wolfgang Schäuble, die rechtsextreme „Heimattreue
Deutsche Jugend – Bund zum Schutz für Umwelt,
Mitwelt und Heimat e. V“ (HDJ). Da mir mitgeteilt
worden war, dass von diesem Verbot auch Soldaten der
Bundeswehr betroffen seien, bat ich das Bundesministerium
der Verteidigung um Stellungnahme. Das Ministerium
teilte mir daraufhin mit, dass sich nach seinen Erkenntnissen
weder unter dem Führungspersonal noch
unter den Mitgliedern des verbotenen Vereins „HDJ“
Bundeswehrangehörige befunden hätten. Geprüft werde
lediglich, ob drei Soldaten mögliche Bezüge zur verbotenen
„HDJ“ aufweisen. Zu dem Ergebnis der Ermittlungen
wurde mir auf Nachfrage mitgeteilt, dass ein Soldat als
Extremist eingestuft, deshalb in das Dienstverhältnis eines
Grundwehrdienstleistenden zurückgestuft und inzwischen
aus der Bundeswehr entlassen worden sei. In den
beiden anderen Fällen habe der Verdacht extremistischer
Bestrebungen ausgeräumt werden können. Alle drei Fälle
waren nicht als „Besondere Vorkommnisse“ gemeldet
worden.
Zukünftig sollte sichergestellt werden, dass ich über derartige
Sachverhalte, auch wenn sie nicht als „Besondere
Vorkommnisse“ mit Verdacht auf rechtsextremistischen
oder ausländerfeindlichen Hintergrund gemeldet werden,
in jedem Fall von den zuständigen Dienststellen unterrichtet
werde.
Erst im Berichtsjahr erfuhr ich, dass das Sozialwissenschaftliche
Institut der Bundeswehr im Auftrag des Bundesministeriums
der Verteidigung im November und Dezember
2007 eine repräsentative Studentenbefragung an
beiden Bundeswehruniversitäten durchgeführt hatte. An
dieser Untersuchung hatten mehr als 2 300 Studierende
teilgenommen. Da ich mir von den Ergebnissen dieser
Untersuchung wichtige Hinweise auf die Studien-, Berufs-
und Lebenssituation der Studierenden versprach, bat
ich das Bundesministerium der Verteidigung Anfang Februar
2009, mir den Forschungsbericht kurzfristig zukommen
zu lassen. Obwohl das Bundesministerium der
Verteidigung in Aussicht stellte, mir die erbetenen Untersuchungsergebnisse
zu gegebener Zeit zur Verfügung zu
stellen, kam es im Berichtsjahr nicht dazu.
Stattdessen berichtete im Oktober 2009 die Presse über
die Ergebnisse der Studentenbefragung. Danach sollen
13 Prozent der Studierenden Politikzielen der „Neuen
Rechten“ zugestimmt haben.
Das Bundesministerium der Verteidigung hielt den Forschungsbericht
zunächst weiter unter Verschluss. Erst im
Februar 2010 übersandte es mir den Bericht, der im August
2009 abgeschlossen und mir inzwischen schon von
dritter Seite zugänglich gemacht worden war. Wie mir das
Ministerium mitgeteilt hat, soll der Bericht in Kürze veröffentlicht
werden.
In dem Bericht wird bei der Beschreibung der „Neuen
Rechten“ unter anderem auch die damalige Definition im
Verfassungsschutzbericht des Bundesministeriums des
Innern von 2006 wie folgt zitiert: „Bei der Neuen Rechten
handelt es sich um eine in den 70er-Jahren in Frankreich
aufgekommene geistige Strömung, die sich um eine Intellektualisierung
des Rechtsextremismus bemüht. Sie beruft
sich unter anderem auf antidemokratische Denker,
die bereits zur Zeit der Weimarer Republik unter der Bezeichnung
,Konservative Revolution‘ aktiv waren. Die
Aktivisten der ,Neuen Rechten‘ beabsichtigen die Beseitigung
oder zumindest die Beeinträchtigung des demokratischen
Verfassungsstaates und versuchen, zunächst einen
bestimmenden Einfluss auf den kulturellen Bereich zu erlangen,
um letztlich den demokratischen Verfassungsstaat
zu delegitimieren und das politische System grundlegend
zu verändern.“
In dem Forschungsbericht werden der „Neuen Rechten“
folgende Politikziele zugeordnet: Stärkung der nationalen
Identität; deutsche Interessen gegenüber dem Ausland
hart und energisch durchsetzen; dafür sorgen, dass
Deutschland wieder von einer starken Elite geführt wird;
die Zuwanderung von Ausländern nach Deutschland
stoppen; dafür sorgen, dass sich in Politik und Gesellschaft
immer der Stärkere durchsetzt; den Einfluss der
Parlamente einschränken.
Der Befragung nach lehnt die Mehrheit der Studierenden
an den Bundeswehruniversitäten das „neurechte“ Gedankengut
ab. Allerdings stimmen 13 Prozent der Studierenden
mindestens vier von sechs Politikzielen der „Neuen
Rechten“ zu und weisen eine gewisse Affinität zu deren
politischen Vorstellungen auf, ohne dass es ihnen im Einzelfall
bewusst sein muss. Die Zustimmung der Soldatinnen
und Soldaten zu den ausgewählten Politikzielen der
„Neuen Rechten“ in dem festgestellten Ausmaß ist aus
meiner Sicht sehr ernst zu nehmen.
Soweit diesen politischen Vorstellungen bewusst zugestimmt
wird, stellt sich die Frage, ob diese Soldatinnen
und Soldaten in jedem Fall bereit sind, der Bundesrepublik
Deutschland treu zu dienen und durch ihr gesamtes
Verhalten für die freiheitliche demokratische Grundordnung
im Sinne des Grundgesetzes einzutreten. Soweit
dem Einzelnen die angesprochene Affinität zu rechtem
Gedankengut tatsächlich nicht bewusst sein sollte, ist den
Studierenden der Vorwurf zu machen, sich unkritisch von
politischen Zielen einnehmen zu lassen. Von Offizieren
beziehungsweise angehenden Offizieren, die Führungsaufgaben
übernehmen sollen, ist mehr zu erwarten. Das
Anforderungsprofil verlangt gerade bei Offizieren, dass
sie Analysefähigkeiten besitzen, die über rein militärische
Gesichtspunkte hinausgehen.
In diesem Zusammenhang ist auch zu bemängeln, dass
die Frage nach dem allgemeinen Interesse an Politik von
13 Prozent der Studierenden an den Bundeswehruniversitäten
mit kaum (12 Prozent) oder gar nicht (1 Prozent)
politisch interessiert beantwortet wurde. Politisches Interesse
der Bürger ist für eine funktionstüchtige Demokratie
notwendig. Aus meiner Sicht muss jedenfalls von jedem
angehenden Offizier erwartet werden, dass er
Interesse für politische Zusammenhänge und Entwicklungen
mitbringt.


Drucksache 17/900 – 34 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
5 Personal
Der mit Abstand wichtigste und wertvollste Faktor für die
Gewährleistung der Einsatzbereitschaft und Einsatzfähigkeit
der Bundeswehr sind die Menschen, die in ihr dienen.
Nur wenn der Bundeswehr fachlich qualifiziertes
und motiviertes Personal in ausreichendem Umfang zur
Verfügung steht, kann sie ihren Auftrag erfüllen. Es sind
aus meiner Sicht begründete Zweifel angebracht, dass das
auch in Zukunft gewährleistet bleibt. Vor diesem Hintergrund
erscheint es geboten, einige grundsätzliche Bemerkungen
zur Personallage der Bundeswehr voranzustellen.
5.1 Personalumfang und Bewerberaufkommen
Im Berichtsjahr 2009 dienten in der Bundeswehr durchschnittlich
knapp 250 000 Soldatinnen und Soldaten.
Rund 62 000 davon waren Wehrdienstleistende, davon
37 000 Grundwehrdienstleistende und 25 000 freiwillig
länger Wehrdienst Leistende, 131 000 Soldaten auf Zeit
und 57 000 Berufssoldaten. Aufgegliedert auf die Laufbahngruppen
ergibt sich folgende Verteilung: 37 000 Offiziere,
113 000 Unteroffiziere und 100 000 Mannschaften.
Insgesamt konnte damit die Sollstärke des Personalstrukturmodells
2010 von 252 500 Soldaten nahezu erreicht
werden.
Der jährliche Einstellungsbedarf der Bundeswehr liegt
derzeit bei circa 23 700 Soldatinnen und Soldaten. Mit
21 784 Einstellungen im Jahr 2009 wurde diese angestrebte
Zahl allerdings unterschritten. 14 000 Stellen
konnten mit externen Bewerbern besetzt und knapp
7 800 Soldatinnen und Soldaten durch Binnenwerbung
gewonnen werden.
Das Bewerberaufkommen im Jahr 2009 bedarf differenzierter
Betrachtung: Bei der Laufbahn der Offiziere gab
es mit rund 9 000 Bewerbungen gegenüber rund 9 600 im
Jahr 2008 ein Minus von 6 Prozent, was allerdings einen
weniger starken Rückgang als in den Vorjahren bedeutet.
Bei den Mannschaften und Unteroffizieren ist mit gut
37 000 Bewerbungen gegenüber 26 500 im Vorjahr ein
deutlicher Anstieg von 28 Prozent zu verzeichnen. Es
bleibt abzuwarten, ob darin eine Trendumkehr gesehen
werden kann und wie sich das Bewerberaufkommen insgesamt
in den nächsten Jahren vor dem Hintergrund des
demographischen Wandels einerseits und der aktuellen
Finanz- und Wirtschaftskrise andererseits entwickeln
wird. Im Übrigen sagt die Zahl der jeweiligen Bewerber
noch nichts über deren Qualität aus.
5.2 Attraktivität der Bundeswehr
Auf der offiziellen Homepage der Bundeswehr findet sich
unter dem Stichwort „Jugend und Karriere“ der Satz:
„Als attraktiver Arbeitgeber bietet die Bundeswehr ein
vielfältiges Angebot an Karriere- und Berufschancen in
allen Bereichen und Laufbahnen“. Was die Vielfalt des
Angebots angeht, so trifft dieser Satz sicherlich zu. Fraglich
ist, ob dieses Angebot insbesondere im Vergleich mit
dem zivilen Arbeitsmarkt und Wettbewerbern im öffentlichen
Sektor auch hinreichend attraktiv ist. Unter den
Stichworten Beförderungschancen, Vereinbarkeit von Familie
und Dienst, Zulagenwesen und Infrastruktur setzt
sich der Bericht mit einigen Aspekten der Attraktivität
des Dienstes detailliert auseinander.
Dass die Attraktivität des Dienstes in den Streitkräften
weiter gesteigert werden muss, sieht auch die neue Bundesregierung.
Im Koalitionsvertrag hat sie sich zum Ziel
gesetzt, bis Ende 2010 ein Maßnahmenpaket vorzulegen,
in dem es unter anderem um die Verbesserung der Vereinbarkeit
von Familie und Dienst, die Schaffung von
Kinderbetreuungsmöglichkeiten, die Reduzierung der
Versetzungshäufigkeit und die zügige Fortführung der
Modernisierung „Kasernen-West“ geht. Darüber hinaus
soll ein neues Laufbahnrecht realisiert werden.
Aus meiner Sicht erfordert die Steigerung der Attraktivität
ein Bündel von Maßnahmen, zu denen im Bereich des
Personalwesens unter anderem eine Verbesserung der
Planstellensituation gehört. Auch das Zulagen- und Prämiensystem
kann und muss attraktiver gestaltet werden,
zum Beispiel im Hinblick auf Regelungen über den
Dienstzeitausgleich und einsatzbedingte Mehrbelastungen.
Darüber hinaus muss meines Erachtens das Laufbahnrecht
flexibilisiert werden. Dazu gehören verbesserte
Aufstiegsmöglichkeiten und Erleichterungen beim Laufbahnwechsel.
Ferner sollte über eine weitere Vereinfachung
des Eintritts von Seiteneinsteigern und mehr
Flexibilität bei den Dienstzeitfestsetzungen und Zurruhesetzungen
nachgedacht werden.
Neben allen materiellen Maßnahmen darf aber auch das
Ansehen des Soldatenberufs nicht außer Acht gelassen
werden. In den zahllosen Gesprächen, die ich führe, bestätigt
sich immer wieder, wie sehr sich Soldatinnen und
Soldaten mit der Bundeswehr und ihrem Dienst identifizieren,
wie sehr ihre berufliche Zufriedenheit aber andererseits
auch von einer entsprechenden politischen und
gesellschaftlichen Anerkennung ihres Dienstes abhängt.
Auf meiner Informationstagung im Juni 2009 „Attraktivität
des Soldatenberufs – Chancen, Herausforderungen,
Perspektiven“ wurde von nahezu allen Teilnehmern die
Bedeutung dieses Themas herausgestrichen. Das Gefühl,
von der Gesellschaft nicht anerkannt zu werden, lässt
nicht wenige Soldatinnen und Soldaten zweifeln, ob sie
mit der Entscheidung, Zeit- oder Berufssoldat zu werden,
die richtige Entscheidung getroffen haben.
5.3 Demographischer Wandel
Die Auswirkungen des demographischen Wandels auf die
Bundeswehr habe ich bereits in meinem letzten Jahresbericht
angesprochen. Angesichts des Rückgangs der Geburtenraten
Anfang der 90er Jahre steht die Bundeswehr
vor dem Problem, auch in Zukunft eine ausreichende
Zahl geeigneter Bewerberinnen und Bewerber für den
Dienst in den Streitkräften zu gewinnen.
Das Bundesministerium der Verteidigung hat diese Herausforderung
erkannt und bereits Anfang 2007 die Arbeitsgruppe
„Demographischer Wandel“ eingesetzt, die
nach ihren Berichten vom Februar und September 2008
im September 2009 bereits ihren dritten Bericht vorgelegt


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 35 – Drucksache 17/900
hat. Auftrag und Vorgehensweise der Arbeitsgruppe finden
meine nachdrückliche Unterstützung.
Ein Arbeitsschwerpunkt betrifft die Senkung des personellen
Ergänzungsbedarfs. Die Überlegungen gehen dahin,
den jährlichen Personalergänzungsbedarf durch eine
Erhöhung des Anteils längerdienender Soldatinnen und
Soldaten zu reduzieren. In diesem Zusammenhang sind
allerdings zunächst die Ergebnisse der aufgrund des Koalitionsvertrages
einzusetzenden Kommission zur Erarbeitung
einer neuen Organisationsstruktur abzuwarten.
Besonderes Augenmerk legt die Arbeitsgruppe auf die
Flexibilisierung des Soldaten- und Laufbahnrechts. Obwohl
für Seiteneinsteiger und Seiteneinsteigerinnen bereits
diverse Einstiegsmöglichkeiten, zum Beispiel die
Einstellung mit höherem Dienstgrad, existieren, soll dieses
Spektrum zeitgemäß und zukunftsorientiert erweitert
werden. Ziel ist es, das bisher weitgehend geschlossene
militärische Personalsystem so zu verändern, dass rascher
auf aktuelle Bedürfnisse reagiert werden kann. Flexible
Anpassungen der Verpflichtungszeit gehören dazu genauso
wie die Erleichterung und Ausweitung von Laufbahnwechseln.
Die in der Arbeitsgruppe thematisierten Anstrengungen
zur Verbesserung der Integration von Soldaten mit Migrationshintergrund
werden durch die am Zentrum Innere
Führung eingerichtete Zentrale Koordinierungsstelle für
Interkulturelle Kompetenz wahrgenommen und umgesetzt.
Neben Seminaren und Informationstagungen liegt
der aktuelle Schwerpunkt auf dem Aufbau eines interdisziplinären
Netzwerkes von Sachverständigen sowie in der
Erarbeitung eines Konzeptes für einen Pilotlehrgang zur
Interkulturellen Kompetenz.
Die Vielzahl der mit dem Ziel der Attraktivitätssteigerung
durchgeführten Untersuchungen mündete in ein „Ganzheitliches
Konzept zur Steigerung der Attraktivität des
Dienstes in den Streitkräften“. Dieses Konzept beruht im
Wesentlichen auf der Verstärkung und dem Ausbau von
drei Säulen:
– dem Ansehen der Streitkräfte als Organisation und Arbeitgeber
und dem Ansehen des Soldatenberufs als
solchem,
– den Streitkräften als Ausbildungsorganisation und
– den materiellen und sozialen Rahmenbedingungen des
Dienstes, die auch das persönliche und familiäre Umfeld
einschließen.
Das Modell erscheint vernünftig, ist bisher aber nur eine
Absichtserklärung. Seine Tragfähigkeit und Belastbarkeit
wird sich erweisen müssen. Das werde ich mit besonderer
Aufmerksamkeit verfolgen.
5.4 Eingaben zum Personalwesen
Im Rahmen der Bearbeitung von rund 1 400 Eingaben
zum Personalwesen sowie unter Berücksichtigung meiner
Truppenbesuche, der Gespräche mit Soldatinnen und Soldaten
in meinem Haus sowie der diesjährigen Informationstagung
haben sich im Bereich der Personalangelegenheiten
der Zeit- und Berufssoldaten im Berichtsjahr
folgende Schwerpunkte ergeben.
5.4.1 Beförderungssituation
Fast in allen Laufbahngruppen kam es im Jahr 2009 zu
Wartezeiten und Verzögerungen bei Beförderungen und
Einweisungen in die jeweiligen Planstellen. Hierzu erreichten
mich im Berichtsjahr weit über 200 Eingaben.
Ursache der Missstände waren erneut fehlende Planstellen.
Das führte – notwendigerweise – zur Bildung von
Beförderungs- und Eignungsreihenfolgen, die ihrerseits
Eingaben nach sich zogen. Einige Verzögerungen waren
auf vermeidbare Fehler bei der Personalbearbeitung zurückzuführen.
Im Einzelnen ergibt sich folgendes Bild:
5.4.1.1 Mannschaften
Nachdem es im Jahr 2008 aufgrund der Bereitstellung zusätzlicher
Planstellen zu einem weitgehenden Abbau des
Beförderungsstaus bei der Beförderung zum Stabsgefreiten
gekommen war, wurde dieses Problem im Berichtsjahr
leider wieder akut. Für viele Hauptgefreite verzögerte
sich die Beförderung zum Stabsgefreiten.
Ursächlich dafür war, dass – um die Attraktivität der
Mannschaftslaufbahn zu verbessern und den bestehenden
Bedarf insbesondere für die Auslandseinsätze zu decken –
Mannschaftsdienstgrade über die Regelverpflichtungszeit
von vier Jahren hinaus auf acht und in Einzelfällen sogar
auf zwölf Jahre weiter verpflichtet wurden. Da der Aufwuchs
an Planstellen mit dieser Entwicklung nicht Schritt
hielt, kam es zum Beförderungsstau. Die derzeitige Wartezeit
beträgt nach Erfüllen der zeitlichen Mindestvoraussetzungen
zwischen drei und sechs Monate.
Aufgrund fehlender Planstellen gibt es inzwischen auch
für Obergefreite bei der Beförderung zum Hauptgefreiten
Wartezeiten von etwa drei Monaten.
Das ist aus meiner Sicht bedauerlich und trägt nicht zur
Attraktivität der Mannschaftslaufbahn und zur Steigerung
der Motivation der Soldaten bei. Der Anreiz einer längeren
Verpflichtungszeit wird durch den Nachteil von Wartezeiten
bei der Beförderung leider geschmälert.
Erschwerend kommt hinzu, dass die bei Beförderungen
hinzunehmenden Wartezeiten in den einzelnen Teilstreitkräften
unterschiedlich lang sind. Besonders augenfällig
wird diese Tatsache bei Angehörigen der Streitkräftebasis,
in der Soldaten aus allen Teilstreitkräften ihren Dienst
leisten. So kommt es nicht selten vor, dass Soldaten, die
der selben Einheit angehören, sich möglicherweise sogar
ein Dienstzimmer teilen, trotz gleicher Voraussetzungen
und gleicher Arbeitsleistung unterschiedlich lang auf ihre
Beförderung warten müssen.
Um einen Teil des Beförderungsstaus abzubauen, wird
die Planstellenausstattung für Mannschaften, die als Soldaten
auf Zeit im Heer dienen, im Rahmen der Haushaltsaufstellung
2011 angepasst. Im Vorgriff darauf wurde im
November 2009 eine Übergangslösung geschaffen.
1 300 Planstellen im Berufsförderungsdienst für Fachunteroffiziere,
die derzeit noch nicht benötigt werden,


Drucksache 17/900 – 36 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
wurden vorübergehend für Mannschaften zur Verfügung
gestellt, um zeitnahe Beförderungen zum Stabsgefreiten
zu ermöglichen. Durch die im Wege der Beförderung frei
werdenden Stellen kann auch die Beförderung von Obergefreiten
zum Hauptgefreiten zeitnäher erfolgen. Ich begrüße
diese Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt der
Flexibilisierung und Attraktivitätssteigerung ausdrücklich.
Leider kam es hinsichtlich der Beförderung zum Stabsgefreiten
auch zu Fehlern bei der Personalbearbeitung.
Ein Beispiel:
Ein Hauptgefreiter wandte sich mit einer Eingabe an
mich, weil er nach dreieinhalb Jahren Dienstzeit noch
nicht zum Stabsgefreiten befördert worden war. Im Rahmen
der Überprüfung stellte sich heraus, dass der Petent
„Wiedereinsteller“ war und seine Vordienstzeit – er hatte
vor seiner Wiedereinstellung als Zeitsoldat seinen neunmonatigen
Grundwehrdienst abgeleistet – bei der Reihung
in der Beförderungsreihenfolge unberücksichtigt
geblieben war. Der Soldat wurde rückwirkend in eine
Planstelle der Besoldungsgruppe A 5 eingewiesen und für
die davor liegende Zeit schadlos gestellt.
5.4.1.2 Unteroffiziere ohne Portepee
Hinsichtlich der Beförderung zum Stabsunteroffizier sowie
zum Feldwebel erreichten mich im Berichtsjahr nur
vereinzelt Eingaben. In diesen Fällen war die ausgebliebene
Beförderung auf Fehler bei der Personalbearbeitung
zurückzuführen.
Ein Beispiel:
Im März 2009 wandte sich ein Unteroffizier (w) an mich,
weil sie nach dem Abschluss ihrer ZAW-Maßnahme im
Januar 2008 noch nicht zum Stabsunteroffizier befördert
worden war. Die Überprüfung ergab, dass die Petentin
seit Januar 2008 die Mindestvoraussetzungen für die Beförderung
zum Stabsunteroffizier erfüllte. Sowohl den
allgemeinmilitärischen als auch den militärfachlichen
Teil der Fachunteroffizierprüfung hatte die Soldatin bestanden.
Die Ernennung wurde jedoch durch die zuständige
personalbearbeitende Stelle nicht eingeleitet. Auch
wurde der Abschluss der ZAW-Maßnahme nicht vollständig
und richtig in den Datenbestand eingepflegt, so dass
keine Planstelle zur Beförderung zur Verfügung gestellt
werden konnte. Letztlich wurde die Petentin zum Stabsunteroffizier
befördert und rückwirkend ab Januar 2008
schadlos gestellt.
Zahlreiche Stabsunteroffiziere aus der Laufbahn der Unteroffiziere
wandten sich an mich, weil sie nach Erfüllung
der Voraussetzungen vergeblich auf ihre Einweisung in
eine Planstelle der Besoldungsstufe A 7 warteten. Nach
einer Dienstzeit von sechs Jahren ist eine solche Einweisung
möglich. Auch hier lag die Ursache nicht in einem
Fehl an Planstellen, sondern in einer teilweise mangelhaften
Personalbearbeitung. In einem Fall führte die Eingabe
dazu, dass ein Stabsunteroffizier im Ergebnis wegen der
verspäteten Einweisung für ein dreiviertel Jahr rückwirkend
schadlos gestellt werden musste.
5.4.1.3 Unteroffiziere mit Portepee
Auch zahlreiche Unteroffiziere mit Portepee verliehen ihrer
Unzufriedenheit mit ihrer Beförderungssituation in
Eingaben Ausdruck. Den Schwerpunkt bildeten dabei
Oberfeldwebel und Oberbootsleute, die auf ihre Beförderung
zum Hauptfeldwebel beziehungsweise Hauptbootsmann
warten. Daneben klagten auch viele Hauptfeldwebel
und Hauptbootsleute über zu lange Wartezeiten bei
der Beförderung zum Stabsfeldwebel beziehungsweise
Stabsbootsmann.
Ursächlich für diese Situation ist die Tatsache, dass trotz
stetiger Verbesserungen die Zahl der für eine Beförderung
notwendigen Planstellen in diesem Bereich immer noch
nicht ausreicht. Unabhängig davon, dass eine weitere Verbesserung
dieser Planstellensituation wünschenswert ist,
muss die Personalführung das für die Bildung der Beförderungsreihenfolgen
maßgebliche Verfahren transparent
und die entscheidenden Kriterien deutlicher machen. Es
gibt immer wieder Eingaben, die zeigen, dass den Betroffenen
die für die Reihenfolgenbildung maßgebliche Beförderungsrichtlinie
nicht oder nur unzureichend bekannt
ist. Immer wieder verweisen Petenten mit Unverständnis
und Ungeduld darauf, dass sie in der Vergangenheit für
ihre dienstlichen Leistungen förmliche Anerkennungen,
Leistungszulagen und Ähnliches erhalten hätten, gleichwohl
aber nicht befördert würden. Ihnen ist offensichtlich
nicht bekannt, dass nach der einschlägigen Beförderungsrichtlinie
zum Beispiel förmliche Anerkennungen und
Leistungszulagen keinen direkten Einfluss auf die Reihenfolgenbildung
haben. Diese erfolgt vielmehr auf der
Grundlage der dienstlichen Beurteilungen sowie der
Dauer der Teilnahme an Auslandseinsätzen. Das ist aus
meiner Sicht nicht zu beanstanden, zumal Anerkennungen
für herausragende Leistungen sich bereits in den Beurteilungen
niederschlagen.
Wie wichtig eine weitere Verbesserung der Planstellensituation
ist, zeigen eindringlich die Fälle eines Oberfeldwebels
und eines Hauptfeldwebels, die mit ihrem jeweiligen
Dienstgrad zur Ruhe gesetzt wurden. Zwar sind diese
Fälle nicht die Regel, gleichwohl verdeutlichen sie die
Gefahr, dass bei Weiterbestehen des Beförderungsstaus
und gleichzeitigem striktem Festhalten an der Beförderungsreihenfolge,
wozu die Personalführung verpflichtet
ist, das grundsätzliche Laufbahnziel – der Dienstgrad
Stabsfeldwebel – unter Umständen nicht erreicht werden
kann. Das beschäftigt insbesondere altgediente Portepeeunteroffiziere,
die bislang davon ausgegangen sind, dass
der Dienstherr ihnen das Erreichen des Laufbahnzieles
auch ermöglicht. Sollte diese allgemeine Laufbahnperspektive
vermehrt nicht mehr erreicht werden können,
könnte das nicht unerhebliche Auswirkungen auf die Attraktivität
der Feldwebellaufbahn insgesamt haben.
5.4.1.4 Offiziere
Der Schwerpunkt der Eingaben in diesem Bereich lag bei
den Oberleutnanten, die auf ihre Beförderung zum Hauptmann
und Hauptleuten, die auf ihre Einweisung in die
Besoldungsgruppe A12 warten, sowie bei Majoren, die
sich über Wartezeiten bei der Beförderung zum OberstDeutscher
Bundestag – 17. Wahlperiode – 37 – Drucksache 17/900
leutnant beklagten. Auch diese Wartezeiten gehen auf die
nicht ausreichende Zahl an Planstellen zurück. Wie in den
anderen Laufbahnen ist auch hier eine Beförderungsreihenfolge
auf der Grundlage der dazu vom Bundesministerium
der Verteidigung erlassenen Beförderungsrichtlinie
zu bilden. Letztlich gelten die Ausführungen zur Beförderungssituation
der Unteroffiziere mit Portepee sinngemäß
auch für die Beförderungssituation der Offiziere.
Kritikwürdig war zudem die Wartezeit, die zwischen einer
Versetzung auf einen A15 bewerteten Dienstposten
und der erst später folgenden Einweisung in die entsprechende
Besoldungsgruppe liegt. Diese „Wartezeit“ beträgt
mittlerweile knapp drei Jahre – eine aus meiner
Sicht nicht vertretbare Belastung der Betroffenen. Besonders
ärgerlich sind die Fälle, in denen es durch Fehler bei
der Reihenfolgenbildung zu weiteren Verzögerungen
kommt.
Ein Beispiel:
Ein Oberstleutnant, der seit 40 Monaten auf einem mit
A15 bewerteten Dienstposten eingesetzt war, beklagte
sich darüber, immer noch nicht in die entsprechende Planstelle
eingewiesen worden zu sein. Die Überprüfung ergab,
dass aufgrund eines Fehlers bei der Anwendung des
computergestützten Personalwirtschaftssystems die Stehzeit
auf dem mit A15 dotierten Dienstposten im Rahmen
der Erstellung der Einweisungsreihenfolge bei dem Petenten
und weiteren Betroffenen nicht berücksichtigt worden
war. Nachdem dieser Fehler aufgefallen war, wurden
die Soldaten rückwirkend eingewiesen. Dabei kam es zu
einem weiteren Kuriosum. Da der Datenfehler bei mehreren
Offizieren aufgetreten war und für die Betroffenen
nicht genügend Planstellen zur Verfügung standen,
musste erneut eine Reihung vorgenommen werden. Der
Petent wurde unter Zugrundelegung des Zeitpunkts seiner
möglichen Einweisung finanziell schadlos gestellt.
Im Ergebnis ist hinsichtlich der Beförderungssituation der
Offiziere festzuhalten, dass auch diese weiter verbessert
werden muss, weil sowohl die Berufszufriedenheit der
Offiziere als auch die Attraktivität des Offizierberufs
maßgeblich von den Beförderungsmöglichkeiten geprägt
werden.
5.4.2 Mängel bei der Bearbeitung von Personalangelegenheiten
Die Bearbeitung von Personalangelegenheiten gibt immer
wieder Anlass zu Beanstandungen. Insgesamt gingen
dazu über 200 Eingaben ein. Bei einem Personalkörper
von 250 000 Soldaten und Millionen von Personalvorgängen
sind Fehler nicht auszuschließen. In vielen Fällen
wären sie bei größerer Sorgfalt aber vermeidbar gewesen.
Besonders misslich ist es für die Betroffenen, wenn ein
Fehler in der Personalbearbeitung Auswirkungen auf den
weiteren beruflichen Werdegang hat.
Ein Beispiel:
Ein Stabsarzt beklagte seine noch nicht erfolgte Beförderung
zum Oberstabsarzt. Die Überprüfung ergab, dass die
Personalakte des Petenten aufgrund eines früheren disziplinaren
Vorermittlungsverfahrens noch ein Förderungsverbot
nach Ziffer 135 der ZDv 20/7 „Bestimmungen für
die Beförderung, Einstellung, Übernahme und Zulassung
von Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr“ enthielt.
Formal war das Förderungsverbot nach Einstellung des
Vorermittlungsverfahrens aufgehoben worden. Diese
Aufhebung war beim Wechsel des für die Personalführung
zuständigen Dezernats innerhalb des Personalamtes
der Bundeswehr aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen
aber nicht dokumentiert worden, so dass der Sperrvermerk
in den Akten verblieb. Der Petent wurde durch
entsprechende Beförderung sowie rückwirkende Einweisung
in die notwendige Planstelle schadlos gestellt. Für
den Zeitraum zwischen dem frühestmöglichen Beförderungstermin
und dem Tag der rückwirkenden Einweisung
wurde darüber hinaus die Schadensbearbeitung eingeleitet.
Zudem wurden durch die Fachaufsicht geeignete
Maßnahmen ergriffen, damit sich ein solcher Fehler nicht
wiederholt.
So bedauerlich dieser Fehler für den Betroffenen war, ist
dennoch festzustellen, dass nach Bekanntwerden des
Mangels im Rahmen der Bearbeitung der Eingabe unverzüglich
alle notwendigen Schritte ergriffen wurden, um
den beim Petenten entstandenen Schaden zu beseitigen.
In einem anderen Fall beklagte ein Oberfeldwebel, dass
sein Antrag auf Übernahme zum Berufssoldaten nicht
rechtzeitig an die Stammdienststelle der Bundeswehr
weitergeleitet worden sei. Die Überprüfung ergab, dass
der zuständige Bearbeiter in der Truppe den Antrag des
Petenten sowie die Anträge von vier weiteren Soldaten
nicht bearbeitet und weitergeleitet hatte. Aufgrund der
unterbliebenen Vorlage der Anträge konnten die fünf Bewerber
in den Auswahlkonferenzen nicht betrachtet werden.
Um mögliche Laufbahnnachteile zu vermeiden, wurden
die Bewerbungsunterlagen nach Bekanntwerden des
Versäumnisses unverzüglich der Stammdienststelle für
eine Nachbetrachtung vorgelegt. Dem Antrag des Petenten
konnte – vorbehaltlich der gesundheitlichen Eignung – entsprochen
werden. Gegen den Bearbeiter wurden disziplinare
Vorermittlungen eingeleitet.
Eine Eignungsübende kritisierte, dass sie zunächst vom
Zentrum für Nachwuchsgewinnung ohne Bedenken einberufen,
zum Ende ihrer Eignungsübung aber wegen zu
geringer Körpergröße für nicht borddiensttauglich erklärt
worden sei. Im Rahmen der Überprüfung stellte sich heraus,
dass die Petentin mit einer Körpergröße von 1,55 m
zwar die Anforderungen für die Borddiensttauglichkeit
nicht erfüllte, es aber die Möglichkeit einer Ausnahmegenehmigung
gibt. Einem entsprechenden Antrag der Petentin
wurde stattgegeben. Sie leistet ihren Dienst als
Bootsmann (w) auf einer Fregatte der Bundeswehr.
5.4.3 Beurteilungswesen
Ein zentrales Problem im Personalwesen der Bundeswehr
ist derzeit die mit erheblichen Verunsicherungen behaftete
Beurteilungspraxis und die ihr zugrunde liegende,
unbefriedigende Vorschriftenlage. Im Berichtsjahr 2009
erreichten mich zu Beurteilungsfragen rund 150 Eingaben.
Darüber hinaus war das Beurteilungssystem Thema


Drucksache 17/900 – 38 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
bei nahezu allen meinen Truppenbesuchen. Die dabei
spürbare Verunsicherung der Soldaten und ihre Unzufriedenheit
ist aus meiner Sicht verständlich, wenn man sich
die Bedeutung von Beurteilungen vor Augen führt.
Einem funktionierenden Beurteilungssystem kommt für
das innere Gefüge der Bundeswehr eine herausragende
Bedeutung zu. Beurteilungen sind – wie in der öffentlichen
Verwaltung und in der Wirtschaft – auch und insbesondere
im soldatischen Alltag eines der wichtigsten,
aber auch schwierigsten Motivations- und Führungsinstrumente.
Beurteilungen stellen die wichtigste Grundlage
für Personalauswahlentscheidungen dar. Sie sind einerseits
ein direkt aus der Verfassung abgeleitetes
Instrument zur Planung und Steuerung der Personalentscheidungen
des Dienstherrn und dienen andererseits der
Förderung und Entwicklung der beruflichen Perspektiven
der Untergebenen. Beurteilungen beeinflussen maßgeblich
den Werdegang der Soldatinnen und Soldaten. Sie sind
eine der wichtigsten Grundlagen für persönliches Fortkommen,
Aufstiegsmöglichkeiten und berufliche Perspektiven.
Die beurteilenden Vorgesetzten tragen dabei ein erhebliches
Maß an Verantwortung. Sie müssen bei allen Entscheidungen
einerseits dem Interesse der Streitkräfte an
dem „richtigen Personal an der richtigen Stelle“ Rechnung
tragen, andererseits aber auch die berufliche und soziale
Entwicklung ihrer Soldaten im Auge haben.
Beurteilungen stellen somit ein zentrales Instrument der
Inneren Führung dar. Deshalb ist es für die beurteilenden
Vorgesetzen wie für die Soldaten von herausragender Bedeutung,
dass ein transparentes, faires und dem Prinzip
der Bestenauslese gerecht werdendes Beurteilungssystem
als Grundlage aller Beurteilungen und darauf gestützter
Personalentscheidungen vorhanden ist. Dieser berechtigte
Anspruch basiert auf dem Gerechtigkeitsempfinden eines
jeden Soldaten und ist tief in ihm verankert. Gerade deshalb
betrachte ich die Kritik am Beurteilungswesen seit
einiger Zeit mit erheblicher Sorge.
Schon das im Jahr 1999 neu eingeführte Beurteilungssystem
erfüllte nicht die darin gesetzten Erwartungen, ein
transparentes und gerechtes Verfahren zur Bestenauslese
zu verwirklichen und inflationären Tendenzen bei der
Vergabe von Höchstnoten entgegenzuwirken. Die Folge
war die Einführung eines grundlegend neu gestalteten Beurteilungssystems
zu Beginn des Jahres 2006. Auch dieses
System war mit Mängeln behaftet, was nicht zuletzt
die Vielzahl von Eingaben in den folgenden Jahren belegt.
Bereits in meinen letzten beiden Jahresberichten
habe ich darüber berichtet. Kritisiert wurden in erster Linie
die Vergleichsgruppenbildung, die Richtwertvorgaben
sowie die Beeinflussung der Notengebung durch höhere
Vorgesetzte im Rahmen von Abstimmungsgesprächen.
Viele in Eingaben vorgetragene Bedenken und Beschwerden
fanden ihre ausdrückliche Bestätigung im Beschluss
des 1. Wehrdienstsenats des Bundesverwaltungsgerichts
vom 26. Mai 2009, mit dem das heftig kritisierte Beurteilungssystem
für rechtswidrig erklärt wurde. Im Ergebnis
stützte das Gericht seine Entscheidung auf die Feststellung,
dass es für das neue Beurteilungssystem einer dem
Vorbehalt des Gesetzes und der Wesentlichkeitstheorie genügenden
Ermächtigungsgrundlage bedurft hätte – etwa in
der Soldatenlaufbahnverordnung. Aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichts
genügte es nicht, die neuen Regelungen
– wie geschehen – durch Erlass in Kraft zu setzen.
Darüber hinaus hat das Gericht aber auch inhaltlich zu
den Beurteilungsrichtlinien Stellung genommen. Es kritisierte
das Beurteilungssystem in seinen wesentlichen
Grundlagen – insbesondere die Größe und Homogenität
der Vergleichsgruppen, die Struktur und den Umfang der
Richtwertvorgaben und in diesem Zusammenhang auch
den Abstimmungsprozess zwischen den beurteilenden
Vorgesetzten. Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts
sind die einschlägigen Bestimmungen unzureichend
und in der Form nicht haltbar.
Das Bundesministerium der Verteidigung hat im Oktober
2009 darauf reagiert und die ZDv 20/6 „Bestimmungen
über die Beurteilungen der Soldatinnen und Soldaten der
Bundeswehr“ in wesentlichen Teilen neu gefasst. Zuvor
war bereits durch eine Änderung der Soldatenlaufbahnverordnung
die vom Bundesverwaltungsgericht geforderte
Ermächtigungsgrundlage geschaffen worden.
Ich begrüße die vorgenommenen Änderungen ausdrücklich
als erforderliche Schritte zu einem gerechteren Beurteilungssystem.
Allerdings gibt es weitere offene Fragen
und Anhaltspunkte dafür, dass dieses Thema auf der Tagesordnung
bleibt. So könnte zum Beispiel die Neufassung
der Vergleichsgruppen vor dem Hintergrund der
diesbezüglichen Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts
zu Problemen führen. Inwieweit danach die
Neufassung der ZDv 20/6 „Bestimmungen über die Beurteilungen
der Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr“
praktikabel und in jeder Hinsicht rechtmäßig ist, muss die
Zukunft zeigen. Ich werde jedenfalls die Anwendung der
neugefassten Vorschrift aufmerksam beobachten.
Unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts
forderten Petenten, dass ihre Beurteilungen
korrigiert beziehungsweise neu erstellt werden
müssten. Diese Forderung ist verständlich, gleichwohl ist
sie nicht in dem gewünschten Umfang realisierbar. Das
Bundesverwaltungsgericht hat dazu entschieden, dass die
Bestandskraft der bisher auf der Grundlage des neuen Beurteilungssystems
erstellten und unanfechtbar gewordenen
Beurteilungen unberührt bleibe. Ihre Überprüfung
könne nur im Rahmen der Dienstaufsicht erfolgen. Dies
bedeutet, dass alle unanfechtbar gewordenen Beurteilungen
wirksam bleiben, wenn sie nicht im jeweiligen Einzelfall
aufgehoben werden.
Ich halte es – den praktischen Erfordernissen geschuldet –
für richtig, wenn nicht alle Beurteilungen, die aufgrund
des „gekippten“ Beurteilungssystems entstanden sind – es
könnten rund 70 000 sein – wieder aufgehoben und neu
gefasst werden. Dies erscheint mir insbesondere für die
Fälle vertretbar, in denen eine Beurteilung keine weiteren,
mögliche Nachteile fortsetzenden Folgen hat. Die
weitaus schwierigere Frage ist, inwieweit diese – rechtswidrigen
aber bestandskräftigen – Beurteilungen als
Grundlage für weitere Personalentscheidungen dienen
können, das heißt im Bewerberauswahlverfahren, bei


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 39 – Drucksache 17/900
Stellenbesetzungen und bei Beförderungsreihenfolgen
und Beförderungen herangezogen werden dürfen.
Das Bundesministerium der Verteidigung führt hierzu in
dem neuen Erlass vom 16. Oktober 2009 aus, „Personalauswahlentscheidungen,
die aufgrund bestandskräftiger
Beurteilungen von bereits abgeschlossenen Beurteilungsdurchgängen
getroffen wurden (zum Beispiel Versetzungen
auf höherwertige Dienstposten, Beförderungen und
Einweisungen in Planstellen höherer Besoldungsgruppen,
Auswahl zum Offizier des militärischen Fachdienstes),
haben Bestand und sind weiterhin möglich und statthaft“.
Diese Auffassung begegnet aus meiner Sicht nicht unerheblichen
Bedenken. Nach meiner Überzeugung darf es
nicht sein, dass eine auf der Grundlage eines rechtswidrigen
Beurteilungssystems für einen Soldaten erstellte und
daher von ihm als zutiefst ungerecht empfundene Beurteilung
für weitere Personalentscheidungen zum Nachteil
des Soldaten herangezogen wird und sich damit der Makel
der rechtswidrigen Beurteilung im weiteren Berufsleben
des Soldaten fortsetzt. Hier sollten – im Sinne der
Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts – Lösungen
im Einzelfall gefunden werden, damit erkanntes Unrecht
nicht seine bewusste Fortsetzung findet. Ich werde
diesen Bereich im Hinblick auf die beschriebene Bedeutung
mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgen.
5.4.4 Dienstzeugnis
Auch 2009 wandten sich zahlreiche Petenten an mich,
weil ihnen nach Ablauf ihrer Dienstzeit entweder kein
oder nur ein inhaltlich unzureichendes Dienstzeugnis erteilt
worden war.
Es ist unerfreulich, dass dieses Thema, zu dem ich mich
in meinen Jahresberichten wiederholt kritisch äußern
musste, immer noch auf der Tagesordnung steht. Die Bedeutung
von Dienstzeugnissen für ausscheidende Soldaten
und ihre Wiedereingliederung in das zivile Erwerbsleben
wird in der ZDv 20/6 „Bestimmungen über die
Beurteilungen der Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr“
(Nr. 219 mit Anlage 23 „Richtlinien, Bearbeitungshinweise
und Beispiele für das Dienstzeugnis von
Soldatinnen und Soldaten“) zutreffend herausgehoben.
Auf die große Verantwortung der Disziplinarvorgesetzten
für die zeitnah und wahrheitsgemäß, dabei aber mit „fürsorglichem
Wohlwollen“ zu erstellenden Zeugnisse wird
ausdrücklich hingewiesen. Offensichtlich sind aber weder
diese Vorschriften noch der ihnen zugrundeliegende
Grundgedanke, den Soldaten den Sprung in das zivile Berufsleben
zu erleichtern, überall in der Truppe angekommen.
Hier besteht weiterhin verstärkter Aufklärungsbedarf,
was die folgenden Beispiele verdeutlichen.
Im Dezember 2008 beklagte sich ein Stabsunteroffizier
(w) bei mir darüber, dass ihr zu ihrem Dienstzeitende
nach acht Jahren Dienstzeit ein völlig unzureichendes
Dienstzeugnis ausgehändigt worden sei. Das Zeugnis
wies unter anderem auf gesundheitliche und familiäre
Probleme hin. Aufgrund meines Einschaltens wurde der
Petentin im März 2009 ein neues Dienstzeugnis erteilt.
Da auch dieses den Anforderungen nicht entsprach,
musste ich mich an das Bundesministerium der Verteidigung
wenden, damit die ausgeschiedene Soldatin endlich
im Mai 2009 ein akzeptables Dienstzeugnis erhielt. Bedenklich
ist, dass nicht einmal die von mir zunächst eingeschaltete
Division in der Lage war, der Petentin ein
ordnungsgemäßes Dienstzeugnis zukommen zu lassen.
Ein Stabsunteroffizier kritisierte, dass sein vorläufiges
Dienstzeugnis geändert worden sei. Im Februar 2009 war
ihm ein vorläufiges Dienstzeugnis ausgehändigt worden,
das vor der Freistellung vom militärischen Dienst zur
Teilnahme an der vorgezogenen Fachausbildung im Rahmen
der Berufsförderung zu erstellen war. Im März 2009
wurde der Petent bei einer dienstlichen Veranstaltung geselliger
Art, an der auch der Kompaniechef teilnahm, verabschiedet.
Dabei äußerte der Soldat zu vorgerückter
Stunde im angetrunkenen Zustand und im Beisein von
Dritten gegenüber dem Kompaniechef, das dieser der
schlechteste Major sei, den er in seiner Dienstzeit gehabt
habe. Daraufhin erhielt der Petent eine Woche später ein
Dienstzeugnis, dessen Inhalt zu Ungunsten des Petenten
verändert worden war.
Bei der Überprüfung wurde vorgetragen, dass es sich bei
der zweiten Fassung ebenfalls um ein vorläufiges Dienstzeugnis
gehandelt habe, das nur versehentlich als Dienstzeugnis
bezeichnet worden war. Da die vorgeschriebenen
Eröffnungs- und Anhörungsbestimmungen nicht eingehalten
worden waren, war das zweite vorläufige Dienstzeugnis
schon aus formalen Gründen aufzuheben. Die
Maßnahme des Kompaniechefs, den Soldaten mittels
einer geänderten Fassung des Dienstzeugnisses zu disziplinieren,
entspricht nicht den Bestimmungen für das Erstellen
von Dienstzeugnissen. Daher wurden der Kompaniechef
und der Bataillonskommandeur schriftlich über
das vorschriftsmäßige Erstellen von Dienstzeugnissen belehrt.
5.5 Zivilberufliche Aus- und Weiterbildung
Die Attraktivität des Arbeitgebers Bundeswehr hängt
nicht zuletzt davon ab, welche Möglichkeiten den Soldatinnen
und Soldaten zur beruflichen Qualifikation geboten
werden. Die Zielsetzung der Bundeswehr, jedem länger
dienenden Soldaten die Chance zu bieten, eine – im
Vergleich zur Eintrittsqualifikation – höhere berufliche
Qualifikation zu erwerben, ist uneingeschränkt zu unterstützen.
Dem mit der Einführung neuer Laufbahnen im
Jahre 2002 entstandenen Konzept der Zivilberuflichen
Aus- und Weiterbildung (ZAW) kommt hierbei eine besondere
Bedeutung zu. Ziel dieser Konzeption ist es neben
der Verbesserung der militärischen Auftragserfüllung
die Attraktivität des Dienstes durch Abschlüsse und Fortbildung
in einem zivilen Ausbildungsberuf zu steigern.
Die Umsetzung dieser Konzeption war von Beginn an mit
Schwierigkeiten behaftet, auf die ich in den letzten Jahren
hinwiesen habe. Auch 2009 gab es wieder eine Reihe von
Klagen, wie folgender Fall veranschaulicht:
Zehn Teilnehmer einer ZAW-Maßnahme „Fachkaufmann
für Organisation – Meisterebene“ schilderten, sie
seien in ihrer sechsmonatigen ZAW-Maßnahme mit mehreren
Unzulänglichkeiten konfrontiert worden. So habe


Drucksache 17/900 – 40 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
der Zeitraum der Vermittlung des umfangreichen prüfungsrelevanten
Stoffes gerade einmal zwei Monate betragen.
Zuvor sei kein prüfungsrelevanter Stoff vermittelt
und ein dreiwöchiger Urlaub für die Lehrgangsteilnehmer
angesetzt worden. Das vollständige Lehrmaterial in Form
von Büchern habe erst circa einen Monat vor den Prüfungen
vor der Industrie- und Handelskammer und erst auf
nachdrückliche Initiative der Lehrgangsteilnehmer selbst
zur Verfügung gestanden. Einen verbindlichen Stundenplan
habe es nicht gegeben, so dass eine gezielte Unterrichtsvorbereitung
nicht möglich gewesen sei. Eine unzulängliche
räumliche Unterbringung, Lärmbelästigungen
während der Unterrichtsstunden sowie körperliche Beeinträchtigungen
durch starke Farbgerüche aus einer unter
den Unterrichtsräumen gelegenen Autolackiererei hätten
die Missstände komplettiert.
Mängel und Defizite im Zusammenhang mit ZAW-Maßnahmen
wurden mir auch von verschiedenen Teilnehmern
meiner Informationstagung „Attraktivität des Soldatenberufs
– Chancen, Herausforderungen, Perspektiven“ im
Juni 2009 geschildert. Die Probleme betreffen dabei alle
an ZAW-Maßnahmen Beteiligte: die auszubildenden Soldaten,
die Lehrkräfte und das Umfeld des Soldaten in der
Truppe.
Erfreulich ist in diesem Zusammenhang, dass das Heer
die Konzeption zur Zivilberuflichen Aus- und Weiterbildung
der Soldaten auf Zeit im Rahmen der militärfachlichen
Ausbildung in der Laufbahngruppe der Unteroffiziere
in Kraft gesetzt hat. Darin sind die Planung, die
Steuerung, die Durchführung und die Zuständigkeiten im
Heer hinsichtlich der ZAW-Maßnahmen für die Laufbahngruppe
der Unteroffiziere ohne Portepee sowie für
die Feldwebellaufbahn geregelt.
Zu meiner festen Überzeugung kommt der Zivilberuflichen
Aus- und Weiterbildung eine herausgehobene Bedeutung
für die Attraktivität der Streitkräfte zu. Für viele
Soldatinnen und Soldaten, die überlegen, ob sie sich freiwillig
für den Dienst in der Bundeswehr melden sollen,
ist die Frage der beruflichen Aus- und Fortbildung ein mit
entscheidender Faktor. Vor diesem Hintergrund stellt sich
für die Bundeswehr die Aufgabe, das an sich gelungene
Konzept einer Optimierung zuzuführen. Nach meinen Informationen
fehlt es bisher noch an einer effizienten Kontrolle
der Bildungsträger. Eine Nachbesserung in diesem
Bereich wäre zu begrüßen. Auch eine Zertifizierung der
ZAW-Bildungsträger könnte meines Erachtens hilfreich
sein.
6 Selbsttötungen und Unglücksfälle mit
Todesfolge
Im Berichtsjahr wurden mir 24 so genannte Besondere
Vorkommnisse mit Verdacht auf Selbsttötung von Soldaten
gemeldet. Der ganz überwiegende Teil der Suizide geschah
im Inland und außerhalb des Dienstes. Aus dem
Ausland wurde mir 2009 ein Fall bekannt. Ein Soldat des
deutschen KFOR-Kontingents hatte sich das Leben genommen.
Die Hintergründe von Suiziden und Suizidversuchen bleiben
oft unklar. Lagen Indizien für ein Motiv vor, so deuteten
sie meist auf Ursachen im privaten Umfeld des Verstorbenen
hin. Soweit sich Spannungen und Probleme im
dienstlichen Umfeld abzeichneten, war ein ursächlicher
Zusammenhang mit der Selbsttötung nicht festzustellen.
Im Berichtsjahr 2009 wurden darüber hinaus für das Inland
zwei Unglücksfälle mit Todesfolge im Dienst gemeldet,
für das Ausland einer.
7 Frauen in den Streitkräften
Im Berichtsjahr 2009 leisteten durchschnittlich
16 495 Frauen Dienst in der Bundeswehr. Ihr Anteil an
den Berufs- und Zeitsoldaten erhöhte sich von 8,4 Prozent
im Vorjahr auf 8,7 Prozent. Dabei lag der Frauenanteil
im Sanitätsdienst mit 7 035 Soldatinnen bei 41,3 Prozent.
Im Truppendienst waren es 9 461. Das entsprach
einen Anteil von 5,5 Prozent.
7.1 Integration von Frauen
Im Rahmen meiner Tätigkeit nehme ich eine Vielzahl von
Bemühungen der Bundeswehr wahr, den Prozess zur Integration
von Frauen voranzutreiben. Ich hoffe, dass die
Anstrengungen weiterhin auf einem hohen Niveau fortgeführt
werden. Frauen tragen wesentlich zur Deckung des
Personalbedarfs der Streitkräfte bei und stehen in ihrer
Leistungsfähigkeit sowie Motivation den männlichen
Soldaten in nichts nach. Es ist daher selbstverständlich,
dass Frauen bei entsprechender Qualifikation nicht nur im
Inland, sondern auch im Ausland eingesetzt werden.
Mittlerweile sind neun Jahre vergangen, in denen Soldatinnen
in allen Bereichen der Streitkräfte und in sämtlichen
Verwendungsreihen ihren Dienst leisten können.
Leider bleiben Vorfälle, die antiquierte und mit Vorurteilen
belastete Anschauungen offenbaren, nach wie vor
nicht aus. So haben mich auch im Berichtsjahr Eingaben
erreicht, in denen frauenfeindliche Einstellungen sichtbar
wurden.
Ein Beispiel:
Ein Kompanietruppführer lief trotz der Anwesenheit von
Soldatinnen in seiner Einheit regelmäßig unbekleidet
über den Flur zu den Waschräumen. Darüber hinaus
machte er im Kameradenkreis keinen Hehl aus seiner
Meinung, dass Frauen in der Bundeswehr nichts zu suchen
hätten. Der Soldat wurde eingehend belehrt, derartige
Äußerungen zu unterlassen. Darüber hinaus nahm
der zuständige Bataillonskommandeur die Auswertung
der Eingabe zum Anlass, die Aus- und Weiterbildung aller
Vorgesetzten im Bereich der Inneren Führung zu intensivieren.
Beide Maßnahmen finden meine ausdrückliche
Zustimmung.
Ein weiteres Beispiel, das sich im Rahmen eines Auslandseinsatzes
ereignete, zeigt, wie schwer es vielen Soldaten
immer noch fällt, Soldatinnen im Berufsalltag als
gleichberechtigte Kameradinnen zu akzeptieren. Ein
Oberstabsgefreiter zeigte kein Verständnis dafür, dass
seine Kameradinnen Kontakte zu Soldaten anderer WafDeutscher
Bundestag – 17. Wahlperiode – 41 – Drucksache 17/900
fengattungen pflegten. Sein Unmut darüber äußerte sich
in Form von unkameradschaftlichem Verhalten und ehrverletzenden
sowie obszönen Kommentaren. So äußerte er
im Rahmen des „Bergfestes“ eines Einsatzkontingents in
Gegenwart von Soldatinnen und Soldaten „Ja, fick mich“
und spreizte dabei die Beine als eine Frau Oberfeldwebel
mit einem anderen Kameraden die Feier verließ. An einem
darauf folgenden Tag erklärte er öffentlich: „Da sieht man,
die Soldaten anderer Waffengattungen auf unserem Block
können nicht ‚Hallo’ sagen, aber unsere Weiber ficken.“
Zusammen mit einem weiteren Oberstabsgefreiten lief
der Soldat abends an der Unterkunft von Kameradinnen
vorbei und rief „www.hackfresse.de“.
Soldatinnen und Soldaten haben einen Anspruch darauf,
dass der Dienstherr sie vor solchen Äußerungen von Kameraden
schützt. Im vorliegenden Fall konnte das völlig
inakzeptable Verhalten nicht mehr mit einer einfachen
Disziplinarmaßnahme geahndet werden, weil sich die Ermittlungen
seit dem Dienstvergehen länger als sechs Monate
hingezogen hatten und somit Verfristung eingetreten
war. Gleichwohl wurde der betroffene Oberstabsgefreite
eindringlich wegen seines Fehlverhaltens belehrt. Vor
dem Hintergrund der festgestellten Verstöße gegen § 12
und § 17 Absatz 1 Soldatengesetz war es ferner zu begrüßen,
dass die Förmliche Anerkennung, die der Soldat wegen
vorbildlicher Pflichterfüllung für das Fördern des
kameradschaftlichen Miteinanders in der Kompanie erhalten
hatte, zurückgenommen wurde.
Auslandseinsätze stellen höchste Anforderungen an die
Soldatinnen und Soldaten. Der Dienstherr ist daher bemüht,
im Rahmen der Möglichkeiten vor Ort ein möglichst
breit gefächertes Angebot zur Freizeitgestaltung anzubieten.
In einem Feldlager im Kosovo gibt es eine Sauna, deren
Nutzung zu bestimmten Zeiten Soldatinnen vorbehalten
ist. Diese Zeiten wurden von einem Kommandeur in Begleitung
eines weiteren Offiziers missachtet. Sie betraten
trotz eines entsprechenden Hinweises von anwesenden
Soldatinnen den Ruheraum der Frauensauna. Nach einem
erneuten Hinweis, dass alle Frauen nackt seien, erwiderte
der betroffene Offizier sinngemäß, dass dies nicht sein
Problem sei und die Soldatinnen sich etwas anziehen sollten.
Ein derartiges Auftreten ist inakzeptabel. Beide Offiziere
hätten die Privat- und Intimsphäre der anwesenden
Soldatinnen respektieren und sich einen Saunabesuch in
dieser Zeit versagen müssen. Auch die Äußerung des Offiziers
entsprach in keiner Weise dem gebotenen Maß an
Zurückhaltung in einer derart prekären Situation. Hinzu
kam schließlich, dass eine angemessene Entschuldigung
gegenüber den Kameradinnen nicht unverzüglich, sondern
erst bei einem späteren Gespräch erfolgte.
Ein weiterer Fall zeigt, wie schwer es einigen Soldaten
nach wie vor fällt, sich bei Beurteilungen und Stellungnahmen
zu Anträgen von Soldatinnen von einem überkommenen
Rollenverständnis zu lösen. Eine Petentin
beschwerte sich zu Recht darüber, dass ihr Disziplinarvorgesetzter
in seiner ablehnenden Stellungnahme zu
einem Antrag auf Weiterverpflichtung und Laufbahnwechsel
auf ihre Situation als alleinerziehende Mutter
hingewiesen hatte. Solche Kenntnisse aus dem privaten
Umfeld der Petentin sind keine Umstände, die ihrer Eignung,
Befähigung oder Leistung zuzurechnen sind. Es
handelte sich daher um sachfremde Erwägungen, deren
Verwendung und Dokumentation unzulässig war.
7.2 Schwangerschaft
Bereits im letzten Jahresbericht hatte ich aufgrund einer
Vielzahl von Eingaben auf die Probleme im Umgang mit
schwangeren Soldatinnen hingewiesen. In Übereinstimmung
mit dem Bundesministerium der Verteidigung
wurde als Ursache dafür vor allem der Umstand benannt,
dass die Fülle an Vorschriften zum Mutterschutz für den
einzelnen Vorgesetzten schwer zu überblicken sei und es
in Folge dessen häufig zu Unklarheiten und Problemen
bei der Rechtsanwendung komme. So war es auch in einer
in diesem Jahr an mich gerichteten Eingabe.
Nachdem die Petentin ihren Disziplinarvorgesetzten von
ihrer Schwangerschaft unterrichtet hatte, wurde ihr Arbeitsplatz
zwar grundsätzlich als „für eine Schwangere
geeignet“ begutachtet. Darüber hinaus hätte jedoch der
Arbeitsplatz der Soldatin einer Gefährdungsbeurteilung
unter Hinzuziehung der Unfallvertrauensperson/Fachkraft
für Arbeitssicherheit unterzogen werden müssen,
was unterblieb. Ferner hatte man es versäumt, die
Schwangerschaft bei der Aufsichtsbehörde bekannt zu
geben. Die Unwissenheit des zuständigen Vorgesetzten
wurde in dem betroffenen Bataillon zum Anlass genommen,
eine Weiterbildungsmaßnahme zum Thema „Gesetzlicher
Mutterschutz“ durchzuführen.
Ungeachtet dieses Einzelfalles bedauere ich es sehr, dass
die vom Bundesministerium der Verteidigung für das Berichtsjahr
2009 angekündigte Maßnahme, die bestehenden
Vorschriften zur besseren Verständlichkeit im „Handbuch
zur Vereinbarkeit von Familie und Dienst“
(Allgemeiner Umdruck 1/500) als Leitfaden in Form eines
Überblicks zum Verfahren und zur Weisungslage bezüglich
des Umgangs mit schwangeren Soldatinnen aufzunehmen,
erst im Januar 2010 umgesetzt wurde.
Anders als der oben beschriebene, auf Unkenntnis der
Rechtsvorschriften beruhende Fall war die folgende Eingabe
einer Soldatin gelagert. Das Verhalten ihres Vorgesetzten
war von einer generellen Ablehnung gegenüber
weiblichen Soldaten geprägt und verschlimmerte sich
noch, als feststand, dass die Petentin schwanger war. Der
betroffene Vorgesetzte im Rang eines Offiziers äußerte
beispielsweise gegenüber einem Kameraden, dass die
Soldatin nur schwanger geworden sei, um nicht in den
Auslandseinsatz zu müssen, was nunmehr andere Offiziere
„auszubaden“ hätten. Hinzu kam, dass die Spannungen
zwischen der Petentin und dem Offizier durch weitere
Vorgesetzte wahrgenommen wurden, ohne dass diese
darauf reagierten. Gegen den Offizier wurde ein strenger
Verweis verhängt. Ferner fand durch den zuständigen
Kommandeur eine Unterrichtung der Offiziere seiner
Einheit zum Thema „Mobbing“ und zu einer zweckmäßigen
sowie zielführenden Vorgehensweise in einem solchen
Fall statt.


Drucksache 17/900 – 42 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
7.3 Militärische Gleichstellungsbeauftragte
2009 fand die Neuwahl der Gleichstellungsbeauftragten
statt. Das möchte ich zum Anlass nehmen, mich bei den
bisherigen Amtsinhaberinnen für die engagierte und vertrauensvolle
Zusammenarbeit zu bedanken. Die erste Militärische
Gleichstellungsbeauftragte beim Bundesministerium
der Verteidigung, Frau Hauptbootsmann Daniela
Klante, versah ihre Aufgabe mit außerordentlich großem
Engagement. Dafür sage ich meinen ganz persönlichen
Dank und wünsche ihr sowie allen bisherigen Amtsinhaberinnen
alles Gute und weiterhin viel Erfolg in der Bundeswehr.
Nach meiner eigenen Erfahrung leisten die Gleichstellungsbeauftragten
durch Beratung und Hilfestellung in
gleichstellungsrelevanten Fragen einen substanziellen
Beitrag zur Förderung der Gleichstellung in der Bundeswehr.
Bei Gesprächen mit ihnen habe ich immer wieder
festgestellt, dass sie großes Vertrauen genießen. Gerade in
Konflikten und Auseinandersetzungen mit Vorgesetzten
nehmen sie regelmäßig eine Vermittlerrolle ein. Darüber
hinaus werden sie beispielsweise häufig bei Problemen
im Zusammenhang mit Versetzungen oder Verwendungsplanungen
aktiv und beraten in allen Fragen, die die Vereinbarkeit
von Familie und Dienst betreffen.
Nicht selten waren in Stellungnahmen der Gleichstellungsbeauftragten
die entscheidenden Hinweise für die
Beurteilung einer Eingabe enthalten und mit ihrer Hilfe
konnte Petenten schnell und unbürokratisch geholfen
werden. Den neu Gewählten und ihren Stellvertreterinnen
wünsche ich viel Erfolg bei ihrer Arbeit und der Umsetzung
ihrer Ziele. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit
mit ihnen und möchte stellvertretend die militärische
Gleichstellungsbeauftragte beim Bundesministerium der
Verteidigung, Frau Oberleutnant Mona Stuber, nennen.
Leider ist das von mir im letzten Jahresbericht angesprochene
Problem der unzureichenden personellen Unterstützung
der Gleichstellungsbeauftragten noch nicht
abschließend gelöst. Ich freue mich, dass die Arbeit der
Gleichstellungsbeauftragten im Kommando der 4. Luftwaffendivision
Unterstützung erfährt. Auch wurde in der
Stammdienststelle der Bundeswehr ein Dienstposten
„Stabsunteroffizier/Unteroffizier – Unterstützungspersonal
für GleiBmil SDBw“ eingerichtet Damit besteht allerdings
nur eine administrative und keine fachspezifische
Unterstützung. Der Dienstposten soll 2010 im Zuge der
nächsten STAN-Erörterungen erneut begutachtet werden.
Ich hoffe, dass dabei der umfangreichen Arbeit der
Gleichstellungsbeauftragten in der Stammdienststelle der
Bundeswehr Rechnung getragen und entsprechend fachkundiges
Unterstützungspersonal zur Verfügung gestellt
wird.
Nach wie vor kritisch sehe ich die Lage im Sanitätsdienst,
wo es aufgrund der hohen Frauenquote zu einer vermehrten
Inanspruchnahme der Gleichstellungsbeauftragten
kommt. Im Sanitätsführungskommando beispielsweise
beschränkt sich die Unterstützung auf ablauforganisatorische
Regelungen. Das hat zur Folge, dass die Gleichstellungsbeauftragte
gezwungen ist, auf unterschiedliche
zivile oder militärische Angehörige des Stabes zurückzugreifen.
Durch diese fortlaufende Diskontinuität des Unterstützungspersonals
wird ihre Arbeit, die ein hohes Maß
an Vertrauen zwischen Soldatinnen oder Soldaten und der
Gleichstellungsbeauftragten erfordert, außerordentlich erschwert.
8 Vereinbarkeit von Familie und Dienst
Bereits im Jahr 2007 hat der Generalinspekteur der Bundeswehr
die Teilkonzeption Vereinbarkeit von Familie
und Dienst in Kraft gesetzt. Sie bildet die konzeptionelle
Grundlage für die Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie
und Dienst. Seither wird an ihrer Umsetzung gearbeitet.
Einige Ansätze haben bereits Niederschlag in geänderten
Vorschriften und Pilotprojekten gefunden.
Dennoch stiegen die Eingaben zu diesem Thema im Berichtsjahr
erneut an. Offenbar sehen viele Soldatinnen
und Soldaten noch keine spürbaren Erleichterungen. Der
Unmut wird zum Beispiel in der Äußerung eines Petenten
deutlich, dass „Familienzusammenführung in der Bundeswehr
noch nicht so gefördert wird, wie dies in den
Medien immer angepriesen werde“. Auch der Begriff
„Alibi-Projekt“ in Bezug auf die Teilkonzeption war zu
lesen.
Die Durchführung und Umsetzung der Pilotprojekte verfolge
ich aufmerksam. Auffallend ist, dass sie überwiegend
unter der Prämisse stehen, keine zusätzlichen Haushaltsmittel
aus dem Einzelplan 14 aufzuwenden. Ich habe
Zweifel, dass substantielle und nachhaltige Verbesserungen
kostenneutral realisierbar sind. Es wäre erfreulich,
wenn die nach der letzten Bundestagswahl von der neuen
Koalition getroffenen Vereinbarungen für ein Maßnahmenpaket
zur Steigerung der Attraktivität des Dienstes in
der Bundeswehr und für Verbesserungen der Vereinbarkeit
von Familie und Dienst sowie für die Schaffung von
Kinderbetreuungsmöglichkeiten finanzielle Spielräume
öffnen würden.
Die Teilkonzeption formuliert unter anderem klare Forderungen
im Hinblick auf eine „familienorientierte Personalführung“.
Dies ist sehr zu begrüßen, denn vor allem
die langfristige Planbarkeit erleichtert Soldatenfamilien
ihre Lebensgestaltung und führt zur Berufszufriedenheit.
Der Stellenwert einer intakten familiären Bindung für die
Motivation zur Erfüllung des dienstlichen Auftrages kann
nicht oft genug erwähnt werden. Derzeit wird in ausgewählten
personalbearbeitenden Stellen mit 1 200 Offizieren
ein Pilotprojekt zum Personalmanagement durchgeführt.
Gemeinsam versuchen Personalführung und
Betroffene Zielvorstellungen zu entwickeln, die die Verwendungswünsche
im Hinblick auf eine möglichst langfristige
individuelle Planungsperspektive mit den Erfordernissen
des militärischen Personalmanagements soweit
wie möglich in Einklang bringen. Die Zielvorstellungen
werden schriftlich festgehalten und periodisch aktualisiert.
Unteroffiziere sind vorerst nicht einbezogen, weil
sie in der Regel länger auf einem Dienstposten und an einem
Standort verwendet werden. Ende 2010 wird es erste
Erkenntnisse zu dem Projekt geben.


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 43 – Drucksache 17/900
Bereits jetzt sind Vorgesetzte und Personalführung in den
Zentralen Dienstvorschriften 10/1 und 20/1 ausdrücklich
aufgefordert, auf familiäre und partnerschaftliche Belange
der Soldatinnen und Soldaten bei der Umsetzung
dienstlicher Erfordernisse Rücksicht zu nehmen. Entscheidend
ist, dass dabei Ermessensspielräume erkannt
und genutzt werden.
Dazu ein positives Beispiel:
Ein Kompaniechef stellte einen Stabsunteroffizier, der für
den Auslandeinsatz vorgesehen war, dem aber wegen der
unregelmäßigen Arbeitszeiten seiner Ehefrau ein bedeutender
Teil der Betreuung der zweijährigen Tochter oblag,
auf den letzten Platz des „Sicherheitszuschlages“ für ein
Einsatzkontingent. Damit war eine Teilnahme am Auslandseinsatz
für den Soldaten äußerst unwahrscheinlich.
Das Bundesministerium der Verteidigung selbst hat den
Anspruch, familienfreundliche Strukturen aufzuweisen
und nimmt am Zertifizierungsverfahren des „audit berufundfamilie“
teil. Die Zertifizierung liegt vor und soll im
Sommer 2010 offiziell erteilt werden. Damit ist dokumentiert,
dass sich das Ministerium Ziele zur Weiterentwicklung
familienfreundlicher Angebote in den Bereichen
Arbeitszeit, Arbeitsplatz, Führungskompetenz und
Personalentwicklung gesetzt hat. Da das Verfahren alle
drei Jahre wiederholt wird, ist eine kontinuierliche Überprüfung
und Weiterentwicklung sichergestellt. Gut wäre
es, wenn das Zertifizierungsverfahren auf die gesamten
Streitkräfte ausgeweitet würde.
8.1 Kinderbetreuung
Angesichts häufiger Versetzungen, Kommandierungen,
Auslandseinsätze und vielfältiger sonstiger dienstlicher
Verpflichtungen ist die Kinderbetreuung für viele Soldatinnen
und Soldaten das wichtigste Thema im Hinblick
auf die Vereinbarkeit von Familie und Dienst. Über
30 000 Kinder im Alter bis zu sechs Jahren leben in Soldatenfamilien.
Die Probleme, mit denen sich die Soldatinnen und Soldaten
im Zusammenhang mit Fragen der Kinderbetreuung
an mich wandten, betrafen vor allem unzureichende Kinderbetreuungsmöglichkeiten
am Standort. Um mir ein
persönliches Bild von der Situation vor Ort zu machen,
habe ich im vergangenen Jahr verschiedene Kinderbetreuungseinrichtungen
innerhalb und außerhalb der Bundeswehr
besucht. Neben der Betreuung selbst war auch
die Frage der Übernahme zusätzlicher Betreuungskosten
während eines Lehrgangs Gegenstand zahlreicher Eingaben
und Gespräche. Darüber hinaus wurde auf Schwierigkeiten
bei der Kinderbetreuung während eines Auslandseinsatzes
hingewiesen.
Die Schaffung von Kinderbetreuungsplätzen ist Aufgabe
der Länder und Kommunen. Die entsprechenden Einrichtungen
sind auch von Bundeswehrangehörigen zu nutzen.
Mehr als andere Familien sind Soldatenfamilien aber auf
flexible Anmeldefristen, erweiterte Öffnungszeiten und
„gemeindefremde“ Kinderbetreuung angewiesen.
Um diese Schwierigkeiten anzugehen und insgesamt die
Betreuungssituation für die Kinder von Bundeswehrangehörigen
zu verbessern, wurde in den vergangenen beiden
Jahren im Auftrag des Bundesministeriums der Verteidigung
von der Gesellschaft für Entwicklung, Beschaffung
und Betrieb mbH (g.e.b.b.) ein Pilotprojekt zur Realisierung
von Kinderbetreuungslösungen durchgeführt, das
ich bereits in meinem letzten Jahresbericht angesprochen
hatte. An zehn ausgewählten Standorten wurde eine Bedarfsanalyse
erstellt. Im Berichtsjahr konnten so zum
Beispiel am Standort Seedorf 40 und am Standort Westerstede
zwölf Belegplätze in Kindertageseinrichtungen
neu geschaffen werden.
Nach den bisherigen Erfahrungen aus dem Projekt zeichnet
sich unter anderem bei den Bundeswehrkrankenhäusern
und Universitäten der Bundeswehr ein größerer Betreuungsbedarf
ab. Für die Universität der Bundeswehr
München etwa wurde ein dauerhaft gesicherter Bedarf für
eine Krippe mit 36 Plätzen festgestellt. Da Belegrechte in
anliegenden Kindergärten nach Einschätzung der Projektverantwortlichen
nicht realisierbar sind, wird die Errichtung
eines Betriebskindergartens erwogen und geprüft, ob
eine Betreiber- oder eine Eigenlösung wirtschaftlicher ist.
Darüber hinaus finden momentan an mehr als 30 Standorten
Bedarfserhebungen statt. Positiv ist anzumerken,
dass im Zuge der Projektphase über 9 000 bereits bestehende
Belegrechte an 150 Standorten und 350 Betreuungseinrichtungen
„wieder entdeckt“ wurden. Diese können
nun über die Sozialdienste abgefragt werden.
Die Erkenntnisse aus dem Pilotprojekt sind im vorläufigen
„Leitfaden Kinderbetreuung – Empfehlungen zur
Vorgehensweise am Standort“ gebündelt, der als Anlage 6
des Allgemeinen Umdrucks 1/500 veröffentlicht ist.
Diese Anleitung soll es jedem Standort ermöglichen, für
sich eine bedarfsgerechte Kinderbetreuung zu realisieren.
Der Leitfaden betont, dass Lösungen den Vorrang erhalten,
die keinen Einsatz von Haushaltsmitteln aus dem
Einzelplan 14 erfordern. Andere Maßnahmen sollen nur
ausnahmsweise und unter der Voraussetzung des Nachweises
der Wirtschaftlichkeit in Betracht kommen. Außerdem
sieht der Leitfaden vor, dass die Standortältesten
für die Prüfung sowie Einleitung von Maßnahmen zur
Deckung des anfallenden Kinderbetreuungsbedarfs verantwortlich
sind. Auch wenn das Streitkräfteamt und die
g.e.b.b. beratend unterstützen und Kommandeurinnen
und Kommandeure sowie Dienststellenleiterinnen und
Dienststellenleiter einzubeziehen sind, wird voraussichtlich
deutliche Mehrarbeit auf die Standorte zukommen.
Ein besonderes Augenmerk wird deshalb darauf zu legen
sein, ob dies mit der vorhandenen Personalstruktur zu
leisten ist.
Besondere Engpässe in der Kinderbetreuung können
auftreten, wenn sich ein Elternteil im Auslandseinsatz befindet.
In einem solchen Fall besteht grundsätzlich die
Möglichkeit, sich an das zuständige Familienbetreuungszentrum
(FBZ) zu wenden. Eine solide Finanzausstattung
der FBZ für diesen Zweck ist absolut notwendig.


Drucksache 17/900 – 44 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Hervorheben möchte ich das am 29. April 2009 frei geschaltete
Kinderbetreuungsportal, das im Intranet der
Bundeswehr und erfreulicherweise nun auch im geschützten
Zugriff über das Internet für neun Pilotstandorte verfügbar
ist. Es bietet zahlreiche Informationen, Links und
Dokumente zum Download rund um das Thema Kinderbetreuung
sowie einen Live-Chat zum direkten Austausch.
Unter Eingabe unterschiedlicher Kriterien kann
nach einer geeigneten Kinderbetreuungsmöglichkeit an
den Pilotstandorten gesucht werden. Aufgeführt sind
auch Ansprechpartner für die noch nicht im Projekt erfassten
Standorte. Die Angebote unterliegen einer ständigen
Weiterentwicklung, wobei der Informationsbedarf
und die Änderungswünsche einbezogen werden sollen.
Ich empfehle den Soldatinnen und Soldaten, durch reges
Feedback die Chance zu nutzen, das Portal ihren Wünschen
entsprechend bedarfsgerecht auszubauen. Bis Ende
2010 soll darüber entschieden werden, ob es bundeswehrweit
eingesetzt wird. Im Sinne der Familien hoffe ich,
dass dies der Fall sein wird und dass, wie angekündigt, ab
dem Jahr 2011 jeder Standort eine Aufnahme in dieses
Portal beantragen kann.
An dieser Stelle möchte ich mich für den Erkenntnisgewinn
zu der geschilderten Thematik aus den verschiedenen
Begegnungen mit den Mitarbeitern der g.e.b.b.,
insbesondere dem Mitglied der Geschäftsleitung, Generalmajor
Gertmann Sude, herzlich bedanken. Die bisher
geleistete Arbeit zur Ausweitung des Kinderbetreuungsangebots
verdient Anerkennung. Sie sollte weitergeführt
und die daraus resultierenden guten Vorschläge sollten
umgesetzt und vor allem mit der notwendigen haushaltsmäßigen
Ausstattung versehen werden.
Nach wie vor läuft an 36 Bundeswehrstandorten das
Pilotprojekt der Eltern-Kind-Arbeitszimmer. In dem mit
einem Computerarbeitsplatz ausgestatteten Arbeitszimmer
mit angebundenem Kinderspielzimmer haben Eltern
die Möglichkeit, ihre Kinder im Alter von sechs Monaten
bis 18 Jahren vor Ort zu betreuen. An bis zu 20 Tagen pro
Jahr sollen so besondere Notsituationen aufgefangen werden.
In Ausnahmefällen können auch längere Betreuungszeiten
zugelassen werden. Nach den bisherigen Erfahrungen
wird die Einrichtung mit unterschiedlicher
Auslastung gut angenommen. Die Evaluation nach Abschluss
der Pilotphase wird Aufschluss über eine Ausweitung
auf andere Standorte und die dauerhafte Einführung
der Eltern-Kind-Arbeitszimmer geben. Leider stehen bisher
dafür keine gesonderten Haushaltsmittel zur Verfügung.
Die Zimmer werden mit bis zu 1 000 Euro aus dem
Zentralen Betreuungsfonds finanziert.
Die im Vorjahr angesprochene Problematik der Erstattung
von zusätzlichen Kosten für eine Kinderbetreuung, die
anfallen, wenn Lehrgänge und Fortbildungsmaßnahmen
nicht am Dienstort stattfinden, ist bedauerlicherweise
nach wie vor nicht geklärt. Vor dem Hintergrund, dass das
gesamte Berufsleben der Soldatinnen und Soldaten von
Aus-, Fort- und Weiterbildung geprägt und die Zahl der
Veranstaltungen entsprechend hoch ist, hat das Bundesministerium
der Verteidigung eine intensive Ermittlung
der voraussichtlich anfallenden Folgekosten für erforderlich
erachtet. In einer bis zum 31. März 2010 angelegten
Fragebogenaktion werden die Soldatinnen und Soldaten
mit ausbildungsbedingtem zusätzlichen Kinderbetreuungsbedarf
über die entstandenen Kosten befragt. Nach
Auswertung der Fragebogenaktion durch das Sozialwissenschaftliche
Institut der Bundeswehr soll entschieden
werden, ob und in welchem Umfang eine gesetzliche
Grundlage für die Erstattung von Betreuungskosten im
Rahmen von Aus-, Fort-, und Weiterbildungsmaßnahmen
im Sinne von § 10 Soldatinnen- und Soldatengleichstellungsgesetz
geschaffen wird. Die Fragebogenaktion legt
den Schluss nahe, dass auch hier letztlich die Kostenfrage
darüber entscheiden wird, ob die Soldatinnen- und Soldaten
mit Erleichterungen rechnen können. Es ist nachvollziehbar,
wenn eine Soldatin Unverständnis zeigt, dass die
Zivilbeschäftigten der Bundeswehr auf der Grundlage des
Bundesgleichstellungsgesetzes (BGleiG) in begründeten
Einzelfällen Kinderbetreuungsausgaben im Rahmen von
Fortbildungsmaßnahmen erstattet bekommen, während es
für Soldatinnen und Soldaten keine entsprechende Regelung
gibt.
8.2 Elternzeit
Elternzeit wird von Soldatinnen und Soldaten verstärkt in
Anspruch genommen. Die dadurch bedingten Vakanzen
müssen kompensiert werden. Hiervon ist besonders der
Sanitätsdienst aufgrund seines hohen Frauenanteils betroffen.
Bisher ist eine Ersatzregelung nur möglich, wenn die Elternzeit
mindestens zwölf Monate umfasst. Das Bundesministerium
der Verteidigung hat angekündigt, die Mindestzeit auf
sechs Monate zu reduzieren und das Bundesministerium
der Finanzen aufgefordert, entsprechende Änderungen in
das Haushaltsgesetz 2010 einzubringen. Eine rasche Umsetzung
wäre notwendig, um die Mehrbelastungen für die
Kameraden und Kameradinnen der Soldatinnen und Soldaten
in Elternzeit zu verringern. Damit einher geht die
Notwendigkeit, entsprechend ausgebildetes Personal für
die Vertretungen verfügbar zu haben. Die Personalführung
ist gefordert, die zur Kompensation elternzeitbedingter
Vakanzen angekündigten personellen Maßnahmen
zügig umzusetzen und im erforderlichen Umfang das
notwendige Ersatzpersonal zu beschäftigen. Den durch
das Bundesministerium der Verteidigung aufgezeigten
Weg, zum Beispiel die Verpflichtungs- oder Dienstzeit regional
verfügbaren Personals mit entsprechender Qualifikation
zu verlängern, Zeitverträge für ehemalige Soldaten
auf Zeit oder sonstige Seiteneinsteiger für die Dauer der
Vakanzen anzubieten beziehungsweise vermehrt Reservisten
einzusetzen, halte ich für praktikabel. Er ermöglicht
kurzfristige flexible Lösungen.
Als weitere Option plant das Bundesministerium der Verteidigung
mehr Flexibilität bei der Teilzeitbeschäftigung,
die anstelle von Elternzeit in Anspruch genommen werden
kann. Ein Gesetzgebungsverfahren zur Änderung von
§ 30a Soldatengesetz mit dem Ziel, Teilzeitbeschäftigung
während des Anspruchszeitraums auf Elternzeit mit weniger
als der bisher erforderlichen Hälfte der RahmenDeutscher
Bundestag – 17. Wahlperiode – 45 – Drucksache 17/900
dienstzeit zu ermöglichen, wird voraussichtlich Anfang
des Jahres 2010 angestoßen.
Für Soldatinnen und Soldaten, die Elternzeit beantragen,
ist die rechtzeitige Bearbeitung ihrer Anträge von immenser
Bedeutung.
Hierzu ein Beispiel:
Eine durch mehrere Stellen über Wochen verzögerte Bearbeitung
des Antrages eines Hauptfeldwebels auf Elternzeit
führte dazu, dass er seinen Jahresurlaub einbringen
musste, um seine neugeborenen Zwillinge betreuen zu
können. Auch einen Anspruch auf Bezug von Elterngeld
konnte er ohne die Bewilligung der Elternzeit nicht geltend
machen.
Möglichst frühzeitige Rechtssicherheit ist außerdem bei
der Festsetzung von Dienstzeitverlängerungen im Zusammenhang
mit der Elternzeit wünschenswert. Zeitsoldaten
und -soldatinnen, die ein Studium oder eine Fachausbildung
von mehr als sechs Monaten durchgeführt haben,
müssen die Elternzeit grundsätzlich nachdienen. Den Bescheid
über eine entsprechende Dienstzeitverlängerung
erhielt eine Soldatin erst, als sie sich bereits im Berufsförderungsdienst
befand. Der Fall wurde vom Bundesministerium
der Verteidigung zum Anlass genommen, zu prüfen,
ob künftig bereits im Bescheid über die Gewährung
der Elternzeit die Entscheidung darüber getroffen werden
kann, ob die Voraussetzungen des Nachdienens vorliegen.
Damit wäre die erforderliche Planungssicherheit für die
Soldatinnen und Soldaten gegeben.
9 Sexuelle Straftaten, Diskriminierung und
Belästigung
Auch 2009 erreichten mich Eingaben zu Fehlverhalten
und Straftaten mit sexuellem Hintergrund. Hierzu zählen
nicht nur Straftaten gegen das Rechtsgut der sexuellen
Selbstbestimmung, sondern auch sexuell motivierte Belästigungen
oder Diskriminierungen.
Ein Beispiel für einen sexuell motivierten und diskriminierenden
tätlichen Übergriff im Dienst zeigt folgender
Sachverhalt:
Ein Oberfeldwebel fasste den Nacken einer ihm unterstellten
Kameradin gegen deren Willen und zog ihren
Kopf anschließend grinsend in Richtung seines Genitalbereichs.
Anschließend bezeichnete er die Soldatin
anderen Kameraden gegenüber abfällig mit den Worten:
„… auch so ein Miststück.“ Gegen den Soldaten wurde
ein gerichtliches Disziplinarverfahren eingeleitet. Darüber
hinaus wurde er für sein Verhalten auch strafrechtlich
zur Verantwortung gezogen.
Ein Beispiel für sexuelle Diskriminierung allein durch
verbale Äußerungen stellt folgender Fall dar:
Bei einer Besprechung in Gegenwart von Untergebenen
sagte ein Hauptfeldwebel über einen nicht anwesenden
weiblichen Oberfeldwebel: „… seit wann richte ich mich
nach ihr, die hat ja einen Schlitz.“ Derselbe Hauptfeldwebel
äußerte sich bei einem Dienstgang, bei dem ein Fahrzeug
aus einer Werkstatt abzuholen war, gegenüber Mitarbeitern
eines Autohauses und in Gegenwart eines
Unteroffiziers über einen weiblichen, abwesenden Stabsunteroffizier:
„Zur Belohnung könnte mir die Alte aus
dem Gezi einen blasen.“
In beiden Fällen handelt es sich um sexistische, verachtende
und abwertende Äußerungen über Kameradinnen.
Erschwerend kam hinzu, dass sie in Anwesenheit von
Dienstgradniedrigeren erfolgten, so dass der Eindruck
entstehen konnte, es sei zulässig, sich verachtend über
Kameradinnen zu äußern. Das Verhalten des Hauptfeldwebels
wurde mit einer Disziplinarbuße geahndet. Zudem
wurde er versetzt.
In einem anderen Fall wurde die Intimssphäre einer Kameradin
in eklatanter Weise verletzt:
Ein Fähnrich wandte sich gegen seine Entlassung, die mit
seiner mangelnden Eignung zum Offizier der Bundeswehr
begründet wurde. Der Fähnrich war in unberechtigter
Weise an Handyfotos einer Offizieranwärterin gelangt,
die diese bei sexuellen Handlungen mit ihrem Freund
zeigten. Diese Aufnahmen leitete er anschließend – ohne
Wissen und Zustimmung der Offizieranwärterin – an andere
Kameraden weiter. Gegen den Fähnrich wurde eine
Disziplinarbuße verhängt. Seine Klage gegen die Entlassung
wurde rechtskräftig abgewiesen.
Über diese Fälle hinaus hat mir das Bundesministerium
der Verteidigung 83 dienstliche Meldungen über strafrechtlich
relevante Verstöße von Soldaten gegen das
Rechtsgut der sexuellen Selbstbestimmung übermittelt.
20 Fälle davon gehören in den Bereich Verbreitung, Erwerb
und Besitz kinderpornographischer Schriften
(§ 184b StGB). In der überwiegenden Anzahl dieser Fälle
hatten die Soldaten Bilddateien oder Videos mit entsprechenden
Darstellungen auf ihre privaten Laptops, Handys
oder Multimedia-Player heruntergeladen und diese in der
Kaserne betrachtet. In wenigen Fällen wurden hierfür
auch Dienstcomputer beziehungsweise -server genutzt.
Eine Reihe dieser Straftaten, die grundsätzlich die Entlassung
der überwiegend länger dienenden Soldaten zur
Folge hatten, konnten aufgedeckt werden, weil sie von
Kameradinnen und Kameraden entdeckt und den Vorgesetzten
gemeldet wurden. Dieses couragierte Vorgehen
verdient Anerkennung.
Allen Verletzungen des Rechtsguts der sexuellen Selbstbestimmung,
jeder sexuellen Belästigung und Diskriminierung
sowie jeder Verletzung der Intimssphäre muss
mit allen zu Gebote stehenden Mitteln entgegengetreten
werden. Das geschieht auch, wie die Beispiele zeigen.
In diesem Berichtsjahr erreichten mich erneut einige Eingaben,
in denen die Diskriminierung einer Soldatin oder
eines Soldaten wegen deren homosexuellen Orientierung
eine Rolle spielte. Auch wenn nach nunmehr geltender
Rechtslage jede Benachteiligung von homosexuellen Soldatinnen
und Soldaten untersagt ist, kann eine faktische
Benachteiligung nicht absolut ausgeschlossen werden.
Vor diesem Hintergrund kann nicht oft genug angemahnt
werden, Benachteiligungen, diskriminierendes Verhalten
oder unangemessenen Umgang Vorgesetzten zu melden.
Der offene aber sensible Umgang mit eventuellen Problemen,
die sich im Zusammenhang mit der Homosexualität


Drucksache 17/900 – 46 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
einer unterstellten Soldatin oder eines Soldaten ergeben
können, sollte für Vorgesetzte selbstverständlich sein. In
diesem Zusammenhang halte ich es allerdings auch für
erforderlich, Vorgesetzten Hilfestellung zu leisten und ihnen
Wege aufzuzeigen, wie sie mit dem Thema souverän
umgehen können. Nur so wird es auf Dauer möglich sein,
ein Klima des kameradschaftlichen Umgangs, der Toleranz
und der gebotenen Zurückhaltung zu schaffen. Dank
möchte ich an dieser Stelle dem Arbeitskreis Homosexueller
Angehöriger der Bundeswehr (AHsAB e.V.) sagen,
der durch seine engagierte Arbeit eine wichtige
Stütze für homosexuelle Soldatinnen und Soldaten ist.
10 Wehrpflicht
Die Debatte um die Wehrgerechtigkeit und die Zukunft
der Wehrpflicht wurde im Berichtsjahr unverändert weitergeführt.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) verwarf
eine Vorlage des Verwaltungsgerichts Köln zur Verfassungswidrigkeit
der derzeitigen Einberufungspraxis
als unzulässig. Es bestätigte damit die Rechtsprechung
des Bundesverwaltungsgerichts, nach der das Gebot der
Wehrgerechtigkeit bereits dann erfüllt ist, wenn der weitaus
überwiegende Teil aller verfügbaren jungen Männer
zum Grundwehrdienst einberufen wird. Auf dieser Basis
ergab sich in den Jahren 2000 bis 2009 eine durchschnittliche
Ausschöpfungsquote von 82,8 Prozent.
Die Wehrpflicht war auch Inhalt der Koalitionsverhandlungen.
Nach Einschätzung der Koalitionsparteien hat
sich die Wehrpflicht bewährt, wenngleich es in der Koalition
unterschiedliche Auffassungen über die langfristige
Beibehaltung der Wehrpflicht gibt. Vor dem Hintergrund
der veränderten sicherheitspolitischen Lage, des Auftrages
und des Aufgabenspektrums der Bundeswehr soll die
Dauer der Wehrpflicht allerdings auf sechs Monate reduziert
werden. Mit der Verkürzung des Wehrdienstes wird
die Zahl der Einberufungen steigen und damit die Wehrgerechtigkeit
erhöht. Offen ist, wie der verkürzte Wehrdienst
ausgestaltet werden soll. Aus meiner Sicht muss
eine optimale Ausbildung mit einer vernünftig und sinnstiftend
ausgelegten Dienstzeit im Mittelpunkt stehen.
Die Arbeiten der vorgesehenen Kommission, die einen
Vorschlag für die Eckpunkte einer neuen Organisationsstruktur
erarbeiten soll, werden innerhalb und außerhalb
der Bundeswehr mit größter Aufmerksamkeit verfolgt.
Mehrfach wurde im Berichtsjahr von Wehrpflichtigen
Kritik an Genitaluntersuchungen im Rahmen der Musterung
geäußert. Kern der Kritik war, dass die Untersuchungen
zunehmend von Ärztinnen bei gleichzeitiger Anwesenheit
weiblichen Assistenzpersonals durchgeführt
werden und die Wehrpflichtigen dadurch in ihrem
Schamgefühl verletzt würden. Grundsätzlich ist festzustellen,
dass die Ganzkörperuntersuchung zur Prüfung der
Wehr- und Dienstfähigkeit zwingend erforderlich ist. Das
Berufsethos der Ärztinnen und Ärzte sieht „geschlechtliche
Neutralität“ vor, sie ist ein wesentlicher Faktor der
Professionalität. Im Übrigen sind die Ärztinnen und Assistentinnen
in Bezug auf diese Thematik in hohem Maße
sensibilisiert. Ihnen pauschal mangelndes Taktgefühl
oder gar sexuelle Motive zu unterstellen, ist deshalb absolut
ungerechtfertigt. Ungeachtet dessen kann im Einzelfall
nicht ausgeschlossen werden, dass sich ein Wehrpflichtiger
so sehr schämt, dass ihm die Untersuchung
nicht möglich erscheint. In diesem Fall, so hat mir das
Bundesministerium der Verteidigung versichert, wird er
auch nicht zu der musterungsärztlichen Untersuchung der
Genitalien gezwungen. Wünscht er eine Untersuchung
durch eine gleichgeschlechtliche ärztliche Person, wird
diese im Rahmen der personellen Kapazitäten des Kreiswehrersatzamtes
ermöglicht. Steht eine solche nicht zur
Verfügung, wird dem Wehrpflichtigen eine Untersuchung
der Genitalorgane durch eine in ziviler Praxis niedergelassene
ärztliche Person angeboten. Hierzu erhält er eine
Überweisung. Ich rege an, auf diese Möglichkeit im
Merkblatt zu den Musterungsunterlagen hinzuweisen.
Probleme im Zusammenhang mit der Ableistung der
Wehrpflicht treten mitunter bei Wehrpflichtigen mit doppelter
Staatsangehörigkeit auf. Sie müssen in Deutschland
Wehrdienst leisten, es sei denn bilaterale Abkommen
mit dem zweiten Heimatstaat eröffnen ihnen ein Wahlrecht.
So ist es im Verhältnis zu Dänemark. Ist ein deutscher
Wehrpflichtiger zugleich dänischer Staatsbürger,
kann er bis zur Vollendung des 19. Lebensjahr wählen, in
welchem Land er Wehrdienst leisten will. Die Kreiswehrersatzämter
sind verpflichtet, im Rahmen der Musterung
über dieses Wahlrecht zu informieren. In zwei mir bekannt
gewordenen Fällen ist das nicht geschehen.
Im ersten Fall wurde es schlichtweg versäumt, einem
18jährigen Wehrpflichtigen bei der Musterung ein entsprechendes
Merkblatt auszuhändigen. Im zweiten Fall
wurde auf die Aushändigung des Merkblattes verzichtet,
weil der Wehrpflichtige das 19. Lebensjahr bereits überschritten
hatte und das Wahlrecht deshalb bereits verfristet
war. Beide Fälle wurden auffällig, als die jungen Männer,
die ihren Wehrdienst in Dänemark ableisten wollten,
von den deutschen Wehrersatzbehörden angeschrieben
wurden. Aufgrund der besonderen Umstände der jeweiligen
Fälle verzichteten die zuständigen Kreiswehrersatzämter
auf eine Einberufung in Deutschland und ermöglichten
den Betroffenen damit die Ableistung der
Wehrpflicht in Dänemark. Außerdem hat das Bundesamt
für Wehrverwaltung diese Fälle zum Anlass genommen,
die Wehrersatzbehörden anzuweisen, Wehrpflichtigen,
die im Fragebogen zur Musterungsvorbereitung angeben,
eine doppelte Staatsangehörigkeit zu haben, künftig nach
Rücksendung des Bogens stets das entsprechende Merkblatt
zu übersenden.
10.1 Vorzeitige Entlassung aus dem
Wehrdienst
Im Berichtsjahr haben mich zahlreiche Eingaben erreicht,
in denen Wehrdienstleistende eine vorzeitige Entlassung
aus dem Grundwehrdienst begehrten. Soweit sie hierfür
keine gesundheitlichen Gründe geltend machten, begründeten
sie ihr Anliegen in der Regel mit ihrer Ausbildungssituation
beziehungsweise einem zugesicherten
oder in Aussicht gestellten Ausbildungsplatz. In wenigen
Fällen wurde dem Wunsch der Petenten, aus AusbilDeutscher
Bundestag – 17. Wahlperiode – 47 – Drucksache 17/900
dungsgründen vorzeitig aus dem Wehrdienst entlassen zu
werden, entsprochen.
So wurde beispielsweise ein Wehrpflichtiger unter Hinweis
auf die Härtefallregelung nach § 29 Absatz 4 Nummer
1 Wehrpflichtgesetz vorzeitig aus dem Wehrdienst
entlassen. Entscheidend war, dass ihm nach vielen vergeblichen
Bemühungen erst nach Antritt des Wehrdienstes
unerwartet ein Ausbildungsplatz angeboten worden
war.
Bei Petenten, die eine vorzeitige Entlassung aus dem
Wehrdienst aus gesundheitlichen Gründen anstrebten,
waren wiederholt Abweichungen zwischen dem Ergebnis
der Musterung und dem Ergebnis der Einstellungsuntersuchung
festzustellen. Dafür gab es unterschiedliche
Gründe. Die Abweichungen sind insbesondere dann kritisch
zu hinterfragen, wenn zwischen Musterung und Einberufung
lediglich ein kurzer Zeitraum liegt. Bedenklich
ist, wenn bei einem größeren Anteil der Wehrpflichtigen
erst im Rahmen der Einstellungsuntersuchung festgestellt
wird, dass sie aus gesundheitlichen Gründen dienstunfähig
sind. So wurde zum Beispiel seitens einer Ausbildungskompanie
beanstandet, dass „ganze Busladungen“
an Rekruten nach ihrer Einberufung ins nächstgelegene
Bundeswehrkrankenhaus gebracht werden mussten, um
dort festzustellen, dass sie aus gesundheitlichen Gründen
nicht hätten einberufen werden dürfen. Grundsätzlich sei
bei vielen Rekruten zu beobachten, dass sie körperlich
nicht belastbar seien; es sei unverständlich, dass diese
Soldaten überhaupt einberufen würden.
Die mangelnde körperliche Leistungsfähigkeit vieler junger
Männer wird auch an folgenden Zahlen deutlich: Von
den 417 300 im Jahr 2009 mit der Vergabe eines Tauglichkeitsgrades
gemusterten jungen Männern wurden
42,7 Prozent als „nicht wehrdienstfähig“, 3,0 Prozent als
„vorübergehend nicht wehrdienstfähig“, 50,8 Prozent als
„wehrdienstfähig mit Einschränkungen für bestimmte Tätigkeiten“
und lediglich 3,4 Prozent als wehrdienstfähig
im Sinne von „voll verwendungsfähig“ eingestuft.
Darüber hinaus ließen die Ermittlungen zu den Eingaben
deutlich werden, dass eine vorzeitige Entlassung aus dem
Wehrdienst aus gesundheitlichen Gründen wiederholt
durch Fehler bei der Bearbeitung der zugrunde liegenden
Personalvorgänge verzögert wurde. So wurde teilweise
der Zeitraum überschritten, innerhalb dessen Wehrpflichtige
gemäß § 29 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Wehrpflichtgesetz
im Wege der so genannten Schnellentlassung vorzeitig
aus dem Wehrdienst entlassen werden können. Die
daraufhin eingeleiteten Verfahren zur Feststellung der
Dienstunfähigkeit zogen sich in der Regel über mehrere
Monate hin. In der Zwischenzeit wurden die Soldaten
häufig in den Status „krank zu Hause“ versetzt und daher
in ihrer Lebensgestaltung und -planung stark eingeschränkt.
Es ist nicht verwunderlich, wenn sie diese Zeit
als verlorene Lebenszeit empfinden. Insofern sollte den
Vorgaben für die Schnellentlassung mehr Beachtung geschenkt
und darauf geachtet werden, die Verfahren zur
Feststellung der Dienstunfähigkeit möglichst zügig
durchzuführen.
Umgekehrt erreichten mich auch Eingaben, in denen
Wehrdienstleistende kritisierten, gegen ihren Willen aus
gesundheitlichen Gründen vorzeitig beziehungsweise vorübergehend
aus dem Dienst in der Bundeswehr entlassen
worden zu sein. Die Gründe für die vorzeitige beziehungsweise
vorübergehende Entlassung waren in den
überprüften Fällen jedoch nicht zu beanstanden. Aus meiner
Sicht hat die Bundeswehr hier fürsorglich und letztlich
im Sinne der Petenten gehandelt.
10.2 Kriegsdienstverweigerung
Auch 2009 erreichten mich Eingaben zur Verweigerung
des Kriegsdienstes. Dieses Recht besteht für jedermann,
der den Kriegsdienst mit der Waffe aus Gewissensgründen
ablehnt (Artikel 4 Absatz 3 Grundgesetz).
Im Jahr 2009 wurden 3 063 Soldatinnen und Soldaten
nach Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer aus dem
Dienst entlassen. Das waren 820 mehr als im Jahr zuvor.
Von den genannten 3 063 Kriegsdienstverweigerern waren
2 876 Grund- oder freiwillig länger Wehrdienst Leistende,
185 Soldatinnen und Soldaten auf Zeit und zwei
Berufssoldaten. Unter den Zeit- und Berufssoldaten, die
den Kriegsdienst mit der Waffe verweigerten, waren
zwölf Frauen, drei weniger als im Vorjahr.
Wehrpflichtige Männer, die sich darauf berufen, müssen
als Kriegsdienstverweigerer anerkannt werden und Zivildienst
ableisten. Wie ich bereits im Jahresbericht 2008 erläutert
habe, kann ich aus rechtsstaatlichen Erwägungen
„Totalverweigerung“ nicht unterstützen. Hinsichtlich der
mir vorliegenden Eingaben sind von dieser Gruppe junger
Männer, die jede Form des Wehr- oder Ersatzdienstes ablehnen,
diejenigen zu unterscheiden, die außerhalb der
bestehenden neunmonatigen Wehrpflicht als aktive Soldatin
oder aktiver Soldat einen Antrag auf Kriegsdienstverweigerung
(KDV) stellen.
Bei den zuletzt genannten Fällen gab es wiederholt Probleme
im Rahmen der Antragsbearbeitung. Das Gesetz
zur Neuregelung des Rechts der Kriegsdienstverweigerung
(KDVNeuRG) führt aus, dass ein entsprechender
Antrag „von der Antragstellerin oder vom Antragsteller
schriftlich oder zur Niederschrift beim Kreiswehrersatzamt
zu stellen“ ist. Der Erlass des Bundesministeriums
der Verteidigung „Behandlung von Soldatinnen und Soldaten,
die ihre Anerkennung als Kriegsdienstverweigerin
beziehungsweise Kriegsdienstverweigerer beantragt haben“
enthält ergänzende Erläuterungen. Dort wird ausgeführt,
dass „der oder die nächste Disziplinarvorgesetzte
sie beziehungsweise ihn zu veranlassen hat, einen entsprechenden
Antrag schriftlich oder zur Niederschrift
beim zuständigen Kreiswehrersatzamt zu stellen“. Mir ist
mitgeteilt worden, dass in Teilen der Truppe, unter Umständen
auch aufgrund der zuletzt zitierten Ausführungen
im oben genannten Erlass, davon ausgegangen wird, Antragsteller
müssten sich zur Einhaltung des Dienstweges
grundsätzlich an den oder die nächste Disziplinarvorgesetzte
wenden. Ich kann gut nachvollziehen, dass es aus
Gründen der Zweckmäßigkeit wünschenswert wäre,
wenn KDV-Antragsteller, die sich direkt an das Kreiswehrersatzamt
wenden, gleichzeitig ihren Disziplinarvor-

 

Drucksache 17/900 – 48 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
gesetzten über die Antragstellung informieren. So kann
unverzüglich gewährleistet werden, dass der oder die Disziplinarvorgesetzte
die Einhaltung aller im Zusammenhang
mit der Antragstellung stehenden Auflagen, wie
zum Beispiel eine Befreiung vom Waffendienst, gewährleistet.
Eine Meldepflicht des Antragstellers besteht jedoch
nicht, was gegebenenfalls gegenüber der Truppe
klarzustellen ist.
Ein weiterer Kritikpunkt in Eingaben war die Bearbeitungsdauer
von KDV-Anträgen, die teilweise zu unangemessenen
Verzögerungen bei der Entlassung von Soldatinnen
und Soldaten geführt hat.
In einem Fall hatte das Personalamt der Bundeswehr erst
nach über einem Monat die erbetene Stellungnahme beim
Bundesamt für Zivildienst abgegeben. In einem anderen
Fall nahm die Bearbeitungszeit der Stammdienststelle der
Bundeswehr für eine Stellungnahme mehr als drei Monate
in Anspruch. Grund dafür waren erhebliche Kommunikationsprobleme
zwischen dem zuständigen Kreiswehrersatzamt,
der Stammdienststelle der Bundeswehr und
dem Bundesamt für Zivildienst.
Die Bearbeitungsprobleme beschränkten sich jedoch
nicht nur auf die Bearbeitungsdauer. In einem anderen
Fall verlängerte die Kompanie trotz Kenntnis vom KDVAntrag
die Dienstzeit einer Petentin und eröffnete ihr die
Kommandierung zum Feldwebelanwärterlehrgang. Diese
Entscheidung war falsch, weil der Soldatin die nach § 3
Soldatengesetz geforderte grundsätzliche Eignung für die
Feldwebellaufbahn aufgrund ihrer Absicht, den Kriegsdienst
verweigern zu wollen, abzusprechen war. Zu diesem
Ergebnis hätte die Kompanie unabhängig von der
Tatsache, dass über den Antrag auf KDV noch nicht entschieden
war, kommen müssen.
10.3 Sinnvolle Dienstgestaltung
Auch 2009 erhielt ich Eingaben von Grundwehrdienstleistenden,
die ihren Unmut und ihre Enttäuschung darüber
zum Ausdruck brachten, nach Abschluss der Allgemeinen
Grundausbildung in ihren Stammeinheiten nicht
sinnvoll beschäftigt zu werden und im dienstlichen Alltag
mit sehr viel Leerlauf konfrontiert zu sein. Diese häufig
als „Gammeldienst“ apostrophierte Situation wird von
den Betroffenen oft als demotivierend, psychisch belastend
und als verlorene Lebenszeit empfunden. Eine Bestätigung
fand das Phänomen des „Gammeldienstes“
auch durch Aussagen von Teilnehmern des zweiten Soldatenworkshops
für Wehrpflichtige aus Deutschland und
Österreich, den ich im Oktober in Berlin veranstaltet
habe.
Zwei Beispiele:
Ein im sechsten Dienstmonat stehender Grundwehrdienstleistender
wandte sich mit folgenden Worten an
mich: „Ich schreibe Ihnen, um meinen Unmut darüber
zum Ausdruck zu bringen, dass ich zu einem Dienst herangezogen
werde, der den Namen Dienst gar nicht verdient,
es sei denn, man versteht dienen als warten. Dieses
Warten empfinde ich als eine sehr qualvolle und demotivierende
Angelegenheit, die einen regelrecht depressiv
macht, wenn man jeden Sonntagabend auf der Fahrt in
die Kaserne an die kommende Woche denkt. Der
Dienstalltag ist im Großen und Ganzen langweilig, weder
fördert noch fordert er einen im Geringsten. … Wenn
man dann auch noch mehrmals von seinem Vorgesetzten
hört, dass man für einen W9er eigentlich keine Verwendung
hat, dann frage ich mich, weshalb ich eigentlich hier
bin. Es macht mich wütend, aus meinem Leben gerissen
zu werden für nichts“.
In einem anderen Fall beklagte ein als Stabsdienstsoldatengehilfe
eingesetzter Grundwehrdienstleistender, er
habe morgens immer Kaffee kochen und das Frühstück
aus dem Mannschaftsheim holen müssen. Den Rest des
Tages habe er damit verbracht, aus dem Fenster zu
schauen und den Tag abzuwarten. Da ihm das Ganze irgendwann
langweilig geworden sei, habe er Ordner und
Dienstvorschriften gelesen. Sei dies jedoch seinem Vorgesetzten
aufgefallen, so habe er ihn dazu verdonnert, ein
Militärfahrzeug von innen zu putzen oder den Keller aufzuräumen.
„Gammeldienst“ ist nicht akzeptabel. Er löst nicht nur
Unzufriedenheit und Enttäuschung bei den Soldaten aus,
sondern schädigt auch das Ansehen der Bundeswehr in
der Bevölkerung. Daher gilt es, die Rahmenbedingungen
so zu gestalten, dass Wehrpflichtige nach ihrer Grundausbildung
sinnstiftend eingesetzt werden können. Dem ist
im Berichtsjahr nicht immer entsprochen worden. Nicht
zuletzt die Erhöhung der Zahl der Einberufungen hat
viele Verbände angesichts der beschränkten Ressourcen
vor erhebliche Probleme gestellt: Es fehlt nicht nur an
Ausbildungs- und Unterbringungskapazitäten für Grundwehrdienstleistende,
sondern es mangelt auch an sinnvollen
Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten nach der Grundausbildung.
Eine Lösung dieser Problematik beschränkt
sich nicht allein auf die Bewältigung organisatorischer
und materieller Fragen. Erforderlich ist darüber hinaus,
dass die jeweiligen militärischen Vorgesetzten das gebotene
Verständnis für den Wunsch der Wehrpflichtigen
nach einer adäquaten Beschäftigung aufbringen und diesbezüglich
auch von sich aus Ideen und Engagement entfalten.
11 Reservisten
Die Umsetzung der Konzeption für Reservistinnen und
Reservisten der Bundeswehr vom 10. September 2003 ist
im Berichtsjahr weiter fortgeschritten. Allerdings stagnierte
die Anzahl der beorderten Reservistinnen und Reservisten
im Vergleich zum Vorjahr. Diese Entwicklung
ist nach Angaben des Bundesministeriums der Verteidigung
insbesondere auf die Auflösung alter Beorderungsverhältnisse
zurückzuführen. Die zu Beginn des Jahres
2010 knapp 40 000 beorderten Reservistinnen und Reservisten
im Ergänzungsumfang seien dagegen ausschließlich
in den neuen Strukturen ausgeplant und für den
Dienst in den Streitkräften verfügbar. Wie das Bundesministerium
der Verteidigung einräumt, wird der für das
Jahr 2010 mit der Einnahme der Zielstruktur angestrebte
Umfang von 95 000 beorderten Reservistinnen und Reservisten
aus heutiger Sicht nicht erreicht werden.


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 49 – Drucksache 17/900
Mit ihrem Engagement leisten die Reservisten einen
wertvollen Beitrag zur Aufgabenerfüllung der Bundeswehr.
Hierfür gebührt ihnen Dank und Anerkennung. Ihr
Einsatz wird in vielfältiger Weise durch die Arbeit des
Verbandes der Reservisten der Deutschen Bundeswehr
e. V. unterstützt und begleitet. Einen besonderen Dank
möchte ich daher stellvertretend für die vielen Reservisten,
die sich in diesem Verband engagieren, seinem langjährigen
Präsidenten und heutigen verteidigungspolitischen
Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen
Bundestag, Herrn Ernst-Reinhard Beck, MdB, aussprechen.
Meine besten Wünsche gelten auch dem neuen Präsidenten
des Reservistenverbandes, Herrn Gerd Höfer,
der sich ebenfalls seit vielen Jahren auf der politischen
Ebene wie auch im Rahmen seiner Verbandstätigkeit für
die Belange der Reservisten einsetzt, sowie seinem neuen
Stellvertreter, Herrn Oberst a. D. Roderich Kiesewetter,
MdB.
Häufig werden Reservisten aufgrund ihrer Qualifikation
als Spezialisten in Verwendungsbereichen eingesetzt, deren
personeller Bedarf sich nicht allein aus den Reihen
der aktiven Soldaten decken lässt. Dies gilt etwa für das
Sanitätswesen wie auch für Aufgabengebiete im technischen,
logistischen und administrativen Bereich. Umso
wichtiger ist es, dem dienstlichen Umfeld von Reservisten
besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Unzureichende
Arbeitsbedingungen, Fehler in der Personalbearbeitung
und mangelnde Fürsorge gegenüber Reservisten
können deren Bereitschaft, sich für die Belange der Bundeswehr
zu engagieren, empfindlich beeinträchtigen.
Dies gilt insbesondere im Hinblick auf Auslandseinsätze,
bei denen Reservisten in der Regel einen erheblichen organisatorischen
Aufwand im persönlichen und beruflichen
Umfeld auf sich nehmen, um diese Einsätze wahrnehmen
zu können.
11.1 Einsatzplanung
In einer Reihe von Eingaben wurde Kritik an den vorbereitenden
Maßnahmen zur Durchführung von Wehrübungen
und besonderen Auslandseinsätzen geübt. Beanstandet
wurden hierbei unter anderem eine lange Bearbeitung
von Personalvorgängen und dadurch ausgelöste Planungsunsicherheiten
sowie Planungsmängel hinsichtlich
der zeitlichen und inhaltlichen Einsatzgestaltung. Die
Eingaben haben erneut deutlich gemacht, wie wichtig es
für Reservisten ist, rechtzeitig Klarheit über den zeitlichen
Rahmen ihres Einsatzes zu haben, um sich beruflich
und privat hierauf in angemessener Weise vorbereiten zu
können. Bei allem Verständnis für die komplexen Planungsprobleme,
die die Ein- und Ausplanung von Reservisten
nach sich ziehen, unterstreichen die Eingaben die
Notwendigkeit, die entsprechenden Personalvorgänge
zeitnah sowie mit der gebotenen Sorgfalt und Sensibilität
gegenüber den Belangen der Reservisten zu bearbeiten.
Ein Beispiel:
Nach mehrmonatiger Vorbereitung auf eine besondere
Auslandsverwendung mit umfangreichen Vorkehrungen
im privaten und zivilberuflichen Umfeld sowie abgeschlossener
einsatzvorbereitender Ausbildung wurde ein
Reservist wenige Tage vor dem Einsatz schriftlich in
knapper und unpersönlicher Weise darüber informiert,
dass er aufgrund kurzfristiger Personaländerungen aus
dem vorgesehenen Auslandseinsatz ausgeplant worden
sei. Hintergrund der Ausplanung war, dass die Einheit, in
der der Reservist seinen Auslandseinsatz absolvieren
sollte, ersatzlos gestrichen worden war. Das Bataillon bemühte
sich zwar umgehend um eine anderweitige Einsatzverwendung,
aber erst als diese Bemühungen erfolglos
blieben, wurde der Reservist über seine Ausplanung
informiert. Zu kritisieren ist, dass er nicht unverzüglich
über die ersatzlose Streichung der für den Auslandseinsatz
vorgesehenen Einheit und der hieraus erwachsenden
Konsequenzen informiert wurde, um ihm frühzeitig eine
neue Planungssicherheit für seine zivilberuflichen und familiären
Belange zu ermöglichen. Darüber hinaus ließ
das Schreiben an den Reservisten die in diesem Fall angemessene
kameradschaftliche Sensibilität vermissen.
Zu den Rahmenbedingungen, die es bei der Vorbereitung
des Einsatzes eines Reservisten zu berücksichtigen gilt,
zählt der ihnen zustehende Urlaubsanspruch. Gemäß
Nummer 126 der Zentralen Dienstvorschrift (ZDv) 20/3
„Wehrübungserlass, Militärische Personalführung, Reservisten
und personelle Mobilmachung“ sind die während
einer Wehrübung oder Übung entstehenden Urlaubsansprüche
innerhalb des diese Ansprüche begründenden
Wehrdienstes abzugelten, weil sie mit Beendigung des
Wehrdienstes erlöschen. Ergänzend legt die Dienstvorschrift
fest, dass die während einer besonderen Auslandsverwendung
entstandenen Urlaubsansprüche innerhalb
der für diesen Einsatz maximal zulässigen Dauer von jeweils
sieben Monaten abzugelten sind.
Diesen Vorgaben wurde bei der Einsatzplanung nicht immer
Rechnung getragen. So hat sich beispielsweise im
Rahmen der Ermittlungen zur Eingabe eines Oberstabsarztes
der Reserve herausgestellt, dass bereits bei den
vorbereitenden Planungen seines Einsatzes Fehler hinsichtlich
der Berücksichtigung des Urlaubsanspruchs unterlaufen
waren. Gemäß den Vorschriften muss der „Out-
Termin“ so geplant werden, dass die Dauer der Wehrübung
den Abbau der erworbenen Urlaubsansprüche ermöglicht.
Das war in diesem Fall nicht geschehen.
Einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Motivation
von Reservisten haben auch die Bedingungen, unter
denen sie von ihren Wohnorten zu ihren Einsatzorten beziehungsweise
von ihren Einsatzorten zu ihren Wohnorten
befördert werden. Dies gilt insbesondere im Hinblick
auf Auslandseinsätze. Im Berichtsjahr haben sich
verschiedentlich Reservisten im Auslandseinsatz darüber
beklagt, dass die ihnen zustehende Beförderung mit öffentlichen
Verkehrsmitteln vom Wohnort zum inländischen
Zielflughafen und nach Beendigung des Einsatzes
von dort zurück zum Wohnort umständlich und mit Unwägbarkeiten
verbunden gewesen sei. Als erschwerender
Faktor trete das in der Regel mitgeführte Vollgepäck
hinzu. Zwar gewährleiste die Bundeswehr den Transport
vom Leitverband zum Flughafen und zurück, eine Inanspruchnahme
dieses Weges bedeute jedoch oftmals die
Inkaufnahme von Umwegen im Vergleich zu einer direk-

 

Drucksache 17/900 – 50 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
ten Beförderung zwischen Wohnort und Flughafen beziehungsweise
zwischen Flughafen und Wohnort. Vor diesem
Hintergrund wird seitens der Reservisten angeregt,
für den individuellen Transport Dienstfahrzeuge der Bundeswehr
einzusetzen. Das Bundesministerium der Verteidigung
hat in seinen Stellungnahmen zu den betreffenden
Eingaben stets unterstrichen, dass die Beförderung der
Reservisten bei Dienstantritt und nach Beendigung des
Einsatzes den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit unterliege.
Insofern sei ein individueller Transport mit Dienstfahrzeugen
der Bundeswehr nach den einschlägigen
Vorschriften nur in Ausnahmefällen unter engen Voraussetzungen
möglich und komme in der Regel nicht in Betracht.
Aus meiner Sicht schließt das Wirtschaftlichkeitsgebot
aber nicht aus, den Transportbedürfnissen von Reservisten
zu Einsatzbeginn und Einsatzende im Rahmen flexibler
Lösungen stärker als bisher entgegenzukommen.
11.2 Finanzielle Leistungen für selbstständig
tätige Reservisten
Nach § 13a Absatz 2 des Unterhaltssicherungsgesetzes
(USG) werden einem selbstständigen Wehrpflichtigen zur
Fortführung seiner Tätigkeit während des Wehrdienstes
die angemessenen Aufwendungen für eine Ersatzkraft,
die an seiner Stelle tätig wird, oder die angemessenen
Mehraufwendungen, die dadurch entstehen, dass der
Wehrpflichtige seine Aufgaben im Betrieb für die Zeit
seiner wehrdienstbedingten Abwesenheit teilweise oder
ganz auf Betriebsangehörige überträgt, bis zu 307 Euro je
Wehrdiensttag erstattet. Kann er diese Leistung nicht beanspruchen,
so steht ihm eine Mindestleistung nach § 13c
USG (Tabellenleistung) zu.
2009 beklagten sich mehrfach Reservisten, die zivilberuflich
als Fachärzte in einer Gemeinschaftspraxis tätig sind
und an einer Wehrübung teilgenommen haben, darüber,
dass ihnen für ihre Vertretung während ihrer wehrdienstbedingten
Abwesenheit keine finanzielle Erstattung nach
§ 13a Absatz 2 USG, sondern lediglich eine Mindestleistung
nach § 13c USG zugebilligt worden sei. Zur Begründung
führten die Unterhaltssicherungsbehörden an, dass
die nach § 13a Absatz 2 USG geltend gemachten Aufwendungen
nicht angemessen seien, weil die Gesellschafterverträge
der Petenten Regelungen enthielten, die eine
unentgeltliche Vertretung des Reservisten durch den beziehungsweise
die Mitgesellschafter für die Dauer der
Wehrübung implizierten. Diese Auffassung ist umstritten
und teilweise Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen.
Die Entscheidung der Unterhaltssicherungsbehörden,
den Reservisten lediglich die von diesen als unzureichend
empfundene Mindestleistung nach § 13c USG
zuzusprechen, hat deren Bereitschaft, sich weiterhin für
die Bundeswehr zur Verfügung zu stellen, verständlicherweise
nachdrücklich negativ beeinflusst.
Angesichts des akuten Mangels an ärztlichem Personal in
der Bundeswehr und des daraus resultierenden verstärkten
Bedarfs an Reservisten mit entsprechender medizinischer
Qualifikation halte ich diese Entwicklung für problematisch.
Ich rege an, den Bedürfnissen zivilberuflich
selbstständiger Reservisten nach einem finanziellen Ausgleich
für eine wehrdienstbedingte Unterbrechung ihrer
beruflichen Tätigkeit im Rahmen der gesetzlichen Unterhaltssicherung
stärker entgegenzukommen.
11.3 Beförderungen
Die Motivation der Reservisten wird auch durch die Beförderungssituation
wesentlich beeinflusst. Das haben erneut
Eingaben deutlich gemacht, in denen Reservisten
beklagten, entgegen ihren Erwartungen nicht befördert
worden zu sein.
Ärgerlich ist, wenn die ausgebliebenen Beförderungen
auf Fehler bei der Bearbeitung der entsprechenden Personalvorgänge
zurückzuführen sind.
Ein Beispiel:
Ein Oberfeldwebel der Reserve, der seit März 2003 zu einem
Materialdepot beordert und als Feldpost-Feldwebel
eingeplant war, beanstandete, noch nicht zum Hauptfeldwebel
der Reserve befördert worden zu sein. Die Überprüfung
ergab, dass das Versorgungs- und Ausbildungszentrum
versäumt hatte, die Beförderung einzuleiten,
obwohl die Voraussetzungen hierfür seit dem 2. Januar
2006 vorlagen. Nachdem der Fehler bemerkt worden war,
wurde die Beförderung mit deutlicher zeitlicher Verzögerung
beim Logistikregiment beantragt, der entsprechende
Antrag allerdings erst im Rahmen der Überprüfung der
Eingabe des Reservisten tatsächlich bearbeitet. Mit Wirkung
vom 1. September 2008 wurde der Reservist
schließlich zum Hauptfeldwebel der Reserve befördert.
Solche gravierenden Nachlässigkeiten bei der Personalbearbeitung
sind nicht entschuldbar und eindeutig zu rügen.
Die Eingabe bewirkte, dass eine Ausnahmegenehmigung
erteilt wurde. Sie ermöglichte, den Petenten ohne
Einhaltung der vorgeschriebenen Mindestwartezeit von
einem Jahr nach Ableistung von 24 Wehrübungstagen im
Dienstgrad Hauptfeldwebel der Reserve und Vorlage einer
Beurteilung zum Stabsfeldwebel der Reserve zu befördern.
Im Berichtsjahr haben mich mehrere Eingaben erreicht,
in denen im Ausland eingesetzte beziehungsweise für einen
Auslandseinsatz eingeplante Zivilbeschäftigte der
Bundeswehr ihre Unzufriedenheit über den ihnen verliehenen
militärischen Dienstgrad sowie ihre Beförderungsperspektive
als Reservist zum Ausdruck gebracht haben.
Aufgrund einer am 17. August 2009 in Kraft getretenen
Änderung der ZDv 20/3 „Wehrübungserlass, Militärische
Personalführung, Reservisten und personelle Mobilmachung“
konnte ihrem Begehren teilweise abgeholfen werden.
Diese ermöglicht es unter anderem, Zivilpersonal der
Bundeswehr in fachbezogener Verwendung einen vorläufig
höheren Dienstgrad gemäß Vergleichstabelle zu verleihen
und ihren Dienstposten als Beorderungsdienstposten
anzuerkennen. So wurde einem Hauptgefreiten der
Reserve, der als Zivilangestellter der Bundeswehr in die
Entgeltgruppe E 6 eingestuft war, für eine geplante besondere
Auslandsverwendung mit fachbezogener
Verwendung der Dienstgrad Feldwebel vorläufig verliehen.
Sobald er die einschlägigen Voraussetzungen gemäß


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 51 – Drucksache 17/900
der ZDv 20/7 „Bestimmungen für die Beförderung, Einstellung,
Übernahme und Zulassung von Soldatinnen und
Soldaten der Bundeswehr“ – im Wesentlichen 24 Wehrübungstage
sowie eine Beurteilung – erfüllt, kann ihm
dieser Dienstgrad endgültig verliehen werden.
Besonders in Erinnerung geblieben ist mir ein Soldat, den
ich während meines letzten Truppenbesuchs in Mazar-e-
Sharif kennen gelernt habe. Dem ehemaligen Stabsfeldwebel
der NVA und ausgebildeten Facharbeiter war mit
55 Jahren der Dienstgrad eines Obergefreiten verliehen
worden. Das entsprach seiner zivilen Beschäftigung als
Lagerarbeiter im Bundeswehrdienstleistungszentrum
Dresden, die er lediglich vorübergehend im Einsatz zu
leisten hatte. Auch wenn die Einstufung den Vorschriften
entsprach, kann ich gut nachvollziehen wie dieser Mann
empfunden haben muss, wenn er als Obergefreiter mit
55 Jahren von Kameraden gefragt wurde, was er denn
Schlimmes „verbrochen“ habe.
12 Zentraler Sanitätsdienst
Die Ausrichtung der Bundeswehr auf den Einsatz hat
auch die Aufgaben und die Struktur des Zentralen Sanitätsdienstes
maßgeblich verändert. Im Mittelpunkt des
Auftrags steht die sanitätsdienstliche Einsatzunterstützung.
Die Qualität dieser Einsatzunterstützung erfährt
breite internationale Wertschätzung.
Ungeachtet dessen hat sich die Lage des Zentralen
Sanitätsdienstes der Bundeswehr in den letzten Jahren
insgesamt dramatisch verschlechtert. Zunehmender Personalmangel
und Arbeitsüberlastung kennzeichnen die
Situation insbesondere in den Bundeswehrkrankenhäusern.
Das stellt die Führung des Sanitätsdienstes nach deren
eigener Bewertung vor eine besondere Herausforderung.
Ursächlich für die eingetretene „Schieflage“ des
Sanitätsdienstes ist nach meinen Erkenntnissen vor allem
die unzureichende Personalstruktur, die den Anforderungen
der Einsatzrealität nicht gerecht wird. Trotz der sich
schon seit Jahren abzeichnenden Entwicklung, auf die ich
in meinen Jahresberichten wiederholt hingewiesen habe,
ist es der Sanitätsführung aus für mich nicht nachvollziehbaren
Gründen nicht gelungen, den negativen Trend
beim Personal aufzuhalten. Die unentgeltliche truppenärztliche
Versorgung für die Soldatinnen und Soldaten
droht dadurch Schaden zu nehmen.
Die truppenärztliche Versorgung im Inland kann derzeit
nur noch durch Mitnutzung ziviler Ressourcen sichergestellt
werden. Die Bundesregierung stellte dazu in einer
Antwort auf eine Parlamentarische Anfrage von Mitte Februar
2009 fest „Unter anderem wird zu prüfen sein, in
welchem Umfang und welchem Zeitrahmen eine verstärkte
Abstützung auf Leistungen des zivilen Gesundheitswesens
unausweichlich ist, um die medizinische Versorgung
sicherzustellen“.
Um in den Auslandseinsätzen und bei humanitären Hilfsmaßnahmen
die von der Sanitätsführung geforderte medizinische
Betreuung „wie im Inland“ zu gewährleisten,
muss der Sanitätsdienst Ärzte verschiedener Fachrichtungen
sowie medizinisches Assistenz- und Hilfspersonal
bereithalten, ausbilden und abstellen. Gebraucht werden
insbesondere Rettungsmediziner sowie Chirurgen und
Anästhesisten. Gerade in diesen Bereichen ist der Besetzungsgrad
aber nicht zufriedenstellend. So waren bei den
Anästhesisten im Jahre 2009 von 161 Dienstposten nur
113 besetzt, bei den Chirurgen 100 von 136 Dienstposten.
Darüber hinaus ist etwa ein Drittel der Fachärzte mit entsprechenden
Qualifikationen nicht für den Auslandseinsatz
verwendungsfähig. Für die verbliebenen Ärztinnen
und Ärzte ist die Einsatzbelastung dadurch besonders
hoch.
Personalengpässe gibt es auch im Bereich der Augenheilkunde
und bei den Zahnärzten. Die entsprechenden
Dienstposten können im Einsatz häufig nur eingeschränkt
besetzt werden.
12.1 Personalsituation der Sanitätsärzte
In der Truppe hört man häufig die resignierende Feststellung:
„Die Zahl der Einsätze steigt, die der Bundeswehrärzte
sinkt.“
Dem sich aufgrund der Einsätze abzeichnenden Mehrbedarf
an Ärzten hat der Sanitätsdienst im Personalstrukturmodell
2010 mit einer Erhöhung der Zahl der Dienstposten
für Sanitätsoffiziere von 3 176 auf 3 496 Rechnung zu
tragen versucht. Anfangs gelang es auch, durch eine jährliche
Einstellung von 234 Sanitätsoffizieranwärtern den
Regenerationsbedarf zu decken und mit der zusätzlichen
Gewinnung von bereits approbierten Seiteneinsteigerinnen
und Seiteneinsteigern einen ausreichenden Personalaufwuchs
zu realisieren. Bis 2007 verlief der notwendige
Personalaufwuchs der Sanitätsoffiziere planmäßig. Seitdem
hat sich die Entwicklung aber umgedreht: Der Bundeswehr
gehen jetzt die Ärzte aus.
Der sprunghafte Anstieg unplanmäßiger ärztlicher Personalverluste
im Jahr 2008 und im 1. Quartal 2009 mit rund
120 Abgängen führte kurzfristig zu einem empfindlichen
Rückgang des Personalumfangs bei den Sanitätsoffizieren.
Bei mehr als zwei Drittel der Abgänge handelte es
sich um junge Assistenzärztinnen und -ärzte in der ersten
Hälfte der klinischen Weiterbildung beziehungsweise zu
Beginn der Verwendung als Truppenarzt, die den Streitkräften
aktuell beziehungsweise in naher Zukunft für die
truppenärztliche Versorgung im Inland und für die notfallmedizinische
Versorgung im Ausland fehlen. Dieser
Ausfall konnte auch nicht durch die vermehrte Gewinnung
von Seiteneinsteigern in 2009 ausgeglichen werden.
Auch die Bewerberzahlen für die Laufbahn der Sanitätsoffiziere
sind stark rückläufig. Gab es 2006 noch
2 100 Sanitätsoffizierbewerber, waren es Ende 2009 mit
1 190 nur noch etwas mehr als die Hälfte, aus denen der
Ergänzungsbedarf von 260 Neueinstellungen gewonnen
werden muss. Außerdem fehlen immer mehr Sanitätsärzte
auf ihren Dienstposten aufgrund von Fortbildungsmaßnahmen
sowie durch zunehmende Teil- und Elternzeit
sowie Mutterschutz.
Mit Blick auf den hohen Anteil an Sanitätsoffizieranwärterinnen
(circa 55 Prozent) und Sanitätsoffizierbewerberinnen
(circa 62 Prozent des Bewerberfeldes) sowie im


Drucksache 17/900 – 52 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Hinblick auf das Ziel, den Frauenanteil in der Laufbahn
der Sanitätsoffiziere des Sanitätsdienstes auf 50 Prozent
zu erhöhen, ist damit zu rechnen, dass die familienbedingten
Abwesenheiten weiter an Bedeutung gewinnen
werden.
Als unmittelbare Auswirkung dieser Personalentwicklung
ist der Anteil längerfristig vakanter Arztdienstposten sowohl
in den regionalen Sanitätseinrichtungen als auch in
den Bundeswehrkrankenhäusern drastisch gestiegen. Er
droht angesichts des deutlich reduzierten Zulaufs von jungen
Ärzten aus dem ersten klinischen Verwendungsabschnitt
weiter zuzunehmen. Zwischenzeitlich waren bis
zu 600 Stellen unbesetzt. Die freien Planstellen können,
wie das Bundesministerium wiederholt bestätigt hat, aber
nur schrittweise nachbesetzt werden.
Die Ursachen dieser Personalentwicklung sind vielschichtig.
Zum einen konnte das zivile Gesundheitssystem
durch vielfältige Vergünstigungen seine Attraktivität
für qualifiziertes Personal deutlich erhöhen. Zum anderen
leidet das deutsche Gesundheitssystem insgesamt an einem
zunehmenden Ärztemangel. Die Gründe dafür liegen
unter anderem in einem Rückgang der Zahl der Medizinstudenten
und einer erheblichen Abwanderung von Ärzten
ins Ausland, in das Gesundheitsmanagement und die
Pharmaindustrie. Darüber hinaus werden bis 2015 rund
57 000 niedergelassene Ärzte in den Ruhestand treten
und das Personalproblem weiter verschärfen.
Ursächlich für die zahlreichen Abwanderungen von Sanitätsärzten
waren nach meinen Erkenntnissen aus vielen
Gesprächen und Besuchen in vielen Fällen bessere Angebote
ziviler Kliniken. Sie bieten den jungen Sanitätsoffizieren
eine zusammenhängende Facharztweiterbildung –
und das in einer Zeit, in der diese als „Gegenleistung“ für
ihr bundeswehrfinanziertes Studium drei Jahre als Truppenarzt
tätig sein müssen.
Die Bundeswehr, die gesetzlich verpflichtet ist, nach Eignung,
Befähigung und Leistung auszuwählen, kann eine
solche Facharztausbildung bei der Einstellung noch nicht
zusichern.
Die derzeitige Verpflichtungszeit eines Sanitätsoffiziers
der Bundeswehr von 17 Jahren beinhaltet neben dem
sechsjährigen Studium drei Jahre Weiterbildung. Das
reicht für eine Facharztausbildung nicht aus. Um Facharzt
zu werden, bedarf es einer Weiterverpflichtung von mindestens
drei weiteren Jahren. Eine solche Weiterverpflichtung
wird eignungsabhängig gewährt. Mehr als
50 Prozent eines Sanitätsoffizierjahrgangs machen davon
regelmäßig Gebrauch. Das „Komplettangebot“ ziviler
Kliniken mit einer garantierten Facharztweiterbildung ist
demgegenüber jetzt für viele Anreiz genug, dort zu unterschreiben.
Das Bundesministerium der Verteidigung selbst geht davon
aus, dass die Bilanz aus zu erwartenden Weiterbildungsabschlüssen
und Zurruhesetzungen für die klinischen
Fachgebiete nicht ausreicht, um die personelle
Zielgröße des Personalstrukturmodells 2010 zu erreichen.
Um das Defizit auszugleichen, ist das Ministerium dazu
übergegangen, Weiterbildungszusagen deutlich früher zu
geben.
Darüber hinaus wird versucht, den Ärzten langfristig berufliche
Perspektiven und Entwicklungsmöglichkeiten
aufzuzeigen, um sie möglichst lange an die Bundeswehr
zu binden, denn gerade Fachärzte mit 20 bis 25 Dienstjahren
sind für den zivilen Markt interessant. Ein leitender
Oberarzt kann außerhalb der Bundeswehr deutlich
mehr verdienen.
Durch Einführung eines Zustimmungsvorbehalts des
Dienstherrn für den unmittelbaren Wechsel in ein Beamtenverhältnis
im Dienstrechtsneuordnungsgesetz, das im
Februar 2009 in Kraft getreten ist, konnte die hohe Zahl
der Abgänge von Sanitätsoffizieren in den öffentlichen
Dienst gestoppt werden. Die Frage nach der Attraktivität
des Sanitätsdienstes ist damit noch nicht beantwortet.
12.2 Personallage bei den Feldwebeln des
Sanitätsdienstes
Im Gegensatz zur Situation bei den Ärzten hat sich die
Personallage bei den Sanitätsfeldwebeln im Berichtsjahr
verbessert. Dank weiteren Zulaufs aus der ZAW sowie
Neueinstellungen mit abgeschlossener Berufsausbildung
sind rund 90 Prozent der Dienstposten für Sanitätsfeldwebel
besetzt. Für 2010 wird sogar eine Besetzung der
Dienstposten von 95 Prozent erwartet. Allerdings bleibt
der Aufwuchs qualifizierter Fachkrankenschwestern/
Fachkrankenpfleger in den einsatzrelevanten Bereichen
Anästhesie und Intensivmedizin sowie operationstechnischer
Assistentinnen und Assistenten, die auch im zivilen
Gesundheitssystem eine Mangelqualifikation darstellen,
wegen der intensiven Ausbildung weiterhin hinter der
Zielvorgabe zurück. Bis 2010 ist in diesem Bereich lediglich
mit einem Besetzungsgrad von etwa 77 Prozent zu
rechnen. Bei den Sanitätsfeldwebeln beträgt die Quote
weiblicher Soldaten rund 36 Prozent.
12.3 Klinische Versorgung in den Bundeswehrkrankenhäusern
Auch die Bundeswehrkrankenhäuser sind vorrangig auf
die Einsatzversorgung ausgerichtet. Dazu mussten sowohl
organisatorisch als auch personell neue Strukturen
geschaffen werden. Im Zuge dieser Umstrukturierung
wurden insbesondere die Kliniken in Koblenz und Ulm
durch Einbettung in den regionalen zivilen Rettungsdienst
und Aufnahme in die Landesbettenpläne zu sogenannten
Akutkrankenhäusern ausgebaut. Im Zuge der
Umstrukturierung hat sich der Anteil der Zivilpatienten in
den Bundeswehrkrankenhäusern deutlich erhöht. Teilweise
liegt er schon bei zwei Dritteln des Gesamtpatientenaufkommens.
Die Öffnung zur Versorgung stationär behandlungsbedürftiger
Zivilpatienten war erforderlich, um über eine möglichst
große Zahl von Patienten mit akut lebensbedrohlichen
beziehungsweise komplexen Krankheitsbildern den
Sanitätsärzten und dem medizinischen Fachpersonal die
Möglichkeit zu bieten, die für den Auslandseinsatz nötige
Routine in der Behandlung schwerstkranker Patienten zu


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 53 – Drucksache 17/900
erlangen. Diesem Ziel dient auch die Einrichtung zum
Teil zertifizierter Traumazentren und interdisziplinärer
Notaufnahmen als Behandlungsschwerpunkte. Außerdem
kooperieren die Krankenhäuser mit den örtlichen Universitäten
und sind zum Teil selbst „akademische Lehrkrankenhäuser“.
Im Rahmen der allgemeinmedizinischen Versorgung stehen
die Bundeswehrkrankenhäuser im verschärften Wettbewerb
um Patienten mit dem zivilen Gesundheitsmarkt.
Grundvoraussetzung, um dabei bestehen zu können, sind
eine moderne Krankenhausstruktur und die Anpassung
der Behandlungsabläufe an aktuelle wissenschaftliche
Standards.
Nach meinen Erkenntnissen aus Besuchen in den Krankenhäusern
besteht hier noch großer Handlungsbedarf.
Die teilweise veralteten Verwaltungsstrukturen müssen
verbessert, insbesondere Krankenhausinformationssysteme
aufgerüstet werden, um die Wettbewerbsfähigkeit
gegenüber dem zivilen Gesundheitsbereich zu verbessern.
Das zentrale Problem ist die auch von der Führung des
Sanitätsdienstes mit großer Sorge betrachtete prekäre Personallage
in den Bundeswehrkliniken.
Bei den Fachärzten in den Bundeswehrkrankenhäusern
waren 2009 teilweise über 20 Prozent der Dienstposten
nicht besetzt, bei den Chirurgen waren es zeitweise sogar
über die Hälfte. 15 Prozent der Fachärzte waren langfristig
abwesend, so dass nur rund 60 Prozent der Dienstposten
tatsächlich besetzt waren. Gründe für längerfristige
Abwesenheiten waren insbesondere Elternzeit, Auslandseinsatz,
Weiterbildung, Langzeiterkrankungen sowie Verwendungen
in einem Kommandobereich. Durch Einbindung
ziviler Fachärzte als Vertragsärzte sowie durch die
Einrichtung weiterer Arzthelfer-Dienstposten zur Entlastung
der Sanitätsoffiziere von administrativen Tätigkeiten
wird versucht, die Personallage zu verbessern.
Beim Krankenpflegepersonal, beim technischen Assistenzpersonal
sowie bei den Arzthelferinnen und Arzthelfern
ist die Lage aufgrund des erfolgten Abbaus des
Zivilpersonals sowie des kaum zu beschleunigenden Aufwuchses
an qualifizierten militärischen Fachkräften ebenfalls
äußerst problematisch. Teilweise fehlte in den klinischen
Pflegebereichen über ein Fünftel des Personals, so
dass Praktikanten zur Aushilfe herangezogen werden
mussten. Dem Mangel an Pflegepersonal soll durch
„Poolbildung“ und Schwerpunktsetzung bei der Dienstpostenbesetzung
entgegengewirkt werden.
Wegen der kritischen Personalsituation konnten auch
2009 in den Kliniken Operationssäle nicht beziehungsweise
nur durch Hinzuziehung ziviler Vertragsärzte betrieben
werden. Auch die Notaufnahme und Bereitschaftsdienste
konnten in den Kliniken zeitweise nur
durch Vertragsärzte aufrechterhalten werden. Außerdem
musste im Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz die
einzige Station, die in der Bundeswehr schwere Brandverletzungen
versorgen konnte, wegen fehlender Fachärzte
geschlossen werden mit der Folge, dass Soldaten
mit schweren Brandverletzungen nur noch in zivilen Spezialkliniken
behandelt werden können. Damit ging den
Bundeswehrkrankenhäusern und der Bundeswehr insgesamt
eine Kernfähigkeit zur Behandlung einsatzrelevanter
Verletzungen verloren. Dies führte dazu, dass bereits
ein schwer brandverletzter Soldat nicht mehr in einem
Bundeswehrkrankenhaus behandelt werden konnte. Das
hohe Renommee der Bundeswehrkrankenhäuser als Maximalversorger
lässt sich so nicht aufrechterhalten.
Bereits in meinem letzten Jahresbericht habe ich meine
Sorge über die sinkende Motivation der Ärzte zum Ausdruck
gebracht. Auch im Berichtsjahr wurde mir bei meinen
Besuchen in den Krankenhäusern von einer spürbaren
Verschlechterung der Stimmung des Personals berichtet.
Dies kann vor dem Hintergrund der geschilderten angespannten
dienstlichen und personellen Rahmenbedingungen
nicht verwundern. Für viele Ärzte sind Schichtbetriebe
mit 70 bis 80 Wochenstunden und mehr keine
Seltenheit, manche von ihnen schieben einen Berg von
jährlich über 1 000 Überstunden vor sich her.
12.4 Truppenärztliche Versorgung
Auch die Struktur und Lage der bisher flächendeckenden,
truppenärztlichen Versorgung haben sich grundlegend geändert.
Dies war bereits Thema früherer Jahresberichte.
Durch die Reduzierung der regionalen Sanitätseinrichtungen
und die Aufgabe von Standorten ist der zeitliche Aufwand
des einzelnen Soldaten, im Falle einer Erkrankung
eine sanitätsdienstliche Versorgung zu erhalten, deutlich
größer geworden. Soweit Soldaten bei schwerwiegenden
Verletzungen oder Erkrankungen eine sofortige ärztliche
Behandlung benötigen, sind sie verstärkt auf Vertragsärzte,
niedergelassene Ärzte und die zivilen Gesundheitseinrichtungen
in der Nähe ihres Dienstortes angewiesen.
Die truppenärztliche Versorgung leidet erheblich unter
fehlendem Personal. Der Anstieg der unplanmäßigen
ärztlichen Personalverluste in 2008 und zu Beginn 2009
wirkte sich besonders bei den regionalen Sanitätseinrichtungen
aus. Von den Dienstposten der Truppenärzte waren
2009 erneut 13 Prozent längerfristig vakant. Dazu
kam eine hohe Abwesenheit aus familienbedingten Gründen.
Rund 13 Prozent der Truppenärzte ließen sich aus familiären
Gründen beurlauben. Weitere 13 Prozent machten
von der Möglichkeit einer Teilzeitbeschäftigung
Gebrauch. Aus diesen Gründen sowie durch Auslandseinsätze
und Aus-, Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen
waren insgesamt circa 43 Prozent der Truppenärzte abwesend.
Die Tagesantrittsstärke und damit der Anteil der
Truppenärzte, die zur ärztlichen Versorgung im Grundbetrieb
tatsächlich zur Verfügung standen, lag damit 2009 erneut
bei etwa 60 Prozent. Die erforderliche Anwesenheit
von 75 Prozent konnte vorübergehend nicht einmal mit
Hilfe von wehrübenden Sanitätsoffizieren und zivilen Vertragsärzten
sichergestellt werden. Die durchschnittliche Tagesantrittsstärke
fiel teilweise auf 70 Prozent.
Als elementarer Bestandteil der unentgeltlichen truppenärztlichen
Versorgung erfüllen die Truppenärzte für die
Soldaten eine „hausärztliche“ Funktion. Aufgrund von
Abwesenheiten und häufigen Versetzungen ist eine kontinuierliche
Behandlung durch einen Arzt nur selten


Drucksache 17/900 – 54 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
gewährleistet. Ein vertrauensvolles Arzt-Patienten Verhältnis
kommt damit nicht zustande. Angesichts der geschilderten
Rahmenbedingungen wird sich die Situation
der truppenärztlichen Versorgung in absehbarer Zeit voraussichtlich
weiter verschlechtern.
12.5 Verbesserung der Attraktivität des
Sanitätsdienstes
Schon in meinem vorangegangenen Jahresbericht hatte
ich die Frage aufgeworfen, wie unter den gegenwärtigen
Voraussetzungen und Rahmenbedingungen die sanitätsdienstliche
Versorgung gesichert und die Attraktivität des
Sanitätsdienstes gewahrt werden kann. Die Antwort auf
diese entscheidende Frage ist aus meiner Sicht nach wie
vor offen.
Die Führung des Sanitätsdienstes hat endlich auf die
ernste Lage reagiert. Um den Sanitätsdienst und besonders
das Berufsbild „Sanitätsoffizier“ attraktiver zu gestalten,
wurden zu Beginn des Jahres 2009 Sofortmaßnahmen
ergriffen. Dazu gehört die neu geschaffene
Zulage für Ärzte im Fach- und Rettungsdienst, die aber
wegen ihrer Begrenzung auf Arztgruppen mit Abwanderungstendenzen
ein falsches Signal gegeben und viel Unruhe
nicht nur in der Ärzteschaft ausgelöst hat. Die Zulage
kann daher nur als eine erste Maßnahme auf dem
Weg zu einer deutlichen Verbesserung der Attraktivität
des Dienstes verstanden werden.
Die 2009 eingerichtete ministerielle Arbeitsgruppe „Attraktivität
und Funktionalität des Sanitätsdienstes der
Bundeswehr“ hatte den Auftrag, konkrete Vorschläge zu
erarbeiten, wie die Bindung des Personals an den Sanitätsdienst
erhöht und die Struktur und Funktionalität des
Sanitätsdienstes verbessert werden können.
In dem vorliegenden Maßnahmenkatalog sind personelle,
finanzielle und strukturelle Verbesserungen und Anpassungen
im Sanitätsdienst vorgesehen. So soll eine Neu-,
das heißt Höherbewertung von 196 kurativen Facharzt-
Dienstposten erfolgen, die Personalführung soll verbessert
werden und die Laufbahngestaltung und Versorgung
unter anderem im Hinblick auf die Berücksichtigung von
Einsätzen bei der Lebensarbeitszeit sollen überprüft werden.
Außerdem wird ein finanzielles Vergütungssystem
für ärztliche Anwesenheits- und Rufdienste in den Bundeswehrkrankrenhäusern
erwogen. Die Kompensation familienbedingter
Abwesenheiten soll ebenfalls verbessert
werden. Schließlich ist eine zentralisierte Führung der
Bundeswehrkrankenhäuser beabsichtigt. Unabhängig von
der offenen Frage, ob der Maßnahmenkatalog zu einer
Verbesserung der Attraktivität des Sanitätsdienstes führen
kann, sind einige der Maßnahmen mit erheblichen Kosten
verbunden und mit anderen Ressorts abzustimmen, so
dass erst mittelfristig mit Resultaten zu rechnen ist. Der
Sanitätsdienst benötigt aber schnelle Lösungen.
12.6 Vorbereitung der Angehörigen des
Sanitätsdienstes auf Auslandseinsätze
Rund 580 Angehörige des Sanitätsdienstes sind ständig
im Auslandseinsatz, darunter circa 130 Ärzte. Sie haben
die sanitätsdienstliche Einsatzversorgung, insbesondere
die einsatzmedizinische Notfallversorgung, sicherzustellen.
Es war und ist das erklärte Ziel der Bundeswehr, in den
Einsatzgebieten eine medizinische Versorgungsqualität
vorzuhalten, die der eines Kreiskrankenhauses in Deutschland
entspricht. Dieses ehrgeizige Ziel ist nach meiner
Überzeugung ein wesentlicher Grund für die Akzeptanz
der Auslandseinsätze bei unseren Soldatinnen und Soldaten.
Bisher war es möglich, in Notsituationen – bei schweren
Verwundungen und lebensbedrohlichen Verletzungen
durch Anschläge oder Unfälle – die Erstversorgung vor
Ort (so genannte „Goldene Stunde“) sowie die anschließende
lückenlose Rettungskette sicherzustellen. Das
muss auch künftig unter allen Umständen gewährleistet
sein.
Nach meiner Einschätzung, die ich in Gesprächen mit
Einsatzteilnehmern sowie meinem Truppenbesuch in
Afghanistan im Juni 2009 im Hinblick auf die notfallmedizinische
Versorgung Verwundeter gewonnen habe, haben
sich etwaige Mängel in Bezug auf die Rettungsketten
bisher nicht negativ ausgewirkt. Auf die mir aufgefallenen
Schwachstellen in der medizinischen Einsatzversorgung
habe ich den Verteidigungsausschuss des Deutschen
Bundestages nach meinem Afghanistanbesuch in einem
Sonderbericht hingewiesen.
Ein Problem besteht darin, dass Einsatzteilnehmer neben
der teilweise fehlenden materiellen Ausrüstung und Ausstattung
nicht immer über die erforderliche einsatzorientierte
rettungs- und notfallmedizinische Ausbildung und
Praxis verfügen sowie die notwendige Einweisung vor
dem Einsatz erhalten. Von Sanitätsoffizieren mit Einsatzerfahrung
wird insbesondere das mangelnde Ausbildungsniveau
von Sanitätsärzten und Rettungsassistenten
im Vergleich zum zivilen Rettungsdienst beklagt, das
heißt fehlende praktische Rettungsdiensterfahrung und
damit Routine – und das angesichts der erschwerten Bedingungen
vor Ort. Einige Einsatzteilnehmer haben mir
gegenüber darauf hingewiesen, dass sie sich aufgrund eigener
Initiative in ihrer Freizeit durch freiwillige Einsätze
im zivilen Rettungsdienst die erforderliche praktische Erfahrung
aneignen.
Die angesprochenen Ausbildungsdefizite sind sehr ernst
zu nehmen, denn sie können in der Regel während des
Einsatzes nicht nachgeholt werden. Um den Einsatzerfordernissen
gerecht zu werden, hat der Inspekteur des Sanitätswesens
inzwischen angewiesen, dass in Afghanistan
außerhalb von Lagern nur noch Arzttrupps eingesetzt
werden dürfen, wenn sie mit einem qualifizierten Rettungsmediziner,
das heißt einem Sanitätsoffizier Arzt-
Rettungsmedizin („BAT-Arzt“), besetzt sind. Voraussetzung
dafür ist allerdings, dass hinreichend Rettungsmediziner
zur Verfügung stehen. Künftig ist deshalb für jeden
Sanitätsoffizier-Arzt der Lehrgang „Notfallmedizin“ verpflichtend.
Die einsatzchirurgische Weiterbildung wurde mit dem
Ziel eines höheren traumatologischen Kompetenzerwerbs
2009 neu konzipiert. Auch Rettungsassistenten und EinDeutscher
Bundestag – 17. Wahlperiode – 55 – Drucksache 17/900
satzsanitäter sollen durch Einsätze im zivilen Rettungsdienst
mehr Wissen und Erfahrung sammeln, um im Einsatz
bestehen zu können. Außerdem soll die allgemeine
Sanitätsausbildung der Truppe verbessert werden, um im
Einsatz gegebenenfalls auch ohne Sanitätspersonal qualifizierte
„Erste Hilfe“ leisten zu können.
12.7 Grundversorgung der Soldaten !
im Inland
Auch wenn nach Umfragen ein Großteil unserer Soldatinnen
und Soldaten mit dem Sanitätsdienst zufrieden ist,
beschwerten sich mir gegenüber immer wieder Soldaten-
Patienten über die Realversorgung. Dazu gehörten Klagen,
die ich schon seit Jahren höre: Ständiger Wechsel bei
den behandelnden Ärzten, lange Anfahrtswege zu den Sanitätszentren,
lange Wartezeiten, Nichteinhaltung von
Terminen, häufige Notfallsprechstunden und Begutachtungen,
die mehrere Wochen dauern. Seit kurzem wird
auch die telefonische Erreichbarkeit von Sanitätseinrichtungen
bemängelt. Der Grund dafür ist offenbar, dass die
Einrichtungen nicht mehr direkt angewählt werden können,
sondern neu eingerichtete zentrale Fernsprechvermittlungsstellen
den Kontakt herstellen. Die dortige
Auskunfts- und Vermittlungstätigkeit muss verbessert
werden.
Auch mit Beratungs- und Behandlungsfehlern musste ich
mich 2009 wieder befassen.
Zwei Beispiele:
Eine Soldatin beklagte sich über einen Vertragsarzt, der
anlässlich diagnostischer Untersuchungen für eine „Kinderwunschtherapie“
sinngemäß geäußert habe, dass die
Natur sehr intelligent sei und bestimme, wer Kinder bekommen
dürfe und wer nicht, wer sein Erbgut weitergeben
solle und wer nicht, und dass jemand mit einer Erkrankung
(gemeint war die Petentin) vielleicht keine
Kinder bekommen solle. Der eingeschaltete Führungsstab
des Sanitätsdienstes bedauerte gegenüber der Soldatin
diese inakzeptablen Äußerungen. Der Vertragsarzt wurde
aufgefordert, sich künftig im Ton zu mäßigen und die notwendige
Sensibilität im Umgang mit Patienten aufzubringen.
Im Rahmen einer Vorsorgeuntersuchung wurde bei einem
Petenten Darmkrebs festgestellt. Die entnommene Probe
wurde im Bundeswehrkrankenhaus untersucht und dabei
eine erbliche Veranlagung zur Ausbildung bösartiger Tumore
festgestellt. Dieser Befund erreichte jedoch weder
das den Petenten operierende zivile Krankenhaus noch
den zuständigen Bundeswehrarzt. Der Befund wurde
zwar in der G-Karte abgelegt, fand aber keine weitere Beachtung.
Erst im Rahmen einer späteren Tumornachsorgeuntersuchung
fiel dem untersuchenden Sanitätsoffizier
dieser Befund auf und wurde dem Patienten eröffnet. Der
eingeschaltete Führungsstab des Sanitätsdienstes stellte
fest, dass, bedingt durch die Vielzahl der beteiligten Einrichtungen,
ein Kommunikationsversagen mit Informationsverlusten
zwischen Bundeswehrkrankenhäusern,
regionalen Sanitätseinrichtungen sowie dem Zentralen
Sanitätsdienst der Bundeswehr und dem Sanitätsdienst
der Marine eingetreten ist. Deshalb wurde der Fall anonymisiert
zur beispielhaften Darstellung der Notwendigkeit
ausführlicher Dokumentation in den Gesundheitsunterlagen
sowie der umfassenden Aufklärungspflicht der Sanitätsoffiziere
auf einer Tagung der Leitenden Sanitätsoffiziere
genutzt. Gegenüber dem Petenten wurde die
unterbliebene Information bedauert.
12.8 Posttraumatische Belastungsstörungen
Ein Thema, das mich seit Beginn meiner Amtszeit beschäftigt,
sind die psychischen Belastungen der Soldatinnen
und Soldaten im Auslandseinsatz und deren mögliche
gesundheitliche Folgen.
Nicht zuletzt durch zwei Spielfilme im deutschen Fernsehen
sind Posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS)
infolge eines Auslandseinsatzes verstärkt ins Blickfeld
der Öffentlichkeit gerückt.
Die Anzahl der an PTBS erkrankten Soldatinnen und Soldaten
hat sich seit Beginn der Auslandseinsätze der Bundeswehr
kontinuierlich erhöht. 2009 sind insgesamt
466 Soldatinnen und Soldaten mit der Diagnose PTBS
behandelt worden. Damit hat sich die Anzahl der PTBSErkrankten
gegenüber 2008 mit 245 Fällen nochmals
deutlich fast verdoppelt. Fast 90 Prozent der PTBS-Fälle
(418) entfallen auf Soldaten des ISAF-Kontingents. Für
den Anstieg gibt es zwei wesentliche Gründe: zum einen
die erhöhte Zahl der Soldaten im Einsatz, zum anderen
die Zunahme der Einsatzintensität und die kriegsähnlichen
Verhältnisse in Afghanistan, insbesondere im Raum
Kunduz.
Nach wie vor ungeklärt ist die Dunkelziffer psychisch erkrankter
Soldaten. Nach meinen Erkenntnissen werden in
der Truppe psychische Erkrankungen nach wie vor als
stigmatisierend empfunden und von Betroffenen insbesondere
aus Angst vor persönlichen Nachteilen nicht offenbart.
Es ist deshalb davon auszugehen, dass die tatsächliche
Zahl psychisch Erkrankter um einiges höher
liegt als die festgestellten Fälle. Um eine verlässliche Abschätzung
der Größenordnung des Problems zu erhalten,
wurde inzwischen ein entsprechender Forschungsauftrag
vergeben (so genannte „Dunkelziffer-Studie“). Dies ist
ausdrücklich zu begrüßen.
Psychische Belastungsstörungen dürfen auch in der Bundeswehr
kein Tabu-Thema mehr sein. Psychische Störungen
wie PTBS müssen genauso wie körperliche Verletzungen
akzeptiert werden und dürfen nicht zu beruflichen
Nachteilen für die betroffenen Soldatinnen und Soldaten
führen. Die verantwortlichen Vorgesetzten auf allen
Ebenen müssen noch weitergehender als bisher für diese
Thematik sensibilisiert werden. Vorbehalte gilt es abzubauen.
Was Informationen rund um das Thema PTBS angeht,
wird das private Online-Beratungsangebot „www.angriffauf-
die-seele.de“, über das ich im letzten Jahr berichtet
habe, inzwischen gut angenommen, und bietet kompetente
Informationen und fachliche Beratung im Zusammenhang
mit PTBS an. Das ungebrochene Interesse an
diesem Angebot zeigt die große Anzahl der Zugriffe von


Drucksache 17/900 – 56 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
circa 140 000 pro Monat. Mein besonderer Dank gilt
Hauptfeldwebel Frank Eggen für das von ihm ehrenamtlich
geführte Online-Portal sowie Oberstarzt Dr. Peter
Zimmermann aus dem Bundeswehrkrankenhaus Berlin
für die fachkundige Unterstützung und Beratung dieser
Internetplattform. Als Schirmherr unterstütze ich dieses
Forum durch einen engen Meinungsaustausch. Diese beispielhafte
Privatinitiative soll künftig zur besseren rechtlichen
Absicherung in Vereinsform weitergeführt werden.
Seitens der Bundeswehr ist 2009 eine kostenlose anonyme
Telefon-Hotline sowie ebenfalls eine Online-Beratung
(„www.ptbs-hilfe.de“) hinzugekommen.
Der in Gedenken an das im Jahr 2003 in Kabul verübte
Busattentat im Jahr 2009 gegründete Verein „Traumalos
e.V.“ mit dem Internetportal „www.traumalos.de“ bietet
Traumatisierten durch Information und Beratung Hilfe
an. Eine weitere private Initiative ging im Berichtsjahr
von Frau Birgit Klimkiewicz, der Mutter eines nach einem
Afghanistaneinsatz an PTBS erkrankten Soldaten,
aus. Auch sie hat vor kurzem aufgrund ihrer Erfahrungen
mit der Erkrankung ihres Sohnes eine Selbsthilfegruppe
für Angehörige psychisch erkrankter Soldaten ins Leben
gerufen. Die Selbsthilfegruppe „Eisblume“ bietet unter
dem Dach der „Jenny-Böken-Stiftung“ ihre Hilfe an.
Das Erkennen und Eingehen auf PTBS ist eine zentrale
Aufgabe der Vorgesetzten sowie der in den psychosozialen
Netzwerken zusammengefassten Truppenärzte, Truppenpsychologen,
Militärseelsorger und Sozialarbeiter.
Inzwischen gibt es 79 standortbezogene psychosoziale
Netzwerke.
Belastete Soldatinnen und Soldaten ohne Anzeichen einer
therapiepflichtigen psychischen Erkrankung können im
Rahmen eines Erholungskonzeptes im vortherapeutischen
Raum eine Präventivkur zur Unterstützung ihrer Regeneration
durchführen. Seit 2005 nimmt die Anzahl der Präventivkuren
kontinuierlich zu, wobei die Anzahl genehmigter
Kuren im Berichtsjahr mit rund 1 440 gegenüber
653 im Vorjahr nochmals um mehr als das Doppelte gestiegen
ist. Die Durchführung der Präventivkuren erfolgt
in acht ausgewählten zivilen Einrichtungen.
Die Diagnostik und Behandlung psychisch traumatisierter
Soldatinnen und Soldaten erfolgt grundsätzlich an den
Bundeswehrkrankenhäusern und Fachsanitätszentren.
Allerdings ist die Bundeswehr für die Behandlung traumatisierter
Soldaten – auch 17 Jahre nach dem Auslandseinsatz
– noch nicht ausreichend gerüstet. Die Personalsituation
insbesondere bei den Fachärzten für Psychiatrie
ist äußerst angespannt. Von derzeit 38 besetzbaren
Dienstposten Sanitätsstabsoffizier-Psychiater sind nur
22 besetzt. Die Personalengpässe haben bereits zur vorübergehenden
Schließung einer Ambulanz und einer
Bettenstation in den Abteilungen für Psychiatrie zweier
Bundeswehrkrankenhäuser geführt. Im Afghanistaneinsatz
steht für rund 4 500 Soldaten gerade einmal ein Psychiater
zur Verfügung.
Daraus resultierende Engpässe bei der Diagnostik und
Behandlung sollen nach Vorgabe des Ministeriums durch
Inanspruchnahme ziviler Einrichtungen kompensiert werden.
Dies ist meines Erachtens nicht ausreichend. Der Sanitätsdienst
der Bundeswehr sollte selbst in der Lage sein,
allen betroffenen Soldatinnen und Soldaten die notwendigen
Untersuchungen und Behandlungen schwerpunktmäßig
in Traumazentren anzubieten. Zivile Einrichtungen
sollten nur ausnahmsweise in diesen Prozess einbezogen
werden. Nach meinen Informationen fühlen sich einige
zivile Therapeuten mit der Behandlung von Soldaten
überfordert oder lehnen sie ab. Die Bundeswehr muss daher
alle Möglichkeiten ausschöpfen, um hinreichend
Fachärzte zu gewinnen. Dabei sollte vor allem die Attraktivität
des Dienste für diese Berufsgruppe verbessert werden.
PTBS sind häufig Gegenstand von Wehrdienstbeschädigungsverfahren
(WDB-Verfahren). Nach Auskunft des
Bundesministeriums der Verteidigung wurden bis heute
über 600 WDB-Verfahren wegen PTBS durchgeführt. In
weniger als einem Drittel der Fälle wurde eine WDB anerkannt.
Die hohe Zahl abgelehnter WDB-Anträge ist vor
allem auf die schwere Beurteilung der Kausalität zwischen
Einsatz und Erkrankung zurückzuführen, insbesondere
wenn die Erkrankung in einem größeren zeitlichen
Abstand zu dem Auslandseinsatz auftritt. Vor dem Hintergrund
der besonderen Fürsorgepflicht des Dienstherrn
sollte darüber nachgedacht werden, ob angesichts des
schwer zu führenden Beweises die Kausalität zwischen
dem Einsatz und der Erkrankung mit der Möglichkeit des
Gegenbeweises durch den Dienstherrn unterstellt werden
kann.
Die bundeswehreigene Forschung auf dem Gebiet der
psychischen Gesundheit wird seit dem 1. Mai 2009 durch
den Fachbereich Psychische Gesundheit am Institut für
den medizinischen Arbeits- und Umweltschutz in Berlin
wahrgenommen. Ich stand dieser Konzeption von Anfang
an skeptisch gegenüber. Ein unangemeldeter Besuch dieser
Einrichtung hat mich in dieser Haltung bestärkt. Die
Dienstpostenausstattung ist für ein Forschungsinstitut
nicht ausreichend. Auch die technische Ausstattung ist
unzureichend. Ob unter solchen Rahmenbedingungen
Forschungsleistungen in angemessenem Umfang und guter
Qualität erbracht werden können, erscheint zumindest
zweifelhaft. Das wird auch von anderer Seite so gesehen.
Erhebliche Kritik an der Forschungsqualität des Instituts
wurde vom Wissenschaftsrat geäußert.
Ein PTBS-Kompetenzzentrum, wie es der Deutsche Bundestag
2009 gefordert hat, muss nach meiner Überzeugung
als zentrales eigenständiges Institut arbeiten und
forschen können und dazu mit ausreichend finanziellen
Mitteln und hinreichend qualifiziertem Personal ausgestattet
werden. Bei der Personalgewinnung wird auch die
Attraktivität des Forschungsangebotes eine entscheidende
Rolle spielen. Zudem halte ich eine enge Verzahnung der
Forschung mit der Diagnostik und Behandlung in den
Bundeswehrkrankenhäusern für erforderlich, um der Bedeutung
eines Forschungs- und Kompetenzzentrums für
PTBS für die Bundeswehr gerecht zu werden, an dem
Wissenschaftstransfer stattfinden kann. Auch in dem Koalitionsvertrag
der neuen Bundesregierung wird die BeDeutscher
Bundestag – 17. Wahlperiode – 57 – Drucksache 17/900
deutung eines solchen Zentrums herausgestellt, wenn darauf
hingewiesen wird, dass „für infolge belastender
Ereignisse traumatisierte Soldatinnen und Soldaten die
Einrichtung eines Traumazentrums mit Priorität verfolgt
werden soll“.
12.9 Erschwernisse im Rahmen der
Bearbeitung von Wehrdienstbeschädigungsverfahren
Nach § 80 des Soldatenversorgungsgesetzes erhält ein
Soldat, der eine Wehrdienstbeschädigung erlitten hat, auf
Antrag eine Versorgung. Die Dauer der Bearbeitung der
beantragten Wehrdienstbeschädigungsverfahren ist seit
langem Quelle von Beanstandungen.
Das Verfahren selbst läuft regelmäßig wie folgt ab: Sachverhaltsermittlungen
durch die Wehrbereichsverwaltung
(WBV), anschließend versorgungsmedizinische gutachterliche
Stellungnahme zur Beurteilung des kausalen
Zusammenhanges zwischen Gesundheitsstörung und
Wehrdienst mit Festlegung der Minderung der Erwerbsfähigkeit
durch das Sanitätsamt der Bundeswehr sowie abschließend
Erstellung eines rechtsmittelfähigen Bescheides
durch die zuständige WBV auf der Grundlage der
versorgungsmedizinischen Stellungnahme.
Dieser Verfahrensablauf birgt verschiedene Erschwernisse
und Hemmnisse. Dazu gehören unter anderem die
Verlängerung der Bearbeitungsdauer durch schwierige
Ermittlungen, mangelnde Mitarbeit der Verfahrensbeteiligten
sowie sich widersprechende fachärztliche Gutachten
beziehungsweise gutachterliche Äußerungen durch
Ärzte ohne die hierzu erforderliche sozialmedizinische
Qualifikation, so dass das Sanitätsamt häufig noch ein
weiteres versorgungsmedizinisches Gutachten erstellen
muss. Darüber hinaus geht nach Beendigung des Wehrdienstes
die Zuständigkeit für das WDB-Verfahren auf
die Versorgungsämter der Länder über. Diese haben aufgrund
von Personalabbau Kapazitätsprobleme bei der Bearbeitung.
Die zahlreichen Unwägbarkeiten des gesamten teilweise
durch die Einschaltung von Gerichten noch verlängerten
Verfahrens, die zu einer langjährigen Bearbeitungsdauer
führen können, lassen bei Betroffenen immer wieder den
Vorwurf mangelnder Transparenz des Verfahrens aufkommen.
Der Nachweis der Kausalität zwischen der Gesundheitsstörung
und dem Wehrdienst ist zentraler Bestandteil der
Begutachtung und entscheidend für die Anerkennung einer
WDB. Insbesondere wenn es um posttraumatische
Belastungsstörungen geht, ist neben der schwierigen Abgrenzung
zu Anpassungsstörungen die Kausalität zwischen
Einsatz und Erkrankung schwer nachzuweisen. Gelingt
es nicht, den Beweis des Ursachenzusammenhangs
zu führen, geht dieses Risiko zu Lasten des WDB-Antragstellers.
Vor diesem Hintergrund stellt sich im Interesse
der Betroffenen, zumeist Einsatzheimkehrer, aus
meiner Sicht die Frage, ob es notwendig und zielführend
ist, dass die Kausalität im WDB-Verfahren positiv festgestellt
werden muss, oder ob ein Kausalitätszusammenhang
nicht unterstellt werden sollte mit der Möglichkeit
des Gegenbeweises durch den Dienstherrn.
Welche Folgen die bestehende Beweislast für einen Betroffenen
haben kann, zeigte mir der Fall eines Oberstleutnants,
der eine einsatzbedingte psychische Belastungsstörung geltend
machte. Die zuständige Wehrbereichsverwaltung
lehnte zunächst eine Wehrdienstbeschädigung wegen fehlenden
ursächlichen Zusammenhangs zwischen Wehrdienstleistung
und Gesundheitsstörung ab und führte die
Symptome auf „frühkindliche Erlebnisse“ zurück. Erst im
Rahmen der von mir angestoßenen Überprüfung wurde
der Beschwerde des Betroffenen stattgegeben und eine
einsatzbedingte PTBS mit der Folge eines Schadensausgleichs
anerkannt. Dieser und andere mir bekannte Fälle
machen deutlich, wie schwer es Betroffenen häufig fällt,
eine PTBS als Grundlage für Ausgleichsansprüche nachzuweisen.
Ein Beispiel eines überlangen WDB-Verfahrens sei an
dieser Stelle erwähnt:
Im August 2002 wurde ein Soldat auf der Heimfahrt vom
Dienst in einen Verkehrsunfall verwickelt, bei dem er sich
Verletzungen im Bereich der Halswirbelsäule zuzog. Auf
Antrag des Soldaten wurde Anfang 2003 das WDB-Verfahren
durch die WBV eingeleitet. Die Sachverhaltsermittlungen
wurden erst im Mai 2005 zum Abschluss
gebracht. Wegen fehlender Festlegung der Minderung der
Erwerbsfähigkeit durch das Sanitätsamt musste der Vorgang
im Oktober 2005 erneut dorthin zurückgegeben
werden. Im Dezember 2005 schlug das Sanitätsamt die
Einholung eines orthopädischen Fachgutachtens im Bundeswehrkrankenhaus
vor. Trotz mehrerer Erinnerungen
ging das Gutachten erst im Juni 2009, das heißt dreieinhalb
Jahre nach Erteilung des Gutachtenauftrags bei der
WBV ein. Parallel dazu wurde im April 2003 im Auftrag
der Versicherung des Verunfallten ein Gutachten zur Feststellung
der Unfallfolgen erstellt. Dazu erbat die WBV
Anfang 2005 eine truppenärztliche Stellungnahme. Diese
lag trotz Mahnungen erst im Juni 2009 vor. Nach Vorliegen
des versorgungsmedizinischen Gutachtens durch das
Sanitätsamt konnte erst gegen Ende des Jahres 2009 über
den WDB-Antrag entschieden werden. Bei Durchsicht
der WDB-Akte im Rahmen der von mir initiierten Überprüfung
wurde der wesentliche Grund der Verzögerungen
bei der Bearbeitung deutlich: Die Kontinuität der truppenärztlichen
Behandlung als Voraussetzung der Kontrolle
des Ablaufs des WDB-Verfahrens war nicht gegeben.
Durch Dienststellenwechsel wurde der Antragsteller
im Zeitraum von 2003 bis 2007 von 12 unterschiedlichen
Truppenärzten betreut. Für den Petenten war das WDBVerfahren
wegen der nicht geklärten Höhe des Versorgungsanspruchs
Ende 2009 immer noch nicht abgeschlossen.
Dieses abschreckende Beispiel ist ein deutlicher Beleg
dafür, wie wichtig die ständige Überwachung eines
WDB-Verfahrens durch einen mit dem Verfahren betrauten
Truppenarzt ist.
12.10 Radarstrahlenproblematik
2009 befasste sich der Verteidigungsausschuss des Deutschen
Bundestages erneut mit der Radarstrahlenproblema-

 

Drucksache 17/900 – 58 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
tik und ließ sich vom Bundesministerium der Verteidigung
über den aktuellen Sachstand der Versorgungsanträge berichten.
Mit dem Interessenverband der Radarstrahlenopfer,
dem „Bund zur Unterstützung Radargeschädigter
e.V.“, stehe ich in Kontakt.
Folgender Fall gibt mir Veranlassung, diese Problematik
nochmals aufzugreifen. Ein Radarstrahlenbetroffener
hatte sich im Juni 2000 an mein Amt gewandt. Nach Ablehnung
seines Antrages auf eine Entschädigungsleistung
durch die Bundeswehrverwaltung klagte er vor dem Verwaltungsgericht.
Seine Klage hatte vor dem Oberverwaltungsgericht
Erfolg. Der Bund wurde verpflichtet, die Erkrankung
des Klägers als Berufskrankheit anzuerkennen
und Entschädigung zu leisten. Trotz meiner Anregung,
das Verfahren nach neun Jahren im Interesse des Betroffenen
zu beenden, legte das Ministerium wegen der möglichen
Präzedenzwirkung noch das zulässige Rechtsmittel
ein. Dieses Verhalten ist für mich im Hinblick auf das
persönliche Schicksal des Petenten nicht nachvollziehbar.
Ich appelliere, in den wenigen noch offenen Fällen die
Betroffenen endlich angemessen zu entschädigen.
12.11 Dauer der Beihilfebearbeitung
Seit Jahren ist wegen der steigenden Zahl der Versorgungsempfänger
ein kontinuierlicher Zuwachs der
Beihilfeanträge zu verzeichnen. Um deren Bearbeitungszeiten
zu senken, hatte das Bundesministerium der Verteidigung
bereits im Mai 2008 einen umfangreichen
Maßnahmenkatalog erlassen. Die Zielvorgabe einer
durchschnittlichen Bearbeitungszeit von 9 Arbeitstagen
und einer Höchstbearbeitungszeit von 15 Arbeitstagen
wurde bis Ende September 2008 annähernd erreicht. Danach
stiegen die Bearbeitungszeiten, insbesondere im Bereich
der WBV West wieder deutlich an. 2009 erreichten
mich hierzu rund 70 Eingaben.
Das Bundesministerium der Verteidigung berichtete mir
dazu, dass ab Oktober 2008 EDV-Probleme aufgetreten
waren. Im Februar 2009 habe ein fehlerhaftes Datenverarbeitungsprogramm
mit einem Totalausfall des Beihilfeabrechnungssystems
zu erheblichen weiteren Verzögerungen
geführt. Ein hoher Krankenstand in der WBV
West sowie die Umsetzung der zum Jahresanfang in Kraft
getretenen Bundesbeihilfeverordnung und eine gestiegene
Zahl von Widersprüchen hätten zusätzlichen Arbeitsaufwand
verursacht. Zwischenzeitlich sei ein Arbeitsrückstau
von bis zu 35 000 Anträgen eingetreten.
Zum 1. März 2009 wurden daraufhin 30 zusätzliche Beihilfedienstposten,
davon 14 in der WBV West eingerichtet,
deren Besetzung zum 1. Juli 2009 erfolgte. Die neuen
Mitarbeiter mussten zunächst ausgebildet werden, so dass
sie erst danach zu einer nachhaltigen Reduzierung der
Antragsrückstände beitragen konnten. Weiterhin wurden
zur kurzfristigen Entlastung rund 11 Prozent der Beihilfeakten
der WBV West auf andere Beihilfestellen verlagert.
Auch wenn die Bundesbeihilfeverordnung keine zeitliche
Vorgabe für die Bearbeitung von Anträgen enthält, gebietet
es die Fürsorgepflicht des Dienstherrn, das Erstattungsverfahren
so zu gestalten, dass die Betroffenen
rechtzeitig vor Ablauf der von den Ärzten vorgegebenen
Zahlungsziele (in der Regel 2 bis 4 Wochen) über die Erstattungsbeträge
verfügen können. Jedenfalls sind monatelange
Bearbeitungszeiten mit der Fürsorgepflicht nicht
vereinbar. Deshalb erwarte ich, dass das Ministerium
auch weiterhin alles unternimmt, um bundesweit die
selbstgesetzte Zielvorgabe einer maximalen Bearbeitungsdauer
von drei Wochen umzusetzen. Auch wenn
vom Ministerium Gründe für den Arbeitsrückstand vorgetragen
wurden, bleibt die Frage, warum sie in dieser
massiven Form nur im Bereich der WBV West auftraten.
13 Infrastruktur
13.1 Verfahren bei Baumaßnahmen
Aufgrund der grundgesetzlichen Trennung von Streitkräften
und Bundeswehrverwaltung sind die Streitkräfte für
die Durchführung von Baumaßnahmen auf die Wehrverwaltung
angewiesen. Da Aufgaben des Bauwesens nicht
auf die Bundeswehrverwaltung übertragen worden sind
– was nach Artikel 87b Absatz 1 Satz 3 Grundgesetz
möglich wäre –, darf die Wehrverwaltung nur bauplanerische
Vorarbeiten durchführen, während für die Bauausführung
die Bauverwaltungen der Länder zuständig sind.
Baumaßnahmen der Bundeswehr erfordern danach die
Zusammenarbeit der Streitkräfte, der Bundeswehrverwaltung,
der Bauverwaltungen der Länder und in der Regel
die haushaltsrechtliche Zustimmung des Bundesministers
der Finanzen (BMF). Dieses mehrstufige Verfahren, das
durch die Einschaltung von Kontrollinstanzen auf den
verschiedenen Ebenen noch komplexer wird – teilweise
sind über 10 Stellen beteiligt –, führt dazu, dass eine verlässliche
zeitliche Planung kaum möglich ist. Planung
und Realisierung von Bauvorhaben der Bundeswehr dauern
deshalb selbst unter günstigen Bedingungen oft mehrere
Jahre. Zudem führen Schwankungen in den jährlichen
Mittelzuweisungen zu Eingriffen in bestehende
Planungen und laufende Bauvorhaben. Selbst wichtige
Vorhaben sind davon nicht ausgenommen. Durch derart
bedingte Verzögerungen werden teilweise die Notwendigkeit
und Zweckmäßigkeit von Bauvorhaben überholt
und machen Neuplanungen erforderlich. Erschwerend
kommt hinzu, dass durch die verstärkte Bautätigkeit der
Bundeswehr aufgrund des laufenden Modernisierungsprogramms
die Planungskapazitäten der Landesbauverwaltungen
überfordert sind.
Welche zeitlichen Verzögerungen sich aufgrund der
Haushaltsvorgaben und der komplexen Organisationsstruktur
im Bereich der Bauvorhaben ergeben können,
zeigte sehr deutlich die Planung und Fertigstellung des
Abfertigungsgebäudes für die Flugbereitschaft des Bundesministeriums
der Verteidigung auf dem Flughafen
Köln/Bonn. Die Planung begann bereits im Jahr 1995.
Durch die erforderlichen baulichen Änderungen aufgrund
einer Überarbeitung des Sicherheitskonzepts und neuer
Vorgaben des Luftsicherheitsgesetzes und wegen der damit
verbundenen Kostensteigerungen sowie haushaltsmäßigen
Anerkennung der Mehrkosten erfolgte die ÜberDeutscher
Bundestag – 17. Wahlperiode – 59 – Drucksache 17/900
gabe des Neubaus erst 2009, so dass der Zeitraum von der
Planung bis zur Gebäudeübergabe rund 15 Jahre betrug.
Die militärischen Bedarfsträger und Nutzer vor Ort, die
die militärischen Infrastrukturforderungen stellen, sind
– wie dargestellt – auf Entscheidungen der Wehrverwaltung,
der Landesbauverwaltungen sowie die Zustimmung
des BMF angewiesen. Die Nutzer beklagen mir gegenüber
häufig, auf das Verfahren, insbesondere die eigentliche
Bauausführung, kaum Einfluss zu haben. Obgleich
sie Fehlentwicklungen bei der Bauausführung vor Ort am
ehesten erkennen könnten, hätten sie kaum Möglichkeiten
zum Eingreifen. Den Ausspruch von für die Infrastruktur
Verantwortlichen „Öffentliches Bauen dauert
Jahre. Das ist ärgerlich.“ höre ich in diesem Zusammenhang
immer wieder.
Bereits in meinen beiden letzten Jahresberichten hatte ich
auf die komplexen und teilweise unübersichtlichen Zuständigkeiten
bei Baumaßnahmen hingewiesen. Es sollte
weiterhin geprüft werden, wie das Verfahren durch Straffung
und Bündelung von Aufgaben überschaubarer gestaltet
und zeitlich gekürzt werden kann. Dabei sollten
insbesondere die Nutzer vor Ort bei der Bauausführung
und deren Kontrolle stärker eingebunden werden.
13.2 Infrastrukturmängel
Auch 2009 erreichten mich zahlreiche Eingaben, in denen
Mängel der Infrastruktur beanstandet wurden. Es zeichnet
sich indes ab, dass deren Anzahl nachlässt. Gleichwohl
gibt es trotz aller Fortschritte noch Sanierungsbedarf wie
die nachfolgenden Beispiele zeigen.
Von einem Einheitsführer wurde beanstandet, dass die
Sanierung der sanitären Einrichtungen in einem Unterkunftsgebäude
in der Oberfeldkaserne in Immendingen
auch nach sechs Monaten noch nicht abgeschlossen sei.
Die beauftragten Unternehmen seien häufig gar nicht anzutreffen.
Seine Soldaten müssten die Sanitäranlagen in
einem Nachbargebäude nutzen, was gerade im Winter unzumutbar
sei. Die Prüfung ergab, dass die Verschiebung
der Arbeiten auf einem Verzug des beauftragten Unternehmens
beruhte. Das für die Vertragsabwicklung zuständige
staatliche Hochbauamt Freiburg war gehalten, die
säumige Firma zunächst nach der Vergabe- und Vertragsordnung
für Bauleistungen (VOB) mehrfach in Verzug zu
setzen. Trotzdem wurden nur Teilleistungen erbracht. Auf
eine Vertragskündigung wurde wegen der mit einer Neuausschreibung
verbundenen zeitlichen Verzögerung
verzichtet und zeitnah eine letzte Nachfrist zur Leistungserfüllung
mit Androhung von Auftragsentzug und Schadensersatzforderungen
gesetzt. Dieser Nachfrist kam das
Unternehmen inzwischen nach, die Sanitäranlagen konnten
wieder zur Nutzung freigegeben werden.
Der Fall zeigt beispielhaft, wie neben der komplexen Zuständigkeitsaufteilung
bei der Ausführung von Baumaßnahmen
auch zwingende Vorschriften des öffentlichen
Vergaberechts zu erheblichen Verzögerungen führen können,
weil sie keine so flexiblen Reaktionen bei Leistungsstörungen
erlauben, wie sie einem privaten Vertragspartner
möglich wären.
Ein in der Waldkaserne in Hilden stationierter Soldat berichtete
über vermehrten Schimmelbefall im Keller und in
Unterkunftsräumen, der nach seiner Einlassung mit einem
gehäuften Auftreten von Atemwegserkrankungen
einherging. Das Bundesministerium der Verteidigung berichtete
dazu, die überwiegend in den 30iger Jahren errichteten
Gebäude wiesen in den Kellerräumen seit einigen
Jahren Feuchtigkeitsschäden auf, was wegen der
fehlenden Dauernutzung des Kellers für den Aufenthalt
von Personen kein gravierendes Problem darstelle. In einem
Gebäude sei indes auch in den Unterkunftsräumen
Schimmel aufgetreten, was zu deren Schließung geführt
habe. Der vom Petenten vermutete Zusammenhang mit den
verstärkt auftretenden Atemwegserkrankungen müsse bestätigt
werden. Bei den Nutzern seien gehäuft unspezifische
Symptome wie Bindehaut-, Hals- und Nasenreizungen
sowie Husten, Kopfschmerzen und Müdigkeit
aufgetreten, die bei längerer Nichtnutzung der Gebäude
rasch abgeklungen seien. Dies deute auf einen Zusammenhang
hin. Auch wenn es sich nicht um ernsthafte Erkrankungen
handele, seien sofortige Sanierungsmaßnahmen
beziehungsweise eine Einstellung der Nutzung
verfügt worden. Das Gebäude solle 2010 grundsaniert
werden.
Der Vorgang zeigt, dass die mir immer wieder berichteten
Fälle von Schimmelbefall wegen der möglichen gesundheitlichen
Auswirkungen auf die Soldaten ernst genommen
werden müssen.
13.3 Pendlerunterkünfte
Im Vorjahr hatte ich auf die Probleme der nicht unterkunftspflichtigen
Soldaten bei der Suche nach einer
bezahlbaren Unterkunft hingewiesen, wenn sie nach Vollendung
des 25. Lebensjahres die Kaserne mangels ausreichender
Unterkunftskapazitäten verlassen müssen. Eine
von mir angemahnte Lösung des Problems ist leider nicht
in Sicht; vielmehr verstärkt sich der Eindruck, dass die
hierzu eingeleiteten Pilotprojekte unter Mitwirkung der
g.e.b.b. auf der Stelle treten und bislang keine wesentlichen
Verbesserungen gebracht haben.
Ein wesentliches Hindernis dürften haushaltsrechtliche
Beschränkungen sein. Aus dem allgemeinen Fürsorgegedanken
des § 31 Soldatengesetz lassen sich nach Auffassung
des Bundesministeriums der Verteidigung keine
Ansprüche auf Bereitstellung von Unterkünften für nichtunterkunftspflichtige
Soldaten herleiten, weil die Fürsorgeleistungen
des Dienstherrn bei Versetzungen und
Kommandierungen durch spezialgesetzliche Regelungen
(Reisekosten-, Trennungsgeld- und Umzugskostenrecht)
abschließend konkretisiert sind. Da es schlechterdings an
einem militärischen Bedarf im Sinne des Haushaltsrechts
fehlt, dürfen für die in Pilotprojekten angedachten
Kooperationsmodelle mit der Wirtschaft keine Bundesmittel
eingebracht werden.
So hat das Bundesministerium der Verteidigung zu Überlegungen,
am Pilotprojektstandort Seedorf ein Grundstück
aus dem eigenen Ressortvermögen einem Investor
zur Errichtung mobiler Wohnheime zur Verfügung zu
stellen, darauf hingewiesen, dass dies nur im Rahmen ei-

 

Drucksache 17/900 – 60 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
ner zeitlich befristeten, entgeltlichen Mitbenutzung des
Grundstücks möglich sei. Vor diesem Hintergrund halte
ich es für notwendig zu prüfen, ob durch Änderungen im
Trennungsgeld- und Umzugskostenrecht, das abschließend
die Ansprüche der Soldaten regelt, zumindest finanzielle
Verbesserungen für die Soldaten erreicht werden
können. Dies könnte zum Beispiel durch eine gesetzliche
Wahlfreiheit zwischen Umzugskostenvergütung oder
Trennungsgeld und eine Pauschalvergütung erfolgen,
auch wenn dies zunächst keinen zusätzlichen Wohnraum
schafft.
Eine Verbesserung ist zwischenzeitlich beim Trennungsübernachtungsgeld
erfolgt. Bei der Ermittlung der ortsüblichen
Miete ist künftig nicht mehr vom Durchschnitt der
ermittelten Mieten, sondern von den festgestellten örtlichen
Höchstmieten auszugehen. Ich begrüße diese Regelung,
die insbesondere trennungsgeldberechtigten Pendlern
in Großstädten zugute kommt.
Dass es auch anders geht, zeigt das Beispiel Augustdorf,
wo durch weitgehende Eigeninitiative der Verantwortlichen
eine beispielhafte Lösung der Pendlerproblematik
gefunden werden konnte. Aufgrund der Umsetzung des
neuen Nutzungskonzepts für die General-Feldmarschall-
Rommel-Kaserne in Augustdorf war es notwendig, allen
nicht unterkunftspflichtigen Soldaten die Berechtigung
zum Wohnen in der Truppenunterkunft zu entziehen; lediglich
in 60 Härtefällen konnte eine befristete Ausnahmegenehmigung
erteilt werden. Von den circa 300 nicht
unterkunftspflichtigen Soldaten (Mannschaften und Unteroffiziere)
äußerten 200 den Wunsch nach Bereitstellung
einer Unterkunft in oder nahe der Kaserne. Als Ende
2006 ein ziviler Investor eine Siedlung in unmittelbarer
Nachbarschaft übernahm, konnte durch Zusammenarbeit
des Kasernenkommandanten mit der Gemeinde Augustdorf
der Investor bewegt werden, die Wohnungen so zu
gestalten, dass sie für pendelnde Soldaten attraktiv wurden.
Der Investor bietet Drei- und Fünf-Raumwohnungen
an, die als Wohngemeinschaften genutzt werden können
und je Einzelzimmer und Zimmergröße zwischen
175 und 225 Euro Warmmiete kosten. Er erhebt bei Soldaten
keine Kaution, begnügt sich mit einer Kündigungsfrist
von einem Monat und bietet eine Komplettmöblierung
einschließlich Einbauküche an. Der Mietpreis
beinhaltet auch Nebenkosten. Bereits 90 Pendler haben
von diesem attraktiven Angebot Gebrauch gemacht.
Auch an anderen Standorten werden unbürokratische Lösungen
gesucht. So versucht man in Laupheim, zivile Investoren
zu gewinnen, die bezahlbaren Wohnraum für
Pendler zur Verfügung stellen. Allerdings kann die Lösung
der Pendlerproblematik nicht allein von Eigeninitiativen
abhängen – der Dienstherr selbst muss nach einer
vernünftigen Lösung für alle Standorte suchen.
14 Zulagenwesen
14.1 Erhöhung der Stellenzulage für Piloten
Mit dem Dienstrechtsneuordnungsgesetz (DNeuG) vom
5. Februar 2009 wurde die Stellenzulage für bestimmtes
fliegendes Personal der Luftwaffe rückwirkend zum
1. Januar 2009 und befristet bis zum 31. Dezember 2014
erhöht. Sie beträgt nunmehr monatlich 600 Euro, ist aber
auf die Piloten der Luftwaffe beschränkt, die mit der Berechtigung
eines Kommandanten auf Transportflugzeugen
eingesetzt werden, für die eine Mindestbesatzung von
zwei Luftfahrzeugführern vorgesehen ist. Welche Flugzeuge
danach für die Gewährung der Zulage in Betracht
kommen, wurde durch Verwaltungsvorschrift festgelegt.
In 408 Eingaben wurde beanstandet, dass die Zulage nur
im Bereich der Luftwaffe gewährt werde, so dass Heeresflieger,
Hubschrauberpiloten, Marineflieger und Besatzungsmitglieder
der NATO E-3A-Verbände zu Unrecht
nicht berücksichtigt würden. Stattdessen forderten die Petenten
eine Berücksichtigung aller Flugzeugführer oder
eine angemessene Zulagenerhöhung für alle fliegenden
Besatzungsmitglieder, abgestuft nach Verantwortungsbereichen,
weil auch diese im Sinne einer Teamarbeit an
Bord eines Flugzeuges erhebliche Verantwortung hätten
und zum Gelingen eines Einsatzes beitrügen.
Das Bundesministerium der Verteidigung hatte die Erhöhung
der Zulage damit begründet, dass in den letzten
beiden Jahren eine nennenswerte Zahl erfahrener Spezialisten
die Bundeswehr vorzeitig verlassen habe. Dazu gehörten
insbesondere Luftfahrzeugführer mit Kommandantenberechtigung
auf Transportflugzeugen der Luftwaffe.
Ich halte die in den Eingaben erhobene Kritik im Wesentlichen
für begründet. Eine Erhöhung der Zulage nur für
solche Gruppen, die gegenwärtig eine verstärkte Abwanderungstendenz
zeigen, mag zwar unter Umständen deren
Verbleib in der Bundeswehr sichern, für andere Besatzungsmitglieder,
die einen qualitativ gleichwertigen
Dienst leisten, stellt dies aber eine Benachteiligung dar,
die demotivierend wirkt und das Gefühl und den Zusammenhalt
im fliegerischen Dienst erheblich beeinträchtigt.
Die Zulagenregelung ist unter Berücksichtigung ihres
Ziels und ihrer Wirkung daher unausgewogen und kann
allenfalls ein erster Schritt in Richtung einer Verbesserung
der Attraktivität des fliegerischen Dienstes sein.
14.2 Einführung einer Zulage für Sanitätsoffiziere
Mit dem Dienstrechtsneuordnungsgesetz wurde auch eine
Zulage für Sanitätsoffiziere Arzt mit der Fachkunde als
Rettungsmediziner und für Fachärzte in Höhe von
600 Euro monatlich eingeführt. In 21 Eingaben beanstandeten
Ärzte, dass die Zulage den Sanitätsoffizieren Zahnarzt,
Veterinärmedizin und Apotheker versagt werde, obwohl
auch diese für die Versorgung im Einsatz wie im
Inland keine geringere Bedeutung hätten. Unverständlich
sei, dass die Zulage nicht an die Einsatzfähigkeit für Auslandseinsätze
gebunden sei und somit auch im Inland tätige
Ärzte von ihr profitierten.
Von der Gewährung der Zulage sind etwa 800 Sanitätsoffiziere
Arzt, die weder im Fachgebiet tätige Fachärzte
noch Rettungsmediziner sind, ausgeschlossen. Nach Auskunft
des Bundesministeriums der Verteidigung war Anlass
für die Einführung der Zulage wie bei den Piloten der


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 61 – Drucksache 17/900
Umstand, dass qualifiziertes ärztliches Personal zunehmend
vorzeitig aus dem Dienstverhältnis ausschied.
Die Zulage stellt zum einen auf qualitative Merkmale wie
eine höherwertige Ausbildung bei Fachärzten oder das
Erfordernis einer höheren Bereitschaft zur Weiterbildung
ab, zum anderen auf das Kriterium der Abwanderungstendenz
und die Bedeutung der jeweiligen Arztgruppe für
die Einsatz- und Inlandsversorgung. Diese qualitativen
Kriterien überzeugen nicht. Es ist nicht einsehbar, dass
Unterschiede im Umfang der Ausbildungsdauer zum Beispiel
zwischen Humanmedizinern und Zahnärzten oder
des Umfangs der späteren Weiterbildung als Grund für
eine Differenzierung bei der Gewährung der Zulage herhalten
sollen, Unterschiede in der tatsächlichen Belastung
jedoch nicht berücksichtigt werden. Soweit auf das Kriterium
der Abwanderungstendenz abgestellt wird, mag die
Auswahl der begünstigten Gruppen von Sanitätsoffizieren
sinnvoll sein; grundsätzlich ist jedoch fragwürdig,
dieses Kriterium zum Anlass der Einführung einer Zulage
zu nehmen. Eine rein monetäre Vergünstigung nur für
solche Ärzte, die eine erhöhte Abwanderungstendenz
zeigen, muss für alle anderen Arztgruppen – zumal wenn
sie letztlich eine qualitativ gleichwertige Leistung erbringen
– demotivierend wirken. Ich halte daher die derzeitige
Zulagenregelung auch im Bereich der Ärzte für unausgewogen.
14.3 Erhöhung der Minentaucherzulage
Von den Minentauchern ist mir bei Truppenbesuchen immer
wieder vorgetragen worden, dass die ihnen zustehenden
Zulagen, die in der Vergangenheit durch Kürzung
und Versteuerung reduziert worden seien, den erheblichen
Anforderungen dieses Dienstes nicht mehr gerecht
würden. Die Tauchgänge erforderten eine sehr hohe körperliche
und psychische Belastbarkeit. Die bisherige Zulage
von nur rund 380 Euro führe dazu, dass Minentaucher
zu zivilen Landesräumkommandos oder zu anderen
Bundeswehrverbänden wie dem KSK abwanderten. Dadurch
sind erhebliche Nachwuchsprobleme bei den Minentauchern
entstanden; fast jeder zweite Dienstposten ist
nicht besetzt.
Der Inspekteur der Marine räumt der Lösung der personellen
Probleme der Minentaucher hohe Priorität ein. Bereits
2008 sei eine Ressortforderung erarbeitet worden, in
der eine Anhebung der Erschwerniszulage auf 550 Euro
vorgesehen gewesen sei, so dass die Minentaucher insgesamt
mit der Stellenzulage Zulagen in einer Gesamthöhe
von monatlich rund 700 Euro hätten erhalten können. Die
Erhöhung der Zulagen sei bis zur nächsten Legislaturperiode
zurückgestellt worden. Die bereits geleisteten
Vorarbeiten ermöglichten nach der Bundestagswahl ein
zügiges Handeln.
Ich halte die Forderung der Minentaucher angesichts ihres
Aufgabenspektrums und im Vergleich mit den Zulagen
für die Kampfschwimmer und Angehörigen des KSK
für berechtigt. Angesichts der Nachwuchsprobleme und
des damit drohenden Verlustes der Fähigkeit der Bundeswehr
zur eigenständigen Kampfmittelbeseitigung erwarte
ich, dass die Forderung nach einer angemessenen Anpassung
der Zulagen für Minentaucher nunmehr mit Nachdruck
umgesetzt wird. Neben ausschließlich monetären
Verbesserungen ist auch zu prüfen, inwieweit strukturelle,
laufbahnrechtliche und ausbildungstechnische Aspekte zu
einer Steigerung der Attraktivität des Dienstes bei den
Minentauchern genutzt werden können.
15 Umzugskostenzusage und
Versetzungspraxis
Seit 2003 regelt der Transformationserlass, dass die Versetzung
von Verheirateten beziehungsweise Unverheirateten
mit „berücksichtigungsfähigen“ Kindern auf
maximal drei Jahre, die von Unverheirateten mit einer berücksichtigungsfähigen
Wohnung auf maximal zwei
Jahre begrenzt wird. Dies hat zur Folge, dass die Zusage
der Umzugskostenvergütung (UKV) nicht erteilt wird
und die Betroffenen für die Zeitdauer der Versetzung Anspruch
auf Trennungsgeld haben. Der Erlass wurde bisher
jährlich verlängert, zuletzt bis Ende 2010.
Ein Luftwaffensoldat kritisierte, dass er im Oktober 2002
eine Versetzungsverfügung an seinen neuen Standort erhalten
habe, der geplante Dienstantritt aber erst für März
2005 vorgesehen gewesen sei. Der Dienstantritt habe
dann wegen Verzögerungen bis September 2006 verschoben
werden müssen. Zum Zeitpunkt der Zusage der Umzugskostenvergütung
habe er noch keinen eigenen Hausstand
besessen, so dass ihm die Umzugskostenzusage
erteilt worden sei mit der Folge, keine trennungsgeldrechtlichen
Ansprüche geltend machen zu können.
Seit Oktober 2003 verfüge er über einen berücksichtigungsfähigen
Hausstand. Wäre die Versetzung – wie bei
anderen Soldaten – zeitnah zum tatsächlichen Dienstantritt
verfügt worden, hätte sein Hausstand berücksichtigt
und auf eine UKV-Zusage verzichtet werden können.
Durch das Auseinanderfallen von Versetzungsverfügung
und tatsächlichem Dienstantritt habe er seinen Trennungsgeldanspruch
verloren und fühle sich benachteiligt.
Das Bundesministerium der Verteidigung wies darauf
hin, dass die zum Zeitpunkt der Versetzungsverfügung
wegen des fehlenden eigenen Hausstandes rechtlich korrekte
Entscheidung inzwischen bestandskräftig geworden
sei und deshalb eine Rücknahme oder ein Widerruf nach
dem Verwaltungsverfahrensgesetz nicht mehr in Betracht
komme. Die Diskrepanz zwischen Versetzungsverfügung
und tatsächlichem Dienstantritt erklärte das Ministerium
damit, dass die frühzeitige Versetzung aus Gründen der
STAN-Bewirtschaftung zwingend bereits zu diesem frühen
Zeitpunkt habe erfolgen müssen. Deshalb sei auch,
als sich eine weitere Verzögerung abzeichnete, eine Aufhebung
der Versetzung und deren spätere zeitnahe Neuverfügung
nicht möglich gewesen.
Dieses Ergebnis ist unbefriedigend. Den Betroffenen ist
es nicht zu vermitteln, dass sie im Gegensatz zu zeitnah
versetzten Soldaten in vergleichbarer Situation ihren
Trennungsgeldanspruch verlieren, weil der Dienstherr zu
einer anderen Personalplanung nicht im Stande ist. Für
mich stellt sich die Frage, ob hier nicht doch eine praxisnahe
Lösung zugunsten des Soldaten möglich gewesen
wäre.


Drucksache 17/900 – 62 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
16 Versicherungsschutz von Soldatinnen und
Soldaten, die an Auslandseinsätzen
teilnehmen
Neben den Versorgungsleistungen der Einsatz- und Beschädigtenversorgung
nach dem Soldatenversorgungsgesetz
ist für Einsatzteilnehmer der Lebens- und Unfallversicherungsschutz
von großer Bedeutung.
Nach Pressemitteilungen des vergangenen Jahres verweigerten
Versicherungsunternehmen zunehmend Leistungen
unter Hinweis auf die so genannte „Kriegsklausel“.
Die Lebens- und Unfallversicherungen zugrunde liegenden
Verträge enthalten regelmäßig einen Versicherungsausschluss
für Fälle, in denen die Schädigung „unmittelbar
oder mittelbar durch Kriegs- oder Bürgerkriegsereignisse“
verursacht wird. Diese Ausschlussklausel
(„Kriegsklausel“) ist seit Jahrzehnten Bestandteil der Versicherungsbedingungen.
In welchen Fällen die „Kriegsklausel“
zur Anwendung gelangt, ist Sache der Vereinbarung
zwischen den Vertragsparteien. Die Bundeswehr hat
darauf keinen Einfluss. Dies gilt auch, wenn ein Versicherer,
der das passive Kriegsrisiko in der Unfallversicherung
besonders mitversichert, diese besonderen Bedingungen
im Hinblick auf die Lage in Afghanistan kündigt.
Bei Lebens- und Unfallversicherungen gibt es unterschiedliche
„Kriegsklauseln“. Während in der Lebensversicherung
das so genannte. „passive Kriegsrisiko“ (die
Einschränkung der Leistungspflicht gilt nicht, wenn die
versicherte Person in unmittelbarem oder mittelbarem
Zusammenhang mit kriegerischen Ereignissen stirbt, an
denen sie nicht aktiv beteiligt war) bei vielen Versicherern
vom Versicherungsschutz erfasst wird, ist dieses Risiko
im Rahmen einer privaten Unfallversicherung nach
den zurzeit allgemein angewandten Versicherungsbedingungen
für Soldaten im Auslandseinsatz in aller Regel
nicht mit versicherbar. Ein Versicherungsschutz für das
„aktive Kriegsrisiko“, das heißt die aktive Teilnahme an
Kampfhandlungen, ist bislang – wenn überhaupt – nur in
begrenztem Umfang und gegen hohe Prämien zu erreichen.
Deshalb ist das neue Angebot einer französischen
Versicherung zu begrüßen, die auch deutsche Soldaten
gegen die Risiken von Kampfeinsätzen im Ausland absichert.
Damit Soldaten keine Einbußen bei ihrer privaten Vorsorge
erleiden, werden gemäß § 63b des Soldatenversorgungsgesetzes
seit dem 1. Juli 1992 Vermögensschäden
in angemessenem Umfang ausgeglichen, wenn sich Versicherer
auf die „Kriegsklausel“ berufen und deshalb
Leistungen verweigern. Dies bedeutet, dass sich die Ausgleichsleistung
des Bundes an einem üblichen Versicherungsschutz
unter Berücksichtigung der persönlichen Lebensverhältnisse
des Betroffenen und an den sonstigen
Umständen des Einzelfalles orientiert. Der Bund hat deshalb
in den bisherigen 21 Anwendungsfällen des § 63b
seit 1999 als Schadensausgleich die Leistung gezahlt, die
der jeweilige Versicherer ohne Anwendung der „Kriegsklausel“
hätte erbringen müssen.
Auch wenn Einsatzteilnehmer im Rahmen des Versicherungsschutzes
durch den Schadensausgleich weitgehend
abgesichert sind, habe ich wenig Verständnis für das Verhalten
der deutschen Versicherer, die das „aktive Kriegsrisiko“
für unsere Soldaten, die im Einsatz gegebenenfalls
auch ihr Leben für ihr Land einsetzen müssen, nicht absichern.
17 Institutionelle und eigenverantwortliche
Fürsorge in der Bundeswehr
Auch 2009 habe ich wieder Dienststellen des Sozialdienstes
der Bundeswehr besucht und mich von deren verantwortungsvoller
Tätigkeit im Bereich der sozialen Fürsorge
für die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr
aber auch für Versorgungsempfänger und Soldatenfamilien
überzeugen können.
Obwohl für die Sozialberater das Leistungsspektrum
ständig steigt, ist die Dienstpostenausstattung seit Jahren
unverändert. Nach meiner Erkenntnis ist die Grenze der
Belastbarkeit für viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
des Sozialdienstes inzwischen überschritten. Ich kann
deshalb nur meine bereits mehrfach geäußerte Forderung
wiederholen, das überholte Personaltableau aus dem Jahr
2004 endlich dem jetzigen Arbeitsanfall im Sozialdienst
anzupassen.
Aufgrund der begrenzten Personalkapazitäten des Sozialdienstes
werden private Eigeninitiativen zur Selbsthilfe
im Bereich der sozialen Fürsorge in der Bundeswehr immer
wichtiger.
Die in meinen Jahresberichten schon mehrfach erwähnte
„Soldatenselbsthilfe gegen Sucht e.V.“ bietet als Mitglied
des psychosozialen Netzwerkes der Bundeswehr kompetente
Suchtberatung und -betreuung für Soldatinnen und
Soldaten zum Thema Alkohol. Durch persönliche Gespräche
mit Mitgliedern der Soldatenselbsthilfe sowie die
Teilnahme von Mitarbeitern meines Amtes an Arbeitstagungen
der Suchthelfer besteht ein enger Kontakt mit
dem Verein.
Auch für Soldatenfamilien gibt es neben den institutionellen
Familienbetreuungszentren unabhängige private Initiativen
auf ehrenamtlicher Basis, die sich um die Familien
und Angehörigen von Soldaten insbesondere während der
Auslandseinsätze kümmern. Das von Frau Katrin
Schwarz aufgrund ihrer eigenen Erfahrungen als Ehefrau
eines Soldaten im Jahre 2000 ins Leben gerufene Internetangebot
„www.frauzufrau-online.de“, das von Frau
Heike Bloch geführte „Forum für Soldatenfamilien e.V.“
und das von Frau Barbara Treder geleitete Soldatenfamilien-
Netzwerk sind ausgezeichnete Beispiele, die Dank
und Anerkennung verdienen.
Einsatzverletzten stehen die bekannten Leistungs- und
Versorgungsansprüche nach dem Soldatenversorgungsgesetz
gemäß den Ergänzungen aus dem Einsatzversorgungsgesetz
und Einsatz-Weiterverwendungsgesetz zu.
Voraussetzung für die Geltendmachung des Anspruchs
auf Weiterverwendung in der Bundeswehr trotz gesundheitlicher
Einschränkungen nach dem Einsatz-Weiterverwendungsgesetz
ist jedoch die Minderung der Erwerbsfähigkeit
(MdE) um mindestens 50 Prozent. In vielen
Fällen wird dieser Erwerbsminderungsgrad nicht erreicht.


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 63 – Drucksache 17/900
In Eingaben höre ich immer wieder die aus meiner Sicht
fallweise berechtigte Kritik an dieser gesetzlichen Hürde.
Es stellt sich für mich deshalb die Frage, ob unter dem
Gesichtspunkt der umfassenden Fürsorgepflicht des
Dienstherrn für seine einsatzbefohlenen Soldaten der gesetzlich
festgelegte Erwerbsminderungsgrad nicht zu
hoch ist. Auch die rückwirkende Befristung des Einsatz-
Weiterverwendungsgesetzes auf Soldaten, deren Einsatzverletzung
(„Einsatzunfall“ nach dem Einsatzversorgungsgesetz)
vor dem 1. Dezember 2002 entstanden ist,
wird aus meiner Sicht teilweise zu recht bemängelt. Insbesondere
bei Soldaten, die unter PTBS leiden, kommt
die Erkrankung zum Teil erst nach Jahren zum Ausdruck.
Um eine Erweiterung des Geltungsbereichs des Einsatz-
Weiterverwendungsgesetzes im Interesse betroffener Soldatinnen
und Soldaten auszuloten, habe ich im Dezember
2009 mit Fachleuten aus der Bundeswehr ein Gespräch
geführt.
Bislang wurden 111 Fälle nach dem Einsatz-Weiterverwendungsgesetz
bearbeitet. Rund 30 Fälle wurden abgelehnt,
insbesondere wegen der Stichtagsregelung sowie
nicht festgestellter Kausalität zwischen Gesundheitsschädigung
und Einsatz. Betroffen von der Ablehnung waren
vor allem psychisch Erkrankte. In diesen Fällen sind die
zugrundeliegenden WDB-Verfahren noch nicht abgeschlossen.
Diese Erkenntnisse haben mich darin bestärkt,
dass eine Evaluierung des Einsatz-Weiterverwendungsgesetzes
sowohl im Hinblick auf die Stichtagsregelung als
auch die 50 Prozent-Hürde im Interesse der betroffenen
Soldatinnen und Soldaten geprüft werden sollte.
Im Hinblick auf die Betreuung habe ich im Dezember 2009
erneut im Einsatz verletzte beziehungsweise verwundete
Soldaten und deren Angehörige zu einem Erfahrungsaustausch
eingeladen. Dabei wurde die sanitätsdienstliche
Versorgung im Einsatz sowie die Rückführung nach
Deutschland ausdrücklich positiv beurteilt. Dies gilt nicht
in gleichem Maße für die Betreuung in der Heimat. Im
Hinblick auf die Behandlung in den Sanitätseinrichtungen
wurden der häufige Wechsel der behandelnden Ärzte und
verspätete Untersuchungen kritisiert. Außerdem wurde
vereinzelt die Qualität der Betreuung durch die militärische
Führung bemängelt, insbesondere im Hinblick auf
die fehlende beziehungsweise nicht rechtzeitige Benachrichtigung
der Angehörigen über die Verletzungen sowie
wegen mangelhafter Reintegration der Verletzten in den
militärischen Dienst. Die Arbeit der eingerichteten Netzwerke
wurde unterschiedlich beurteilt, vor allem im Hinblick
auf die teilweise ungenügende Einbeziehung der
Angehörigen.
Um im Einsatz verletzte und verwundete Soldaten kümmert
sich in finanziellen Notlagen unter anderem die
2008 gegründete „Oberst-Schöttler-Versehrten-Stiftung“.
Dem Vorstand dieser Stiftung gehört Stabsfeldwebel a. D.
Stefan Deuschl an, der im November 2005 bei einem Taliban-
Anschlag in Kunduz beide Beine verloren hat.
Im Januar 2009 hatte ich erstmals Hinterbliebene im
Dienst ums Leben gekommener und gefallener Soldatinnen
und Soldaten zu einem Gedankenaustausch in meine
Dienststelle eingeladen. Es war für mich eine sehr beeindruckende
und wertvolle Begegnung. Die Gesprächsteilnehmer
brachten zum Ausdruck, dass die Betreuung
durch Stellen der Bundeswehr noch nicht optimal sei.
Deshalb haben sich aus dem Kreis betroffener Angehöriger
inzwischen durch das eindrucksvolle Engagement
Einzelner beispielhafte Selbsthilfeinitiativen gebildet, die
anderen Betroffenen uneigennützig Hilfe und Unterstützung
anbieten. Besonders hervorheben möchte ich den
„frau-zu-frau-online“-Chat, die Initiative „du-bist-nichtallein.
net“ sowie die neu eingerichtete „Jenny-Böken-
Stiftung“, deren Schirmherrschaft ich übernommen habe.
Mein herzlicher Dank gilt den mutigen Initiatorinnen Ina
Schlotterhose und Andrea Belja sowie Marlis Böken. Die
neu gegründete Deutsche Kriegsopferfürsorge (DKOF)
– „www.dkof.de“ – bietet unter anderem verwundeten
Einsatzheimkehrern und Hinterbliebenen gefallener Soldaten
Rechtsberatung an.
Nach meiner Auffassung trifft den Staat eine besondere
Verantwortung sowohl im Hinblick auf die ums Leben
gekommenen und gefallenen Soldaten als auch deren
Hinterbliebene. Insbesondere die Betreuung und Unterstützung
der Hinterbliebenen darf nicht allein der – ehrenamtlichen
– Selbsthilfe Betroffener überlassen bleiben. In
einem ersten Schritt hat der Dienstherr reagiert. Der Sozialdienst
der Bundeswehr bietet über das kommunikative
Netzwerk der Hilfe zusammen mit Psychologen, anderen
Diensten und der Seelsorge Beistand und Unterstützung
für die Hinterbliebenen an. Im Bundesministerium der
Verteidigung wurde jetzt auch eine zentrale Ansprechstelle
für Hinterbliebene eingerichtet. Außerdem bestimmt
der neue Erlass „Fürsorge in Todesfällen von Soldatinnen
und Soldaten“, dass die Bundeswehr die Kosten
für die Überführung und Bestattung trägt. Um die Anlage
und Pflege der Gräber kümmern sich künftig die Bundeswehrdienstleistungszentren.
Darüber hinaus möchte ich auch allen anderen Hilfsorganisationen
danken, die in Not geratenen Soldaten 2009 wiederum
unbürokratische finanzielle Unterstützung geleistet
haben, insbesondere dem Bundeswehr-Sozialwerk, der
„Heinz-Volland-Stiftung“, dem „von Rohdich’schen Legatenfond“,
der „Soldatentumor- und Unfallhilfe e.V.“ sowie
dem „Soldatenhilfswerk der Bundeswehr e.V.“. Diese Organisationen
sind allerdings überwiegend auf Spenden angewiesen,
ohne die sie eine großzügige Kameradschaftshilfe
nicht leisten können. Die „Stiftung Deutscher Offizier
Bund“ hat im Juni 2009 in meinem Amt im Rahmen einer
offiziellen Übergabe der „Soldatenturmor- und Unfallhilfe“
eine großzügige Spende zur Verfügung gestellt.
Auch die großartige Idee von Soldaten, Kindern in aller
Welt zu helfen, möchte ich in diesem Jahresbericht erneut
hervorheben. Danken dafür möchte ich der Soldateninitiative
„Lachen Helfen e.V.“, dem Verein „Die Bundeswehr
hilft Kindern in der Dritten Welt e.V.“ und den Soldaten,
die für die Kinderkrebshilfe großzügig Spenden
gesammelt haben.
18 Medien der Bundeswehr
Medien sind für eine moderne Informationsgesellschaft
von existentieller Bedeutung. Kein gesellschaftlicher Pro-

 

Drucksache 17/900 – 64 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
zess funktioniert mehr ohne Wissensaustausch und Kommunikation.
Auch die Soldatinnen und Soldaten nutzen
die inzwischen internationalisierten, vielfältigen Angebote
regelmäßig. Neben den klassischen Massenmedien
nehmen mehr denn je auch die so genannten Neuen Medien
einen breiten Raum in der täglichen Lebensgestaltung
ein. Bei meinen Besuchen in der Truppe fällt mir immer
wieder auf, dass die heutige Soldatengeneration eine
sehr gut informierte, aber auch sehr kritisch reflektierende
ist.
Jeder Soldat hat in der Regel die Möglichkeit, aus einer
nahezu unbegrenzten Zahl unterschiedlichster Medienangebote
das für ihn Interessante, Informative oder Unterhaltende
auszuwählen. Die Bundeswehr verfügt mit
ihren eigenen Medien über große Möglichkeiten, eine zusätzliche
Alternative zu bieten.
Die besondere Chance dieser bundeswehreigenen Medienorgane
besteht darin, die speziellen bundeswehrspezifischen
Themen so aufzubereiten, dass sie für die Soldatinnen
und Soldaten eine zusätzliche wertvolle
Informationsquelle darstellen. Wegen fehlender unabhängiger
Leseranalysen gibt es nach meiner Kenntnis bislang
aber leider keine belastbaren Bewertungen der einzelnen
bundeswehreigenen Medienorgane.
Aus meinen Gesprächen mit Soldaten aus den unterschiedlichen
Ebenen kann ich jedoch die Erkenntnis ziehen,
dass die Printmedien der Bundeswehr nicht unbedingt
für jeden attraktive Publikationen darstellen. Was
aus meiner Sicht zu kurz kommt, ist die intensive Auseinandersetzung
mit originären Themen der Inneren Führung.
Vor dem Hintergrund der allgemeinen Bedeutung der
Bundeswehrmedien betrachte ich die Entwicklung des
Bundeswehr-Fernsehens (bwtv), besser gesagt dessen
Stagnation in der Entwicklung, mit Skepsis und Sorge.
Wie ich bereits in früheren Berichten angemerkt habe,
fehlt ein belastbares und innovatives Konzept für das
Bundeswehr-Fernsehen. Andere Armeen beweisen, was
streitkräfteeigene Fernsehsender leisten können. Auf die
Möglichkeiten für die Vermittlung von speziellen Informationen
und Themen der Inneren Führung habe ich
ebenfalls immer wieder hingewiesen. Kooperationsmöglichkeiten
mit dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen und
dem Parlamentsfernsehen liegen auf der Hand. Darüber
hinaus gibt es Optimierungsmöglichkeiten und Potential
für Effizienzsteigerungen.
Seit mehreren Jahren gibt es bedauerlicherweise keine
Fortschritte bei der Weiterentwicklung des Bundeswehr-
Fernsehens. Eine vom Bundesrechnungshof empfohlene
Wirtschaftlichkeitsuntersuchung befindet sich nach Aussage
des Verteidigungsministeriums bis heute in der Bearbeitung.
Voraussichtlich sei auch im Jahre 2010 nicht mit
einem Ergebnis zu rechnen.
Das Bundeswehr-Fernsehen sollte auf jeden Fall als wertvolle
Chance für die Truppenbetreuung in den Heimatstandorten,
insbesondere aber auch in den Auslandseinsätzen
verstanden werden.
Aus vielen meiner Besuche in den Einsatzgebieten weiß
ich, dass beispielsweise das von Soldaten gestaltete Hörfunkprogramm
des Truppenbetreuungssenders „Radio
Andernach“ sehr gut angenommen wird. Mit eigenen Redaktionen
in den Einsatz-Gebieten in Bosnien, dem Kosovo
und in Afghanistan, einer Zentrale in Mayen und in
Zusammenarbeit mit den öffentlich-rechtlichen Rundfunksendern
wird den Soldaten im Ausland über UKW
eine ausgewogene Mischung aus Unterhaltung und Information
geboten. Dieses Hörfunkprogramm ist meiner Ansicht
nach ein gutes Beispiel einer gelungen Truppenbetreuung.
Leider hat der Sender sein Internetradio aus
rundfunkrechtlichen Gründen einstellen müssen, so dass
Soldaten außerhalb der Sendegebiete im Ausland nur
noch einzelne Beiträge abrufen können.
Im Berichtsjahr begegneten mir wieder viele hoch motivierte,
kompetente und engagierte Redakteure, die bereit
sind, das Optimum aus ihrer Arbeit herauszuholen. Erneut
hörte ich von ihnen jedoch Klagen hinsichtlich der
Presse- und Informationsarbeit der Bundeswehr. So sei
beispielsweise das Zusammenwirken mit einigen Presseund
Informationszentren mitunter recht schwierig und unkooperativ.
Andererseits beklagten aber auch gestandene
Presseoffiziere, dass die Pressepolitik deutlich rigider gehandhabt
werde als dies früher der Fall war und ihre
Spielräume vor Ort immer kleiner würden. Zudem fühlten
sich einige Presseoffiziere auch nicht gut genug ausgebildet,
überfordert oder klagten über personell unterbesetzte
Informationszentren.
Redakteure der Bundeswehrmedien sagten mir auch, dass
ihnen daran gelegen sei, dass ihren Gesprächspartnern
– häufig Mannschaften, Unteroffiziere und Feldwebel –
aus deren Aussagen und Berichten über ihre Situation
keine Probleme entstehen. Dies sei jedoch zunehmend
schwierig, auch weil teilweise Kommandeure versuchten,
Einfluss auf die Berichterstattung zu nehmen und es für
die Bundeswehr keine festgeschriebenen Grundlinien der
Pressearbeit gäbe. An dieser Stelle sehe ich durchaus
Handlungsbedarf.
Natürlich sind die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr
mündige Bürger. Dennoch sind sie in ein System
von Befehl und Gehorsam eingebunden, dessen Strukturen
ihnen auch mit Blick auf die Presse- und Informationsarbeit
Handlungssicherheit ermöglichen sollten.
Die Bundeswehr hat ein großes Potential an engagierten,
klugen Medienschaffenden. Sie sind meiner festen Überzeugung
nach in der Lage, reflektiert und fair aus der
Truppe heraus zu berichten. Sie müssen aber auch die
Möglichkeit erhalten, Probleme zu kommunizieren und
Diskussionen anzuregen. Die Themen, die die Bundeswehr
originär betreffen, sind bei den eigenen Medien im
Zweifel immer noch am besten aufgehoben.
19 Militärseelsorge
Auf die Bedeutung der Militärseelsorge im Hinblick auf
den Beistand und die seelsorgerische Begleitung und Betreuung
der Soldatinnen und Soldaten insbesondere vor
dem Hintergrund der Auslandseinsätze habe ich in meiDeutscher
Bundestag – 17. Wahlperiode – 65 – Drucksache 17/900
nen Jahresberichten regelmäßig hingewiesen. Ich kann
dies an dieser Stelle nur noch einmal eindringlich unterstreichen.
Bei meinen zahlreichen Gesprächen sowohl in
den Einsatzgebieten als auch in den Inlandsstandorten bestätigen
mir Soldatinnen und Soldaten unabhängig von
ihrer konfessionellen Bindung immer wieder, wie wichtig
und wertvoll ihnen der Beistand und die Gespräche mit
Militärgeistlichen sind.
In meiner besonderen Verantwortung sind die Militärgeistlichen
gerade deshalb von großer Bedeutung, weil
sie das „Innenleben“ der Streitkräfte aus der seelsorgerlichen
Perspektive betrachten. Ihre Unabhängigkeit von
der militärischen Befehlskette und die aus dem Status des
Seelsorgers resultierende besondere Vertrauenswürdigkeit
bilden für die Militärgeistlichen die Basis für ihre Arbeit
in der Truppe. Deshalb profitiere ich entscheidend
von meinen vielfältigen Kontakten mit den Seelsorgern.
Aus meinen zahlreichen Gesprächen in den Heimatstandorten
und den Einsatzgebieten gewinne ich Erkenntnisse,
die für mich eine besondere Qualität darstellen und mir
tiefe Einblicke in die jeweilige Situation vor Ort verschaffen,
die ich ohne den Austausch mit den Seelsorgern nicht
haben könnte. Für dieses aus meiner Sicht ausgezeichnete
Zusammenwirken will ich mich auch an dieser Stelle von
ganzem Herzen bedanken.
Das breite Angebotsspektrum der Militärseelsorge spiegelt
sich auch in der nach meiner Bewertung vorbildlichen
Medienarbeit unserer beiden Kirchen wider. Den
durchweg positiven Reaktionen von Soldatinnen und Soldaten
konnte ich entnehmen, dass sowohl das „JS-Magazin“
der evangelischen Seelsorge, wie auch das „Kompass“-
Magazin der katholischen Militärseelsorge einen
sehr guten Ruf genießen. Inhalt und Aufmachung dieser
Publikationen sind geeignet, die Soldaten in ihrer besonderen
Situation anzusprechen. Beide Organe setzten sich
immer wieder auch kritisch mit Themen auseinander, die
in den offiziellen Bundeswehrorganen leider gar nicht
oder nur unzureichend behandelt werden. Dem katholischen
„Kompass“-Magazin danke ich für die Möglichkeit,
bereits seit einigen Jahren als Gastautor mit einer
festen Kolumne in der Publikation vertreten zu sein.
Auch meine Teilnahme an den Gesamtkonferenzen der
Militärgeistlichen beider Kirchen, an Soldatengottesdiensten
und sonstigen Veranstaltungen ist für mich immer
wieder eine ausgezeichnete Gelegenheit, den persönlichen
Gedankenaustausch mit vielen Seelsorgern zu
pflegen.
Ausdrücklich Dank sagen will ich den beiden Militärbischöfen
Dr. Martin Dutzmann für die Evangelische und
Dr. Walter Mixa für die Katholische Kirche in Deutschland.
Mit beiden Bischöfen verbindet mich eine von großer
Offenheit und gegenseitigem Vertrauen geprägte enge
Zusammenarbeit. Aber auch mit dem Militärgeneralvikar
und dem Militärgeneraldekan sowie allen Mitarbeitern in
beiden Kirchen gibt es ein freundschaftliches und konstruktives
Zusammenwirken. Mein Dank und meine besten
Wünsche begleiten in diesem Jahr insbesondere den
evangelischen Militärgeneraldekan, Dr. Peter Brandt,
nach seiner schweren Erkrankung.
Neben der Militärseelsorge engagieren sich die Katholische
und die Evangelische Kirche seit vielen Jahrzehnten
auch in der Soldatenbetreuung. Mit dem Betreiben zahlreicher
Soldatenheime und der „Oasen“ ergänzen die
dazu gegründeten Arbeitsgemeinschaften KAS und EAS
das Betreuungsprogramm des Dienstherrn und sind aus
der Soldatenbetreuung nicht mehr hinweg zu denken.
Auch ihnen möchte ich für ihr Engagement herzlich danken.
20 Internationale Zusammenarbeit
20.1 Besuch des US-Militärkrankenhauses !
in Landstuhl
Am 11. März 2009 besuchte ich das US-Militärkrankenhaus
in Landstuhl. Das Landstuhl Regional Medical Center
(LRMC) ist mit circa 2 800 Mitarbeitern das größte
Krankenhaus der US Army außerhalb der Vereinigten
Staaten und seit 1953 in Betrieb. Das Krankenhaus kann
insbesondere bei der Behandlung posttraumatischer Belastungsstörungen
(PTBS) auf langjährige Erfahrungen
zurückblicken. Anders als in Deutschland, wo PTBS erst
in den letzten Jahren ins Blickfeld des öffentlichen Interesses
rückte, werden Traumata bei US-Soldaten bereits
seit dem Vietnamkrieg thematisiert. Spätestens seit dem
ersten Golfkrieg ist diese Erkrankung fest im Bewusstsein
der amerikanischen Öffentlichkeit verankert.
Bei meinem Besuch erhielt ich eine detaillierte Information
über den aktuellen Stand der angewandten Verfahren,
mit deren Hilfe PTBS bei Betroffenen diagnostiziert werden
kann. Ein Kollegium von Fachärzten unterrichtete
mich zudem über die neuesten Behandlungsmethoden. In
ausführlichen Gesprächen wurden neben Diagnose und
Behandlung von PTBS insbesondere auch die Bedeutung
der vorsorglichen Aufklärung der Soldaten erörtert sowie
die Notwendigkeit einer Untersuchung der aus den Einsätzen
zurückkehrenden Soldaten herausgestellt.
Im Rahmen meines Besuchs konnte ich mir auch einen
Eindruck von der großen Unterstützung der US-Soldaten
durch die amerikanische Zivilbevölkerung verschaffen.
Durch das Landstuhl Hospital Care Project beispielsweise,
einem gemeinnützigen Verein, werden verwundete
Soldaten in Landstuhl kostenlos mit Kleidung, Hygieneartikeln,
Spielen, Büchern und DVDs versorgt. Dies kann
nur Dank großzügiger Spenden realisiert werden.
Die Bundeswehr, für die das Thema „PTBS“ noch ein relativ
neues ist, kann meiner Auffassung nach von den
langjährigen Erfahrungen der US-Streitkräfte auf diesem
Gebiet durchaus profitieren. Zumal sich die behandelnden
Fachärzte und Psychologen gern für eine Intensivierung
der Kontakte zum Wissensaustausch im Hinblick
auf die Diagnose- und Behandlungsmethoden bereit zeigten.
20.2 Arbeitstreffen mit dem Ombudsmann der
niederländischen Streitkräfte in Den Haag
Auf Einladung des Ombudsmanns der niederländischen
Streitkräfte, Admiral Michiel van Maanen, besuchte ich


Drucksache 17/900 – 66 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
am 20. April 2009 Den Haag und Hilversum. Der „Inspekteur-
Generaal der Krijgsmacht“ nimmt als unmittelbar
dem Verteidigungsminister zugeordneter Berater auch
die Aufgaben eines für die Soldaten zuständigen Ombudsmannes
wahr. Nach einem intensiven Erfahrungsaustausch
wurde für die Zukunft eine enge und vertrauensvolle
Zusammenarbeit vereinbart.
Während meines Besuches traf ich auch mit Mitgliedern
des Verteidigungsausschusses der 2. Kammer des niederländischen
Parlaments zu einem Gedankenaustausch zusammen.
20.3 Internationale Konferenz der für die
Streitkräfte zuständigen Ombudsinstitutionen
in Berlin
Vom 10. bis 12. Mai 2009 fand in Berlin auf meine Initiative
hin und unter Mitwirkung des Geneva Center for the
democratic control for the Armed Forces (DCAF) die
erste „Internationale Konferenz der für die Streitkräfte
zuständigen Ombudsinstitutionen“ statt.
Anlass für die Einberufung dieser Konferenz war für
mich zunächst einmal die Tatsache, dass es in der Nachkriegsgeschichte
bisher noch keine Initiative für eine Kooperation
aller bestehenden Ombudsinstitutionen gegeben
hatte. Abgesehen von einem engen Zusammenwirken
mit der Bundesheer-Kommission des Österreichischen
Nationalrates und weiteren bilateralen Beziehungen zu
einzelnen Ombudsleuten in Europa, Argentinien und Korea
bestand aus meiner Sicht die Notwendigkeit, alle Beauftragten
und Ombudsleute zu einem Gedanken- und Erfahrungsaustausch
in Berlin einzuladen. Außerordentlich
begrüßt und unterstützt wurde meine Initiative vom Direktor
des Genfer Instituts für die Demokratische Kontrolle
der Streitkräfte, Botschafter Dr. Theodor Winkler.
Besonders froh bin ich über die große Resonanz auf diese
Konferenz. Die meisten Ombudsleute aus den NATOStaaten
folgten meiner Einladung und bekundeten ihre
Freude über diese Initiative und gleichzeitig auch die
grundsätzliche Bereitschaft für eine dauerhafte enge Zusammenarbeit
in der Zukunft.
Im Rahmen der Konferenz diskutierten Ombudsleute aus
18 Staaten im Deutschen Bundestag über die Funktion
und Aufgabe der speziellen Petitionseinrichtungen für
Soldatinnen und Soldaten. Die Teilnehmer berichteten
über die Erfahrungen und Besonderheiten ihrer Länder im
Hinblick auf die Arbeit der jeweiligen Ombudsinstitutionen.
Vor dem Hintergrund einer wachsenden Zahl internationaler
Friedenseinsätze wurde die Notwendigkeit einer
Harmonisierung der Standards mit Blick auf die
rechtlichen und materiellen Rahmenbedingungen deutlich.
Die besondere Bedeutung dieser ersten Konferenz wurde
auch dadurch unterstrichen, dass sowohl der Bundestagspräsident,
Prof. Dr. Norbert Lammert, als auch der damalige
Verteidigungsminister, Dr. Franz Josef Jung, der ehemalige
Staatsminister im Auswärtigen Amt, Günter
Gloser und die vormalige Vorsitzende des Verteidigungsausschusses,
Ulrike Merten, die Veranstaltung in ihren
Grußworten würdigten. Darüber hinaus wurden die Teilnehmer
auch vom Bundespräsidenten empfangen.
Unter den Teilnehmern der Konferenz war auch die argentinische
Verteidigungsministerin, Dr. Nilda Garré, die
über den damals aktuellen Stand der Diskussion im Hinblick
auf die Einführung einer Ombudsinstitution in ihrem
Land berichtete.
Zum Abschluss der Konferenz verabschiedeten die Teilnehmer
eine „Berliner Erklärung“, in der sie ihren festen
Willen zur Fortsetzung und Intensivierung der Zusammenarbeit
bekundeten. Der Text ist diesem Bericht beigefügt.
20.4 Deutsch-österreichischer Soldatenworkshop
in Berlin – „Salzburger!
Forum II“
Als beispielhaft für die internationale Zusammenarbeit
darf nach meiner Auffassung die enge und freundschaftliche
Kooperation mit der Parlamentarischen Bundesheerkommission
des Österreichischen Nationalrates betrachtet
werden. So treffe ich mich nicht nur anlässlich
offizieller Begegnungen wie den jeweiligen Jahresempfängen
mit den Kollegen aus Österreich. Regelmäßig finden
Arbeitssitzungen zwischen beiden Institutionen statt,
bei denen der intensive und kontinuierliche Meinungsaustausch
und die Entwicklung gemeinsamer Projekte auf
der Tagesordnung stehen. Von ganzem Herzen danken
will ich deshalb dem Präsidium der Bundesheerkommission
mit dem amtsführenden Vorsitzenden, Präsident und
Abgeordneter zum Nationalrat a. D. Anton Gaál, dem
Vorsitzenden und Abgeordneten zum Nationalrat a. D.
Paul Kiss sowie dem Vorsitzenden, Prof. Walter Seledec.
Nicht unerwähnt bleiben darf in diesem Zusammenhang
die ausgezeichnete Unterstützung durch die beiden Verteidigungsministerien
in Wien und Berlin sowie durch die
Botschaften. Diese enge Kooperation hat ganz sicher
auch zu einer Vertiefung der allgemeinen guten nachbarschaftlichen
Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern
beigetragen.
Vom 13. bis 16. Oktober 2009 habe ich zusammen mit der
österreichischen Parlamentarischen Bundesheerkommission
den 2. Soldatenworkshop für junge Wehrpflichtige
aus Deutschland und Österreich durchgeführt. Die mehrtägige
Begegnung setzte eine im Jahr 2008 von den beiden
Kontrollinstitutionen in Salzburg unter dem Titel
„Salzburger Forum“ ins Leben gerufene Tagung fort, in
der jungen Wehrpflichtigen die Gelegenheit zu einem gemeinsamen
Informations- und Erfahrungsaustausch gegeben
werden soll.
In der Berliner Julius-Leber-Kaserne trafen sich je
20 Wehrpflichtige aus beiden Staaten und diskutierten zusammen
mit den Ombudspersonen über aktuelle Fragen
der Wehrpflicht.
Dabei wurde sehr schnell deutlich, dass die allgemeine
Wehrpflicht in Deutschland und in Österreich eine große
Zustimmung unter den jungen Rekruten erfährt und gesellschafts-
bzw. verteidigungspolitisch nach wie vor für
sinnvoll gehalten wird. Die Wehrpflichtigen plädierten


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 67 – Drucksache 17/900
– ohne die Probleme hinsichtlich der Wehr- und Dienstgerechtigkeit
auszublenden – übereinstimmend für deren
Beibehaltung. Deutlich wurde bei der Veranstaltung aber
auch, dass die Wehrpflicht, insbesondere ihre Ausgestaltung,
keine starre Angelegenheit sein darf. In diesem Zusammenhang
berichteten einige Teilnehmer auch von
„Gammeldiensten“ in ihren Einheiten. Gerade deshalb
seien künftig neue Ansätze und Überlegungen nötig, um
die Wehrpflicht an die veränderte gesellschaftliche und
sicherheitspolitische Realität anzupassen. Die Rekruten
erarbeiteten dazu konstruktive Vorschläge. Das Spektrum
der Anregungen – insbesondere für Deutschland – reichte
von einer grundsätzlichen Verringerung der Grundwehrdienstzeit
auf sechs Monate bis hin zu Vorschlägen mit
Blick auf eine Verbesserung der Grundausbildung und der
Dienstzeit in der Stammeinheit.
Einen zentralen Punkt der Veranstaltung stellte der Umgang
mit fremden Kulturen in beiden Armeen dar. Dabei
ging es um das tägliche Miteinander von jungen Soldatinnen
und Soldaten, die unterschiedliche Wurzeln und
Glaubensrichtungen haben, aus Familien mit Migrationshintergrund
stammen oder durch unterschiedliche Lebensweisen
geprägt sind. Die Soldaten diskutierten über
die Konsequenzen, die sich daraus für den Kasernenalltag
ergeben, und wiesen auf vielerlei Probleme im täglichen
Miteinander hin. Gleichzeitig machten die Teilnehmer
aber auch deutlich, welches Potential in diesem interkulturellen
Fundus stecke.
Das 2008 in Salzburg begonnene und 2009 in Berlin fortgesetzte
Projekt wurde von allen Seiten positiv aufgenommen
und dürfte im Folgejahr seine Fortführung in
Österreich finden.
20.5 Besuch in Frankreich, Saumur und Paris
Vom 9. bis 11. September 2009 nahm ich an der 7. Summer
Defence Conference in Saumur teil. Am Rande der
Konferenz nutzte ich die Gelegenheit, deutsche Soldaten
zu treffen, die in Paris und Umgebung ihren Dienst leisten.
Die Soldaten erklärten mir übereinstimmend, dass ein gutes
Verhältnis zu ihren französischen Kameraden bestehe.
Die von den Soldaten angesprochenen Probleme lagen
vorwiegend im außerdienstlichen Umfeld, waren aber oft
versetzungsbedingt. Eine wesentliche Ursache wird in
den Versetzungsterminen gesehen. Versetzungen, das regten
die Soldaten an, sollten zu Zeitpunkten erfolgen, die
zum Beispiel den Beginn eines neuen Schuljahres berücksichtigten.
Nicht zuletzt der Vereinbarkeit von Familie
und Dienst könnte auf diese Weise ein Stück weit mehr
entsprochen werden.
Reinhold Robbe

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 69 – Drucksache 17/900
21 Anlagen
21.1 Schlusserklärung der Konferenz der Ombudsinstitutionen für Streitkräfte – „Berliner Erklärung“
Schlusserklärung der Konferenz der Ombudsinstitutionen
für die Streitkräfte1
„Berliner Erklärung“
Berlin, 12. Mai 2009
Soldatinnen und Soldaten haben in fast allen Teilnehmerstaaten dieselben staatsbürgerlichen
Rechte wie jeder andere Bürger. Diese Rechte können im Rahmen der Erfordernisse des
militärischen Dienstes durch gesetzliche Regelungen unter bestimmten Voraussetzungen
eingeschränkt werden. Das Prinzip von Befehl und Gehorsam ist aber wiederum in allen
Teilnehmerstaaten an Recht und Gesetz gebunden.
Zum Schutz der Rechte der Soldatinnen und Soldaten haben die Teilnehmerstaaten
unterschiedliche gesetzliche oder sonstige Regelungen und institutionelle Vorkehrungen


Drucksache 17/900 – 70 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
- 2 -
getroffen. Einige Staaten haben zur Bewältigung der vielfältigen Aufgaben spezielle
unabhängige parlamentarische Ombudsinstitutionen geschaffen, die sich mit einem eigenen
Mitarbeiterstab der Petitionen von Soldatinnen und Soldaten annehmen. Andere Staaten
haben für die Belange der Soldaten spezielle Beauftragte eingerichtet, die dem
Verteidigungsministerium zugeordnet sind. Daneben bestehen in einigen Staaten allgemeine
Ombudsinstitutionen, zu deren Aufgabenbereich neben der Bearbeitung von Eingaben ziviler
Bürgerinnen und Bürgern auch die Befassung mit Eingaben von Soldaten gehört. Bei Staaten,
die keine Ombudseinrichtungen haben, obliegt die parlamentarische Kontrolle im Bereich der
Streitkräfte weitgehend dem Verteidigungsausschuss des Parlaments. Jeder Teilnehmerstaat
verfügt so über ein individuelles System zum Schutz der Rechte der Soldatinnen und Soldaten
und letztlich zur Kontrolle der Streitkräfte.
Mit der Zunahme internationaler und multinationaler Einsätze der Streitkräfte ist das
Aufgabengebiet der Ombudsinstitutionen sowie der sonstigen mit der Kontrolle der
Streitkräfte befassten Einrichtungen gewachsen. Die Aufgaben und Dienstbedingungen der
Soldatinnen und Soldaten unterscheiden sich bei Auslandseinsätzen erheblich von denen im
Heimatland. Probleme im dienstlichen oder privaten Bereich wirken sich in
Auslandseinsätzen viel stärker aus.
Um ihre Informationen und Erfahrungen auf dem Gebiet der demokratischen Kontrolle der
Streitkräfte auszutauschen, haben sich vom 10. – 12. Mai 2009 Ombudsinstitutionen,
Beauftragte und sonstige mit der Kontrolle der Streitkräfte befasste Einrichtungen in Berlin zu
einer ersten internationalen Konferenz getroffen. Mit der Konferenz sollten erstmals die für
die mit der Kontrolle zuständigen Einrichtungen auf internationaler Ebene zusammengeführt
werden.
Die Konferenzteilnehmer erklären,
(1) dass der Kontrolle der Streitkräfte in demokratisch verfassten Staaten eine
wichtige Funktion zukommt, mit der Transparenz hergestellt und Vertrauen in die
Streitkräfte geschaffen wird,
1 Die Erste Internationale Konferenz der Ombudsinstitutionen für die Streitkräfte fand vom 10.-12. Mai 2009 in
Berlin statt. Er war eine Veranstaltung des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages in Zusammenarbeit
mit dem Geneva Centre for the Democratic Control of Armed Forces (DCAF).


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 71 – Drucksache 17/900
- 3 -
(2) dass das Prinzip von Befehl und Gehorsam an den international verbrieften
Menschenrechten orientiert sein muss,
(3) ein gemeinsames Grundverständnis zu befördern, das den Soldaten nicht
ausschließlich als Befehlsempfänger begreift,
(4) jene Staaten, die ihre Streitkräfte einer demokratischen Kontrolle unterwerfen
wollen, auch zukünftig zum Erfahrungsaustausch hinzuzubitten und bei der
Umsetzung auf Wunsch beratend zu unterstützen,
(5) den Informations- und Erfahrungsaustausch periodisch fortzuführen, um so
künftig die Zusammenarbeit zu intensivieren,
(6) die Konferenz im Jahre 2010 in Wien fortzusetzen.
Berlin, 12. Mai 2009


Drucksache 17/900 – 72 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
21.2 Rechtsgrundlagen zu Amt und Aufgaben
des Wehrbeauftragten und zum
Petitionsrecht der Soldaten
Seite
Auszug aus dem Grundgesetz . . . . . . . . . . . . . . .
Gesetz über den Wehrbeauftragten des Deutschen
Bundestages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Auszug aus der Geschäftsordnung des Deutschen
Bundestages
Verfahrensgrundsätze für die Zusammenarbeit
zwischen dem Petitionsausschuss und dem Wehrbeauftragten
des Deutschen Bundestages . . . . . .
Auszug aus dem Grundgesetz für die Bundesrepublik
Deutschland vom 23. Mai 1949 (BGBl. I S. 1),
zuletzt geändert durch Gesetz vom 29. Juli 2009
(BGBl. I S. 2248)
Artikel 17
Petitionsrecht
Jedermann hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft
mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden
an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung
zu wenden.
Artikel 17a
Einschränkung der Grundrechte in besonderen Fällen
(1) Gesetze über Wehrdienst und Ersatzdienst können
bestimmen, dass für die Angehörigen der Streitkräfte und
des Ersatzdienstes während der Zeit des Wehr- oder Ersatzdienstes
das Grundrecht, seine Meinung in Wort,
Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten (Artikel 5
Abs. 1 Satz 1 erster Halbsatz), das Grundrecht der Versammlungsfreiheit
(Artikel 8) und das Petitionsrecht (Artikel
17), soweit es das Recht gewährt, Bitten oder Beschwerden
in Gemeinschaft mit anderen vorzubringen,
eingeschränkt werden.
(2) Gesetze, die der Verteidigung einschließlich des
Schutzes der Zivilbevölkerung dienen, können bestimmen,
dass die Grundrechte der Freizügigkeit (Artikel 11)
und der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13) eingeschränkt
werden.
Artikel 45b
Wehrbeauftragter
Zum Schutz der Grundrechte und als Hilfsorgan des
Bundestages bei der Ausübung der parlamentarischen
Kontrolle wird ein Wehrbeauftragter des Bundestages berufen.
Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
72
73
76
76


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 73 – Drucksache 17/900
Gesetz über den Wehrbeauftragten des Deutschen
Bundestages (Gesetz zu Artikel 45b des
Grundgesetzes – WBeauftrG) in der Fassung der
Bekanntmachung vom 16. Juni 1982 (BGBl. I S. 677),
zuletzt geändert durch Artikel 15 Absatz 68
Dienstrechtsneuordnungsgesetz
vom 5. Februar 2009 (BGBl. I S. 160)
§ 1
Verfassungsrechtliche Stellung; Aufgaben
(1) Der Wehrbeauftragte nimmt seine Aufgaben als
Hilfsorgan des Bundestages bei der Ausübung der parlamentarischen
Kontrolle wahr.
(2) Der Wehrbeauftragte wird auf Weisung des Bundestages
oder des Verteidigungsausschusses zur Prüfung
bestimmter Vorgänge tätig. Eine Weisung kann nur erteilt
werden, wenn der Verteidigungsausschuss den Vorgang
nicht zum Gegenstand seiner eigenen Beratung macht. Der
Wehrbeauftragte kann bei dem Verteidigungsausschuss
um eine Weisung zur Prüfung bestimmter Vorgänge nachsuchen.
(3) Der Wehrbeauftragte wird nach pflichtgemäßem
Ermessen auf Grund eigener Entscheidung tätig, wenn
ihm bei Wahrnehmung seines Rechts aus § 3 Nr. 4, durch
Mitteilung von Mitgliedern des Bundestages, durch Eingaben
nach § 7 oder auf andere Weise Umstände bekannt
werden, die auf eine Verletzung der Grundrechte der Soldaten
oder der Grundsätze der Inneren Führung schließen
lassen. Ein Tätigwerden des Wehrbeauftragten nach Satz 1
unterbleibt, soweit der Verteidigungsausschuss den Vorgang
zum Gegenstand seiner eigenen Beratung gemacht
hat.
§ 2
Berichtspflichten
(1) Der Wehrbeauftragte erstattet für das Kalenderjahr
dem Bundestag einen schriftlichen Gesamtbericht
(Jahresbericht).
(2) Er kann jederzeit dem Bundestag oder dem Verteidigungsausschuss
Einzelberichte vorlegen.
(3) Wird der Wehrbeauftragte auf Weisung tätig, so
hat er über das Ergebnis seiner Prüfung auf Verlangen einen
Einzelbericht zu erstatten.
§ 3
Amtsbefugnisse
Der Wehrbeauftragte hat in Erfüllung der ihm übertragenen
Aufgaben die folgenden Befugnisse:
1. Er kann vom Bundesminister der Verteidigung und allen
diesem unterstellten Dienststellen und Personen
Auskunft und Akteneinsicht verlangen. Diese Rechte
können ihm nur verweigert werden, soweit zwingende
Geheimhaltungsgründe entgegenstehen. Die Entscheidung
über die Verweigerung trifft der Bundesminister
der Verteidigung selber oder sein ständiger Stellvertreter
im Amt; er hat sie vor dem Verteidigungsausschuss
zu vertreten. Auf Grund einer Weisung nach § 1 Abs. 2
und bei einer Eingabe, der eine Beschwer des Einsenders
zugrunde liegt, ist der Wehrbeauftragte berechtigt,
den Einsender sowie Zeugen und Sachverständige anzuhören.
Diese erhalten eine Entschädigung oder Vergütung
nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz.
2. Er kann den zuständigen Stellen Gelegenheit zur Regelung
einer Angelegenheit geben.
3. Er kann einen Vorgang der für die Einleitung des
Straf- oder Disziplinarverfahrens zuständigen Stelle
zuleiten.
4. Er kann jederzeit alle Truppenteile, Stäbe, Dienststellen
und Behörden der Bundeswehr und ihre Einrichtungen
auch ohne vorherige Anmeldung besuchen.
Dieses Recht steht dem Wehrbeauftragten ausschließlich
persönlich zu. Die Sätze 2 und 3 aus Nummer 1
finden entsprechende Anwendung.
5. Er kann vom Bundesminister der Verteidigung zusammenfassende
Berichte über die Ausübung der Disziplinargewalt
in den Streitkräften und von den zuständigen
Bundes- und Landesbehörden statistische Berichte
über die Ausübung der Strafrechtspflege anfordern,
soweit dadurch die Streitkräfte oder ihre Soldaten berührt
werden.
6. Er kann in Strafverfahren und disziplinargerichtlichen
Verfahren den Verhandlungen der Gerichte beiwohnen,
auch soweit die Öffentlichkeit ausgeschlossen ist. Er
hat im gleichen Umfang wie der Anklagevertreter und
der Vertreter der Einleitungsbehörde das Recht, die Akten
einzusehen. Die Befugnis aus Satz 1 steht ihm auch
in Antrags- und Beschwerdeverfahren nach der Wehrdisziplinarordnung
und der Wehrbeschwerdeordnung
vor den Wehrdienstgerichten sowie in Verfahren vor
den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit, die mit
seinem Aufgabenbereich zusammenhängen, zu; in diesen
Verfahren hat er das Recht zur Akteneinsicht wie
ein Verfahrensbeteiligter.
§ 4
Amtshilfe
Gerichte und Verwaltungsbehörden des Bundes, der
Länder und der Gemeinden sind verpflichtet, dem Wehrbeauftragten
bei der Durchführung der erforderlichen Erhebungen
Amtshilfe zu leisten.
§ 5
Allgemeine Richtlinien; Weisungsfreiheit
(1) Der Bundestag und der Verteidigungsausschuss
können allgemeine Richtlinien für die Arbeit des Wehrbeauftragten
erlassen.
(2) Der Wehrbeauftragte ist – unbeschadet des § 1
Abs. 2 – von Weisungen frei.


Drucksache 17/900 – 74 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
§ 6
Anwesenheitspflicht
Der Bundestag und der Verteidigungsausschuss können
jederzeit die Anwesenheit des Wehrbeauftragten verlangen.
§ 7
Eingaberecht des Soldaten
Jeder Soldat hat das Recht, sich einzeln ohne Einhaltung
des Dienstweges unmittelbar an den Wehrbeauftragten
zu wenden. Wegen der Tatsache der Anrufung des
Wehrbeauftragten darf er nicht dienstlich gemaßregelt
oder benachteiligt werden.
§ 8
Anonyme Eingaben
Anonyme Eingaben werden nicht bearbeitet.
§ 9
Vertraulichkeit der Eingaben
Wird der Wehrbeauftragte auf Grund einer Eingabe tätig,
so steht es in seinem Ermessen, die Tatsache der Eingabe
und den Namen des Einsenders bekannt zu geben.
Er soll von der Bekanntgabe absehen, wenn der Einsender
es wünscht und der Erfüllung des Wunsches keine
Rechtspflichten entgegenstehen.
§ 10
Verschwiegenheitspflicht
(1) Der Wehrbeauftragte ist auch nach Beendigung
seines Amtsverhältnisses verpflichtet, über die ihm amtlich
bekannt gewordenen Angelegenheiten Verschwiegenheit
zu bewahren. Dies gilt nicht für Mitteilungen im
dienstlichen Verkehr oder über Tatsachen, die offenkundig
sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung
bedürfen.
(2) Der Wehrbeauftragte darf, auch wenn er nicht
mehr im Amt ist, über solche Angelegenheiten ohne Genehmigung
weder vor Gericht noch außergerichtlich aussagen
oder Erklärungen abgeben. Die Genehmigung erteilt
der Präsident des Bundestages im Einvernehmen mit
dem Verteidigungsausschuss.
(3) Die Genehmigung, als Zeuge auszusagen, darf nur
versagt werden, wenn die Aussage dem Wohl des Bundes
oder eines deutschen Landes Nachteile bereiten oder die
Erfüllung öffentlicher Aufgaben ernstlich gefährden oder
erheblich erschweren würde.
(4) Unberührt bleibt die gesetzlich begründete
Pflicht, Straftaten anzuzeigen und bei Gefährdung der
freiheitlichen demokratischen Grundordnung für deren
Erhaltung einzutreten.
§ 11
(weggefallen)
§ 12
Unterrichtungspflichten durch Bundesund
Länderbehörden
Die Justiz- und Verwaltungsbehörden des Bundes und
der Länder sind verpflichtet, den Wehrbeauftragten über
die Einleitung des Verfahrens, die Erhebung der öffentlichen
Klage, die Anordnung der Untersuchung im Disziplinarverfahren
und den Ausgang des Verfahrens zu unterrichten,
wenn einer dieser Behörden die Vorgänge vom
Wehrbeauftragten zugeleitet worden sind.
§ 13
Wahl des Wehrbeauftragten
Der Bundestag wählt in geheimer Wahl mit der Mehrheit
seiner Mitglieder den Wehrbeauftragten. Vorschlagsberechtigt
sind der Verteidigungsausschuss, die Fraktionen
und so viele Abgeordnete, wie nach der Geschäftsordnung
der Stärke einer Fraktion entsprechen. Eine Aussprache
findet nicht statt.
§ 14
Wählbarkeit; Amtsdauer; Verbot einer anderen
Berufsausübung; Eid; Befreiung vom Wehrdienst
(1) Zum Wehrbeauftragten ist jeder/jede Deutsche
wählbar, der/die das Wahlrecht zum Bundestag besitzt
und das 35. Lebensjahr vollendet hat.
(2) Das Amt des Wehrbeauftragten dauert fünf Jahre.
Wiederwahl ist zulässig.
(3) Der Wehrbeauftragte darf kein anderes besoldetes
Amt, kein Gewerbe und keinen Beruf ausüben und weder
der Leitung und dem Aufsichtsrat eines auf Erwerb gerichteten
Unternehmens noch einer Regierung oder einer
gesetzgebenden Körperschaft des Bundes oder eines Landes
angehören.
(4) Der Wehrbeauftragte leistet bei der Amtsübernahme
vor dem Bundestag den in Artikel 56 des Grundgesetzes
vorgesehenen Eid.
(5) Der Wehrbeauftragte ist für die Dauer seines Amtes
vom Wehrdienst befreit.
§ 15
Rechtsstellung des Wehrbeauftragten; Beginn
und Beendigung des Amtsverhältnisses
1) Der Wehrbeauftragte steht nach Maßgabe dieses
Gesetzes in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis.
Der Präsident des Bundestages ernennt den Gewählten.
(2) Das Amtsverhältnis beginnt mit der Aushändigung
der Urkunde über die Ernennung oder, falls der Eid
vorher geleistet worden ist (§ 14 Abs. 4), mit der Vereidigung.


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 75 – Drucksache 17/900
(3) Das Amtsverhältnis endet außer durch Ablauf der
Amtszeit nach § 14 Abs. 2 oder durch den Tod
1. mit der Abberufung,
2. mit der Entlassung auf Verlangen.
(4) Der Bundestag kann auf Antrag des Verteidigungsausschusses
seinen Präsidenten beauftragen, den
Wehrbeauftragten abzuberufen. Dieser Beschluss bedarf
der Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages.
(5) Der Wehrbeauftragte kann jederzeit seine Entlassung
verlangen. Der Präsident des Bundestages spricht
die Entlassung aus.
§ 16
Sitz des Wehrbeauftragten; Leitender Beamter;
Beschäftigte; Haushalt
(1) Der Wehrbeauftragte hat seinen Sitz beim Bundestag.
(2) Den Wehrbeauftragten unterstützt ein Leitender
Beamter. Weitere Beschäftigte werden dem Wehrbeauftragten
für die Erfüllung seiner Aufgaben beigegeben.
Die Beamten beim Wehrbeauftragten sind Bundestagsbeamte
nach § 176 des Bundesbeamtengesetzes in der Fassung
der Bekanntmachung vom 3. Januar 1977 (BGBl. I
S. 1, 795, 842), zuletzt geändert durch § 27 des Gesetzes
vom 26. Juni 1981 (BGBl. I S. 553). Der Wehrbeauftragte
ist Vorgesetzter der ihm beigegebenen Beschäftigten.
(3) Die dem Wehrbeauftragten für die Erfüllung seiner
Aufgaben zur Verfügung zu stellende notwendige
Personal- und Sachausstattung ist im Einzelplan des Bundestages
in einem eigenen Kapitel auszuweisen.
§ 17
Vertretung des Wehrbeauftragten
(1) Der Leitende Beamte nimmt die Rechte des Wehrbeauftragten
mit Ausnahme des Rechts nach § 3 Nr. 4 bei
Verhinderung und nach Beendigung des Amtsverhältnisses
des Wehrbeauftragten bis zum Beginn des Amtsverhältnisses
eines Nachfolgers wahr. § 5 Abs. 2 findet entsprechende
Anwendung.
(2) Ist der Wehrbeauftragte länger als drei Monate
verhindert, sein Amt auszuüben, oder sind nach Beendigung
des Amtsverhältnisses des Wehrbeauftragten mehr
als drei Monate verstrichen, ohne dass das Amtsverhältnis
eines Nachfolgers begonnen hat, so kann der Verteidigungsausschuss
den Leitenden Beamten ermächtigen, das
Recht aus § 3 Nr. 4 wahrzunehmen.
§ 18
Amtsbezüge; Versorgung
(1) Der Wehrbeauftragte erhält vom Beginn des Kalendermonats
an, in dem das Amtsverhältnis beginnt, bis
zum Schluss des Kalendermonats, in dem das Amtsverhältnis
endet, Amtsbezüge. § 11 Abs. 1 Buchstaben a und
b des Bundesministergesetzes sind mit der Maßgabe
entsprechend anzuwenden, dass das Amtsgehalt und der
Ortszuschlag 75 vom Hundert des Amtsgehaltes und des
Ortszuschlages eines Bundesministers betragen. Die Amtsbezüge
werden monatlich im Voraus gezahlt.
(2) Im Übrigen werden § 11 Abs. 2 und 4 und die
§§ 13 bis 20 und 21a des Bundesministergesetzes entsprechend
angewandt mit der Maßgabe, dass an die Stelle
der zweijährigen Amtszeit (§ 15 Abs. 1 des Bundesministergesetzes)
eine fünfjährige Amtszeit tritt. Satz 1 gilt für
einen Berufssoldaten oder Soldaten auf Zeit, der zum
Wehrbeauftragten ernannt worden ist, entsprechend mit
der Maßgabe, dass für Soldaten auf Zeit bei Anwendung
des § 18 Abs. 2 des Bundesministergesetzes an die Stelle
des Eintritts in den Ruhestand die Beendigung des
Dienstverhältnisses tritt.
(3) Die Vorschriften des Bundesreisekostengesetzes
in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November
1973 (BGBl. I S. 1621), zuletzt geändert durch die Verordnung
vom 31. Mai 1979 (BGBl. I S. 618), der höchsten
Reisekostenstufe und des Bundesumzugskostengesetzes
in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November
1973 (BGBl. I S. 1628), zuletzt geändert durch Artikel VII
des Gesetzes vom 20. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3716),
für die infolge der Ernennung und Beendigung des Amtsverhältnisses
erforderlich werdenden Umzüge sind entsprechend
anzuwenden.
§ 19
(weggefallen)
§ 20
(Inkrafttreten)


Drucksache 17/900 – 76 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Auszug aus der Geschäftsordnung des Deutschen
Bundestages in der Fassung der Bekanntmachung
vom 2. Juli 1980 (BGBl. I S. 1237), zuletzt geändert
laut Bekanntmachung vom 6. Juli 2009
(BGBl. I S. 2128)
§ 113
Wahl des Wehrbeauftragten
Die Wahl des Wehrbeauftragten erfolgt mit verdeckten
Stimmzetteln (§ 49).
§ 114
Berichte des Wehrbeauftragten
(1) Die Berichte des Wehrbeauftragten überweist der
Präsident dem Verteidigungsausschuss, es sei denn, dass
eine Fraktion oder fünf vom Hundert der Mitglieder des
Bundestages verlangen, ihn auf die Tagesordnung zu setzen.
(2) Der Verteidigungsausschuss hat dem Bundestag
Bericht zu erstatten.
§ 115
Beratung der Berichte des Wehrbeauftragten
(1) Der Präsident erteilt dem Wehrbeauftragten in der
Aussprache über die von ihm vorgelegten Berichte das
Wort, wenn es von einer Fraktion oder von anwesenden
fünf vom Hundert der Mitglieder des Deutschen Bundestages
verlangt worden ist.
(2) Die Herbeirufung des Wehrbeauftragten zu den
Sitzungen des Bundestages kann von einer Fraktion oder
von anwesenden fünf vom Hundert der Mitglieder des
Deutschen Bundestages verlangt werden; Absatz 1 findet
entsprechende Anwendung.
Verfahrensgrundsätze für die Zusammenarbeit zwischen
dem Petitionsausschuss und dem Wehrbeauftragten
des Deutschen Bundestages
1. Der Petitionsausschuss unterrichtet den Wehrbeauftragten
von einer Petition, wenn sie einen Soldaten der
Bundeswehr betrifft. Der Wehrbeauftragte teilt dem
Petitionsausschuss mit, ob bei ihm in derselben Angelegenheit
ein Vorgang entstanden ist und ob er tätig
wird.
2. Der Wehrbeauftragte unterrichtet den Petitionsausschuss
von einem Vorgang, wenn in derselben Angelegenheit
erkennbar dem Petitionsausschuss eine Petition
vorliegt.
3. Sind der Petitionsausschuss und der Wehrbeauftragte
sachgleich befasst, so wird der Vorgang grundsätzlich
zunächst vom Wehrbeauftragten bearbeitet. Wird der
Petitionsausschuss tätig, so teilt er dies dem Wehrbeauftragten
mit. Der Wehrbeauftragte und der Petitionsausschuss
unterrichten sich regelmäßig schriftlich von
dem Fortgang der Bearbeitung und deren Ergebnis.


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 77 – Drucksache 17/900
21.3 Erlass Truppe und Wehrbeauftragter!
– Neufassung –
A.
Verfassungsrechtliche Stellung
des Wehrbeauftragten
1.
Der Deutsche Bundestag beruft zum Schutz der Grundrechte
der Soldaten und zur Überwachung der Einhaltung
der Grundsätze der Inneren Führung den Wehrbeauftragten
als sein Hilfsorgan bei der Ausübung der parlamentarischen
Kontrolle.
Auf Weisung des Deutschen Bundestages oder des Verteidigungsausschusses
des Deutschen Bundestages kann der
Wehrbeauftragte auch mit der Prüfung von Vorgängen beauftragt
werden, die weder dem Schutz der Grundrechte
noch der Überwachung der Einhaltung der Grundsätze
der Inneren Führung dienen. Das Nähere bestimmt das
Gesetz über den Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
(Gesetz zu Artikel 45 b des Grundgesetzes –
WBeauftrG) in der ab 24. Juni 1982 geltenden Fassung
der Bekanntmachung vom 16. Juni 1982 (BGBl. I S. 677
und VMBl. S. 193).
B.
Aufgaben und Befugnisse
des Wehrbeauftragten
2.
Der Wehrbeauftragte wird tätig
– auf Weisung des Deutschen Bundestages oder des Verteidigungsausschusses
zur Prüfung bestimmter Vorgänge,
– nach pflichtgemäßem Ermessen aufgrund eigener Entscheidung,
wenn ihm Umstände bekannt werden, die
auf eine Verletzung der Grundrechte der Soldaten oder
der Grundsätze der Inneren Führung schließen lassen.
3.
Der Wehrbeauftragte hat in Erfüllung seiner Aufgaben
die folgenden Befugnisse:
a) Er kann von allen dem Bundesministerium der Verteidigung
(BMVg) unterstellten Dienststellen und Personen
Auskunft und Akteneinsicht verlangen. Diese
Rechte können nur verweigert werden, soweit zwingende
Geheimhaltungsgründe entgegenstehen.
b) Er kann den Einsender sowie Zeugen und Sachverständige
anhören, wenn er auf Weisung des Deutschen
Bundestages oder des Verteidigungsausschusses zur
Prüfung bestimmter Vorgänge tätig wird und bei Eingaben,
denen eine Beschwerde zugrunde liegt.
c) Er kann jederzeit alle Truppenteile, Stäbe, Dienststellen
und Behörden der Bundeswehr und ihre Einrichtungen
auch ohne vorherige Anmeldung besuchen.
Das Besuchsrecht ist dem Wehrbeauftragten persönlich
vorbehalten. Dieses Recht steht nach Ermächtigung
durch den Verteidigungsausschuss auch dem
Leitenden Beamten zu. Die Wahrnehmung dieses
Rechts kann nur verweigert werden, soweit zwingende
Geheimhaltungsgründe entgegenstehen.
d) Er kann auch nichtöffentlichen Verhandlungen der
Strafgerichte, der Verwaltungsgerichte und der Wehrdienstgerichte,
die mit seinem Aufgabenbereich zusammenhängen,
beiwohnen; in diesen Verfahren hat er
das Recht zur Akteneinsicht wie ein Verfahrensbeteiligter.
e) Er kann den zuständigen Stellen Gelegenheit zur Regelung
der Angelegenheiten geben.
f) Er kann einen Vorgang der für die Einleitung eines
Straf- oder Disziplinarverfahrens zuständigen Stelle
zuleiten.
Mit Ausnahme des Besuchsrechts nach Nummer 3 Buchstabe
c können die Befugnisse des Wehrbeauftragten auch
von seinen Mitarbeitern wahrgenommen werden. Informationsbesuche
der Mitarbeiter sind vorher anzumelden.
C.
Verfahrensregelung
4.
Wehrbeauftragtenangelegenheiten sind vordringlich zu
bearbeiten. Bei längerer Dauer der Bearbeitung ist der
Wehrbeauftragte in angemessenen Zeitabständen über
den Stand der Angelegenheit durch die Dienststelle zu
unterrichten, die die Stellungnahme abzugeben hat.
Wenn im Zusammenhang mit einem Ersuchen des Wehrbeauftragten
um Auskunft oder Akteneinsicht Zweifel bestehen,
ob
– der betreffende Sachverhalt auf eine Grundrechtsverletzung
oder einen Verstoß gegen die Grundsätze der
Inneren Führung schließen lässt oder ob eine Weisung
des Deutschen Bundestages oder des Verteidigungsausschusses
des Deutschen Bundestages vorliegt,
– zwingende Geheimhaltungsgründe dem Ersuchen entgegenstehen
oder wenn im Zusammenhang mit einem Besuch des
Wehrbeauftragten Zweifel bestehen, ob
– zwingende Geheimhaltungsgründe dem Besuch entgegenstehen,
ist unverzüglich die Entscheidung des BMVg einzuholen.
Der Wehrbeauftragte ist hierüber zu unterrichten.
5.
Für die Bearbeitung der vom Wehrbeauftragten übersandten
Ersuchen gilt Folgendes:
a) Wird vom Wehrbeauftragten ein Angehöriger der
Bundeswehr persönlich angeschrieben, hat dieser
selbst zu antworten.
b) Wendet der Wehrbeauftragte sich an eine Dienststelle,
so ist der Leiter der Dienststelle für die Beantwortung


Drucksache 17/900 – 78 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
des Ersuchens verantwortlich; die abschließende Stellungnahme
hat er selbst zu zeichnen. Die Untersuchungen
führt der jeweils zuständige Disziplinarvorgesetzte
durch. Festgestellte Mängel sind abzustellen.
c) Werden übergeordnete Vorgesetzte zu einer Stellungnahme
aufgefordert, so veranlassen sie die Überprüfung
des Sachverhalts und übersenden deren Ergebnis
zusammen mit der eigenen Stellungnahme an den
Wehrbeauftragten.
d) Kommandobehörden von Division an aufwärts und
entsprechende Dienststellen legen dem BMVg bei Angelegenheiten
von grundsätzlicher oder weit reichender
Bedeutung ihre Stellungnahmen zusammen mit
den entstandenen wesentlichen Vorgängen nach Abgang
auf dem Dienstweg vor.
e) Darüber hinaus sind dem BMVg alle von Dienststellen
der Bundeswehr abgegebenen Stellungnahmen mit
den entstandenen wesentlichen Vorgängen nach Abgang
auf dem Dienstweg vorzulegen, wenn
– der Angelegenheit politische oder öffentliche Bedeutung
beizumessen ist oder
– in der Sache ein disziplinargerichtliches Verfahren
oder ein Strafverfahren eingeleitet oder zu erwarten
ist.
f) Soweit Soldaten im Zusammenhang mit ihren Eingaben
an den Wehrbeauftragten die behandelnden Ärzte
oder ärztlichen Gutachter von ihrer ärztlichen Schweigepflicht
entbinden, bezieht sich dies im Zweifel ausschließlich
auf deren Stellungnahmen unmittelbar gegenüber
dem Wehrbeauftragten.
g) Mehrausfertigungen dieser Stellungnahmen sowie diesen
beigefügte Anlagen, die anderen Dienststellen – einschließlich
des BMVg – auf dem Dienstweg vorzulegen
sind, dürfen daher in der Regel keine Tatsachen
oder Wertungen enthalten, die der ärztlichen Schweigepflicht
unterliegen.
Die an den Wehrbeauftragten gerichteten Stellungnahmen
sind gegebenenfalls so abzufassen, dass die der
ärztlichen Schweigepflicht unterliegenden Aussagen
in einer besonderen Anlage zusammengefasst und nur
dem Wehrbeauftragten unmittelbar mit dem Originalschreiben
übersandt werden.
g) Über Eingaben, deren Inhalt und entsprechende Stellungnahmen,
haben alle Beteiligten auch untereinander
die Pflicht zur Verschwiegenheit gemäß § 14 Soldatengesetz1
zu beachten, soweit es nicht die unmittelbare
Bearbeitung der Eingabe betrifft. Den Vorgang zur Belehrung
auszuwerten, ist erst nach Abschluss des Verfahrens
zulässig. Die Namen der Beteiligten dürfen
hierbei nicht bekannt gegeben werden.
Das Verfahren ist in der Regel in diesem Zusammenhang
als abgeschlossen zu betrachten, wenn zwei Monate
nach Abgabe der Stellungnahme keine Rückäußerung
des Wehrbeauftragten mehr eingeht. Teilt der
Wehrbeauftragte den Abschluss des Verfahrens mit, so
ist dies mit dem Ergebnis seiner Prüfung den beteiligten
Dienststellen und den von der Eingabe betroffenen
Personen bekannt zu geben.
h) Eingaben, die der Wehrbeauftragte Dienststellen zur
Stellungnahme übersendet, dürfen grundsätzlich nicht
in Beschwerden nach den Bestimmungen der Wehrbeschwerdeordnung
(WBO)2 umgedeutet werden, es sei
denn, die Umdeutung entspricht einem ausdrücklichen
Willen des Petenten.
6.
Macht der Wehrbeauftragte von seinem Anhörungsrecht
(Nummer 3 Buchstabe b) Gebrauch, ist er dabei in jeder
Hinsicht zu unterstützen. Der Wehrbeauftragte belehrt
Einsender, Sachverständige oder Zeugen über ihre Rechte
bei der Anhörung; eine Aussagepflicht besteht nicht. Für
die Anhörung ist, soweit erforderlich, Dienstbefreiung
oder Sonderurlaub gemäß § 9 Soldatenurlaubsverordnung
(SUV)3 i. V. mit Nummer 72 der Ausführungsbestimmungen
zur SUV (ZDv 14/5 F 511) zu erteilen.
Soweit über Gegenstände angehört werden soll, die der
Pflicht zur Verschwiegenheit unterliegen, kann der Angehörte
über Vorgänge bis zum Verschlussgrad VS-NfD
aussagen. Bei Vorgängen mit höherem VS-Grad hat der
Wehrbeauftragte die Aussagegenehmigung beim zuständigen
Disziplinarvorgesetzten einzuholen.
Kann der zuständige Disziplinarvorgesetzte die Genehmigung
nicht erteilen, holt er die Entscheidung seiner Vorgesetzten
ein. Die Genehmigung zu versagen, bleibt dem
BMVg vorbehalten.
Die angehörten Personen werden entsprechend dem Gesetz
über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen
in der Fassung der Bekanntmachung vom
1. Oktober 1969 (BGBl. I S. 1756)2, zuletzt geändert
durch Artikel 11 des Gesetzes vom 26. November 1979
(BGBl. I S. 1953 und 1980 S. 137), entschädigt. Zeugen
haben binnen drei Monaten nach der Anhörung, Sachverständige
innerhalb der vom Wehrbeauftragten gesetzten
Frist die Entschädigung bei dem Wehrbeauftragten zu beantragen.
7.
Ist der Sachverhalt einer Eingabe an den Wehrbeauftragten
gleichzeitig Gegenstand einer Beschwerde nach der
WBO oder Wehrdisziplinarordnung (WDO)4, dann gilt:
a) Hat ein Soldat Beschwerde nach der WBO einschließlich
der Disziplinarbeschwerde nach § 38 WDO eingelegt
und richtet er eine Eingabe in gleicher Angelegenheit an
den Wehrbeauftragten, so ist der Wehrbeauftragte über
Sachstand und Fortgang der Beschwerdesache zu unterrichten.
Eine Mehrausfertigung der Entscheidung ist
ihm unverzüglich zuzuleiten. Die Einlegung eines
1 VMBl 2001 S. 72
2 im VMBl nicht veröffentlicht
3 VMBl 1997 S. 286
4 VMBl 1973 S. 7


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 79 – Drucksache 17/900
Rechtsbehelfs sowie die Unanfechtbarkeit sind gesondert
mitzuteilen.
b) Bezieht sich die Eingabe des Soldaten an den Wehrbeauftragten
auch auf Angelegenheiten, die der Soldat
nicht zum Gegenstand seiner Beschwerde gemacht
hat, ist bezüglich dieses Teils der Eingabe wie bei
sonstigen Eingaben zu verfahren.
c) Werden aufgrund einer Eingabe an den Wehrbeauftragten
disziplinare Ermittlungen aufgenommen, so ist
der Wehrbeauftragte hiervon zu unterrichten. Nach
Abschluss des Verfahrens ist ihm die getroffene Entscheidung
mitzuteilen. In einem disziplinargerichtlichen
Verfahren sind auch wesentliche Zwischenentscheidungen
mitzuteilen.
8.
Für die Bearbeitung von Vorgängen, die der Wehrbeauftragte
Dienststellen der Bundeswehr zur Regelung in eigener
Zuständigkeit übersendet, gilt Folgendes:
a) Richtet sich der Vorgang gegen einen Soldaten, ist er
dessen nächstem Disziplinarvorgesetzten zuzuleiten.
Sonstige Vorgänge sind der Stelle zuzuleiten, die den
Gegenstand des Vorgangs zu beurteilen hat.
b) Die zu Buchstabe a) bezeichnete Stelle hat dem Einsender
auf dem Dienstweg einen Bescheid zu erteilen,
der auch mündlich durch dessen Disziplinarvorgesetzten
eröffnet werden kann. Der Wehrbeauftragte ist
über die abschließende Behandlung der Angelegenheit
in Kenntnis zu setzen.
c) Durch eine Eingabe an den Wehrbeauftragten werden
die Rechtsbehelfe nach der WBO und der WDO nicht
ersetzt. Selbst wenn eine Eingabe an den Wehrbeauftragten
als Beschwerde oder als Antrag nach der WBO
oder der WDO anzusehen ist, werden die dort festgelegten
Fristen nur dann gewahrt, wenn die Eingabe innerhalb
dieser Frist bei der für die Entgegennahme der
Beschwerde oder des Antrags zuständigen Stelle eingeht.
9.
Truppenbesuche des Wehrbeauftragten aus besonderem
Anlass (z. B. in Zusammenhang mit besonderen Vorkommnissen
oder mehreren gleich lautenden oder ähnlichen
Eingaben im Bereich desselben Truppenteils) sind
dem BMVg fernschriftlich nach folgendem Muster zu
melden:
Anschrift:
BMVg – Fü S I 3 – nachrichtlich:
Führungsstab der betreffenden Teilstreitkraft bzw. Org-
Bereich
(Fü H I 1, Fü L I 2, Fü M I 1, InSan II 3, Fü SKB I 3)
Betr.: Truppenbesuch des Wehrbeauftragten aus besonderem
Anlass
– Zeitpunkt,
– Truppenteil,
– Standort und Unterkunft,
– Anlass.
D.
Unterrichtung der Soldaten
10.
Alle Soldaten sind über die Aufgaben und Befugnisse des
Wehrbeauftragten zu Beginn der Grundausbildung und
erneut nach Versetzung in die Stammeinheit durch den
Disziplinarvorgesetzten zu unterrichten. Dabei ist insbesondere
auf Folgendes hinzuweisen:
Jeder Soldat hat das Recht, sich unmittelbar, ohne Einhaltung
des Dienstweges, mit Eingaben an den Wehrbeauftragten
zu wenden.
Die Anschrift des Wehrbeauftragten lautet:
Der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages,!
Platz der Republik 1,!
11011 Berlin.
Die Anschrift ist gemäß ZDv 10/5 „Leben in der militärischen
Gemeinschaft“ Nummer 230 durch Aushang
an der Informationstafel in der Einheit/Dienststelle bekannt
zu geben.
b) Soldaten können sich nur einzeln an den Wehrbeauftragten
wenden.
c) Anonyme Eingaben werden nicht bearbeitet (§ 8
WBeauftrG).
d) Wendet sich ein Soldat vor Abfassung seiner Eingabe
an seinen Disziplinarvorgesetzten, ist ihm Rat und
Hilfe zu gewähren. Es ist ein Dienstvergehen und zugleich
eine Straftat nach § 35 Wehrstrafgesetz, wenn
Vorgesetzte durch Befehle, Drohungen, Versprechungen,
Geschenke oder sonst auf pflichtwidrige Weise
Untergebene davon abhalten, Eingaben an den Wehrbeauftragten
zu richten oder Eingaben unterdrücken.
Auch der Versuch ist strafbar und kann im Übrigen als
Dienstvergehen geahndet werden.
e) Der Soldat darf keine Nachteile erleiden, weil er sich
mit einer Eingabe an den Wehrbeauftragten gewandt
hat. Enthält die Eingabe Dienstpflichtverletzungen
oder Straftaten, z. B. Beleidigungen oder Verleumdungen,
kann dies als Dienstvergehen disziplinar geahndet
oder strafgerichtlich verfolgt werden (vgl. ZDv 14/3 B
127).
f) Unterlagen, die höher als VS-NfD eingestuft sind, dürfen
Eingaben an den Wehrbeauftragten nicht beigefügt
werden. Tatsachen, die einem höheren Geheimhaltungsgrad
als VS-NfD unterliegen, dürfen in Eingaben
an den Wehrbeauftragten nicht enthalten sein. Erscheint
die Mitteilung solcher Umstände aus der Sicht
des Petenten erforderlich, kann der Soldat den Wehrbeauftragten
hierauf hinweisen.


Drucksache 17/900 – 80 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
E.
Schlussbemerkungen
11.
Von allen Vorgesetzten wird erwartet, vertrauensvoll mit
dem Wehrbeauftragten zusammenzuarbeiten und ihm damit
die Möglichkeit geben, sich schnell und gründlich zu
unterrichten.
Verständnis des Soldaten für unsere Staats- und Rechtsordnung,
Vertrauen zur Demokratie, aber auch zur Bundeswehr
können damit wesentlich gefördert werden.
12.
Alle Disziplinarvorgesetzten sind aufgefordert, Erfahrungen
auf dem Dienstweg an BMVg – Fü S I 3 – zu melden.
13.
Der Erlass „Truppe und Wehrbeauftragter“ in der Fassung
VMBl 1984 S. 59 wird aufgehoben.
BMVg, 28. Mai 2001
Fü S I 3 – Az 39-20-00


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 81 – Drucksache 17/900
21.4 Statistische Übersichten Seite
Seite
Übersicht über die bearbeiteten Vorgänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82
Aufschlüsselung der bearbeiteten Vorgänge nach Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . 83
Aufschlüsselung der bearbeiteten Vorgänge nach Einsendern !
und anderen Erkenntnisquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84
Aufschlüsselung der bearbeiteten Vorgänge nach Organisationsbereichen !
der Bundeswehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85
Aufschlüsselung der bearbeiteten Vorgänge nach Dienstgradgruppen !
der Soldaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86
Entwicklung der Zahl der Eingaben und sonstiger Vorgänge !
in den Jahren 1959 bis 2009 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87
Besuche, Begegnungen, Gespräche des Wehrbeauftragten . . . . . . . . . . . . . . 90
Übersicht über die Jahresberichte 1959 bis 2009 und deren !
Beratung durch den Deutschen Bundestag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92


Drucksache 17/900 – 82 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Übersicht über die bearbeiteten Vorgänge 2009
1. Im Berichtszeitraum erfasste Vorgänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 779
Darunter Vorgänge, . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80
die den Aufgabenbereich des Wehrbeauftragten nicht berührten . . . . . . . . 46
anonymer Art . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
die ihres Inhalts wegen nicht weiter verfolgt wurden
zum gesetzlichen Auftrag des Wehrbeauftragten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 325*)
Bearbeitete Vorgänge: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 454
Noch nicht abschließend bearbeitete Vorgänge: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 553
2. Anzahl der abschließend bearbeiteten Vorgänge !
aus dem Berichtszeitraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 901
aus den Vorjahren (Überhänge)
1998 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1**)
2000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1**)
2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6**)
2003 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5**)
2004 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10**)
2005 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27**)
2006 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40**)
2007 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157**)
2008 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 566 1 813
Insgesamt abschließend bearbeitete Vorgänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 714
*) Eingaben, für deren Bearbeitung der Wehrbeauftragte nicht zuständig war, wurden entweder an die zuständigen Stellen weitergeleitet oder der
Einsender wurde davon unterrichtet, dass der Wehrbeauftragte in seiner Sache nicht tätig werden kann.
**) Bei diesen Vorgängen waren überwiegend sachgleiche Gerichtsverfahren anhängig, die erst im Laufe des Berichtsjahres rechtskräftig abgeschlossen
worden sind.


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 83 – Drucksache 17/900
Aufschlüsselung der bearbeiteten Vorgänge nach Inhalt
1 Verfassungsrechtliche Grundsätze; Schutz von Grundrechten, Leitbild des Staatsbürgers in Uniform, Integration der Bundeswehr in Staat und Gesellschaft,
Rechte und Pflichten der Soldaten, Befehl und Gehorsam, Führungsstil und Führungsverhalten, Beschwerde und Petitionsrecht, Soldatenbeteiligungsrecht,
militärische Ausbildung, Sport, militärische Sicherheit, Traditionspflege, Militärseelsorge, Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer,
Disziplinarangelegenheiten, fristlose Entlassung, Nachdienen, vorläufige Festnahme, Maßnahmen nach dem Gesetz über die Anwendung
des unmittelbaren Zwanges, Gnadenrecht, Dienstzeitbelastung u. Ä.
2 Laufbahnfragen, Versetzungen und Kommandierungen, Beurteilungen, Urlaub/Dienstbefreiung u. Ä.
3 Berufsförderung, Sozialversicherungsangelegenheiten, Schul-und Studienfürsorge, Unterhaltssicherung, Wohnungsfürsorge u. Ä.
4 In der Gesamtzahl sind 468 Eingaben von Soldaten, die im Ausland stationiert sind, enthalten.
Inhalt Anzahl v. H.
Menschenführung/ Wehrrecht/ Soldatische Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 9891 36,47
Personalangelegenheiten der Berufs- u. Zeitsoldaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 3322 24,42
Personelle Fragen der Wehrpflichtigen (außer Wehrübende) . . . . . . . . . . . . . . 1 448 8,21
Reservistenangelegenheiten/Wehrübungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 188 3,45
Heilfürsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 284 5,21
Unterkünfte/Verpflegung/Bekleidung/Betreuung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 162 2,97
Besoldung und besoldungsrechtliche Nebengebiete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 851 15,60
Soziales/Versorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 2003 3,67
Gesamtzahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 4544 100,00


Drucksache 17/900 – 84 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Aufschlüsselung der bearbeiteten Vorgänge nach Einsendern und anderen Erkenntnisquellen
Einsender bzw.
Erkenntnisquellen Insgesamt
davon entfallen auf
Menschenführung/
Wehrrecht/
Soldatische
Ordnung
Personalangelegenheiten
der
Berufsund
Zeitsoldaten
Personelle
Fragen der
Wehrpflichtigen
(außer
Wehrübende)
Reservistenangelegenheiten/
Wehrübungen
Heilfürsorge
Unterkünfte/
Verpflegung/
Bekleidung/
Betreuung
Besoldung
und besoldungsrechtliche
Nebengebiete
Soziales/
Versorgung
Soldaten der Bundeswehr
(männlich) . . . . 3 164 855 1 063 190 5 167 135 617 132
(weiblich) . . . . . . . . . 423 209 123 3 5 39 4 29 11
Familienangehörige
von Soldaten der !
Bundeswehr . . . . . . . 195 65 25 76 0 13 2 11 3
Ehemalige Soldaten!
der Bundeswehr . . . . 345 38 27 7 156 13 5 89 10
Abgeordnete!
des Bundestages . . . . 25 5 1 11 0 0 0 5 3
Andere Abgeordnete . 1 1 - - - - - - -
Privatpersonen!
außerhalb der!
Bundeswehr . . . . . . . 418 120 75 47 10 37 6 86 37
Organisationen,!
Verbände u. a. . . . . . . 7 2 0 3 0 2 0 0 0
Truppenbesuche . . . . 93 64 8 2 3 4 5 6 1
Presseberichte . . . . . . 12 10 0 1 0 0 0 1 0
Besondere!
Vorkommnisse . . . . . 540 540 0 0 0 0 0 0 0
Nichtgediente!
Wehrpflichtige . . . . . 87 0 0 86 0 1 0 0 0
Sonstige!
Erkenntnisquellen . . . 144 80 10 22 9 8 5 7 3
Gesamtzahl . . . . . . . . 5 454 1 989 1 332 448 188 284 162 851 200


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 85 – Drucksache 17/900
Aufschlüsselung der bearbeiteten Vorgänge nach Organisationsbereichen der Bundeswehr
Organisationsbereiche
Insgesamt
davon entfallen auf
Menschenführung/
Wehrrecht/
Soldatische
Ordnung
Personalangelegenheiten
der Berufsund
Zeitsoldaten
Personelle
Fragen der
Wehrpflichtigen
(außer
Wehrübende)
Reservistenangelegenheiten/
Wehrübungen
Heilfürsorge
Unterkünfte/
Verpflegung/
Bekleidung/
Betreuung
Besoldung
und besoldungsrechtliche
Nebengebiete
Soziales/
Versorgung
Bundesminis-!
terium der !
Verteidigung . . . . . . . 9 2 2 0 2 0 0 3 0
Streitkräftebasis . . . . 1 107 489 355 56 19 51 35 65 37
Sanitätsdienst . . . . . . 493 179 154 27 6 54 12 49 12
Heer . . . . . . . . . . . . . 1 625 563 386 98 15 82 57 378 46
Luftwaffe . . . . . . . . . 624 272 210 29 2 23 23 54 11
Marine . . . . . . . . . . . 355 169 72 11 6 9 7 70 11
Nicht erkennbar oder
nicht aus dem Bereich!
der Bundeswehr . . . . 1 102 303 143 150 134 61 23 223 65
Bundeswehr-!
Verwaltung . . . . . . . . 139 12 10 77 4 4 5 9 18
Gesamtzahl . . . . . . . . 5 454 1 989 1 332 448 188 284 162 851 200
Bundeministerium
der
Verteidigung
0,17% Streitkräftebasis
20,3%
Marine
6,51%
Nicht erkennbar
oder nicht
aus dem Bereich
der Bundeswehr
20,21%
Bundeswehrverwaltung
2,55%
Sanitätsdienst
9,04%
Heer
29,79%
Luftwaffe
11,44%


Drucksache 17/900 – 86 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Aufschlüsselung der bearbeiteten Vorgänge nach Dienstgradgruppen der Soldaten
Dienstgradgruppen
incl. Reservisten Insgesamt
davon entfallen auf
Menschenführung/
Wehrrecht/
Soldatische
Ordnung
Personalangelegenheiten
der
Berufsund
Zeitsoldaten
Personelle
Fragen
der
Wehrpflichtigen
(außer
Wehrübende)
Reservistenangelegenheiten/
Wehrübungen
Heilfürsorge
Unterkünfte/
Verpflegung/
Bekleidung/
Betreuung
Besoldung
und
besoldungsrechtliche
Nebengebiete
Soziales/
Versorgung
Sonstige
Fragen
Generäle . . . . . . . . 1 1 0 0 0 0 0 0 0 0
Stabsoffiziere . . . . 330 108 53 1 23 27 9 101 8 0
Hauptleute . . . . . . 406 108 69 3 11 14 8 179 14 0
Leutnante . . . . . . . 339 75 71 2 14 19 4 151 3 0
Unteroffiziere m. P. 1 611 605 532 6 48 76 64 211 69 0
Unteroffiziere o. P. 738 277 281 5 34 48 19 50 24 0
Mannschaften . . . . 1 113 467 230 227 42 50 34 36 27 0
Unbekannter Dienstgrad
oder nicht aus
dem Bereich der Bw 916 348 96 204 16 50 24 123 55
0
Gesamtzahl . . . . . . 5 454 1 989 1 332 448 188 284 162 851 200 0
Von der Gesamtzahl aller Dienstgrade entfallen auf:
Berufssoldaten 1281
Soldaten auf Zeit 2465
Grundwehrdienstleistende 304
Wehrübende/ Reservisten 356
Unbekannt oder keine Angabe möglich 907
Freiwillig länger Wehrdienst Leistende 141
!
Gesamtzahl 454
330
406
339
1611
400
800
1600
1
738
1113
916
0
1200
2000
Unbekannter Dienstgrad oder nicht
aus dem Bereich der Bw


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 87 – Drucksache 17/900
Entwicklung der Zahl der Eingaben und sonstiger Vorgänge in den Jahren 1959 bis 2009
Berichtsjahr
Gesamtzahl
der eingegangenen
Eingaben
usw.
davon
Eingaben, die
den gesetzlichen
Aufgabenbereich
des Wehrbeauftragten
nicht berührten
Sammeleingaben
Anonyme
Eingaben
Eingaben, die in
die Zuständigkeit
des Wehrbeauftragten
fallen
Sonstige
Vorgänge
Jahresdurchschnittsstärken
von Soldaten
der Bw seit
1959
1959 3 368 336 4 3 3 025 0 248 800
1960 5 471 254 17 10 5 190 0 258 080
1961 3 829 250 11 13 3 555 0 316 090
1962 5 736 170 16 13 5 537 0 374 766
1963 5 938 502 0 34 4 736 666 401 337
1964 5 322 597 0 26 4 047 652 424 869
1965 4 408 400 0 18 3 424 566 437 236
1966 4 353 519 0 24 3 810 0 454 569
1967 4 503 487 0 19 3 997 0 456 764
1968 6 517 484 0 16 6 017 0 472 070
1969 7 033 606 0 22 6 405 0 455 114
1970 7 142 550 0 16 6 576 0 468 484
1971 7 891 501 0 9 7 381 0 466 889
1972 7 789 344 12 21 7 412 0 492 828
1973 6 673 264 6 8 6 395 0 472 943
1974 6 748 249 4 4 6 491 0 490 053
1975 6 439 341 0 9 6 089 0 486 206
1976 7 319 354 0 3 6 962 0 488 616
1977 6 753 347 0 3 6 403 0 491 424
1978 6 234 259 0 10 5 965 0 491 481
1979 6 884 276 0 13 6 595 0 492 344
1980 7 244 278 0 23 6 943 0 490 243
1981 7 265 307 0 15 6 943 0 493 089
1982 6 184 334 0 9 5 841 0 490 729
1983 6 493 397 0 49 6 047 0 495 875
1984 6 086 301 0 16 5 755 14 487 669
1985 8 002 487 0 28 7 467 20 495 361
1986 8 619 191 0 22 8 384 22 495 639
1987 8 531 80 0 22 8 419 10 495 649
1988 8 563 62 0 38 8 441 22 494 592
1989 10 190 67 0 9 10 088 26 486 825


Drucksache 17/900 – 88 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
1990 9 590 89 0 26 9 449 26 458 752
1991 9 864 183 0 24 9 644 13 476 288
1992 8 084 69 0 13 7 973 29 445 019
1993 7 391 49 0 18 7 309 15 399 216
1994 5 916 66 0 21 5 810 19 361 177
1995 5 979 94 0 23 5 493 369 344 690
1996 6 264 63 0 20 6 112 69 342 870
1997 6 647 80 0 14 6 509 44 332 013
1998 6 122 84 0 11 5 985 42 330 914
1999 5 885 66 0 20 5 769 30 331 148
2000 4 952 58 0 8 4 856 30 318 713
2001 4 891 115 0 12 4 741 23 306 087
2002 6 436 110 0 13 6 270 43 294 800
2003 6 082 124 0 6 5 958 85 283 723
2004 6 154 134 0 16 6 020 80 263 990
2005 5 601 49 0 12 5 436 0 251 722
2006 5 918 67 0 16 5 727 108 249 964
2007 5 276 81 0 25 5 052 118 248 995
2008 5 474 67 0 27 5 190 186 247 619
2009 5 779 80 0 46 5 454 247 249 900
Gesamt 331 832 12 322 70 896 315 097 3 574
Berichtsjahr
Gesamtzahl
der eingegangenen
Eingaben
usw.
davon
Eingaben, die
den gesetzlichen
Aufgabenbereich
des Wehrbeauftragten
nicht berührten
Sammeleingaben
Anonyme
Eingaben
Eingaben, die in
die Zuständigkeit
des Wehrbeauftragten
fallen
Sonstige
Vorgänge
Jahresdurchschnittsstärken
von Soldaten
der Bw seit
1959
noch Entwicklung der Zahl der Eingaben und sonstiger Vorgänge in den Jahren 1959 bis 2009


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 89 – Drucksache 17/900
noch Entwicklung der Zahl der Eingaben und sonstiger Vorgänge in den Jahren 1959 bis 2009
10000
Entwicklung der Zahl der Eingaben und sonstiger Vorgänge
in den Jahres 1959 bis 2009
0
2000
4000
6000
8000
12000
1959 1964 1969 1974 1979 1984 1989 1994 1999 2004 2009
Jahresdurchschnittsstärken von Soldaten der Bundeswehr
seit 1959 bis 2009
50000
100000
150000
200000
250000
300000
350000
400000
450000
500000
550000
1959 1964 1969 1974 1979 1984 1989 1994 1999 2004 2009


Drucksache 17/900 – 90 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Besuche, Begegnungen, Gespräche des Wehrbeauftragten
1. Truppenbesuche des Wehrbeauftragten
Ort Dienststelle
Bad Reichenhall Gebirgsjägerbataillon 231
Berlin Bundeswehrkrankenhaus
Borkum Marinefliegergeschwader 5
Bogen Panzerpionierbataillon 4
Bückeburg Heeresfliegerwaffenschule
Delmenhorst Logistikbrigade 1
Eckernförde SEK M Marinetaucher
Erfurt Führungsunterstützungsbataillon 383
Euskirchen Bigband der Bundeswehr
Faßberg Transporthubschrauberregiment 10 Fliegerhorst
Feyzabad Deutsches Einsatzkontingent ISAF
Gotha Familienbetreuungsstelle Gotha
Kabul Deutsches Einsatzkontingent ISAF
Köln Luftwaffenamt/ Kita „Fliegerhorst“
Köln Flugbereitschaft BMVg
Kunduz Deutsches Einsatzkontingent ISAF
Laage Jagdgeschwader 73 „Steinhoff“
Leer Zivil-Militärische-Zusammenarbeit Landkreis Leer – Der Landrat –
Limassol Schnellboot S 73 „Hermelin“,!
Schnellboot S 77 „Dachs“,!
Tender „Werra“
Maskat (Oman) 18. Deutsches Einsatzkontingent „Operation ENDURING FREEDOM“ !
Fregatte „Mecklenburg-Vorpommern“
Mazar-e-Sharif Deutsches Einsatzkontingent ISAF
Meppen Wehrtechnische Dienststelle 91
München Feldjägerbataillon 451
München Sanitätsamt der Bundeswehr
Munster Ausbildungszentrum Heeresaufklärungstruppe
Neubiberg Universität der Bundeswehr, München
New Mexico Fliegerisches Ausbildungszentrum der Luftwaffe
Nienburg (Weser) CIMIC-Zentrum
Pristina Deutsches Einsatzkontingent KFOR
Prizren Deutsches Einsatzkontingent KFOR
Rheine Mittleres Transporthubschrauberregiment
Sardinien/ Italien Taktisches Ausbildungskommando der Luftwaffe


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91 – Drucksache 17/900
2. Begegnungen/Gespräche des Wehrbeauftragten
Darüber hinaus hatte ich 158 Begegnungen u. a. mit dem Bundespräsidenten, der Bundeskanzlerin sowie dem Diplomatischen
Korps Gelegenheit zum Informations- und Erfahrungsaustausch.
Zusätzlich nahm ich an 31 Tagungen, Gesprächsrunden und anderen Veranstaltungen teil, die im Zusammenhang mit
dem gesetzlichen Auftrag des Wehrbeauftragten standen.
3. Truppen- und Informationsbesuche
Im Berichtsjahr wurden von meinen Mitarbeitern und mir insgesamt 102 Informationsbesuche durchgeführt. Aufgesucht
wurden Truppenteile, Stäbe, Dienststellen und Behörden der Teilstreitkräfte im Inland und an Einsatzorten im
Ausland.
4. Besuchergruppen
In der Dienststelle wurden 103 Besuchergruppen betreut, darunter Delegationen aus Argentinien, Aserbaidschan, Belgien,
Bulgarien, Chile, Indien, Israel, Litauen, Polen, USA, Westafrika und Usbekistan.
St. Augustin Bundeswehr TV
Termez DEUEinsKtgt ISAF
Texas Deutsches Luftwaffenkommando USA und Kanada, Fort Bliss
Texas Taktisches Aus- u. Weiterbildungszentrum Flugabwehrraketen der Luftwaffe,
Fort Bliss
Ulmen Schule für Diensthundewesen
Virginia Bundeswehrkommando USA/CAN
Washington Militärattache Deutsche Botschaft, 23. August 2009
Washington Militärattache Deutsche Botschaft, 25.–26. August 2009
Westerstede Bundeswehrkrankenhaus
Ort Dienststelle
noch Truppenbesuche des Wehrbeauftragten


Drucksache 17/900 – 92 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
21.5 Übersicht über die Jahresberichte 1959 bis 2009 und deren Beratung !
durch den Deutschen Bundestag
Jahresbericht Beschlussempfehlung
und Bericht des
Verteidigungsausschusses
(Bundestags-
Drucksache)
Beratung durch den Bundestag
Berichtsjahr
Vorlagedatum Nr. der Bundestagsdrucksache
Datum
Nr. der
Plenarsitzung
Fundstelle im
Stenographischen
Bericht
1959 8. April 1960 1796
3. Wahlperiode
2937
3. Wahlperiode
29. Juni 1961 165 S. 9670 ff.
1960 14. April 1961 2666
3. Wahlperiode
2937
3. Wahlperiode
29. Juni 1961 165 S. 9670 ff.
1961 27. April 1962 IV/371 VI/477 27. Juni 1962 36 S. 1555 ff.
1962 11. April 1963 IV/1183 IV/1377 21. Februar 1964 117 S. 5359 ff.
1963 4. Juni 1964 IV/2305 IV/2795 11. Dezember 1964
und
21. Januar 1965
153 S. 7585 ff.
1964 4. Juni 1965 IV/3524 V/1641 11. Mai 1967 109 S. 5179 ff.
1965 7. Juli 1966 V/820 V/1641 11. Mai 1967 109 S. 5179 ff.
1966 31. Mai 1967 V/1825 V/1926 29. Juni 1967 117 S. 5903 ff.
1967 22. Mai 1968 V/2948 V/3422 15. Januar 1969 207 S. 11207 ff.
1968 19. Februar 1969 V/3912 V/4425 27. Juni 1969 244 S. 13603 ff.
1969 26. Februar 1970 VI/453 VI/800 11. März 1970
und
2. Juni 1970
36
54
S. 1743 ff.
S. 2813 ff.
1970 1. März 1971 VI/1942 VI/2168 12. Mai 1971 122 S. 7073 ff.
1971 9. Februar 1972 VI/3232 VI/3499 14. April 1972
und
23. Juni 1972
181
196
S. 10522 ff.
S. 11511 ff.
1972 15. März 1973 7/334 7/1208 29. November 1973 67 S. 3997 ff.
1973 7. März 1974 7/1765 7/2726 5. Dezember 1974 134 S. 9160 ff.
1974 13. Februar 1975 7/3228 7/3762 18. April 1975
und
8. April 1976
165
235
S. 11555 ff.
S. 16487 ff.
1975 27. Februar 1976 7/4812 7/5342 8. April 1976
und
25. Juni 1976
235
254
S. 16487 ff..
S. 18102 ff.
1976 3. März 1977 8/153 8/968 20. Oktober 1977 50 S. 3765 ff.
1977 6. März 1978 8/1581 8/2224 17. November 1978
und
7. Dezember 1978
118
123
S. 9184 ff.
S. 9591 ff.
1978 6. März 1979 8/2625 8/2986 18. Mai 1979
und
27. Juni 1979
155
163
S. 12391 ff.
S. 12968 ff.


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93 – Drucksache 17/900
1979 18. März 1980 8/3800 8/4374 26. Juni 1980
und
3. Juli 1980
226
229
S. 18309 ff.
S. 18676 ff.
1980 17. März 1981 9/240 9/1399 14. Mai 1981
und
12. März 1982
37
92
S. 1864 ff.
S. 5552 ff.
1981 3. März 1982 9/1406 9/1695 9. Juni 1982 105 S. 6317 ff.
1982 3. März 1983 9/2425 10/136 29. September 1983 25 S. 1714 ff.
1983 24. Februar 1984 10/1061 10/1611 4. Oktober 1984 88 S. 6473 ff.
1984 28. Februar 1985 10/2946 10/3779 14. März 1985
und
27. September 1985
126
160
S. 9261 ff.
S. 11983 ff.
1985 28. Februar 1986 10/5132 10/5722 15. Mai 1986
und
25. Juni 1986
216
225
S. 16669
S. 17405 ff.
1986 9. März 1987 11/42 11/1131 10. Dezember 1987 49 S. 3491 ff.
1987 21. März 1988 11/2034 11/2528 21. April 1988
und
und 23. Juni 1988
74
87
S. 5015
S. 5935 ff.
S. 5943 ff.
1988 15. Februar 1989 11/3998 11/4809 22. Juni 1989 152 S. 11426 ff.
1989 14. Februar 1990 11/6522 11/7798 13. September 1990 224 S. 17731 ff.
1990 21. März 1991 12/230 12/1073 19. September 1991 41 S. 3359 ff.
1991 12. März 1992 12/2200 12/2782 8. Oktober 1992 110 S. 9418 ff.
1992 23. März 1993 12/4600
12/6322
18. Juni 1993
15. April 1994
164
220
S. 14110 ff.
S. 19068 ff.
1993 8. März 1994 12/6950 12/8465 21. September 1994 243 S. 21690
1994 7. März 1995 13/700 13/2649 29. Februar 1996 89 S. 7876 ff.
1995 5. März 1996 13/3900 13/5400 7. November 1996 135 S. 12139 ff.
1996 11. März 1997 13/7100 13/8468 30. Oktober 1997 200 S. 18021 ff.
1997 3. März 1998 13/10000 13/11067 24. Juni 1998 244 S. 22740 ff.
1998 16. März 1999 14/500 14/1807 21. Januar 2000 82 S. 7595 ff.
1999 14. März 2000 14/2900 14/4204 6. April 2000
und
26. Oktober 2000
98
127
S. 9117
S. 12186 ff.
Jahresbericht Beschlussempfehlung
und Bericht des
Verteidigungsausschusses
(Bundestags-
Drucksache)
Beratung durch den Bundestag
Berichtsjahr
Vorlagedatum Nr. der Bundestagsdrucksache
Datum
Nr. der
Plenarsitzung
Fundstelle im
Stenographischen
Bericht
noch Übersicht über die Jahresberichte 1959 bis 2009 und deren Beratung !
durch den Deutschen Bundestag


Drucksache 17/900 – 94 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
2000 13. März 2001 14/5400 14/7111 31. Mai 2001
und
15. November 2001
173
201
S. 16995 ff.
S. 19734 ff.
2001 12. März 2002 14/8330 -- 19. April 2002 231 S. 23000 ff.
2002 11. März 2003 15/500 15/1837 3. April 2003
und
13. November 2003
37
75
S. 3055 ff.
S. 6506 ff.
2003 9. März 2004 15/2600 15/4475 6. Mai 2004
und
16. Dezember 2004
108
148
S. 9837 ff.
S. 13808 ff.
2004 15. März 2005 15/5000 20. Januar 2006 12 S. 825 ff.
2005 14. März 2006 16/850 16/3561 30. Juni 2006
und
14. Dezember 2006
44
73
S. 4298 ff.
S. 7300 b ff.
2006 20. März 2007 16/4700 16/6700 21. Juni 2007
und
13. Dezember 2007
105
133
S. 10812 ff.
S. 13953 ff.
2007 4. März 2008 16/8200 16/10990 19. Juni 2008
und
4. Dezember 2008
169
193
S. 17923 D ff.
S. 20818 A ff.
2008 24. März 2009 16/12200
17/591 Nr. 1.6
17/713 23. April 2009
und
26. Februar 2010
217
25
S. 23552 D ff.
S. 2221 D ff.
2009 16. März 2010 17/900
Jahresbericht Beschlussempfehlung
und Bericht des
Verteidigungsausschusses
(Bundestags-
Drucksache)
Beratung durch den Bundestag
Berichtsjahr
Vorlagedatum Nr. der Bundestagsdrucksache
Datum
Nr. der
Plenarsitzung
Fundstelle im
Stenographischen
Bericht
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durch den Deutschen Bundestag


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 95 – Drucksache 17/900
21.6 Organisationsplan
Anschrift: Platz der Republik 1!
11011 Berlin
Besucheranschrift: Neustädtische Kirchstraße 15!
10117 Berlin
Telefon: (030) 227-38100!
Telefax: (030) 227-38283!
IVBB-Rufnummer 018-7000-0!
E-Mail: wehrbeauftragter@bundestag.de!
Internet: http://www.bundestag.de
Wehrbeauftragter
Reinhold Robbe
Persönlicher
Referent
RD Kramer
Leitender Beamter
MDg Friedhelm Dreyling
WB 1
Grundsatzangelegenheiten/
Grundsätze der
Inneren
Führung/
Innerer Dienst
MR Günther
WB 2
Menschenführung
in der
Bundeswehr/
Soldaten im
Ausland
MR Mühlen
WB 3
Personalangelegenheiten
der
Wehrpflichtigen
und Angelegenheiten
der
Reservisten/
Frauen in den
Streitkräften
MR’n Zender
WB 4
Personalangelegenheiten
der
Berufssoldaten
und Soldaten
auf Zeit
MR Tegethoff
WB 5
Fürsorgeangelegenheiten/
Soldat und
Familie
MR Nißler
WB 6
Truppen- und
Informationsbesuche/
Presseund
Öffentlichkeitsarbeit/
Militärfachliche
Fragen
MR Jacobi

 

Drucksache 17/900 – 96 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
22 Stichwortverzeichnis
Afghanistan 3, 4, 5, 6, 12, 13, 14, 15, 17, 18, 19, 21, 29,
54, 55, 56, 62, 64
Alkohol 19, 24, 26, 27, 62
Ausbildung 3, 7, 9, 12, 13, 15, 16, 17, 22, 23, 24, 25, 26,
28, 29, 30, 32, 35, 39, 40, 44, 45, 46, 47, 48, 49, 50, 52,
54, 55, 67
Auslandseinsätze 4, 5, 8, 14, 62
Auslandsverwendungszuschlag 17, 21, 22
Ausrüstung 9, 17
Ausstattung 17
Bearbeitungsdauer von Verfahren 27, 48, 57, 58
Beförderung 13, 35, 50
Beihilfe 58
Belästigung 45
Benachteiligung 31, 45, 60
Berufsförderung 35, 39, 45
Besoldung 22, 36, 37, 39
Besondere Vorkommnisse 32, 33, 40
Betreuung 3, 6, 7, 19, 20, 22, 24, 25, 43
Betreuungskosten 43, 44
Beurteilungssystem 13, 37, 38, 39
Bewerberaufkommen 34
Bundeswehrkrankenhäuser 14, 43, 51–56
Bundeswehrmedien 64
Bundeswehr-Sozialwerk 63
Demographischer Wandel 34
Dienstaufsicht 25, 38
Dienstrechtsneuordnungsgesetz 52, 60, 73
Dienstzeugnis 39
Diskriminierung 45
Einsatzbelastung 16, 19, 51
Einsatzdauer 19
Einsatzplanung 49
Einsatzversorgungsgesetz 62, 63
Einsatzvorbereitung 17
Eltern-Kind-Arbeitszimmer 44
Elternzeit 44
Entlassung 27, 45, 46, 47, 48
Erste Hilfe 55
EULEX 14
Facharztausbildung 52
Fahrzeuge 3, 15–18, 29, 50
Familie 42
Familienbetreuung 43, 62
Fitness 19, 20
Fluglehrerausbildung 22
Forschung 14, 33, 55, 56
Fortbildung 28, 39, 40, 44, 51
Fragebogen 44, 46
Frauen 3, 6, 8, 14, 25, 40–42, 44, 47, 52
Freiwillig länger Wehrdienst Leistende 32, 34, 47
Führungsverhalten 15, 18, 23
Gleichstellungsbeauftragte 42
Grundausbildung 17, 23–26, 32, 48, 67
Grundrechtsverletztung 77
Grundwehrdienstleistende 23, 25, 32–34, 48
Infrastruktur 20, 21, 34, 58, 59
Innere Führung 23, 24, 28, 30, 35
ISAF 5, 12, 15, 16, 19, 20, 55
Kausalität 56, 57, 63
KFOR 14, 15, 40
Kinderbetreuung 7, 10, 34, 42–44
Kraftfahrerausbildung 3, 16, 17
Kriegsdienstverweigerung 47
Laufbahn 17, 23, 34–41, 48, 51, 52, 54, 61
Lehrgänge 6, 29, 30, 44
Luftsicherheitsgesetz 58
Medien 30, 42, 63, 64, 65
Militärseelsorge 22, 56, 64, 65
Musterung 46, 47
Operation Enduring Freedom (OEF) 14, 18


Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 97 – Drucksache 17/900
Personal 3, 5, 6, 12, 13, 15, 16, 17, 19, 20, 22, 25–28,
33–40, 42–44, 46–57, 60–62
Personalauswahl 17, 38, 39
Personalgewinnung 56
Planstellen 13, 34, 35, 36, 37, 39, 52
Planungssicherheit 7, 45, 49
Posttraumatische Belastungsstörungen 55, 57
Rechtsausbildung 28
Rechtsextremismus 32, 33
Rechtskenntnisse 23, 27
Rechtskraft 13, 45
Rechtspflege 28
Reservisten 44, 48, 49, 50
Rettungsdienst 52, 54, 55
Sanitätsdienst 6, 13, 40, 42, 44, 51, 52, 53, 54, 55, 56
Sanitätsdienstliche Versorgung 13, 53, 54
Schwangerschaft 41
Soldatenbeteiligung 30
Soldatenhilfswerk 63
Soldatentumor- und Unfallhilfe 63
Sozialdienst 43, 62, 63
Sport 17, 19, 20, 23, 25
Staatsangehörigkeit, doppelte 46
Stehzeiten 28, 29
Teilzeitbeschäftigung 44, 53
Todesfälle 63
Totalverweigerung 47
Transformation 6, 61
Trennungsgeld 22, 59, 60, 61
Truppenärztliche Versorgung 51, 53
Unfälle 17, 29, 54
UNIFIL 14, 16, 17, 19
Universität der Bundeswehr 43
Unterbringung 21, 25, 40, 48
Unterkunft 15, 21, 32, 41, 59, 60
Unteroffizierausbildung 28
Urlaub 16, 40, 45, 49
Verpflegung 20
Vertrauensperson 30, 31, 32, 41
Wehrdienstbeschädigungsverfahren 56, 57
Wehrgerechtigkeit 46
Wehrpflicht 5, 7, 12, 13, 24, 25, 46, 47, 48, 50, 66, 67
Wehrübungen 49
Weihnachtsgruß 21
Weiterverwendung 62
Weiterverwendungsgesetz 62, 63
ZAR 28
ZAW 36, 39, 40, 52


Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de
Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de
ISSN 0722-8333

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